Decima Moore

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Lilian Decima, Lady Moore-Guggisberg, besser bekannt unter ihrem Bühnennamen Decima Moore (* 11. Dezember 1871 in Brighton, East Sussex; † 18. Februar 1964 in West Brompton, London), war eine englisch-britische Sängerin und Schauspielerin, bekannt für ihre Auftritte in Sopranrollen bei der D’Oyly Carte Opera Company und in Musikkomödien. Sie war das jüngste von zehn Geschwistern (daher der Name „Decima“). Ihre Schwester, die Schauspielerin Eva Moore, war die Mutter der Schauspielerin Jill Esmond, der ersten Frau von Laurence Olivier.[1]
Leben
Moore war die neunte Tochter und das zehnte Kind von Edward Henry Moore, einem Chemiker, und seiner Frau Emily, geborene Strachan. Vier ihrer Schwestern sangen wie sie auf Konzert- oder Theaterbühnen, darunter Jessie (1864–1910), Eva (1870–1955) und Bertha Moore.
Sie besuchte die Miss Pringle’s School und anschließend das Boswell House College in Brighton und sang im Kirchenchor. Nach ihrem Schulabschluss im Jahr 1887 gewann sie ein Victoria Scholarship, um am Blackheath Conservatoire of Music Gesang zu studieren.[1] Anschließend studierte sie Gesang bei Rose Hersee.[2]
Moore hatte ursprünglich vor, eine Konzertkarriere einzuschlagen, debütierte dann jedoch im Alter von 17 Jahren bei der D'Oyly Carte Opera Company.[3] Dort spielte und sang sie die Rolle der „Casilda“ in der Operette The Gondoliers, dem letzten großen Erfolg von Gilbert und Sullivan, die am 7. Dezember 1889 im Savoy Theatre Premiere hatte.[2] Sie berichtete über ihre Erfahrungen am Premierenabend:
„I had to make my first entrance in a gondola, with my back to the audience; and when I turned round to get out of it and faced the house my feelings were such that I shall never forget. I had only been to about three theatres in my life, and, of course, had never seen an audience in evening dress from the stage. When I did see that audience […] I felt a "catch" in the chest as if I had fallen into an ice-cold bath and it had taken away all my breath. I stuck my finger nails into my palms and said, "This won't do!" and walked down the stage, trying to remember all I had been told to do and not to do. I got through the evening in a kind of dream, wept all the way home in the hansom, convinced I had been a failure.“
„Ich musste meinen ersten Auftritt in einer Gondel machen, mit dem Rücken zum Publikum; und als ich mich umdrehte, um aus ihr auszusteigen und mich dem Saal zuzuwenden, waren meine Gefühle so stark, dass ich sie nie vergessen werde. Ich war in meinem Leben nur in etwa drei Theatern gewesen und hatte natürlich noch nie ein Publikum in Abendgarderobe von der Bühne aus gesehen. Als ich dieses Publikum sah […] hatte ich „einen Kloß in der Brust“, als wäre ich in ein eiskaltes Bad gefallen und hätte keinen Atem mehr. Ich grub meine Fingernägel in meine Handflächen und sagte: „Das geht so nicht!“, und ging die Bühne hinunter, wobei ich versuchte, mich an alles zu erinnern, was mir gesagt worden war, was ich tun und was ich nicht tun sollte. Ich überstand den Abend wie in einem Traum, weinte den ganzen Weg nach Hause im Taxi und war überzeugt, dass ich versagt hatte.“
Tatsächlich erhielt Moore gute Kritiken. Die Times schrieb, dass sie „eine herrlich frische Stimme hat […], sie singt in sehr gutem Stil und verspricht, eine sehr ansprechende Schauspielerin zu werden; ihr Auftreten ist äußerst einnehmend, und insgesamt hat es in letzter Zeit kein erfolgreicheres Debüt gegeben.“[5] Ihre nächste Rolle war die der „Polly“ in der komischen Oper Captain Billy von Harry Greenbank und François Cellier (1891). In der Rolle ersetzte sie ihre Schwester Jessie Moore im November 1891.[6]
Nachdem ihr Vertrag ausgelaufen war, spielte sie in mehreren West-End-Theaterstücken mit, darunter Miss Decima von Edmond Audran und F. C. Burnand (Ersatzbesetzung, 1891–92), A Pantomime Rehearsal von Cecil Clay (1892 am Royal Court Theatre), The Maelstrom (1892), „Ophelia“ in Gilberts Rosencrantz and Guildenstern (1892), The Wedding Eve (1892 am Trafalgar Theatre) und die Titelrolle in einer Wiederaufführung von B. C. Stephensons und Alfred Celliers Hit Dorothy (1892–93). 1893 kehrte Moore zur D'Oyly Carte Opera Company zurück, um die Rolle der „Bab“ in dem erfolglosen Stück Jane Annie mit einem Libretto von J. M. Barrie und Arthur Conan Doyle und Musik von Ernest Ford zu übernehmen.[6]
