Eberhard Riedel (Skirennläufer)

Eberhard Riedel
Nation Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Geburtstag 14. Februar 1938 (87 Jahre)[1]
Geburtsort LauterDeutsches Reich
Größe 172 cm
Gewicht 69 kg
Karriere
Disziplin Abfahrt, Riesenslalom
Slalom, Alpine Kombination
Verein SC Traktor Oberwiesenthal
Status zurückgetreten
Karriereende 1968
letzte Änderung: 20. September 2024

Eberhard „Ebs“ Riedel (* 14. Februar 1938 in Lauter, Amtshauptmannschaft Schwarzenberg) ist ein ehemaliger deutscher Skirennläufer[2] und DDR-Volkskammerabgeordneter. Er war der einzige alpine Skifahrer von Weltklasse aus der DDR.[2]

Leben und Wirken

In seinem erzgebirgischen Heimatdorf Lauter begann Riedel mit dem Wintersport. 1947 gelang ihm der Sieg bei einem Skispringen auf der örtlichen Grieseschanze. Er wechselte zum SC Traktor Oberwiesenthal, wo er von Joachim Loos trainiert wurde, und widmete sich fortan dem alpinen Skisport. Zwischen 1952 und 1956 wurde er mehrfach Sachsenmeister im Kinder- und Jugendbereich. 1957 wurde er in die alpine Nationalmannschaft der DDR berufen.

Eberhard Riedel nahm an drei Olympischen Winterspielen teil. 1960 im Squaw Valley wurde er in der Abfahrt 16., 1964 in Innsbruck im Riesenslalom 15. und im Slalom 18. Bei den Olympischen Winterspielen 1968 in Grenoble startete er in allen drei alpinen Disziplinen. In der Abfahrt schied er nach einem Sturz aus, im Riesenslalom belegte er Rang 41.[2] Seine beste Platzierung war der 13. Platz im Slalom, der zugleich sein bestes olympisches Ergebnis darstellt.[3] Riedel war auch bei den Alpinen Weltmeisterschaften 1958 in Bad Gastein und 1966 in Portillo (Chile) dabei. Im Zusammenhang mit Olympischen Winterspielen 1960 in Squaw Valley kam es zu einem Konflikt zwischen west- und ostdeutschen Athleten um den Ausscheidungsmodus für die gemeinsame deutsche Mannschaft, in dessen Folge Riedel nicht in Slalom und Riesenslalom starten durfte.[4] Der Streit ging so weit, dass der Pressesprecher des Deutschen Skiverbandes (DSV) sich wegen antikommunistischer Äußerungen offiziell entschuldigen musste.[2] Eine Teilnahme an den Alpinen Skiweltmeisterschaften 1962 in Chamonix war ihm aus politischen Gründen verwehrt, da Frankreich als NATO-Mitglied den DDR-Sportlern kein Einreisevisum erteilte.[5]

Riedel erlernte den Beruf eines Forstarbeiters,[2] in dem er ab 1962 arbeitete. Von 1955 bis 1962 war er Angehöriger der Nationalen Volksarmee. Am 20. Oktober 1963 wurde Riedel als Vertreter der FDJ, deren Mitglied er seit 1952 war, in die Volkskammer der DDR gewählt und gehörte dieser für eine Legislaturperiode bis 1967 an. 1964 erteilte Riedel dem damaligen Staatsratsratsvorsitzenden Walter Ulbricht am Fichtelberg privaten Skiunterricht und brachte ihm die Grundlagen der Schwungtechnik bei.[1][6] Im gleichen Jahr begann er ein Fernstudium der Sportwissenschaften an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig. Seine Diplomarbeit schrieb er über Schanzenanläufe.[7] Nach erfolgreichem Abschluss war er als Sportwissenschaftler sowie als Fußball-, Ski- und Skisprungtrainer tätig, unter anderem betreute er auch kurzzeitig Jens Weißflog.[2] Zuvor hatte er 1969 seine aktive Skiläuferkarriere beendet, nachdem die DDR die Förderung des alpinen Skisports gestrichen hatte.[8]

