Eric Hilgendorf

Eric Hilgendorf (2025)

Eric Andreas Hilgendorf (* 3. Dezember 1960 in Stuttgart) ist ein deutscher Jurist und Rechtsphilosoph. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Leben

Nach dem Abitur in Ansbach 1980 studierte Hilgendorf an der Universität Tübingen Philosophie, Neuere Geschichte, Religionswissenschaften und Rechtswissenschaft. Er schloss die Fächer Philosophie und Geschichte mit einer Magisterarbeit zur „Entwicklungsgeschichte der parlamentarischen Redefreiheit in Deutschland“ ab. Die Promotion in Philosophie erfolgte 1990 mit einer Studie über „Argumentation in der Jurisprudenz“. 1992 wurde er mit einer Arbeit über „Strafrechtliche Produzentenhaftung in der Risikogesellschaft“ im Fach Jura promoviert. 1997 habilitierte er sich für die Fächer Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie mit der Schrift „Zur Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Werturteilen im Strafrecht“. Nach der Habilitation in Tübingen war Hilgendorf von 1997 bis 2001 Professor für Strafrecht an der Universität Konstanz, zwischen 1999 und 2001 zugleich als Dekan. Seit 2001 lehrt er an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Von Oktober 2010 bis September 2012 war er Dekan der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg.

Zusammen mit Hans Kudlich und Brian Valerius ist Hilgendorf Herausgeber des 9-bändigen "Handbuchs des deutschen Strafrechts". Außerdem ist er der für das Strafrecht zuständige Herausgeber der JuristenZeitung (JZ).[1]

2016/2017 war Hilgendorf Mitglied der Ethik-Kommission für automatisiertes und vernetzes Fahren. Von 2018 bis 2024 wirkte er als einer der Gründungsdirektoren des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt). Seit 2018 war er außerdem Mitglied in der EU High Level Expert Group on AI, die die Grundlagen der Europäischen KI-Verordnung erarbeitete.[2] 2019 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) gewählt. 2020 wurde Hilgendorf Mitglied im neuen Bayerischen KI-Rat.[3]

Tätigkeiten

Hilgendorfs Hauptarbeitsgebiete sind, neben dem Kernstrafrecht, das Recht der Digitalisierung, insbesondere das Computer- und Internetstrafrecht sowie Rechtsfragen der KI, das Medizin- und Biostrafrecht und der Rechtsvergleich (Rechtsvergleichung). Daneben engagiert er sich im Bereich der juristischen Grundlagenforschung (Rechtsphilosophie, Rechtstheorie, Bioethik, Geschichte des juristischen Denkens und Strafrechtsgeschichte) und der Rechtsdidaktik. Hilgendorf gehört zu den Pionieren des E-Learning in der Jurisprudenz; 2005–2009 war er Mitglied der Programmkommission der Virtuellen Hochschule Bayern (vhb). Seit Mitte 2005 ist Hilgendorf der Vorstandsvorsitzende des Würzburger Juristen Alumni e. V.[4]

Hilgendorf ist u. a. Mitglied der Internationalen Juristenkommission, der deutschen Strafrechtslehrervereinigung, der Gesellschaft für Analytische Philosophie, des wissenschaftlichen Beirats der Humanistischen Akademie Deutschland[5] sowie der Giordano Bruno Stiftung und Korrespondent der Hans-Kelsen-Gesellschaft (Wien). Mehrfach hat er den deutschen Bundestag und die Bundesregierung in Fragen des Medizinstrafrechts, der Internetkriminalität und der Digitalen Transformation beraten. Seit 2020 ist er Direktoriumsmitglied des Hans-Albert-Instituts.[6]

Mit Jan C. Joerden (Frankfurt/Oder) und Felix Thiele (Bad Neuenahr/Ahrweiler) war Hilgendorf 2009/2010 Leiter einer international zusammengesetzten Forschergruppe zum Themenfeld "Medizin und Menschenwürde" am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) in Bielefeld.

