Erste lateinische Welle

Die Erste lateinische Welle bezeichnet die erste Phase des Eingangs lateinischer Wortentlehnungen in das Germanische und entspricht etwa der Zeit vor der Zweiten Lautverschiebung, also etwa von 50 v. Chr. bis um das Jahr 500.

Verkehrsbeziehungen und kultureller Austausch mit nicht-germanischen Völkern führten sowohl zu Wortentlehnungen aus dem Latein in die germanische Sprache wie auch umgekehrt. Besonders starke Einflüsse erfuhr die westgermanische Sprache. Das hängt mit der Nachbarschaft zum romanisierten Gallien und mit der Besetzung vieler germanischer Gebiete durch die Römer zusammen.

In ihren Kriegen gegen die Römer wurden die Germanen mit Ausdrücken der römischen Militärorganisation bekannt gemacht:

Nhd. Lat.
Pfeil pīlum
Kampf campus

Von den Römern bekamen die Germanen auch einige ökonomische Ausdrücke:

Nhd. Lat.
Münze (ahd. munizza) moneta

Die Germanen wohnten in Holzhäusern, erst durch die Römer kennen sie den Steinbau und übernehmen damit den Steinbauwortschatz:

Nhd. Lat.
Mauer mūrus
Keller cellārium
Fenster fenestra

Alltagskultur: Das gewisse zivilisatorische Niveau erreichten die Germanen erst durch die (partielle) Übernahme der romanischen bzw. römischen Alltagskultur. Dazu gehören u. a. Wörter des semantischen Bereiches der Haushaltsgeräte, Kleidung, Speisen … usw.

Nhd. Lat.
Spiegel speculum
Socke soccus
Sohle sola

Der Ackerbau wurde nach römischem Vorbild umgestellt. Garten- und Obstbau haben die Germanen erst von den Römern gelernt.

Nhd. Lat.
Frucht fructus
Pflaume prūnum (vlat. auch *prūma)

Weinkultur: Die Römer haben den Weinbau an den Mosel-, Rhein- und Donaugebieten eingeführt und die Germanen übernahmen auch die entsprechende Ausdrücke:

Nhd. Lat.
Wein vīnum
Presse pressa
Most mustum

Wörter aus dem Bereich von Verwaltung und Recht:

Nhd. Lat.
Kaiser caesar
sicher sēcūrus (vlat. *sicūrus)

Zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert n. Chr. übernahmen die Germanen unter griechischem und römischen Einfluss die Siebentagewoche. Die Wochentage, von der römischen Mythologie geprägt, wurden durch die germanischen Götter wiedergegeben.

Nhd. Lat.
Montag dies Lunae
Dienstag dies Martis (wörtl. Tag des Mars, interpretiert als Tag des Tyr)
Mittwoch dies Mercurii
Donnerstag dies Jovis
Freitag dies Veneris
Samstag dies Saturni
Sonntag dies Solis (später christl. dies Dominicus)