Christian Kleiminger

Christian Kleiminger auf einer SPD-Wahlkampfveranstaltung 2013 in Rostock

Christian Kleiminger (* 27. Dezember 1965 in Nahne) ist ein deutscher Politiker (SPD) und Rechtsanwalt.

Leben und Beruf

Kleiminger besuchte in den Jahren 1972 bis 1976 die Franz-Hecker-Schule in Osnabrück-Nahne[1]. Nach dem Abitur im Jahr 1985 am Graf-Stauffenberg-Gymnasium in Osnabrück absolvierte Kleiminger eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der damaligen Gewerkschaftsbank Bank für Gemeinwirtschaft (BfG).

Vom 27. Juni bis zum 4. Juli 1987 nahm Kleiminger gemeinsam mit einer von Walter Haas geleiteten offiziellen Delegation der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der auch Boris Pistorius angehörte, an einer Reise in die sowjetischen Städte Moskau und Kalinin (heute Twer), der Partnerstadt Osnabrücks, teil[2].

Anschließend begann er im Jahr 1987 ein Studium der Rechtswissenschaft, welches er 1994 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Anschließend absolvierte Kleiminger das Rechtsreferendariat im Bezirk des Oberlandesgericht Rostock. Nachdem er im Jahr 1996 auch das zweite Staatsexamen bestanden hatte, ließ er sich in Rostock als selbständiger Rechtsanwalt nieder.

Christian Kleiminger ist ein Enkel des mecklenburgischen Pädagogen und Heimatforschers Rudolf Kleiminger, Großneffe des ehemaligen Rostocker Landessuperintendenten Matthias Kleiminger sowie des früheren DDR-Fußballnationalspielers Heino Kleiminger. Außerdem ist er mit dem international bedeutenden Physiker und NS-Gegner Gustav Mie („Mie-Streuung“) verwandt.

Partei

Kleiminger wurde schon als Schüler im Jahr 1983 Mitglied der SPD.

Ab Dezember 1986 engagierte er sich im Vorstand des SPD-Ortsvereins Neustadt-Schölerberg-Nahne in Osnabrück[3]. Bei der Kommunalwahl im April 1987 wurde er in die SPD-Fraktion des Ortsrats Nahne gewählt[4], der er bis zum 27. Mai 1992 angehörte[5].

Darüber hinaus war er von 1988 bis 1990 Mitglied des Unterbezirksvorstands der SPD Osnabrück-Stadt. Während des Jurastudiums absolvierte Kleiminger ab Oktober 1990 ein juristisches Praktikum im Arbeitskreis "Rechtswesen" der SPD-Bundestagsfraktion in Bonn. Der Arbeitskreis wurde zu dieser Zeit von Herta Däubler-Gmelin geleitet, die damals stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion sowie stellvertretende Parteivorsitzende war und später das Amt der Bundesjustizministerin übernahm. Bei der Kommunalwahl am 6. Oktober 1991 kandidierte Kleiminger für den Rat der Stadt Osnabrück, verpasste jedoch zunächst knapp den Einzug[6]. Nach dem Tod des Osnabrücker Alt-Oberbürgermeisters Ernst Weber[7] (SPD) rückte er als erste Ersatzperson auf der Wahlliste nach[6]. Da er sich zu diesem Zeitpunkt bereits für ein juristisches Referendariat in Mecklenburg-Vorpommern entschieden hatte, verzichtete er am 23. Juni 1994 offiziell auf das Ratsmandat[8].

Ab Januar 2005 gehörte er dem Vorstand des SPD-Kreisverbandes Rostock an, seit dem 28. Februar 2009 als Kreisvorsitzender. Nach der Niederlage als Direktkandidat bei der Bundestagswahl 2009 trat er noch am Wahlabend von seinen Ämtern zurück. Am 15. Februar 2008 wurde Kleiminger in Berlin als Beisitzer in den Bundesvorstand des Forums Demokratische Linke 21 gewählt. Er ist Mitherausgeber der horizonte, Magazin für sozialdemokratische Politik in Mecklenburg-Vorpommern.

