Elmshorn (Meteorit)

Koordinaten: 53° 45′ 55″ N, 9° 38′ 4″ O
Elmshorn
Die Hauptmasse des Elmshorn-Meteoriten wiegt 3.736 Gramm
Allgemeines
Offizieller Name
nach MBD
Elmshorn
Authentizität bestätigt
Lokalität
Land Deutschland
Bundesland Schleswig-Holstein
Landkreis Pinneberg
Stadt Elmshorn
Streufeld ja
Fall und Bergung
Datum (Fall) 25. April 2023 um 14:14:24 MESZ
beobachtet ja
Datum (Fund) 25. April 2023
Sammlung IfG Kiel, IfP Münster, LIB Hamburg
Beschreibung
Typ Chondrit
Klasse H-Chondrit
Gruppe H
Untergruppe H3-6
Masse (total) 4,277 – 4,282 kg (21 Stücke,
3.731 g + 233,5 g + 156 g + 20,5 g + …)
Dichte 3,338±0,001 g/cm3
Schock S2
Verwitterung W0
Referenzen
Meteoritical Bulletin 81066
Mindat (Keswick, VA) 434027

Elmshorn ist ein Steinmeteorit, dessen Fall am 25. April 2023 um 14:14 MESZ mit einer mehrfach beobachteten Leucht­er­schei­nung einherging. Die Tageslichtfeuerkugel (Bolide) wurde sowohl von Meteorkameras auf­ge­zeich­net, die vom Arbeitskreis Meteore betrieben werden, als auch direkt von Augenzeugen beobachtet. Es schlugen mehrere Teile des Meteoriten in Hausdächer der Stadt Elmshorn (Schleswig-Holstein) ein. Das größte Stück mit über 3,7 kg schlug in den Garten einer Familie nord­westlich von Elmshorn ein und verursachte erhebliche Schäden. Diese Brocken war die größte intakte Haupt­masse eines Meteoriten in Deutschland seit 100 Jahren. Innerhalb der darauf folgende Woche wurden weitere Teile an anderen Stellen in Elmshorn gefunden, so dass insgesamt 4.277 (nach anderen Angaben 4.282) Gramm Material an 21 einzelnen Fundorten geborgen werden konnten.[1][2][3]

Fall und Auffindung

Der Fall des Meteoriten am 25. April 2023 erzeugte um 12:14:24 UT (etwa 2:14 nachts) für drei Sekunden eine tag­helle Feuerkugel, die sowohl von zwei Meteor­kameras des Allsky7-Netzwerks auf­ge­zeich­net als auch von Augenzeugen in Norddeutschland und den Nieder­landen beobachtet wurde.[1]

Irena-Sendler-Straße

117 Se­kunden nach der Leuchterscheinung schlug das größte Teilstück mit über 3,73 kg in einem Elmshorner Garten ein.[1] Die Familie Mahmut und Güllü Şahin saß im Wohnzimmer, als ein Meteorit in den Garten ihres Grundstücks in der Irena-Sendler-Straße im Nordwesten von Elmshorn einschlug. Als sie nach draußen gingen, um nachzusehen, entdeckten sie ein etwa 20 cm breites und 40 cm tiefes Loch im Rasen ihres Gartens. Da sie zuerst an ein Leck in einer Gasleitung dachten, haben sie die Feuerwehr gerufen, die daraufhin mit einem Gefahrstoffzug-Fahrzeug angerückt ist und den Meteoriten geborgen hat. Dieser wurde bei der Bergung mit einem Spaten beschädigt.[4]

Der Ton des Meteoriteneinschlags wurde von zwei Überwachungskameras, die sich auf dem Grundstück der Familie Şahin befanden, aufgezeichnet.[4][1]

Dieser Stein wiegt 3.736 Gramm und ist somit das größte gefundene uns intakte Einzelstück eines Meteoriten in Deutschland innerhalb der letzten 100 Jahre. Er wurde von der Familie an das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels verkauft und ist seit dem 27. April 2024 im Museum der Natur in Hamburg der Öffentlichkeit zugänglich.[4][3]

Iltisweg

Wilfried und Brigit Labusch saßen im Wohnzimmer ihres Hauses in der Straße Iltisweg, als sie um 14:14 Uhr einen lauten Knall wahrnahmen, der wie ein Blitzeinschlag ins Dach geklungen hat. Wilfried Labusch ist sofort nach draußen gegangen, um nachzusehen, was den Lärm verursacht hat. Dabei entdeckte er die roten Bruchstücke einer Dachpfanne, die auf dem Boden verteilt lagen. Nach einiger Zeit des Suchens entdeckte er einen schwarzen Stein, der im Steinbett neben dem Zaun zum Nachbargrundstück lag. Der Meteorit schlug ins Dach des Grundstücks ein, prallte danach gegen den weißen Zaun des Nachbargrundstücks und landete schließlich auf dem Boden. Nach Angaben von Wilfried Labusch war der frisch gefallene Meteorit noch mehrere Minuten lang lauwarm. Am 27. April 2023 kontaktierte die Familie den Meteoritenexperten Dieter Heinlein, der die Echtheit des Meteoriten bestätigte.[4]

Das Teilstück wurde daraufhin zur wissenschaftlichen Untersuchung in den Felsenkeller des VKTA gebracht. Es wiegt 223,4 Gramm und wird seit dem 25. April 2024 im Geologischen und Mineralogischen Museum in Kiel ausgestellt.[5][6]

Gärtnerstraße

Ein weiterer Dachtreffer ereignete sich in der Gärtnerstraße in Elmshorn. Auch hier wurde eine Dachpfanne von einem 156 g schweren Meteoriten getroffen, der daraufhin in elf Bruchstücke zerbrach. Auch die Dachpfanne wurde zerstört. Die Meteoritenfragmente wurden zur mineralogischen Untersuchung an die Universität Münster geschickt. Die Klassifizierung wurde dort von Markus Patzek und Addi Bischoff vorgenommen.[4][1]

