Eduard Erdmann
Eduard (Ned) Paul Ernst Erdmann (* 5. Märzjul. / 17. März 1896greg. in Wenden, Livland, Russisches Kaiserreich; † 21. Juni 1958 in Hamburg) war ein deutsch-baltischer Pianist und Komponist.
Leben
Eduard Erdmanns Eltern waren der Rechtsanwalt Georg Piers Erdmann (* 1856 Dorpat; † 1913 Riga) und Wilma Ottilie Erdmann, geb. Kiparski (* 1859 Wissust; † 1929 Berlin), sein Großonkel war der Philosoph Johann Eduard Erdmann. Er absolvierte in Riga eine Klavierausbildung bei Bror Möllersten (bis 1912) und bei Jean du Chastain (1912 bis 1914) sowie musiktheoretischen Unterricht bei Harald Creutzburg (bis 1913). Nach dem Tod seines Vaters übersiedelte Erdmann nach Berlin, wo er von 1914 bis 1917 Klavier bei Conrad Ansorge und von 1915 bis 1918 Komposition bei Heinz Tiessen studierte.[1][2] Ab 1919 unternahm er zahlreiche Konzertreisen, auch ins Ausland.
In den 1920er Jahren war Erdmann Jurymitglied bei den Donaueschinger Kammermusiktagen für zeitgenössische Tonkunst. 1926 war er der Solist des Eröffnungskonzerts der Bauhauskonzerte in Dessau. 1925 bis 1935 unterrichtete er Klavier an der Hochschule für Musik Köln. Nachdem er aus Protest gegen Repressalien der Nationalsozialisten gegen jüdische Kollegen von seinem Amt zurückgetreten war, wurde über seine Werke ein Aufführungsverbot verhängt. Danach trat Erdmann zum 1. Mai 1937 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 4.424.050)[3][4] und wirkte nur noch als Pianist. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde er im August 1944 in die von Adolf Hitler genehmigte Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Pianisten aufgenommen, was ihn vor einem Kriegseinsatz bewahrte.[5]
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Seit 1950 unterrichtete er an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Er komponierte vier Sinfonien, ein Klavierkonzert, ein Konzertstück für Klavier und Orchester, weitere Orchesterstücke, kammermusikalische Werke und Lieder. Als Pianist setzte sich Erdmann vehement für zeitgenössische Werke ein. Er galt außerdem als bedeutender Interpret der Werke von Bach und Schubert.
Erdmann sammelte Bücher, speziell deutsche Literatur in der jeweils ersten Gesamtausgabe. Am 26./27. Mai 1959 versteigerte die Firma Hauswedell in Hamburg große Teile seiner umfangreichen Bibliothek.
Eduard Erdmann war mit der Musikerin und Künstlerin Irene von Willisch (1896–1978) verheiratet. Das Ehepaar hatte vier Kinder: Jolanthe, Piers (Ehe mit Christa), Jobst und Judith. Jolanthe wurde die zweite Ehefrau von Emil Nolde.
Eduard Erdmanns Grabstätte befindet sich auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg (Bm 67) westlich Kapelle 13.[6]
Auszeichnung
Werke
- An den Frühling, lyrisches Stück für Violine und Klavier, 1912
- Burleske, aus den Bagatellen op. 5, 1913
- Am Gardasee, sinfonische Dichtung, 1914
- Rondo für Orchester, Heinz Tiessen gewidmet, 1918
- 1. Sinfonie, Alban Berg gewidmet, 1920
- Violin-Solosonate für Alma Moodie, 1921
- 2. Sinfonie, Ernst Krenek gewidmet, 1923
- Die entsprungene Insel, Operette, 1925
- Klavierkonzert, 1928
- Ständchen für Orchester, 1930
- Streichquartett, Emil Nolde gewidmet, 1937
- Konzertstück für Klavier und Orchester, 1946
- 3. Sinfonie, 1947
- 4. Sinfonie, Hans Schmidt-Isserstedt gewidmet, 1951
- Capricci, 1952
- Monogramme, 1955
Literatur
- Christof Bitter, Manfred Schlösser (Hrsg.): Begegnungen mit Eduard Erdmann. Agora, Darmstadt 1968 (3. Auflage 1998).
- Erdmann, Eduard in: Der Brockhaus, Musik: Komponisten, Interpreten, Sachbegriffe. Brockhaus, Mannheim 2006, ISBN 978-3-7653-0393-7, S. 182.
- Oliver Fraenzke: Eduard Erdmann. Philosoph des Klaviers. edition text + kritik, München 2022, ISBN 978-3-96707-604-2.
- Werner Grünzweig, Gerhard Gensch (Hrsg.): Eduard Erdmann. Im Auftrag des Archivs der Akademie der Künste (= Archive zur Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, Bd. 15). von Bockel, Neumünster 2018, ISBN 978-3-95675-024-3.
- Berthold Hamer: Erdmann, Eduard. In: Berthold Hamer (Hrsg.): Biografien der Landschaft Angeln. Bd. 1: Personenlexikon A–J. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum, 2007, ISBN 978-3-89876-339-4, S. 186–190.
- Horst Jordt, Volker Scherliess (Hrsg.): Aus Klimbams Garten. Irene und Eduard Erdmann in persönlichen Erinnerungen. Wachholtz Verlag, Kiel 2018, ISBN 978-3-529-05187-6.
- Sabine Meine, Rainer Nonnenmann (Hrsg.): Doppelporträt Eduard Erdmann und Maria Herz. Kontinuitäten, Auf- und Abbrüche im Kölner Musikleben zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus (1925–1935). edition text + kritik, München 2024, ISBN 978-3-96707-838-1.
- Erdmann, Eduard in: Mueller von Asow (Hrsg.): Kürschners Deutscher Musiker-Kalender 1954. de Gruyter, Berlin 1954. Sp. 260 f. (Mit Werkverzeichnis opp. 1–21).
- Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 1529 f. online
- Volker Scherliess: Erdmann und Nolde (= Seebüller Hefte, Bd. 1). Neukirchen 2009, ISBN 978-3-00-029590-4 [inkl. Audio-CD, enthält Einspielungen von Eduard Erdmann, Tilman Krämer und dem Artemis Quartett].
- Helmut Scheunchen: Lexikon deutschbaltischer Musik. Hrsg. von der Georg-Dehio-Gesellschaft. Verlag Harro von Hirschheydt, Wedemark-Elze 2002, ISBN 3-7777-0730-9, S. 63 f.
Weblinks
- Werke von und über Eduard Erdmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Erdmann, Eduard (Ned) Paul Ernst. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
- Ausführliche Website über von Eduard Erdmann
- Umfangreicher Artikel zu Leben und Werk von Eduard Erdmann ( vom 9. Oktober 2007 im Internet Archive)
- Marek Bobéth: Eduard Erdmann (1896–1958) Leben und Wirken eines deutschbaltischen Künstlers. Carl-Schirren-Gesellschaft (PDF; 1,9 MB)
- Eduard-Erdmann-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
- Eduard-Erdmann-Gesellschaft e. V.
Einzelnachweise
- ↑ Mueller von Asow (Herausgeber): Kürschners Deutscher Musiker-Kalender 1954. de Gruyter, Berlin 1954. Sp. 260. Die Einträge beruhen auf Selbstauskunft der Künstler
- ↑ Werner Grimmel: Viersaitiges Schmetterlingsflattern. Die lettische Geigerin Baiba Skride spielt moderne Sonaten für Violine solo. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. November 2022, S. 10.
- ↑ Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/7980825
- ↑ Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 1529.
- ↑ Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 139.
- ↑ Prominenten-Gräber