Claude-Louis, comte de Saint-Germain

Claude-Louis de Saint-Germain.

Claude-Louis, comte de Saint-Germain (* 15. April 1707 im Schloss von Vertamboz; † 15. Januar 1778 in Paris) war Marschall von Frankreich und Kriegsminister, der auch in außerfranzösischen Diensten tätig war.

Leben und Wirken

Saint-Germain besuchte Jesuitenschulen und sollte Priester werden, konnte dann aber ein Offizierspatent als Sous-Lieutenant erwerben. Er ging früh in auswärtige Dienste (angeblich musste er Frankreich wegen eines Duells verlassen) und diente unter dem Kurfürsten der Pfalz in Ungarn gegen die Türken. Im Österreichischen Erbfolgekrieg 1740 diente er dem bayerischen Kurfürsten, der später als Karl VII. Kaiser wurde. Wegen seiner Tapferkeit wurde er zum Generalmajor befördert. Nach dem Tod des Kaisers diente er kurz Friedrich dem Großen und war dann Maréchal de camp in der französischen Armee unter Moritz Graf von Sachsen in den Niederlanden. Er nahm an den Schlachten bei Lauffeldt, Rocoux und Maastricht teil. Beim Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 bekleidete er den Posten eines Lieutenant-général in der französischen Armee, gab diesen aber 1760 nach Hofintrigen auf. Er wurde Feldmarschall des dänischen Königs Friedrich V.[1] Ab 1762 reorganisierte er dessen Armee.

Nach dem Tod des dänischen Königs 1766 wurde er, wie viele andere Staatsbedienstete, entlassen und kehrte er über Hamburg und einen längeren Aufenthalt in Worms in seine Heimat Franche-Comté zurück. Er hielt jedoch Kontakt zur dänischen Armee, in deren allgemeinen Kriegsdirektorium sein Freund und Schüler Peter Elias von Gähler seinen Sitz hatte halten können. Mit ihm und Schack Carl von Rantzau, dem er noch 1766 den Dienstposten des kommandierenden Generals in Norwegen vermittelt hatte, pflegte er einen andauernden Briefwechsel militärischen und politischen Inhalts. Die drei Generäle wollten den Einfluss Russlands in Dänemark einschränken und strebten einen aufgeklärten Absolutismus nach dem Vorbild Preußens und Friedrich des Großen an. In einem Brief vom 6. Oktober 1770 skizzierte Saint-Germain das Programm, das Johann Friedrich Struensee bald aufgreifen sollte. Vermittelt durch Gähler und Rantzau wurde dieser zum Schüler Saint-Germains. Folgerichtig wurde er im Juli 1771 nach Kopenhagen zurückberufen und nahm die Arbeit an seinen Militärreformen wieder auf, die ebenfalls weitgehend Struensees Plänen folgten. Doch nach Struensees Sturz, an dem er nicht beteiligt war, ließ er seine Pension mit Rantzaus Hilfe kapitalisieren und verabschiedete sich im Mai 1772 für immer aus Dänemark. Der reaktionäre Konservatismus war für Saint-Germain zu schwer zu überwinden. Er vertraute sein Kapital seinem Bekannten Frederik Bargum an, der es mit seinem Sklavenhandel ruinierte.

Saint-Germain lebte nun in extremer Armut bei Lauterbach im Elsass, bis ihm einige ehemalige Kameraden zu Hilfe kamen. Sie sammelten Geld für ihn und erreichten, dass Ludwig XVI. ihm eine Pension gewährte. Er legte der Regierung nun verschiedene Pläne zur Reorganisation der französischen Armee vor und wurde (gefördert von Turgot und Malesherbes) am 27. Oktober 1775 Kriegsminister von Ludwig XVI.

Er wollte auch hier die Armee (nach preußischem Vorbild) reorganisieren und die Zahl der Offiziere reduzieren. Zu seinen bedeutendsten Maßnahmen zählte die am 25. März 1776 verfügte schrittweise Aufhebung der Käuflichkeit von Offiziersposten: Gemäß der Ordonnance du Roi, portant suppression de la finance de tous les Emplois militaires sollte der Kaufpreis eines Offizierspatents bei jedem Verkauf um ein Viertel seines Werts sinken, so dass beim vierten Eigentümerwechsel kein Entgelt mehr zu entrichten war.[2] Drei Tage später, am 28. März 1776, erfolgte die Gründung von zwölf, über ganz Frankreich verstreuten, Königlichen Militärschulen, die jene in Paris ergänzen sollten. Ebenfalls 1776 berief er den zuvor in Ungnade gefallenen Militärreformer Gribeauval zum ersten Generalinspekteur der Artillerie. Saint-Germains Versuch, in der französischen Armee die harsche preußische Disziplin einzuführen, führte indes zu so großem Widerstand, dass er bereits am 23. September 1777 zurücktrat. Er erhielt eine hohe königliche Pension, starb aber wenig später in Paris im Arsenal.

In seiner Amtszeit vermittelte er den Kontakt zwischen Benjamin Franklin und Friedrich Wilhelm von Steuben, der daraufhin die Kontinentalarmee im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg reorganisierte.

Literatur

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Einzelnachweise

  1. Augspurgische Ordinari-Post-Zeitung. Von Staats-politischen und anderen Neuigkeiten. Nr. 2. Augsburg 2. Januar 1702, S. 1, linke Spalte, erster Artikel – Hamburg, den 24. Dec., urn:nbn:de:bvb:384-uba002880-0 (In dem Zeitungsartikel vom 24. Dezember 1867 wird gemeldet, dass seine Exzellenz, der Königlich-Dänische Generalfeldmarschall, Herr Graf von St. Germain, und seine Gemahlin in Hamburg eingetroffen seien und sich dort einige Zeit aufhalten wollten.).
  2. Liliane et Fred Funcken: L'uniforme et les armes des soldats de guerre en dentelle. 1700-1800. France, Grande-Bretagne et Prusse: cavalerie et artillerie. Autres pays: infanterie, cavalerie, artillerie. Casterman 1976, ISBN 2-203-14316-9, S. 12
VorgängerAmtNachfolger

Louis Nicolas Victor de Félix d’Ollières
Kriegsminister von Frankreich
27. Oktober 177527. September 1777

Alexandre-Marie-Léonor de Saint-Mauris de Montbarrey