Zusammen mit seiner Frau Hannelore, die ebenfalls erfolgreich Ski fuhr, lebt er in Oberwiesenthal. Sie haben zwei erwachsene Söhne, darunter den Unternehmer Peter Riedel.[9] Gemeinsam mit ihm veröffentlichte er 2013 das autobiografische Buch Spuren des Erfolgs, das sowohl sportliche Höhepunkte als auch politische Rahmenbedingungen seiner Karriere beschreibt.[10]

Erfolge

Riedel ist zehnfacher DDR-Meister im Alpinen Skisport.[2] Zwischen 1957 und 1968 gewann er vier Mal den Riesenslalom, und je zwei Mal Slalom, Abfahrt und Kombination. An internationalen Rennen gewann er den Riesenslalom und die Kombination beim „XIV. Czech-Marusarzówna-Memorial“ 1959 in Zakopane, den Riesenslalom beim „Zillertaler Granaten“ in Mayrhofen und den Riesenslalom in Maribor 1965. Im Jahr 1967 folgten Siege beim Riesenslalom und der Kombination in Saalbach-Hinterglemm/Zell am See sowie Platz 1 im Riesenslalom und der Kombination beim Vitranc-Pokal in Kranjska Gora.[11] Der Wettbewerb Vitranc-Pokal gehört seit 1968 zum Kalender des FIS-Alpine-Ski-Weltcups.[12] Bis heute ist er der einzige deutsche Skirennläufer, der dort einen Riesenslalom für sich entscheiden konnte.[13] Nach den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble kam im alpinen Skisport der DDR das Aus, weil die Medaillenchancen gering waren und die professionelle Sportart nicht mehr in das sozialistische Bild passte. Mit dieser Entscheidung wurde der Alpine Ski-Sport nicht mehr gefördert. Es gab keine internationalen Starts mehr, auch nicht für Riedel. Ihre Reisepässe mussten die DDR-Alpinen abgeben.[14]

Ein Achtungserfolg war auch sein sechster Platz in der Lauberhorn-Abfahrt am 9. Januar 1960[15], als er zwischenzeitlich (mit Start-Nr. 24 ins Rennen gegangen) die bis dahin beste Laufzeit aufgestellt hatte.[16]

Obwohl Riedel in seiner Jugend nur auf den Hängen des Fichtelbergs trainieren konnte, dem mit 1214 Metern höchsten Berg der DDR,[15] gewann er 1961 den Riesenslalomklassiker in Adelboden.[15][17] Politische Restriktionen in der DDR und der Bau der Berliner Mauer verhinderten jedoch eine weitergehende internationale Karriere.[17] Für seinen Sieg beim Riesenslalom der 7. Internationalen Adelbodner Skitage 1961 wurde er 2004 in den „Place of Fame“ in Adelboden aufgenommen.[18] Dieser Erfolg ist insofern bemerkenswert, weil er in der Frühzeit eines heutigen Weltcup-Klassikers zustande kam, und weil es erst am 11. Januar 2014 Felix Neureuther als weiterem deutschen Skirennläufer gelungen ist, sich in die Riesentorlauf-Siegerliste von Adelboden einzutragen.[19] Eberhard Riedel war mit 2:31,01 Minuten 1,3 Sekunden schneller als Willy Forrer (SUI).[20] Riedel war damit der erste Athlet aus der DDR, der dort in dieser Disziplin triumphierte, nachdem zuvor bereits Fritz Wagnerberger (1959) und Ludwig Leitner (1960) als Westdeutsche erfolgreich gewesen waren. Beim Training zur Hahnenkamm-Abfahrt 1966 in Kitzbühel fuhr Riedel gemeinsam mit dem US-Amerikaner Billy Kidd Bestzeit und unterbot dabei den Streckenrekord.[21]