Moore verließ die D'Oyly Carte Opera Company erneut, um im Criterion Theatre in La fille de Madame Angot aufzutreten, einer komischen Oper in drei Akten von Charles Lecocq und Libretto von Louis François Clairville, Paul Siraudin und Victor Koning.[6] Als Nächstes trat sie in der Rolle der „Rose Brierly“ in A Gaiety Girl (1893–94), einer der erfolgreichen Musikkomödien von George Edwardes, auf. 1894 schickte Edwardes Moore und die Truppe nach New York City und anschließend auf Tournee durch die Vereinigten Staaten. Die Truppe wurde dann nach Australien geschickt, wo Moore als „Bessie Brent“ in der Musikkomödie The Shop Girl und in In Town auftrat.[1] Während sie im Februar 1896 noch in Richmond, NY, noch auf Tournee mit A Gaiety Girl war, heiratete Moore Cecil Ainslie Walker-Leigh, einen anglo-irischen Berufsoffizier der britischen Armee, der im Burenkrieg und im Ersten Weltkrieg gedient hatte und im Rang eines Obersts in den Ruhestand getreten war. Um ihrer Mutter eine Freude zu machen, ließen sie sich kirchlich trauen.[7] 1898 bekamen sie einen Sohn, William Esmond Ormond Walker-Leigh, der später eine Karriere bei der Marine einschlug.[8] Moore ließ sich 1901 von ihrem Mann scheiden, zu einer Zeit, als Scheidungen noch selten waren und als unehrenhaft galten.[9]
Zurück in England verließ Moore Edwardes’ Truppe und kehrte zur Operette zurück. Sie spielte die Hauptrolle in The White Silk Dress von A. McLean (1896) am Prince of Wales Theatre und in der britischen Produktion von Lost, Strayed or Stolen (1897).[10] Sie unternahm ausgedehnte Auslandstourneen[1] und spielte Mitte 1899 die „Lucia“ in Great Caesar, einer viktorianischen Burleske von George Grossmith und Paul Rubens am Comedy Theatre.[11] Später im Jahr 1899 kehrte sie zum dritten und letzten Mal zur D'Oyly Carte Opera Company zurück, um in The Rose of Persia die Rolle der „Scent of Lilies“ von Arthur Sullivan und Basil Hood zu spielen. Danach spielte sie die Hauptrolle in der Musikkomödie Florodora (1900–1901) am Lyric Theatre. 1901 trat Moore sowohl in A Diplomatic Theft am Garrick Theatre in London als auch in The Swineherd and the Princess am Royalty Theatre auf. Sie tourte mit The Gay Cadets (1902). 1903 spielte sie die Rolle der „Alice Coverdale“ in einem weiteren Erfolg, My Lady Molly von Sidney Jones, am Lyceum Theatre.[1]
1905 heiratete Moore erneut und begleitete ihren zweiten Ehemann, Major (später Brigadegeneral Sir) Frederick Gordon Guggisberg, nach Westafrika. Es war auch seine zweite Ehe. Als Offizier der Royal Engineers wurde er zum Direktor für Vermessungen und später zum Gouverneur und Oberbefehlshaber der Goldküste und dann von Britisch-Guayana ernannt. 1909 veröffentlichten das Ehepaar gemeinsam We Two in West Africa, einen Bericht über ihr Leben in der sich entwickelnden Goldküste.[12][13]
Während ihrer häufigen Reisen nach England trat Moore weiterhin auf der Bühne auf. 1906 sang sie im Chor von Trial by Jury bei der Matinee zur Feier des goldenen Bühnenjubiläums von Ellen Terry. Ihre Bühnenauftritte fanden meist in seriösen Theaterstücken statt, beispielsweise 1908 in W. Somerset Maughams Komödie Mrs. Dot zusammen mit Marie Tempest und in Ben Jonsons The Vision of Delight. Sie spielte 1911 in Jonsons Maskenspiel The Hue and Cry after Cupid. Moore tourte bis 1914 durch Amerika, Australien und Großbritannien und gab Konzerte in großen Veranstaltungsorten wie der Royal Albert Hall oder der St James's Hall.[14] Ihr letzter Bühnenauftritt in London war 1914 in einer Matinee-Aufführung von Vantage Out.[1]
