Claudia Unterweger

Claudia Unterweger, Wien 2012 (Bild: Manfred Werner)

Claudia Unterweger (* 1971 in Wien) ist eine österreichische Journalistin, Moderatorin und Autorin. Seit 2000 ist sie für den ORF tätig, wo sie zwischen 2011 und 2015 TV-Nachrichtensendungen der Zeit im Bild und Sport aktuell (ORF) präsentierte. Zweimal war sie für den Film- und Fernsehpreis Romy als Beliebteste Moderatorin der Kategorie Information nominiert. Unterweger arbeitet aktuell hauptsächlich für Radio FM4 sowie für das multimediale Wissenschaftsressort[1] des ORF.

Ausbildung

Unterweger besuchte die Vienna International School. Nach der zweisprachigen Matura im Jahr 1989 studierte sie Internationale Politik an der Université Aix-Marseille und schloss ein 1993 begonnenes Studium in Geschichte an der Universität Wien ab. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte war die Lebenssituation von People of Color in Österreich. Nebenbei engagierte sie sich in Menschenrechts-Organisationen, von 1994 bis 1997 leistete sie Öffentlichkeitsarbeit für Amnesty International.

Journalistische Laufbahn und Medienecho

Claudia Unterweger begann ihre journalistische Karriere beim Freien Radio Orange 94.0 als dreisprachige Moderatorin, Producerin und schließlich Sendungsverantwortliche für Radio Afrika International. Seit dem Jahr 2000 ist sie für den ORF tätig. Seither informiert Unterweger als Anchor und Redakteurin diverser Sendungen auf Radio FM4 laufend über das Tagesgeschehen und hostet Live-Diskussionen im Radio zu brisanten Gesellschaftsthemen, Trends und jugendlichen Lebenswelten.

2011 wurde Unterweger ins Fernsehen geholt. Dieser Schritt wurde von spezieller medialer Rezeption begleitet. Julia Ortner kommentierte in der Wochenzeitung Falter den „eingekrampft-betulichen“ Umgang der schreibenden Kollegen mit dem Engagement Unterwegers für das Fernsehen folgendermaßen:

„Claudia Unterweger ist das erste Zeit im Bild-Gesicht ‚mit Migrationshintergund‘, ‚Wienerin mit afrikanischen Wurzeln‘. Da muss man sich vorsichtig ausdrücken, nur nicht ‚schwarz‘ verwenden. Diese Herumdruckserei führt allerdings dazu, dass Unterwegers Hautfarbe im Mittelpunkt steht und nicht die Tatsache, dass sie jahrelang interessante FM4-Sendungen gemacht hat. Also hier ohne Schnörksel: Die 39jährige ist eine versierte Journalistin, hat eine gute Stimme und ist telegen, deshalb hat sie das TV-Casting für sich entschieden. Außerdem ist Frau Unterweger schwarz. Das ist gut, um die Realität einer multiethnischen Gesellschaft im ORF zu zeigen – es ist aber nicht das Relevante an Claudia Unterweger.“

– Julia Ortner: Falter, 2. März 2011

Harald Fidler, der Unterweger in der Tageszeitung Der Standard zum Kopf des Tages machte, meinte zum Einstieg der Journalistin als TV-Sprecherin, dass diese die Nachrichten offensichtlich nicht nur „brav ansagen“ wolle: Dies habe sie bereits „in ihren dritten dreieinhalb TV-Minuten“ anklingen lassen: „Es mag zynisch klingen, aber Eltern, die in Schubhaft kommen, sollen selbst aussuchen, ob ihre Kinder in ein Heim kommen oder mit ins Schubgefängnis“, zitierte Fidler Unterwegers Anmoderation eines Beitrags zum just akkordierten Fremdenrecht.[2]

Zwei Jahre lang präsentierte Unterweger die ZiB-Flash-News und gestaltete die Nachrichtenformate ZiB 20 und ZiB Magazin. Bis Ende 2015 war sie, die in ihrer Schulzeit an Leichtathletik-Wettkämpfen teilgenommen und später Sportarten von Thaiboxen und Fechten bis Basketball ausgeübt hatte, auch Gastgeberin des aktuellen Sports im TV-Hauptabend.[3]