Ehrungen

  • Ehrenbürger von Oberwiesenthal (2023)
  • Ehrenbürger von Lauter-Bernsbach (2024)

Literatur

  • Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. 1945–1990. Band 2: Maassen – Zylla. K. G. Saur, München 1997, ISBN 3-598-11177-0, S. 716.
  • Günter Weigel: Kleine Chronik großer Sportler – Erzgebirger auf die wir stolz sind. Auer Beschäftigungsinitiative (Hrsg.). Rockstroh, Aue 2004, OCLC 315899314.
  • Eberhard und Peter Riedel: Spuren des Erfolgs. egoth Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3-902480-79-8[10].

Einzelnachweise

  1. a b Richard Friebe: Der Marco Odermatt der DDR – Die unglaubliche Geschichte eines fast vergessenen Ski-Alpin-Stars. In: Tagesspiegel. 13. Februar 2025, abgerufen am 13. September 2025.
  2. a b c d e f g Eberhard Riedel. In: Olympedia. Olympedia Foundation, abgerufen am 14. September 2025 (englisch).
  3. Athlete Biography: Eberhard Riedel. International Ski Federation (FIS), abgerufen am 14. September 2025.
  4. BILD, Olympia-Sonderdienst, „Erster deutscher Krach in Squaw Valley“, 17. Februar 1960.
  5. Badener Tagblatt, „Ja oder Nein zu den sportlichen Beziehungen zu den Oststaaten?“, Baden, 6. Dezember 1961.
  6. „Wir präparierten die Ski mit Bohnerwachs“ – Eberhard Riedel über seinen historischen Sieg im Riesenslalom. In: Der Spiegel. 16. März 2019, abgerufen am 13. September 2025.
  7. Thomas Schmidt: „Riedels letzte Bastion“. In: Freie Presse, 11. März 2017.
  8. Es war einmal – das Sportmuseum. In: Superillu. Band 11/2014, 6. März 2014, ISSN 1433-9900, S. 25.
  9. SuperIllu, Nr. 28/2015, S. 32.
  10. a b Eberhard Riedel, Peter Riedel: Spuren des Erfolgs: Vom Skifahren zum Skisprung, vom Erzgebirge in die Welt. EGOTH-Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3902480798.
  11. Thomas Schmidt: Riedels letzte Bastion. In: Freie Presse, 11. März 2017, S. Sport.
  12. Vitranc Cup – Geschichte & World Cup seit 1968. In: kranjska-gora.si. Abgerufen am 13. September 2025.
  13. FIS Results Database – Alpine Skiing. In: fis-ski.com. International Ski Federation, abgerufen am 31. August 2025 (englisch).
  14. Das Wunder vom Fichtelberg, Berliner Zeitung vom 9./10. Februar 2019, S. 24
  15. a b c Thomas Purschke: Walter Ulbrichts Skilehrer. In: Die Zeit. 9. Januar 2021, abgerufen am 13. September 2025.
  16. «Nebel und Schnee verfälschten das Abfahrtsrennen», «Sport Zürich», Nr. 4 vom 11. Januar 1960, Seiten 1 und 2.
  17. a b Berner Oberländer Skiwoche – Sieg eines DDR-Skifahrers in Adelboden. In: SRF. 11. Januar 2013, abgerufen am 13. September 2025.
  18. Adelboden Weltcup – Place of Fame (Memento des Originals vom 14. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/weltcup-adelboden.ch
  19. Neureuther triumphiert im Weltcup-Riesenslalom in Adelboden. auf: Spiegel online. 11. Januar 2014.
  20. Große Ehre für Alpin-Ass aus dem Erzgebirge – und was bis heute schmerzt In: Freie Presse, 13. Januar 2014. Abgerufen im 2. September 2025 
  21. Sensation bei der Nonstop-Abfahrt – Kidd und Riedel die Schnellsten, 22. Januar 1966, S. Sport