Abgeordneter

Christian Kleiminger errang bei der Bundestagswahl 2005 mit 37,7 % der Erststimmen das Direktmandat im Bundestagswahlkreis Rostock und vertrat diesen somit in der Wahlperiode von 2005 bis 2009 im Bundestag. Er gehörte der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion an.

Kleiminger war Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages sowie stellvertretendes Mitglied in Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie Verteidigung[9]. Er war zudem Mitglied des so genannten Kurnaz-Untersuchungsausschusses (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 16/10650, 16. Wahlperiode). Dieser war in der 16. Legislaturperiode eingesetzt worden, um den Misshandlungsvorwurf des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz gegenüber Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte ("KSK") im US-Gefangenenlager Kandahar, Afghanistan, zu untersuchen[10].

Als Vertreter des Deutschen Bundestages ist Kleiminger am 15. November 2006 in Bonn zum Vorsitzenden des Stiftungsrates der Bundesstiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ gewählt worden.[11] Nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag wurde der CDU-Politiker und spätere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu seinem Nachfolger gewählt[12].

Kleiminger war Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Hospiz- und Palliativversorgung sowie Patientenrechte. In dieser Funktion setzte er sich für den Ausbau hospizlicher Strukturen in Deutschland ein und forderte eine flächendeckende Palliativversorgung. Im Februar 2008 wurde unter seiner maßgeblichen Mitwirkung eine Richtlinie zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) verabschiedet, die erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Palliativbetreuung im häuslichen Umfeld verankerte[13][14].

Kleiminger setzte sich für die Einrichtung von Lehrstühlen an deutschen Universitäten und die verpflichtende Aufnahme von Palliativmedizin und Palliativpflege in Aus- und Weiterbildung ein[15][16].

Er warnte eindringlich vor Schnellschüssen bei der Regulierung aktiver Sterbehilfe und betonte stattdessen die Bedeutung professioneller Hospiz- und Palliativteams sowie die Sicherung qualitätsorientierter Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen[17]. Die Präsentation eines sogenannten "Sterbehilfeautomaten" durch den ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch kritisierte Kleiminger scharf. Er bezeichnete das Vorgehen Kuschs als "geschmacklos und politisch unseriös"[18]. Stattdessen forderte er eine Stärkung palliativer Versorgung als menschenwürdige Alternative. Er nannte das Vorhaben einen "Irrweg" und bekräftigte die Notwendigkeit, schwerstkranken Menschen durch professionelle Pflege und Betreuung ein Sterben in Würde zu ermöglichen[19].

Kleiminger vertrat in der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die SPD-Bundestagsfraktion in dem von der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin geleiteten interfraktionellen Gesprächskreis Hospiz und Palliativmedizin[20].

Er nahm als Mitglied der Delegation der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE-PV) als Beobachter an der Wahl zur russischen Staatsduma am 2. Dezember 2007 teil. Gegenüber Medien bezeichnete er die Parlamentswahlen anschließend unter Hinweis auf eine wirtschaftliche und personelle Übermacht der von Staatspräsident Wladimir Putin beeinflussten Partei „Einiges Russland“ als unfair, da die Opposition keine realen Chancen gehabt habe.[21]

Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er als Direktkandidat im Wahlkreis Rostock 19,7 % der Erststimmen, landete damit auf dem dritten Platz hinter den Kandidaten von Linken und CDU und verfehlte somit den Wiedereinzug in den Bundestag. Dem vorausgegangen war ein Aufruf der früheren SPD-Bundestagsabgeordneten für Rostock, Christine Lucyga, ihren Nachfolger Kleiminger nicht zu wählen.[22] Wenige Tage vor der Wahl versuchte Kleiminger mit Plakaten in ganz Rostock zu suggerieren, dass die Grünen sich für ihn als Direktkandidaten aussprachen und auch grüne Wähler Kleiminger die Erststimme geben sollten. Die Grünen wussten von dieser Kampagne im Vorfeld nichts und wiesen die Aussage der Plakate entschieden zurück.[23]

Bei der Bundestagswahl 2013 trat er erneut als Direktkandidat im erweiterten Bundestagswahlkreis Rostock – Landkreis Rostock II an.

