Ella Barowsky
Ella Barowsky (* 11. Januar 1912 in Charlottenburg; † 25. September 2007 in Berlin) war eine deutsche Politikerin der LDP/FDP.
Leben und berufliche Entwicklung
Barowsky wuchs in einer Berliner Handwerkerfamilie auf. Sie erwarb an der Cecilienschule in Wilmersdorf 1931 das Abitur. Wie sie später sagte, sei es dieser Schule und seinen liberal gesinnten Lehrern zu verdanken, dass sie nichts für den immer stärker werdenden aggressiven Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus übrig hatte. Der Geschichtsunterricht in der Schule sei geprägt gewesen von der Gedankenwelt der Revolution von 1848 und hätte auch die Diskussionen unter den Schülerinnen geprägt. Von 1931 bis 1934 studierte sie Volkswirtschaftslehre an der Universität Berlin. Sie promovierte 1942 mit einer Arbeit über die Probleme der städtischen Wohnbaufinanzierung zum Dr. rer. pol.[1]
Einer liberal-demokratischen Geisteshaltung verpflichtet, widerstand Barowsky jedem Versuch, auch nur zum Schein, sich der herrschenden nationalsozialistischen Geisteshaltung anzugleichen. Daher standen ihr bis Mai 1945 nur bescheidene berufliche Möglichkeiten offen. Sie arbeitete von 1934 bis 1938 als Archivarin bei der Wohnungsbaufirma Treubau AF für Berlin. Dadurch war sie nach dem Krieg unbelastet. Bereits im Mai 1945 konnte sie die Position einer Rechnungsdirektorin in der Finanzverwaltung des Schöneberger Bezirksamtes antreten. Hier war Otto Grotewohl ihr direkter Vorgesetzter.[1]
In der Nachkriegszeit beteiligte sie sich an der Trümmerräumung Berlins (Trümmerfrau). 1950 lag sie wegen einer Typhuserkrankung mehrere Monate im Krankenhaus.
Von 1964 bis 1975 war Barowsky Direktorin des Lette-Vereins. Als langjährige Vorsitzende und Ehrenvorsitzende des Deutschen Akademikerinnenbundes Berlin e. V. trieb sie die Gleichstellung der Frau im Bildungsbereich voran. Außerdem engagierte sie sich in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Berlin, in der sie von 1974 bis 1992 eine der drei Vorsitzenden war, sowie in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und im Verein der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem, wo sie jeweils dem Vorstand angehörte. Zuletzt war sie Ehrenvorsitzende der Berliner Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Nach dem Berliner Bankenskandal 2001 war Barowsky eine der Initiatorinnen des Volksbegehrens für eine Neuwahl des Abgeordnetenhauses.
Wirken in der Politik
Barowskys Vorgesetzter Grotewohl, der Vorsitzende der Berliner Sozialdemokraten, versuchte sie für seine Partei zu werben. Sie trat jedoch im Oktober 1945 in die Liberaldemokratische Partei (der Vorläufer der FDP) ein, da dies zu dieser Zeit die einzige Partei war, die sich eindeutig für die freie, marktwirtschaftliche Ordnung ausgesprochen hatte.[1] Damit beteiligte sie sich an der Gründung der LDP in Berlin, aus deren West-Berliner Ortsverbänden nach der Spaltung der Stadt der Landesverband Berlin der FDP wurde. Innerhalb der West-Berliner FDP gehörte sie zum linksliberalen Flügel um Hans Reif. Von 1946 bis 1948 war sie Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Berlin und unterstützte dort die Arbeit des Frauenausschusses.[2]
Anschließend saß sie im Abgeordnetenhaus von Berlin, in dem sie zeitweise stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion und Mitglied des Bezirksvorstandes war. Von 1951 bis 1955 war sie Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Schöneberg und später Finanzstadträtin in Berlin-Wilmersdorf. In den Jahren 1950 und 1955 und von 1963 bis 1971 war sie Mitglied im Abgeordnetenhaus. Sie gehörte in den 1950er Jahren zeitweise dem erweiterten FDP-Bundesvorstand an und war stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner FDP. Schwerpunkt ihrer Arbeit war die Sozial- und die Finanzpolitik. Sie war Ehrenvorsitzende der Berliner FDP.[1]
Barowsky arbeitete auch viel in Frauenausschüssen. Sie hielt Vorträge im Rahmen des Bildungsprogramms und war Vertreterin ihrer Partei im Zentralen Frauenausschuss. In diesem Gremium waren die Kommunistinnen besonders aktiv und sie konnte deren Politik nicht mehr mittragen, daher trat sie zusammen mit der CDU-Politikerin Agnes Maxsein aus dem Zentralen Frauenausschuss aus. Da sie aber weiterhin Frauenpolitik betreiben wollte, trat sie 1949 in den Deutschen Akademikerinnenbund ein und leistete dort ehrenamtliche Arbeit.[1]
Ehrungen
- Bundesverdienstkreuz am Bande (26. Februar 1968)[1][3]
- Stadtältester von Berlin (1977)[1]
- Fidicin-Medaille des Vereins für die Geschichte Berlins (1991)[4]
- Louise-Schroeder-Medaille (2003)[5]
- Goldene Ehrenmitgliedschaft der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freien Universität Berlin (2004)
- Ehrengrab der Stadt Berlin (November 2018)[6]
- Umbenennung des Tempelhofer Wegs in Ella-Barowsky-Straße, in Berlin-Schöneberg (1. März 2021)[7]
Schriften
- Probleme der städtischen Wohnbaufinanzierung in den Vereinigten Staaten, mit besonderer Berücksichtigung des „Kleinwohnungsbaues“. Jur. Diss., Berlin 1942.
- Wiederaufbau von Demokratie und Selbstverwaltung. [Erinnerungen einer Berlinerin „der ersten Stunde“]. Presse- u. Informationsamt des Landes Berlin, Berlin 1988.
Literatur
- Werner Breunig, Siegfried Heimann, Andreas Herbst: Biografisches Handbuch der Berliner Stadtverordneten und Abgeordneten 1946–1963 (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin. Band 14). Landesarchiv Berlin, Berlin 2011, ISBN 978-3-9803303-4-3, S. 62.
- Mit Charme und Vernunft für Berlin. Die liberale Politikerin Ella Barowsky. Zum 80. Geburtstag am 11. Januar 1992. Hrsg. vom FDP-Landesverband Berlin, Berlin 1992.
Weblinks
- Literatur von und über Ella Barowsky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Gründerinnen des DFD
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Frauenpolitik und politisches Wirken von Frauen im Berlin der Nachkriegszeit 1945 - 1949. Trafo-Verl. Weist, Berlin 1996, ISBN 978-3-89626-109-0, S. 261–263.
- ↑ Die Gründerinnen des DFD.
- ↑ Auskunft des Bundespräsidialamtes.
- ↑ Seite des Vereins für die Geschichte Berlins (abgerufen am 17. März 2016).
- ↑ Neue Ehrengrabstätten ( des vom 22. September 2021 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 188 kB).
- ↑ Ehrengrabstätten für namhafte und verdiente Persönlichkeiten. 23. August 2018, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 12. April 2021; abgerufen am 26. März 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Umbenennung des Tempelhofer Weges in Ella-Barowsky-Straße. In: berlin.de. 1. März 2021, abgerufen am 7. März 2021.