Einsteinmodell

Das Einstein-Modell ist ein Modell in der Festkörperphysik zur Erklärung des Temperaturverlaufs der Wärmekapazität eines Festkörpers. Es stammt aus der Frühzeit der Quantenphysik und geht auf die Arbeit "Die Plancksche Theorie der Strahlung und die Theorie der spezifischen Wärme" zurück, welche 1907 von Albert Einstein veröffentlicht wurde.[1]

Es führt die innere Energie eines Festkörpers auf die unabhängige und isotrope harmonische Oszillation der einzelnen Atome zurück. Jedes Atom kann weiterhin nur mit einer materialabhängigen, aber für den Festkörper konstanten Einstein-Frequenz schwingen. Obwohl die Atomschwingungen im Modell als voneinander unabhängig angenommen werden (und daher nicht von Gitterschwingungen des gesamten Kristalls ausgegangen wird), entspricht das mit heutigen Begriffen ausgedrückt, der Annahme ausschließlich optischer Phononen im Festkörper.[2]

Es steht zwischen dem klassischen Modell der Dulong-Petit-Regel (1819), welches postuliert und dem ebenfalls quantenphysikalischen Debye-Modell von 1910. Ersteres scheitert daran, dass für niedrige Temperaturen ein Abfall der Wärmekapazität auf Null beobachtet wird (also insbesondere nicht konstant bleibt). Das Debye-Modell hingegen macht die Annahme ausschließlich akustischer Phononen im Festkörper und geht anders an das Problem heran. Dennoch zeigen das Einstein- und Debye-Modell den qualitativ selben Verlauf . Da jedoch das Debye-Modell höhere Werte im Bereich für mittlere Temperaturen postuliert, die mit experimentellen Messungen Bestätigung finden, wird es häufiger als das Einstein-Modell herangezogen.[3] Dennoch wäre allgemein anzunehmen, dass in einem Kristall sowohl optische, als auch akustische Phononen auftreten.

Historischer Kontext

Einsteins Motivation für sein Modell der Wärmekapazität war die Anwendung der Quantenhypothese von Max Planck (1900), die dieser damals für die Emission in Strahlungsfelder verwendete. Bereits 1905 wandte Einstein diese Hypothese (in der Originalliteratur von ihm durchgängig als "Plancksche Theorie" bezeichnet) auf die Absorption von Strahlung an, um den äußeren Photo-Effekt zu deuten.[4] Mit der Anwendung der Quantenhypothese auf die Festkörperphysik dagegen war es möglich, dieses plancksche Postulat auf den rein materiellen Bereich auszudehnen. Einstein motiviert seine Arbeit damit, dass "[wenn] die Plancksche Theorie der Strahlung den Kern der Sache trifft, so müssen wir erwarten, auch auf anderen Gebieten der Wärmetheorie Widersprüche zwischen der gegenwärtigen molekular-kinetischen Theorie und der Erfahrung zu finden, die sich auf dem eingeschlagenen Wege heben lassen". Mit dem "eingeschlagenen Wege" bezog er sich auf die gerade neu entstehende Quantenphysik, die sich mit der Entdeckung der Materiewellen und einer ganzheitlichen Theorie der Quantenmechanik durch u. a. Heisenberg und Schrödinger schlussendlich auch durchsetzte.

Grundlagen des Modells

Die Gitterschwingungen des Kristalls werden gequantelt, d. h. der Festkörper kann Schwingungsenergie nur in diskreten Quanten aufnehmen. Diese Quanten nennt man auch Phononen. Man beschreibt den Festkörper dann als aus  quantenharmonischen Oszillatoren bestehend, die jeweils in drei Richtungen unabhängig schwingen können. Die Besetzungswahrscheinlichkeit einer solchen Schwingungsmode (eines Phonons) hängt von der Temperatur  ab und folgt (da Phononen Bosonen sind) der Bose-Einstein-Verteilung:

mit

Damit ergibt sich die innere Energie  im Festkörper zu (Es wurde die Quantisierungsbedingung des harmonischen Oszillators verwendet):

mit

Der Beitrag gibt die Nullpunktenergie an.

Der Beitrag der Phononen zur Wärmekapazität ist dann:

mit

Mit der Einstein-Temperatur ergibt sich eine einfachere Schreibweise:

Versagen bei tiefen Temperaturen

Wie das Debye-Modell liefert das Einstein-Modell das korrekte Hochtemperaturlimit nach dem Dulong-Petit-Gesetz:

Im Limes kleiner Temperaturen ergibt sich:

Dieser Verlauf von  für kleine Temperaturen weicht allerdings erheblich von Messungen ab. Dies hängt mit der Annahme zusammen, alle harmonischen Oszillatoren im Festkörper würden mit einer einheitlichen Frequenz schwingen. Die Verhältnisse im realen Festkörper sind jedoch deutlich komplizierter.

Literatur

  • „Die Plancksche Theorie der Strahlung und die Theorie der spezifischen Wärme“, A. Einstein, Annalen der Physik, volume 22, S. 180–190, 1907. Online

Einzelnachweise

  1. Albert Einstein: Die Plancksche Theorie der Strahlung und die Theorie der spezifischen Wärme. In: Annalen der Physik. 1907.
  2. Einstein-Modell. Abgerufen am 7. September 2025.
  3. Gerhard H. Findenegg, Thomas Hellweg: Statistische Thermodynamik. In: SpringerLink. 2015, doi:10.1007/978-3-642-37872-0 (springer.com [abgerufen am 7. September 2025]).
  4. A. Einstein: Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt. In: Annalen der Physik. Band 322, Nr. 6, 1905, ISSN 1521-3889, S. 132–148, doi:10.1002/andp.19053220607 (wiley.com [abgerufen am 7. September 2025]).