Weitere Bruchstücke

Bei intensiven Suchmaßnahmen wurden innerhalb eines Monats an noch 18 Stellen im nördlichen Stadtgebiet weitere komplette Meteoritenstücke von 20 g bis hinunter zu 1 g sowie etliche Splitterfragmente sichergestellt.[1][2]

Physikalische Merkmale

Die Hauptmasse des Steinmeteoriten von der Irena-Sendler-Straße mit 3,736 kg ist auf der Frontseite fast vollständig mit einer mattschwarzen Schmelzkruste bedeckt und zeigt ausgeprägte Regmaglypten. Der Meteorit hat eine Schüttdichte von 3,338±0,001 g/cm3. Von den beiden nächstgrößeren Teilen vom Iltisweg und der Gärtnerstraße war der erste mit 233,5 g praktisch unversehrt geblieben, während der andere mit 156 g beim Aufprall in ein Dutzend Fragmente zerbrochen war.[1]

Beschaffenheit und Klassifikation

Der Meteorit Elmshorn ist eine chondritische Brekzie. Die Bruchflächen zeigen die brekziöse Textur mit großen hellen und dunklen Teilen, die in eine gräuliche Matrix eingebettet sind. Die optische Detailuntersuchung eines Dünnschliffs zeigte, dass es sich bei den hellen Stellen um gut rekristallisierte Lithologien mit kaum sichtbaren Reliktchondren und mit großen Plagioklaskörnern vom Typ 6 handelt, während die dunklen Lithologien reich an feinkörnigem Olivin und kleinen Metallkörnern sind. Die gräuliche Matrix selbst ist eine Mischung u. a. aus Gesteinsklasten verschiedener petrologischer Typen (einschließlich Typ 3 und Typ 4) mit klar definierten Chondren) und schockverdunkelten Klasten. Die am häufigsten vorkommende undurchsichtige Phase ist Kamazit, neben Taenit, Tetrataenit und Troilit.[1]

Die genaue Analyse der Olivine in zwei verschiedenen Proben des Meteoriten ergab, dass die Komponenten in ihrer Zusammensetzung („Fa-Werten“) im Bereich zwischen den für H- und L-Chondriten typischen Werten lagen. Auch die in beiden Proben enthaltenen Pyroxene mit niedrigem Ca-Gehalt wurden untersucht, Plagioklas-Analysen wurden hauptsächlich aus einem großen Fragment gewonnen, und schließlich wurde die Zusammensetzung der Sauerstoffisotope von acht kleinen Stücken (~2 mg pro Stück) aus zwei verschiedenen Fragmenten des Streufeldes ermittelt.[1]

Der Elmshorner Meteorit wurde aufgrund dieser Analysen durch Markus Patzek und Addi Bischoff vom Institut für Planetologie (IfP) der Uni Münster als Gewöhnlicher Chondrit H3-6 eingestuft, mit Schockstatus S2 und Verwitterungsstatus W0. Elmshorn ist eine damit eine Brekzie, die aus einem Gemisch vieler verschiedener Klastentypen besteht, die von stark metamorphosierten Typ-6-Klasten bis hin zu Typ-3-Klasten mit glasartiger Mesostase[7][8] in den Chondrulen reichen.[1]

Herkunft

Nach Stefan Peters vom Museum der Natur Hamburg (LIB) wurden im Meteoriten Spuren eines gewaltigen Zusammenpralls gefunden. Man darf annehmen, dass es sich um das Relikt einer gewaltigen Kollision zweier Asteroiden vor ca. 2,8 Milliarden Jahren mit entsprechend zerstörerischen Kräften handelt, nach Schätzungen hatte einer der beiden einen Durchmesser von fast 280 Kilometern. Sie waren zudem relativ zueinander so schnell unterwegs, dass der Mutterkörper mit diesem Durchmesser dabei vollständig zerstört wurde, d. h. dass die beiden nicht gestreift haben und nur schräg oberflächlich tangiert haben.[3]

Aufbewahrungsorte

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l Elmshorn. Auf: Meteoritical Bulletin. Meteoritical Society (MetSoc), Lunar And Planetary Institute (LPI). Stand: 7. Mai 2025 (englisch).
  2. a b Elmshorn meteorite, Elmshorn, Pinneberg, Schleswig-Holstein, Germany. MinDat, Hudson Institute of Mineralogy. Stand: 5. Januar 2025 (englisch).
  3. a b c Nike Heinen: Meteorit in Elmshorn: „Wir haben Spuren eines gewaltigen Zusammenpralls gefunden.“ Interview mit Stefan Peters vom Museum der Natur Hamburg (LIB). Auf: welt.de vom 6. Mai 2024.
  4. a b c d e Karmaka Meteorites: ELMSHORN (H chondrite breccia) meteorite fall, (21 confirmed finds (incl. 3.736 kg, 233.4 g); ~4.271.4 kg TKW, H3-6) in Elmshorn, Pinneberg, Schleswig-Holstein, Germany, at 12:14:24 UT on 25 April 2023. 28. April 2023, abgerufen am 15. Juni 2024 (deutsch).
  5. a b Universität Kiel: Ein Jahr nach Einschlag: Elmshorner Meteorit kommt an Uni Kiel. 25. April 2024, abgerufen am 15. Juni 2024 (deutsch).
  6. a b Geologisches und Mineralogisches Museum.
  7. Definition of mesostasis. MinDat, Hudson Institute of Mineralogy.
  8. Wiktionary: mesostasis (englisch).