Dolose Handlung

Als dolose Handlungen (lateinisch dolosus ‚arglistig, trügerisch‘, engl. fraud von lateinisch fraus, fraudis ‚Betrug, Täuschung‘) werden in der Wirtschafts- und Verwaltungspraxis vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverstöße von Mitarbeitern oder Außenstehenden bezeichnet, um das Vermögen dieser Unternehmen und Verwaltungsträger oder Dritter schädigen. Es fehlt eine verbindliche Definition, dolosen Handlungen ist jedoch gemeinsam, dass sie in, an oder durch Wirtschaftssubjekte begangen und insofern der Wirtschaftskriminalität zugerechnet werden.

Charakteristische Merkmale

Dolose Handlungen zielen meistens auf Waren, Güter oder Leistungen ab. Deshalb sind alle Wirtschaftssektoren betroffen, z. B. der Bankensektor und die Versicherungswirtschaft,[1] Handelsunternehmen, außerdem das Gesundheitswesen durch Abrechnungs-[2] und die Landwirtschaft durch Subventionsbetrug,[3] außerdem die öffentlichen Haushalte im Bereich der Leistungsverwaltung.[4]

Als Täter kommen Mitarbeiter aller Ebenen, Führungskräfte und Mitglieder von Leitungsgremien wie Unternehmensvorstände in Betracht (sog. Innentäter). Die Delikte reichen von Betrug, Unterschlagung oder Diebstahl von Firmeneigentum über illegale Preisabsprachen (Kartelle) bis hin zu Insiderhandel und Schwarzarbeit,[5] aber auch Industriespionage, Korruption und Bilanzfälschung, Geldwäsche und die Verletzung von Urheberrechten oder Insolvenzstraftaten gehören dazu. Geschädigte können das Unternehmen oder Dritte sein wie Anleger, Verbraucher oder der Fiskus.[6] Der Mitarbeiter, der eine dolose Handlung begeht, muss sich zum Zeitpunkt des Delikts darüber im Klaren sein, dass er gegen Gesetze und/oder interne Regelungen verstößt. Die durch sein Verhalten ausgelösten Konsequenzen (Schaden für das Unternehmen oder Dritte) müssen vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in Kauf genommen worden sein. Gelegenheit, Motivation und Rechtfertigung sind als Eckpunkte des sog. dolosen Dreiecks (engl. fraud triangle) nach Donald R. Cressey notwendige Bedingung für die Begehung doloser Handlungen.[7]

Dolose Handlungen haben nicht nur straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche, sondern auch arbeits-, disziplinar- und zivilrechtliche Folgen (Kündigung, Pflicht zum Schadensersatz).[6] Die unternehmensinternen Grundsätze und Maßnahmen zur Einhaltung bestimmter Regeln bzw. zur Vermeidung und Aufdeckung doloser Handlungen sind Teil des sog. Compliancemanagements. In der Revisionspraxis ist jedoch häufig nicht mit letzter Sicherheit festzustellen, ob es sich um bewusste Handlungen oder unbeabsichtigtes Fehlverhalten handelt. Vielfach werden Straftäter ihre kriminellen Vorgänge mit ordnungsgemäßen Handlungen vermischen, um die Aufdeckung zu verhindern (Grauzone).

Auch Unternehmsfremde (Externe) können dolose Handlungen begehen, insbesondere wenn sie durch Phishing und andere Formen der Computerkriminalität unternehmensinterne Daten erlangen wollen.[8]

Gegenmaßnahmen

Anti Fraud Management System

Strafen und Geldbußen wirken repressiv zur Vergeltung bereits begangenen Unrechts. Zur Prävention geschäftsschädigenden Verhaltens setzen verschiedene Modelle an den Begehungsvoraussetzungen an, um vor allem die Gelegenheit zur Begehung doloser Handlungen zu erschweren, bei denen zumeist das Wissen um die Funktionsweise bzw. Schwächen des internen Kontrollsystems (IKS) sowie das Vertrauen des Arbeitgebers in die eigene Person zum eigenen Vorteile ausgenutzt werden.[7]