2008 bis 2012 war Hilgendorf Sprecher des Würzburger Zentrums für rechtswissenschaftliche Grundlagenforschung. Er gründete im Verbund mit weiteren Fachbereichen das Würzburger Universitätsprojekt „Globale Systeme und interkulturelle Kompetenz“ (GSIK) und stand diesem von 2008 bis 2014 als Projektsprecher vor. In diesem Lehrprojekt geht es darum, Studierenden aller Fakultäten die Fähigkeiten zu vermitteln, im interkulturellen Kontext kompetent zu handeln und handeln zu wollen. Hilgendorf legt als Vertreter seines Fachbereichs im GSIK-Projekt einen Schwerpunkt auf Kompetenzen, interkulturell bedingte Konflikte als solche zu erkennen, zu analysieren und (im Idealfall) zu lösen. Damit in engem Zusammenhang stehen zahlreiche rechtsvergleichende und internationale Projekte.

Hilgendorf engagiert sich stark im Bereich der juristischen Entwicklungspartnerschaft mit der Türkei, Zentralasien (v. a. Aserbaidschan, Mongolei), Afrika (Kongo) und Ostasien (China, Korea, Japan). 2013 wirkte Hilgendorf als Gastprofessor an der Juristischen Fakultät der Peking-Universität, wo ihm eine Ehrenprofessur verliehen wurde. 2014 war Hilgendorf Gastprofessor an der Hebrew University in Jerusalem. Enge Kontakte pflegt er auch mit Lateinamerika (Argentinien, Kolumbien, Chile) und den USA, letztere vor allem im Zusammenhang mit dem Recht der Digitalisierung.

2010 gründete Hilgendorf in Würzburg die inzwischen mehrfach prämierte Forschungsstelle RobotRecht[7] (seit Anfang 2025: Forschungsstelle KI- und RobotRecht), welche sich mit Fragestellungen im Rahmen der KI-Verordnung, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und Rechtsfragen autonomer Systeme in Industrie, Straßenverkehr und Privatleben beschäftigt. Dazu gehören Fragen der zivil- und strafrechtlichen Haftung ebenso wie Fragen des Datenschutzes und der Zulassung zum Straßenverkehr. Im EU-Forschungsprojekt „AdaptIVe“,[8] in dem es um die Entwicklung automatisiert fahrender Fahrzeuge ging, war er Leiter der europaweiten juristischen Forschungsgruppe. Seit 2014 wirkte Hilgendorf am „Runden Tisch“ des Bundesverkehrsministeriums zum automatisierten Fahren mit.

Ebenfalls 2010 gründete Hilgendorf zusammen mit Genlin Liang (Peking-Universität China) den chinesisch-deutschen Strafrechtslehrerverband (CDSV), dessen Ziel es ist, den akademischen Austausch zwischen beiden Ländern zu fördern. Der Verband gehört inzwischen zu den bekanntesten Institutionen der juristischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China.[9][10]

Hilgendorf war außerdem im Februar 2017 Gründungsbeirat des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw), das sich für säkulare Rechtspolitik einsetzt.[11] Im Jahr 2018 wurde Hilgendorf zum Mitglied der „Global Faculty Initiative“ der Universität in Peking ernannt.[12]

Publikationen (in Auswahl)

Monographien und Lehrbücher

  • Argumentation in der Jurisprudenz. Zur Rezeption von analytischer Philosophie und kritischer Theorie in der Grundlagenforschung der Jurisprudenz, Berlin 1991 (zugleich: Tübingen, Univ., Diss., 1990). OCLC 1072578679
  • Die Entwicklungsgeschichte der parlamentarischen Redefreiheit in Deutschland, Frankfurt am Main 1991. OCLC 1407711823
  • Hans Albert zur Einführung, Hamburg 1997.
  • dtv-Atlas Recht. Bd. 1: Grundlagen, Staatsrecht, Strafrecht, München 2003, 2. Aufl. 2008, 3. Aufl. 2012.
  • dtv-Atlas Recht. Bd. 2: Verwaltungsrecht, Zivilrecht, München 2008.
  • Computer- und Internetstrafrecht. Ein Grundriss, 4. Aufl. Berlin 2023 (zusammen mit Carsten Kusche und Brian Valerius).
  • Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. München 2025 (zusammen mit Brian Valerius).
  • Strafrecht Besonderer Teil, 4. Aufl. Bielefeld 2023 (zusammen mit Gunther Arzt, Ulrich Weber und Bernd Heinrich).
  • Lehr- und Praxiskommentar Strafgesetzbuch, 10. Aufl. Baden-Baden 2025, (Übersetzung in die spanische Sprache durch Marcelo Sancinetti, 3 Bände, 2024 ff.)
  • Handkommentar zur Verordnung über künstliche Intelligenz: KI-VO, 1. Aufl. Baden-Baden 2025 (zusammen mit Johannes Härtlein) ISBN 978-3-7560-1015-8
  • Medizinstrafrecht. Rechtliche und ethische Grundfragen, München 2016.

