Die weiße Katze
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Die weiße Katze (La Chatte blanche) ist ein Feenmärchen (ATU 402) von Marie-Catherine d’Aulnoy und erschien 1698 in Contes Nouveaux ou Les Fées à la Mode.
Inhalt
Der alte König will noch nicht abdanken und schickt seine drei Söhne fort: Wer ihm das schönste Hündchen bringe, der solle das Reich erben. Der jüngste Sohn kommt zu einem Schloss aus Porzellan. Da lebt eine weiße Katze mit ihrem Hofstaat. Ihr Portrait eines jungen Mannes gleicht ihm. Er wird von Geisterhand bedient und gut unterhalten, die Katzen musizieren, gehen zur Jagd. Er erhält ein magisches Holzpferd und zuletzt eine Eichel, sie vor seinem Vater zu öffnen. Darin ist das schönste Hündchen. Die beiden älteren Brüder ärgern sich. Der König stellt eine neue Aufgabe: Der soll das Reich erben, der ein Gewand bringt, so fein, dass es durch ein enges Nadelöhr geht. Der Jüngste verbringt wieder ein Jahr bei der weißen Katze. Er erwirkt Gnade für vier Katzen, die sich gegen sie verschworen hatten. Für die Heimfahrt erhält er diesmal reiche Eskorte und eine Walnuss. Darin ist eine Haselnuss, darin ein Kirschkern, darin ein Weizenkorn, darin ein Hirsekorn, dann das wunderbarste Gewand. Es geht ganz leicht durch die Nadel. Doch die Brüder sollen noch einmal fort. Wer die schönste Frau mitbringt, soll sie heiraten und König sein. Bei der weißen Katze gibt es eine Seeschlacht der Katzen mit den Ratten. Sie spielen Schach. Nur auf seine Fragen zu ihrer Katzengestalt gibt sie keine Antwort. Am Ende des Jahres besteht sie darauf, dass er sie köpft. Dabei verwandelt sie sich in die schönste Frau. Sie erzählt, wie ihre Mutter damals unbedingt die Früchte des Feengartens kosten wollte, und sie den Feen versprach. Als es der Vater erfuhr, sperrte er die Mutter in einen Turm. Die Feen verheerten das Land, bis er das Kind herausgab. Sie wuchs mit sprechendem Papagei und Hündchen in einem paradiesischen Turm auf, den Feen auf dem Rücken eines Drachens besuchten. Ein junger König kam, sie tauschten Nachrichten über sein Sprachrohr und ihren Papagei. Die Feen wollten sie mit dem zwergenhaften König Migonnet verheiraten. Mit einer Strickleiter plante sie die Flucht mit dem Geliebten, er aber sprang herein und sie heirateten. Sie wies Migonnet ab. Die Feen zürnten. Als sie ihren Mann sahen, fraß ihn der Drache, und sie wurde in die weiße Katze verwandelt. Nur ein Mann, der ihm gleicht, konnte sie erlösen. Sie fährt mit dem Prinzen heim. Seinem Vater und seinen zwei Brüdern schenkt sie je eines ihrer sechs Reiche.
Bemerkungen

Die Schlossmauern sind bei der Ankunft mit Märchen bemalt: Perraults Eselshaut, Dornröschen, Aulnoys Finette, Der Orangenbaum und die Biene, Gracieuse und Percinet, Der grüne Serpentin. Eine Halle zeigt bekannte Katzenfabeln: La Fontaines Le Chat et le Vieux Rat, Perraults Der gestiefelte Kater, La Fontaines La Chatte Metamorphosée en Femme. Auch die später erwähnte Katzenverschwörung habe La Fontaine aufgezeichnet. Die zweite Texthälfte mit der Erzählung der weißen Katze hat Ähnlichkeiten zu anderen Märchen Aulnoys: Auch Prinzessin Rosette hat im Turm ihr vertrautes Hündchen. Wie in Finette ein Oger riecht hier die Fee Violente („die Gewaltige“) den Fremden. König Migonnet („kleiner Hübscher“) ist klein und hässlich, wie Der gelbe Zwerg.
Die Brüder Grimm nennen La Chatte blanche in den Anmerkungen zu ihren ähnlichen Märchen Die drei Federn und Der arme Müllerbursch und das Kätzchen, auch ein Märchen wie Rumpelstilzchen sehen sie (wohl zum Versprechen des ungeborenen Kindes) hier eingeflochten.[1][2][3] Der Obstgarten ähnelt etwas Der Königssohn, der sich vor nichts fürchtet, das Spinnen im einsamen Turm Dornröschen, Rapunzel.
Walter Scherf zufolge verrät der Konflikt um das Kind dessen zwiespältiges Erleben zwischen streitenden Eltern, die Hass-Liebe einer einengenden Mutter. Die in allen anderen Märchen des Typs AaTh 402 im Vordergrund stehende Entwicklung des Prinzen wird ganz von eigenen Wunschvorstellungen überlagert, die tragische Jugendliebe durch eine identische als reife, überlegene Frau wiederholt. Der verschachtelte Aufbau habe wohl italienische Vorbilder. Aulnoys Text habe in unzähligen Volksbuchauflagen die mündliche Überlieferung beeinflusst. Scherf nennt Das Märchen von der Padde, Nr. 60 in Johann Gustav Gottlieb Büschings Volkssagen, Märchen und Legenden (1812), Die schöne Prinzessin, Nr. 29 in August Eys Harzmärchenbuch (1862).[4]
Fernsehen
Die Folge A macskacicó der ungarischen Zeichentrickserie Magyar népmesék (1980, 7 min.) beruht wohl auf einer anderen Version des Märchens.[5] Das Sprechgerät des jungen Königs inspirierte vielleicht bei der Rapunzel-Verfilmung Rapunzel und die Rückkehr der Falken (2023).
Weblinks
- Märchenlexikon.de zu AaTh 402 Die Maus als Braut
- Märchenatlas.de zu Die weiße Katze
- La Chatte blanche gelesen von Christiane Jehanne: Teil 1 (49:10), Teil 2 (30:05) (LibriVox)
- Die weiße Katze auf Deutsch gelesen (1:12:10) (YouTube)
Einzelnachweise
- ↑ Wikisource: Grimms Anmerkung zu Die drei Federn
- ↑ Wikisource: Grimms Anmerkung zu Der arme Müllerbursch und das Kätzchen
- ↑ Wikisource: Grimms Anmerkung zu Rumpelstilzchen
- ↑ Walter Scherf: Das Märchenlexikon. Band 2. C. H. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39911-8, S. 1378–1380.
- ↑ A macskacicó auf IMDb