Edward Church
Edward Church (* 1769 in Horta, Fayal, Azoren; † 1847 in Kentucky, USA) war ein US-amerikanischer Diplomat, Unternehmer und ein Pionier der Dampfschifffahrt in Europa. Als US-Konsul in Paris initiierte er 1823 den Bau und Betrieb des ersten Dampfschiffes auf dem Genfersee, der Guillaume Tell. Church spielte auch eine zentrale Rolle bei der Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee, dem Comer See sowie auf der Rhône und der Saône.
Frühes Leben und diplomatische Karriere
Edward Church wurde 1769 in Horta auf der Azoreninsel Fayal als Sohn amerikanischer Bürger englischer Abstammung geboren. 1790 wurde er vom ersten US-Präsidenten George Washington persönlich zum Konsul in Bilbao ernannt. Aufgrund politischer Umstände trat er die Stelle nicht an und wurde provisorisch nach Bordeaux entsandt.
Seine diplomatische Laufbahn führte ihn anschliessend nach Lissabon (1792–1797) und erneut nach Bordeaux, bevor er schliesslich zum US-Konsul in Paris berufen wurde. Dort heiratete er eine Französin und gründete eine Familie.
Während seiner Zeit in Paris lernte er Robert Fulton (1765–1815) kennen, den späteren Erfinder des ersten betriebstüchtigen Dampfschiffs. Beide sollen gemeinsam an ersten Dampfschiffprojekten auf der Seine und Loire gearbeitet haben – u. a. beim Bau kleiner Dampfboote um 1820–1822. Diese frühen Erfahrungen legten den Grundstein für Churchs Engagement in der Schifffahrt.
Pionier der Dampfschifffahrt
Bei einem Besuch in Genf im Jahr 1822 zeigte sich Church überrascht, dass auf dem Genfersee noch kein Dampfschiff verkehrte. In einem öffentlichen Schreiben drückte er seine Verwunderung aus und beschloss, die Dampfschifffahrt in eigener Regie in der Region einzuführen.
Church bestellte bei der Werft Mauriac Père & Fils in Bordeaux ein hölzernes Schiff und gab die Dampfmaschine vermutlich bei Boulton & Watt in England in Auftrag. Das Schiff wurde in Genf zusammengebaut und am 28. Mai 1823 unter dem Namen «Guillaume Tell» feierlich zu Wasser gelassen – das erste Dampfschiff der Schweiz.
Die Guillaume Tell war etwa 22 Meter lang und verfügte über ca. 50 PS Maschinenleistung. Die planmässigen Fahrten liefen täglich Ouchy an und kehrten, am Schweizer Ufer entlang, mit Zwischenhalten in Morges, Rolle, Nyon und Coppet nach Genf zurück. Trotz hoher Fahrpreise war die Nachfrage gross. Nur wenige Monate später übergab Church seine Anteile an Investoren und zog sich 1824 aus dem operativen Betrieb zurück.
Weitere Aktivitäten
Church kehrte nach Paris zurück, widmete sich aber weiterhin der Entwicklung der Dampfschifffahrt:
- Bodensee/Württemberg: Er war wesentlich am Bau des ersten Bodenseedampfers Wilhelm beteiligt.
- Bodensee/Bayern: Als technischer Berater unterstützte er den Bau des Dampfschiffs Max Joseph.
- Comer See: 1826 beteiligte er sich an der Realisierung der Dampfschiffe Lario und Plinio.
- Frankreich: Er war später auch in Dampfschiffprojekte auf der Rhône und Saône involviert.
Literatur
- Jürg Meister: Transport und Tourismus: Pioniere der Dampfschifffahrt. In: Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik. Band 89. Verein für wirtschaftshistorische Studien, Zürich 2009, ISBN 978-3-909059-45-4.
Weblinks
- Edward Church im Katalog Schweizer Pioniere