Die Geschäftsführung eines Unternehmens, seine Interne Revision und die Abschlussprüfer sowie die Rechnungsprüfungsämter[9] sind in zunehmendem Maße gefordert, eine aktive Rolle bei der Vorbeugung und der Aufdeckung doloser Handlungen im Unternehmen einzunehmen. Dies spiegelt sich unter anderem in der Verfeinerung existierender und dem Inkrafttreten neuer umfangreicher Standards, Gesetze und Vorschriften wider:

  • Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom März 1998
  • Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG) vom Juli 2002
  • Sarbanes-Oxley Act of 2002 vom Januar 2002
  • SAS 99 Consideration of Fraud in a Financial Statement Audit vom Oktober 2002
  • IDW PS 210 „Zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung“ vom Mai 2003
  • Deutscher Corporate Governance Kodex vom Mai 2003
  • Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanz-Kontrollgesetz, BilKoG) 2004
  • ISA 240 The Auditor’s Responsibility to Consider Fraud in an Audit of Financial Statements vom Februar 2004
  • Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) 2005

Einige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und auch andere Dienstleister verfügen über spezielle Abteilungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Dazu werden spezielle Tools zur Aufdeckung bzw. Investigation von Fraud eingesetzt.

Literatur

  • Markus Häfele: Dolose Handlungen in der Rechnungslegung. Verstöße und deren Aufdeckung durch Interne Revision und Abschlussprüfer. Zeitschrift Interne Revision 2009, S. 237–242.
  • Jobcenter Berlin Pankow: Geschäftsanweisung 01/2022: Umgang mit Straftaten und sonstigen dolosen Handlungen. 10. Januar 2022.
  • Dominik Enste, Jennifer Potthoff: Wirtschaftskriminalität: Entwicklungen, Täterprofile und Präventivmaßnahmen. Institut der deutschen Wirtschaft, 2. April 2024. PDF.
  • Heike Bruhn, Julia Weber: Monitoringbericht: Innentäter in Unternehmen 2. Aktuelle inländische Forschungsbeiträge, wesentliche Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Bundeskriminalamt, Kriminalistisches Institut – KKF-Aktuell 2/2020.
  • Armin-Josef Guggenberger: Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in einer Marktwirtschaft – eine empirische Analyse. Univ.-Diss., Regensburg 2012. PDF.
  • Stefan Behringer: Fraud in der prüferischen Praxis der Jahresabschlussprüfung. Die Suche nach dem faulen Apfel. WP Praxis Nr. 5 vom 24. April 2019 S. 137 ff. PDF.
  • IDR Leitfaden 500 „Einrichtung und Prüfung eines kommunalen Compliance-Management-Systems (CMS)“ unter Berücksichtigung der Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG). Stand 14. September 2023, PDF.
Wiktionary: dolos – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Thomas Schröder: Strafbare Handlungen und Betrugsprävention – was für die Praxis wichtig ist. DZ CompliancePartner PoC 2/2023, S. 6–9.
  2. Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2024: Steigende Fallzahlen und hohe finanzielle Schäden. Bundeskriminalamt, 31. Juli 2025.
  3. Davina Bruhn, Jens Bülte: Subventionsbetrug und Verletzung von Cross-Compliance-Vorgaben. ZIS 2019, S. 517–526.
  4. vgl. Helmut Fiebig, Heinrich Junker: Korruption und Untreue im öffentlichen Dienst. Erkennen – Bekämpfen – Vorbeugen. 2. Aufl., Erich Schmidt Verlag, Berlin 2004, ISBN 3 503 07866 5.
  5. Wolfram Deling: Dolose Handlungen und Interne Revision - Herausforderung oder Kapitulation? Revision-Online.de, 2005 (PDF (Memento vom 3. Januar 2016 im Internet Archive))
  6. a b Stefanie Siriu: Dolose Handlungen. Haufe.de, 21. März 2022.
  7. a b Helmut Siller: Fraud Triangle. Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 24. August 2025.
  8. Sandra Leicht: Basiswissen Compliance für die Geschäftsleitung: Betrug/Fraud. 12. März 2020.
  9. Interne Kontrollsysteme in der Leistungsverwaltung . Kreis Düren, Rechnungsprüfungsamt, 2014.