Herausgeberschaft

  • Wissenschaftlicher Humanismus. Texte zur Moral- und Rechtsphilosophie des frühen logischen Empirismus, Freiburg 1998. OCLC 231729847
  • Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, Berlin 2010. OCLC 695897562
  • Ostasiatisches Strafrecht, Tübingen 2010. OCLC 699773344
  • Festschrift für Wolfgang Heinz zum 70. Geburtstag, Baden-Baden 2012 (zusammen mit Rudolf Rengier).
  • JuristenZeitung, Tübingen 2014.
  • Handbuch Rechtsphilosophie, 2. Aufl. Stuttgart 2016 (zusammen mit Jan Joerden). ISBN 978-3-476-05638-2
  • Autonome Systeme und neue Mobilität, Baden-Baden 2017. OCLC 973729576
  • Die Idee subjektiver Rechte. De Gruyter, Berlin 2020, ISBN 978-3-11-070391-7 (zusammen mit Benno Zabel).
  • Handbuch des Strafrechts. 9 Bände, C.F. Müller, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-8114-9080-2 (zusammen mit Hans Kudlich und Brian Valerius).
  • Schriftenreihe Robotik und Recht, seit 2023 Robotik, Künstliche Intelligenz und Recht, Nomos 2012 ff. (zusammen mit Susanne Beck).
  • Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht, Mohr-Siebeck 2013 ff. (zusammen mit Genlin Liang, Peking-Universität)
Commons: Eric Hilgendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. JuristenZeitung (JZ). In: mohrsiebeck.com. Mohr Siebeck GmbH & Co. KG, 2025, abgerufen am 15. September 2025.
  2. Ethics guidelines for trustworthy AI. In: digital-strategy.ec.europa.eu. European Commission, 8. April 2019, abgerufen am 15. September 2025 (englisch).
  3. Bayerischer KI-Rat. In: baiosphere.org. Bayerische Akademie der Wissenschaften, 2025, abgerufen am 15. September 2025.
  4. Entstehung, Ziele, Aufbau - Juristen ALUMNI Würzburg e.V. Abgerufen am 21. August 2025.
  5. Humanistische Akademie Bayern: Wir über uns (Memento vom 12. November 2013 im Internet Archive)
  6. Direktorium – Hans-Albert-Institut. Abgerufen am 23. Februar 2020 (deutsch).
  7. Hilgendorf, Eric: Homepage der Forschungsstelle RobotRecht. Abgerufen am 18. Januar 2021 (deutsch, englisch).
  8. J. Bienzeisler, C. Cousin, V. Deschamps, U. Eberle, J. Feldle, E. Hilgendorf et al.: Legal Aspects on Automated Driving. Hrsg.: AdaptIVe consortium. Juni 2017 (Online).
  9. Eric Hilgendorf: Homepage des Chinesisch-Deutschen Strafrechtslehrerverband. In: Julius-Maximilians Universität Würzburg, Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik. Eric Hilgendorf, Genlin Liang, 1. August 2010, abgerufen am 24. Juni 2018 (deutsch, 中文).
  10. Hilgendorf, Eric: Homepage des Chinesisch-Deutschen-Strafrechtslehrerverbandes. In: Homepage des Chinesisch-Deutschen-Strafrechtslehrerverbandes. Eric Hilgendorf, abgerufen am 18. Januar 2021 (deutsch, Chamorro).
  11. Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf | ifw – Institut für Weltanschauungsrecht. Abgerufen am 31. März 2020.
  12. Peking University Law School. Abgerufen am 21. August 2025.