Kenntnisse als studierte Historikerin bringt Unterweger auch bei der Mitarbeit im Wissenschafts- und Zeitgeschichte-Ressort des ORF mit ein. Anlässlich des Gedenkjahres 2025 zum Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom Nationalsozialismus interviewte sie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen über deren Kindheit und baute die multimediale Oral History-Online Plattform Gemeinsam Erinnern auf der Ö1-Website mit auf.[4]

Darüber hinaus unterrichtete Unterweger am Institut für Journalismus und Medienmanagement der FH Wien. Seit 2023 hält sie als Lektorin an der Universität Wien Vorträge zu öffentlich-rechtlicher Medienpraxis, New Media und Repräsentation im Journalismus.[5] Junge Journalistinnen begleitet sie auch als Mentorin im Programm Yes, She Can[6] der African Cultural Foundation.[7]

Leben und Wirken in anderen Bereichen

An den US-amerikanischen Universitäten Berkeley und Stanford referierte Unterweger 2007 über Geschichte und Gegenwart Schwarzer Menschen in Österreich. 2012 nahm sie am International Visitors Leadership-Programm in den USA teil, einem mehrwöchigen Austauschprogramm des Außenministeriums der Vereinigten Staaten.

Unterwegers Diplomarbeit erschien 2016 als Buch (Talking Back: Strategien Schwarzer österreichischer Geschichtsschreibung); die Studie darüber, wie koloniale Darstellungstraditionen die medialen Bilder der Gegenwart und das gesellschaftliche Klima prägen, wurde auch außerhalb Österreichs rezipiert.[8] Der Titel der Arbeit lehnt sich an das Konzept des „talking back from the margins“ von bell hooks an.[9]

Gemeinsam schufen Unterweger und die Künstlerin Belinda Kazeem eine Videoinstallation über Josephine Soliman (2006), die Tochter des afroösterreichischen Kammerdieners Angelo Soliman aus dem 18. Jahrhundert. Anhand deren Geschichte setzten sich die Autorinnen „mit dem Einschreiben Schwarzer Frauengeschichte im öffentlichen Raum in Österreich“ auseinander.[10]

Unterweger ist „engagierte Feministin“ und Mutter eines Sohnes.[11][12] Als „persönliches Aha-Erlebnis“ bezeichnete sie in einem Interview mit der Wiener Zeitung den Moment, als sie Mitte der 1980er-Jahre zum ersten Mal Arabella Kiesbauer am Bildschirm gesehen habe: „Das hat mir als schwarzes Mädchen in Österreich damals Mut gemacht.“[13] “I define myself as black, or as an African-Austrian woman”, so Unterweger in einem Gespräch mit Afrocosmopolitan.[14]

Auszeichnungen

  • 2025: Bei den Black Austrian Awards, die seit 2018 jährlich vergeben werden, erhielt Unterweger den Preis in der Kategorie Medien.[15]
  • 2020: Journalismus-Preis von unten der Armutskonferenz. Ausgezeichnet wurde Unterweger für ihre Online-Story Sexarbeiter*innen kämpfen im Lockdown ums Überleben. Die Jury begründete: „Den Beitrag zeichnet aus, dass er gut recherchiert und informativ ist, er zeigt die Schwachstellen der staatlichen Unterstützung auf. Er verweist aber auch auf Hilfsangebote und Vereine, an die sich Betroffene wenden können.“[16]
  • 2012 und 2013: als „multimedialer Nachrichtenprofi“ zweimal für eine Romy nominiert.[17]

Publikationen (Auswahl)

