Die Elster auf dem Galgen

Die Elster auf dem Galgen (Pieter Bruegel der Ältere)
Die Elster auf dem Galgen
Pieter Bruegel der Ältere, 1568
Öl auf Holz
45,9 × 50,8 cm
Hessisches Landesmuseum
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Die Elster auf dem Galgen ist ein Gemälde Pieter Bruegels des Älteren und entstand vermutlich 1568. Das 45,9 cm × 50,8 cm große Ölbild gehört zur Sammlung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt.

Das Gemälde

Inhalt

Die namensgebende Elster

Der Betrachter blickt von oben auf eine erhöhte Waldlichtung mit Galgen und tanzenden Bauern. Ein Dudelsackspieler musiziert, dahinter steigen Leute herauf und ganz vorne links verrichtet ein Mann seine Notdurft. Auf dem Balken eines Galgens sitzt eine Elster, eine zweite an dessen Fuß. In der rechten Bildhälfte liegt im Vordergrund ein Tierschädel, dahinter steht ein Kreuz neben einem Backsteinhaufen und weiter unten eine Wassermühle. Dann öffnet sich der Blick in die Ferne auf einen gewundenen Fluss, Berge, eine Burg und eine Stadt.

Aufbau

Der Vordergrund ist in dunklen Brauntönen gehalten, der Mittelgrund in Grün, im fernen Hintergrund überwiegen Blautöne. Damit erhöht der Maler den Eindruck der Tiefenwirkung. Zusätzlich unterstützend wirken die Abstufungen der Farbdichte. Das auffälligste Bildelement ist der Galgen in der Mitte, der den Vordergrund in zwei gleiche Hälften teilt. Menschen finden sich nur in der linken Hälfte, die Elster am Galgenbalken besetzt genau das Bildzentrum. Markant sind auch die nahezu miteinander verschlungen scheinenden Bäume in der linken Bildhälfte, ein Motiv, wie es auch schon in Bruegels früher Zeichnung Waldlandschaft mit spielenden Bären (1554) erscheint.

Deutung

Der auf dem Ort des Schädels (Golgota) errichtete Galgen ist eine schiefe Konstruktion. Wären die tragenden Hölzer gerade, ergäbe sich eine sogenannte unmögliche Figur, die es in Wirklichkeit so nicht geben kann; während die beiden Pfosten eher quer nebeneinander zu stehen scheinen, weist der Balken mit der Elster eher längs schräg nach hinten. Dieses Hinrichtungsgerät wirkt auf die ausgelassen tanzende Gesellschaft offenbar kaum bedrohlich. Sowohl der Mann in der Ecke wie auch ein von hinten gezeigter Hund stellen das sprichwörtliche auf oder an den Galgen Scheißen dar, also die Missachtung von Tod und Obrigkeit.[1]

Häufig für Bruegels Werke sind politische Interpretationen. So wird dieses Bild mit Herzog Alba (Álvarez de Toledo) in Verbindung gebracht, der 1567 in den Niederlanden eintraf. Im Auftrag Philipps II. sollte er als Generalstatthalter den religiösen und politischen Aufruhr niederschlagen. 1566 waren in einem sechstägigen Bildersturm durch Calvinisten mehr als vierhundert Kirchen verwüstet worden. Mit diesem Ansatz stünde der Galgen für die Todesstrafe, wie sie den Prädikanten, Predigern der neuen evangelischen Lehre, drohte. Auf verbotene Gottesdienste unter freiem Himmel, die sogenannten Heckenpredigten, spielt wohl Bruegels Bild Die Predigt Johannes des Täufers (1566) an.[2]

Datierung

Gewöhnlich wird das Bild in das vorletzte Lebensjahr Bruegels datiert, vor allem wegen der als 1568 gelesenen Datierung. Nach seinem Biografen Carel van Mander habe er das Gemälde seiner Frau vermacht, mit der Bemerkung, die Elstern stünden für Klatschbasen, die er an den Galgen wünsche.[1] Außerdem habe er von ihr eine Reihe allzu satirischer Zeichnungen verbrennen lassen, um seiner Familie nicht zu schaden, was ein Bezug zu Albas Regime wäre, das sich auf Denunziation stützte. Das kleine Format und die steile Überschaulandschaft lassen jedoch auch eine Einordnung in Bruegels Frühwerk der 1550er Jahre zu.[3] Im späteren Werk verzichtete er oftmals auf die Überschaulandschaft und malte stattdessen eher großformatige Figuren, wie in der Bauernhochzeit, dem Hochzeitstanz im Freien (1566) oder den Krüppeln von 1568.

Weitere Gemälde

Literatur

  • Walter S. Gibson: Bruegel, London 1977, S. 193–195.
  • Robert Genaille: La pie sur le gibet, in: Suzanne Sulzberger: Relations artistiques entre les Pays-Bas et l’Italie à la Renaissance, Brüssel 1980, S. 143–152.
  • Roger H. Marijnissen: Bruegel. Tout l’œvre paint et dessiné, Antwerpen 1988, S. 370–375.
  • Anne Simonson: Pieter Bruegel’s Magpie on the Gallows, in: Konsthistorik Tidskrift, Bd. 67, 1998, S. 71–92.
  • Philippe Roberts-Jones/François Roberts-Jones: Pieter Bruegel, New York 2002, S. 177–179.
  • Stephanie Porras: Resisting the Allegorical. Pieter Bruegel’s Magpie on the Gallows, in: Rebus, Issue 1, Spring 2008, S. 86–100.
  • Heidrun Ludwig: Pieter Bruegels Elster auf dem Galgen. Forschungsgeschichte und Bibliographie, in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Bd. 7, 2012, S. 49–65.
  • Catherine Levesque: Truth in Painting - Comedic Resolution in Bruegel’s Landscape with the Magpie on the Gallows, in: David R. Smith (Hg.): Parody and festivity in early modern art. Essays on comedy as social vision, Farnham 2012, S. 63–83.
  • Jürgen Müller/Thomas Schauerte: Pieter Bruegel. Das vollständige Werk, Köln 2018, S. 169 u. S. 299, Nr. 37.
  • Stephanie Porras: Gossiping tongues and piles of bricks. Pieter Bruegel, Iconoclasm and Revolt, in: Luis Arciniega García, Amadeo Serra Desfilis (Hgg.): Imágenes y espacios en conflicto. Las Germanías de Valencia y otras revueltas en la Europa del Renacimiento, Valencia 2021, S. 437–453.
  • Jürgen Müller: Zeit als Figur ohne Grund, in: Saskia Quené (Hg.): Between Figure and Ground. Seeing in Premodernity, Berlin/Boston 2025, S. 615-648, https://doi.org/10.1515/9783422801226-019.

Einzelnachweise

  1. a b Rose-Marie und Rainer Hagen – Pieter Bruegel d. Ä. um 1525–1569. Bauern, Narren und Dämonen, Köln: Taschen Verlag 1999 S. 81 ISBN 3-8228-6590-7
  2. Christian Vöhringer – Pieter Bruegel. 1525/30-1569, Tandem Verlag 2007 S. 83 (h.f.ullmann, Imprint) ISBN 978-3-8331-3852-2
  3. Christian Vöhringer – Pieter Bruegel. 1525/30-1569, S. 31
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