Drogentod

Gedenkstelen für Drogentote an der Dreisam in Freiburg im Breisgau

Der Drogentod oder Rauschgifttod bezeichnet den Tod durch den Konsum von illegalen Drogen. Üblicherweise nicht als Drogentote bezeichnet werden die Opfer legaler Drogen (z. B. Tabak, Alkohol und Medikamente), obwohl es sie deutlich häufiger gibt. Zum Vergleich: Drogentote gab es im Jahr 2011 in Deutschland etwa 1000, als Folge von Alkoholmissbrauch über 70.000 und als Folge des Tabakrauchens über 110.000 Todesfälle.[1]

Der Drogentod wird häufig direkt durch eine Überdosis verursacht, seltener indirekt durch Unfälle unter Substanzeinfluss.

Die mit Abstand tödlichsten illegalen Drogen sind in Deutschland, den USA und vielen weiteren westlichen Industrienationen seit langem Opioide wie bspw. Heroin (siehe auch „Goldener Schuss“), gefolgt von Kokain/Crack und Crystal Meth. Die anderen ebenso verbreiteten illegalen Drogen führen deutlich seltener zum Tod durch Überdosis (z. B. Ketamin, Ecstasy und Speed),[2] manche nie (z. B. Cannabis und Psychedelika).

Situation nach Region

In allen folgenden Staaten werden als Drogentote nur die Konsumierenden der dort jeweils verbotenen Drogen aufgezählt, nicht von bspw. Alkohol oder Tabak, auch wenn deren Zahlen deutlich höher liegen (siehe oben).

Deutschland

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) gab es 2023 in Deutschland 2.227 drogenbedingte Todesfälle. Das ist die höchste Zahl seit Beginn der Erfassung 1973. Die Indidenz beläuft sich auf 2,64 Fälle pro 100.000 Einwohner, was nach 1991 die zweithöchste Inzidenz ist.[3]

Von den drogenbedingten Todesfällen, die in der Datenbank des BKA erfasst wurden, waren 2023 fast 83 % männlich, dieser Wert ist seit Jahrzehnten weitestgehend konstant. Das mediane Alter betrug 41 Jahre ohne wesentlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Die Datenbank des BKA ist eine Unterschätzung und erfasst auch nicht die Mortalität drogenbedingter Folgeerkrankungen.

Nur bei 23 % der drogenbedingten Todesfälle war lediglich eine Substanz beteiligt, in 66 % lag ein Mischkonsum von mindestens zwei Substanzen vor (übrige 10 % unbekannt). Bei 56 % der Todesfälle war mindestens ein Opiat oder Opioid beteiligt, bei 32 % war dies Heroin oder Morphin und bei 29 % ein Substitutionsmittel, meist Methadon. Bei 76 % der Drogentoten wurde mindestens ein Nicht-Opioid im Körper gefunden, in 27 % war dies Kokain/Crack.

Anzahl Drogentoter in Deutschland[4]
(1973–1990 alte Bundesländer, 1991 alte Länder mit Gesamt-Berlin, ab 1992 Gesamtdeutschland)

Gesetzliche Definition

Als Drogentoter wird in Deutschland laut einer polizeiinternen Dienstvorschrift (PDV 386) aus dem Jahre 1979 statistisch erfasst, wer eines von vier Kriterien erfüllt (Stand: 2024):[5]

„Eine Meldepflicht besteht demnach für Todesfälle, die in einem kausalen Zusammenhang mit dem missbräuchlichen Konsum von Betäubungs- und Ausweichmitteln stehen. Darunter fallen

  1. Todesfälle infolge beabsichtigter oder unbeabsichtigter Überdosierung (Organversagen aufgrund einer akuten Vergiftung),
  2. Todesfälle infolge langzeitlichen Missbrauchs (Langzeitschäden, drogentoxische Schädigungen durch konsumierte Substanzen, verminderte körperliche Abwehrkräfte, Schädigungen durch Streckungsmittel, Erkrankungen und Infektionen durch i. v. Applikation, Hepatitis C, HIV),
  3. Selbsttötung aus Verzweiflung über die Lebensumstände oder unter Einwirkungen von Entzugserscheinungen (außer durch Überdosierungen) und
  4. tödliche Unfälle von unter Drogeneinfluss stehenden Personen (v. a. im Straßenverkehr).“
Auszug aus der Polizeidienstvorschrift 386 von 1979[6]

Bei der Aufnahme der Daten ergeben sich einige Probleme, da die Verarbeitung der Drogentotenmeldungen gemäß dieser Dienstvorschrift in den Bereich der Polizei fällt. Die statistischen Landesämter, die sämtliche Todesfälle erfassen, greifen jedoch zunächst auf Daten aus dem Gesundheitswesen zurück.

Österreich

Drogentote in Österreich[7]
Jahr 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
Anzahl drogenbezogener Todesfälle 175 201 206 187 201 161 138 122 153 165 154 184 196 191 235 248
davon durch Obduktion verifiziert 163 185 191 197 175 169 187 170 177 139 122 102 126 146 126 160 168 155 188 195

Schweiz

Drogentote in der Schweiz[8]
Jahr 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023
Tote 376 320 255 227 213 222 221 214 202 210 241 180 183 198 171 137 125 121 126 134 132 136 137 165 141 142 147 160 192

Europäische Union

Die meisten Staaten wählen einen konkreten, medizinischen Begriff und erfassen diesen über internationale Kodierungsverfahren (z. B. ICD-10). Im Jahr 2000 gab es in der gesamten Europäischen Union 8.838 Drogentote. Bei einer Bevölkerung von ca. 500 Millionen Menschen sind das ca. 2 Drogentote je 100.000 Einwohner und Jahr oder 0,002 Prozent.