  • Talking back: Strategien Schwarzer österreichischer Geschichtsschreibung. Verlag Zaglossus, Wien 2016, ISBN 978-3-902902-40-5.[18]
  • Was ist Ihre Leistung..? Monatliche Interviewserie mit Persönlichkeiten. In: DATUM - Seiten der Zeit. 10/2016 – 09/2017[19]
  • Weißösterreichische Traditionen. In: Die Zeit. 27/2020.[20]

Einzelnachweise

  1. ↑ Österreich setzt weiter auf Diversität. 14. März 2025, abgerufen am 18. September 2025.
  2. ↑ "ZiB" entdeckt Normalität des Farbfernsehens. Abgerufen am 24. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  3. ↑ simon INOU: erste Schwarze Sportmoderatorin im ORF. In: Black Austria. 17. September 2013, abgerufen am 24. Juli 2023.
  4. ↑ Zwischen Trümmern und Neubeginn. ORF.at vom 13. Juni 2025
    Gemeinsam Erinnern – Plattform auf oe1.orf.at
  5. ↑ Online-Vorlesungsverzeichnis Uni Wien: Ringvorlesung: Theorie trifft Praxis (2025 WS) - zu Journalismus und Medienpraxis (LV-Leiterin Renée Winter). Abgerufen am 18. September 2025.
  6. ↑ Milena Österreicher: Frauenpower am Start: Mentoring-Programm Yes She Can. In: Südwind Magazin. 7. Januar 2025, abgerufen am 18. September 2025 (deutsch).
  7. ↑ Vanessa Spanbauer: Schwarze Menschen in Österreich in widerständigen Kontexten – ein chronologischer Überblick. In: Stichproben 43 / 2022, S. 7.
  8. ↑ "Die Geschichte Schwarzer Menschen in Österreich ist eine sehr verborgene und verschüttete." In: Missy Magazine. 11. Januar 2017, abgerufen am 24. Juli 2023.
  9. ↑ Belinda Kazeem und Johanna Schaffer: Talking back. bell hooks und Schwarze feministische Ermächtigung. In: Schlüsselwerke der Postcolonial Studies. 2012, S. 177–188.
  10. ↑ Die verborgene Geschichte unserer Stadt. Abgerufen am 24. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  11. ↑ Kurz und klein. Abgerufen am 24. Juli 2023.
  12. ↑ ORF-Newcomerin Claudia Unterweger: Ich will etwas bewegen'. 1. März 2011, abgerufen am 24. Juli 2023.
  13. ↑ Toumaj Khakpour: Als Mädchen machte ihr Arabella Kiesbauer Mut, heute moderiert Claudia Unterweger die ORF-News - "Vorurteile wird es immer geben". 19. Mai 2011, abgerufen am 24. Juli 2023.
  14. ↑ Claudia Unterweger - Austria's first black News presenter. In: AFROCOSMOPOLITAN. 20. Februar 2012, abgerufen am 24. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  15. ↑ freshvibes.radio: Black Austrian Award (Kategorie Medien) an Claudia Unterweger. In: Instagram. 16. Juli 2025, abgerufen am 18. September 2025.
  16. ↑ Ausgezeichnete Beiträge: Journalismuspreis von unten 2020 vergeben. Abgerufen am 24. Juli 2023.
  17. ↑ Claudia Unterweger. 25. Februar 2013, abgerufen am 24. Juli 2023.
  18. ↑ Podcast VON UNTEN – Claudia Unterweger spricht über ihr Buch: Talking back. Strategien Schwarzer österreichischer Geschichtsschreibung. In: Radio Helsinki, Freies Radio Graz. 31. Dezember 2017, abgerufen am 17. September 2025.
  19. ↑ Claudia Unterweger, Autor auf DATUM. In: DATUM. Abgerufen am 18. September 2025 (deutsch).
  20. ↑ Claudia Unterweger: Rassismus: Weißösterreichische Traditionen. In: Die Zeit. 28. Juni 2020, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. September 2025]).
Dieser Artikel wurde von Wikipedia herausgegeben. Der Text ist verfügbar unter Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0, sofern nicht anders angegeben. Möglicherweise können weitere Bestimmungen für Mediendateien gelten.