Eisenbau Reinhold Patzschke
| Eisenbau Reinhold Patzschke | |
|---|---|
| Rechtsform | Familienunternehmen |
| Gründung | 1886 |
| Auflösung | 1948 |
| Auflösungsgrund | Verstaatlichung |
| Sitz | Leipzig |
| Mitarbeiterzahl | max. 740 (1939) |
| Branche | Stahlhochbau |
Eisenbau Reinhold Patzschke war ein auf dem Gebiet des Stahlhochbaus und des Stahlfensterbaus bis 1948 tätiges Unternehmen in Leipzig-Mockau.
Geschichte
Das von Schlossermeister Reinhold Patzschke im Jahre 1886 mit drei Beschäftigten gegründete Handwerksunternehmen befand sich in der Mölkauer Straße 24 (seit 2001 Mierendorffstraße) im Stadtteil Anger-Crottendorf und konzentrierte sich anfangs auf die Herstellung von schmiedeeisernen Fenstern, Türen und Toren. Im Jahre 1915 ließ Reinhold Patzschke seine Fabrik für Feineisenkonstruktionen mit Kunstschmiede und Bauschlosserei in das Handelsregister beim Amtsgericht Leipzig unter HR 16341 am 21. Juli 1915 eintragen. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte das Unternehmen bereits 60 Personen.

Am 1. Oktober 1916 erhielt der Ingenieur Curt Patzschke, der Sohn des Firmengründers, mit dem Eintritt in die Firma Prokura und übernahm nach dem Ausscheiden des Vaters im September 1918 das Unternehmen als alleiniger Geschäftsführer. 1922 erfolgte die Verlegung des Firmensitzes in einen Fabrikneubau in der Bahnstraße 20 (seit 1928 Dortmunder Straße) im Stadtteil Mockau zur Produktion von vorwiegend Eisenkonstruktionen für Industriehallen, Bahnhofsbauten sowie Brückenkonstruktionen. Im Mai 1925 ließ Curt Patzschke beim Amtsgericht Leipzig, die anfängliche Firmierung Reinhold Patzschke in Eisenbau Reinhold Patzschke ändern. Zu diesem Zeitpunkt waren im Betrieb etwa 300 Personen zur Herstellung von ausschließlich Eisenkonstruktionen beschäftigt, deren Anzahl bis 1936 auf 512 erweitert wurde.[1]
1929 wurde zunächst für den Vertrieb und seit 1930 dann auch für die Produktion von Repal-Stahlfenstern, eine Tochtergesellschaft als Repal-Stahlfenster-Gesellschaft GmbH gegründet, die an die englische Firma Cristall-Manifactory & Co. Ltd. in London verkauft wurde. Zwei Jahre später kam es zur Rückgabe dieses Unternehmens als Werk II an Curt Patzschke.
1936 kaufte Curt Patzschke das bereits vorher gepachtete Grundstück in der Dessauer Straße 2 mit Fabrikhallen, Bürogebäude und Gleisanschluss von der Firma Thyssen Eisen- und Stahl AG in Leipzig und führte es als Werk II. Am 29. August 1937 verunglückte der Firmeninhaber Curt Patzschke bei einem Autounfall tödlich. Als testamentarischer Alleinerbe wurde sein unmündiger Neffe Reinhold Patzschke, geboren am 31. Mai 1921 in Hamburg, am 24. August 1938 im Handelsregister Leipzig unter HRA 2976 eingetragen. Gesetzlich vertreten wurde er durch seine Mutter Emma verwitwete Patzschke, geborene Birnbaum in Hamburg. Reinhold Patzschke wurde 1940 zum Kriegsdienst eingezogen und starb am 21. Januar 1944 an der Ostfront. Die Geschäfte des Unternehmens führte bis 10. Januar 1946 als Direktor der Einzelprokurist Friedrich Max Kühne, der als Prokurist seit 1921 in der Firma tätig war. In ungeteilter Erbengemeinschaft führten Emma Patzschke als Mutter und Erika Patzschke als Schwester das Handelsgeschäft fort, bis zum 1. Oktober 1945 Erika Patzschke Alleininhaberin wurde.
Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte das Unternehmen zahlreiche Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa sowohl in der Produktion als auch bei der Beseitigung beträchtlicher Bombenschäden in beiden Werken. Seit 1943 wurde die Firma Eisenbau Reinhold Patzschke zur Produktion und Reparatur von Panzern und Panzerspähwagen eingesetzt. Die Zahl der Beschäftigten entwickelte sich von 740 im Durchschnitt des Jahres 1939 kriegsbedingt auf 317 am 1. September 1945.
Sequestrierung durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD)
Am 10. Januar 1946 erfolgte die Einsetzung des Prokuristen Richard Schmitz aus Belgershain als kommissarischer Werkleiter. Am 19. Februar 1946 wurde die Firma Eisenbau Reinhold Patzschke sequestriert. Am 8. April 1946 wurde der Prokurist Walter Knopfe durch den Chef der Sowjetischen Militäradministration des Landes Sachsen zum Sequester bestellt. Die Firma Eisenbau Reinhold Paschke wurde durch Volksentscheid vom 30. Juni 1946 zu Gunsten des Landes Sachsen enteignet und zum 17. August 1948 im Handelsregister gelöscht.
Im Zeitraum bis zur Enteignung erhielt die Firma Aufträge durch die SMAD für Demontagearbeiten auf den Flughäfen Leipzig und Brandis-Waldpolenz so wie in den Leunawerken. Bis zum Erlass des Präsidenten der Provinz Sachsen vom 7. Februar 1946 zur Auflösung des deutschen Stahlbauverbandes - Abwicklungsstelle Halle (Saale) erfolgte durch diese Geschäftsstelle die Registrierung der SMAD-Aufträge sowie die Unterstützung bei der Preisbildung und der Festlegung von Lohnkostenzuschlägen für Arbeiten an zerstörten Stahlkonstruktionen.
Nach der Enteignung der Firma Eisenbau Leipzig wurde der VEB Eisenbau Leipzig als Nachfolgebetrieb in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen.
Literatur
- Fensterkonstruktionen, In: Deutsche Bauzeitung (DBZ) 1932 (66. Jg.) Nummer 31, Seite 613 ff.
- Kolditz, Gerhard (Herausgeber): Fremd- und Zwangsarbeit in Sachsen 1939–1945, Halle/Saale: mdv Mitteldeutscher Verlag 2002, ISBN 978-3-89812-168-2
- Thomas Fickenwirth, Birgit Horn, Christian Kurzweg: Fremd- und Zwangsarbeit im Raum Leipzig 1935–1945, Leipziger Universitätsverlag 2004, ISBN 978-3-937209-92-0.
Einzelnachweise
- ↑ Eisenbau Reinhold Patzschke. In: Sachsenarchiv. Abgerufen am 2. September 2025.