Vereinigte Staaten

Drogentote in den USA

Im Jahr 2000 gab es in den USA ca. 17.000 Drogentote.

In Folge der „drug crisis“ im gesamten Land kam es zu einem starken Anstieg der Drogentoten auf 47.000 im Jahr 2014. In manchen Bundesstaaten wurde die Drogenkrise von der Bevölkerung als derzeit größtes Problem bezeichnet.[9] Als Hauptursache wird ein sprunghafter Anstieg bei den Abhängigkeiten von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln und Heroin in Teilen der Bevölkerung betrachtet.[10] Bezogen auf die Gesamtbevölkerung starben 2014 ungefähr 15 Personen je 100.000 Einwohner und Jahr oder 0,015 Prozent an den Folgen von Drogenmissbrauch.[11]

2015 stieg die Zahl der Drogentoten in den USA weiter auf 52.000, wovon 33.000 durch Opioide starben.[12] Die Opferzahlen konzentrierten sich dabei in bestimmten Bevölkerungsgruppen. Im Bundesstaat West Virginia waren 2015 im Durchschnitt etwas mehr als 3 von 100 Todesfällen auf Überdosierung von Drogen zurückzuführen, in einer besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe, männlichen Weißen zwischen 15 und 34 Jahren, lag die Rate jedoch bei 28 von 100 Todesfällen.[13]

2016 erreichte die Zahl der Drogentoten in den USA mit etwa 59.000 einen neuen Höchststand. Zur Verschärfung der Lage hätte nach Presserecherchen besonders die zunehmende Verbreitung illegal hergestellter Fentanyl-Präparate unter Drogenabhängigen beigetragen, darunter auch das als besonders gefährlich eingeschätzte Carfentanyl.[14]

Auch 2017 hielt der Anstieg der Todesfälle durch Rauschdrogen an. Es starben ca. 72.000 Menschen den Drogentod, darunter etwa 30.000 an Opioiden.[15] Dies entspricht ungefähr 22 Personen je 100.000 Einwohner.

Russland

Im Dezember 2010 gab der Chef der nationalen Drogenkontrollbehörde Russlands, Viktor Iwanow, die Zahl von 100.000 Drogentoten für das Jahr 2010 bekannt. Dabei sprach er von einer „apokalyptischen Dimension“. Die Zahl der Rauschgiftsüchtigen gab er mit fünf Millionen an.[16] Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von rund 140 Millionen entspricht das jährlich 70 Drogentoten pro 100.000 Einwohner oder 0,07 Prozent.

Literatur

  • Drogen- und Suchtberichte der Drogenbeauftragten der Bundesregierung: 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021
  • Wolfgang König, Arthur Kreuzer: Rauschgifttodesfälle: Kriminologische Untersuchung polizeilicher Mortalitätsstatistiken. Forum-Verlag, Godesberg 1998
Commons: Drogentod – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Drogen- und Suchtbericht 2012 (Memento vom 26. Mai 2012 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB) der Drogenbeauftragten der Bundesregierung
  2. Bundeskriminalamt: Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität 2023, veröffentlicht am 26. Juni 2024, abgerufen am 13. Mai 2025. S. 24
  3. Heiko Bergmann, Esther Neumeier, Regina Kühnl, Franziska Schneider, Axel Heinemann, Eva Hoch: Drogenbedingte Todesfälle in Deutschland Deutsches Ärzteblatt 2025, Jahrgang 122, Heft 12 vom 13. Juni 2025, Seiten 336–337, doi:10.3238/arztebl.m2025.0027, Link
  4. nach den Daten des Bundeskriminalamts
  5. Prävention von Drogentodesfällen | Fakten, Zahlen und Beispiele aus der Praxis (PDF; 1,8 MB), auf bas-muenchen.de
  6. Ludwig Kraus: Epidemiologische Aspekte des Drogentodes. In: Ludwig Kraus, Klaus Püschel (Hrsg.): Prävention von drogenbedingten Not- und Todesfällen. Freiburg im Breisgau, Lambertus 2002, ISBN 3-7841-1382-6, S. 19ff.
  7. Anzahl der Drogentoten in Österreich von 2003 bis 2021. statista.com, abgerufen am 31. Mai 2024
  8. Drogentote. ind.obsan.admin.ch, abgerufen am 5. Juni 2024
  9. James Arkin: Senate Passes Bill Addressing Heroin, Opioid Crisis erschienen am 10. März 2016 in RealClearPolitics (englischsprachig), abgerufen am 29. April 2016
  10. Haeyoun Park und Matthew Bloch: How the Epidemic of Drug Overdose Deaths Ripples Across America. In: New York Times. 19. Januar 2016
  11. Shefali Luthra: The $4,500 injection to stop heroin overdoses. In: Washington Post. 27. Januar 2017
  12. America’s opioid epidemic is worsening. In: The Economist. 6. März 2017, abgerufen am 6. März 2017.
  13. Christopher Ingraham: Drugs are killing so many people in West Virginia that the state can’t keep up with the funerals. In: Washington Post. 7. März 2017
  14. Jos Katz: Drug Deaths in America Are Rising Faster Than Ever. In: New York Times. 5. Juni 2017
  15. Hubert Wetzel: Wütendes Gift. In: Süddeutsche Zeitung. 20. August 2018, aufgerufen am 31. August 2018
  16. Behörde: 100 000 Drogentote in Russland. (Memento vom 10. Januar 2011 im Internet Archive) Ärzte Zeitung online. 21. Dezember 2010