1908 war Moore eines der Gründungsmitglieder der Actresses’ Franchise League, die die Frauenwahlrechtsbewegung durch Propagandastücke, Lesungen und Vorträge unterstützte. Sie war auch Mitglied der Actress’ Freedom League. Moore engagierte sich, wie ihre Schwester Eva Moore, aktiv in der Suffragettenbewegung, saß in Gremien, nahm an Versammlungen teil, trat in Suffragetten-Theaterstücken und -Filmen auf und rezitierte oft Laurence Housmans Protestgedicht Woman This And Woman That.[15]
MIt Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Moore in Frankreich für Kriegsarbeiten, während ihr Mann wieder in die Armee eintrat. Moore gründete das Women’s Emergency Corps, das weibliche Freiwillige organisierte, und richtete mehrere Urlaubsclubs ein, wobei sie als Generaldirektorin des British Navy, Army and Air Force Leave Club in Paris fungierte. Nach dem Waffenstillstand organisierte sie in Köln einen Club für die Besatzungsarmee. 1918 wurde sie für ihre Verdienste zum Commander of the Order of the British Empire ernannt und mit der Overseas Medal und der französischen Médaille de la Reconnaissance française ausgezeichnet.[1] Während ihr Mann Kolonialgouverneur war, diente sie ihrem Land als Honorary Exhibition Commissioner für die Goldküste bei der British Empire Exhibition (1923–1926), war Vorsitzende von The Play Actors (1927–1929) und Vorsitzende des Überseezweigs des Forum Club (1928–1932). Ihr Ehemann starb 1930.
Während des Zweiten Weltkriegs gründete sie 1939 in Paris den British Leave Club neu. Sie konnte aus der Stadt am 11. Juni 1940 fliehen, nur wenige Stunden vor dem Einmarsch der Deutschen, und hinterließ den Club mit einem Zettel an den Tür mit der Aufschrift „Vorübergehend geschlossen“.[6][13][16]
Moore, inzwischen Lady Moore-Guggisberg, setzte sich während ihres gesamten Ruhestands weiterhin für Veteranen, Frauen und andere Menschen in wohltätiger Arbeit ein. 1960 wurde sie zur Vizepräsidentin der Gilbert & Sullivan Society gewählt, als sie die letzte noch lebende Darstellerin einer Gilbert-und-Sullivan-Premiere war.[6] Sie starb im Alter von 92 Jahren 1964 in Kensington, London.[13]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Anne Pimlott Baker: Moore, (Lilian) Decima (1871–1964). In: H. C. G. Matthew und Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography. Oxford 22. September 2005, doi:10.1093/ref:odnb/62730.
- ↑ a b Erskine Reid und Herbert Compton: The Dramatic Peerage. Raithby, Lawrence & Co Ltd, London 1892, S. 157 (archive.org).
- ↑ „On and off“: 35 actresses interviewed by „The Call Boy“. G. Dalziel, "Judy" office, London 1894, S. 24.
- ↑ My First Appearance. In: Men and Women. London 7. November 1903, S. 301 (archive.org).
- ↑ Savoy Theatre. In: The Times. 9. Dezember 1889, S. 12.
- ↑ a b c d e David Stone: Decima Moore. In: Who Was Who in the D’Oyly Carte Opera Company. Private Website, 27. Februar 2003, abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ Daniel Guggisberg: Lady Decima Guggisberg, C.B.E. In: The British Empire. Private Website, Stephen Luscombe, abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ Obituaries: Mr. Walker-Leigh. In: The Times. 22. Juli 1969, S. 10.
- ↑ The Actress. In: 1901: Living at the Time of the Census. National Archives, abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ In: Duke of York’s Theatre playbill, 27. April 1897.
- ↑ Flashes from the Footlight, Decima Moore. In: The English Illustrated Magazine. Band 21, Nr. 191, (187–192). Macmillan and Company, London August 1899, S. 480, (475–480) (google.com).
- ↑ Decima Moore und Major Frederick Gordon Guggisberg: We Two in West Africa. Wilhelm Heinemann, London 1909 (archive.org).
- ↑ a b c Obituary: Lady Moore-Guggisberg. In: The Times. 20. Februar 1964, S. 15.
- ↑ John Culme: Celebrity for the week ending Saturday, 4 October 2003: Decima Moore (1871-1964), English actress and vocalist. In: Footlight Notes. Private Website, Oktober 2003, archiviert vom am 11. März 2007; abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ Elizabeth Crawford: The Women’s Suffrage Movement: A Reference Guide, 1866–1928. Routledge, London 2001, ISBN 978-0-415-23926-4, S. 423 f.
- ↑ The Leave Club in Paris, Letter to the Editor by Decima Moore. In: The Times. 19. Juni 1940, S. 9.