Gesellschaftliches Engagement

Im November 1986 trat Kleiminger in Osnabrück der Arbeiterwohlfahrt (AWO) bei. Von 1989 bis 1994 engagierte er sich ehrenamtlich im Vorstand des AWO Kreisverband Osnabrück-Stadt.

Kleiminger war vom Jahr 2002 bis März 2023 Vorsitzender des Kreisverbandes Rostock der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Er wurde auf der Kreiskonferenz vom 15. April 2023 zum Ehrenvorsitzenden der Rostocker Arbeiterwohlfahrt gewählt[24].

Er erhielt einen Beratervertrag für seine Rechtsanwaltskanzlei, den er später wieder aufgab. Im Jahr 2019 wurden Vorwürfe wegen Begünstigung von Vorständen erhoben.[25] Vom Jahr 2007 bis März 2009 gehörte er dem Vorstand des Rostocker Mietervereins im Deutschen Mieterbund an. Darüber hinaus war er von 2000 bis Ende September 2007 Vorsitzender des Beirates der Zoologischer Garten Rostock gGmbH. Er ist seit dem Jahr 2007 Schirmherr des Aktionsprogramms „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an der „Integrierten Gesamtschule Friedensreich Hundertwasser“ in Rostock-Lichtenhagen. Am 31. Mai 2008 übernahm Kleiminger offiziell die Schirmherrschaft für das vom Deutschen Roten Kreuz getragene Mehrgenerationenhaus in Rostock-Toitenwinkel.

Nachdem Kleiminger bereits im Jahr 2007 in Rostock am Rande einer NPD-Demonstration von rechtsextremistischen Jugendlichen bedroht worden war,[26] was zu einer kleinen Anfrage im Landtag Mecklenburg-Vorpommern geführt hatte,[27] erfolgte in der Nacht des 24. Juni 2008 ein Anschlag auf sein Rostocker Wahlkreisbüro.[28]

Commons: Christian Kleiminger – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Unsere Schule. Abgerufen am 8. August 2025.
  2. Beate Dammermann: "Das Kombinat sorgt für die Familie/Arbeiterwohlfahrt Osnabrück besucht Kalinin" sowie "Zeit für Gespräche" (Kommentar), Neue Osnabrücker Zeitung vom 11. Juli 1987, Seite 17, sowie "Prawda", Artikel (in russischer Sprache) zur Delegationsreise in der Regionalausgabe Kalinin (heute Twer) vom 3. August 1987.
  3. Neue Osnabrücker Zeitung, 22. Dezember 1986, Rubrik "Stadt Osnabrück".
  4. "Stadt Osnabrück, Kommunalwahl am 5. Oktober 1986 einschließlich des Ergebnisses der Nachwahl zum Ortsrat Nahne vom 5. April 1987", Herausgeber: Der Oberstadtdirektor, Hauptamt, Abteilung Statistik, S. 28.
  5. Sitzungsprotokoll der Stadt Osnabrück, Ortsrat Nahne, Sitzung vom 27. Mai 1992, Tagesordnungspunkt 3: "Wechsel eines Ortsratsmandates".
  6. a b "Endgültiges Wahlergebnis der Kommunalwahl vom 06. Oktober 1991, Namen der Ersatzmänner in der festgestellten Reihenfolge, Wahlbereich 2", in: Amtliche Bekanntmachung der Stadt Osnabrück vom 16. Oktober 1991.
  7. Ehemalige Oberbürgermeister. Abgerufen am 30. August 2025.
  8. Neue Osnabrücker Zeitung vom 11. Juli 1994, "Amtlicher Teil": Mitteilung des Gemeindewahlleiters über den Mandatsverzicht.
  9. Deutscher Bundestag: Kleiminger, Christian. Abgerufen am 8. August 2025.
  10. Deutscher Bundestag: Untersuchungsausschuss für Fall Murat Kurnaz. Abgerufen am 8. August 2025.
  11. Plenarprotokoll 16/29 (PDF; 1,4 MB)
  12. Deutscher Bundestag - Spahn, Jens. Abgerufen am 8. August 2025.
  13. BT-Plenarprotokoll 16/169, S. 17872C, Bundestagsdebatte vom 19.06.2008
  14. S. P. D. Ortsverein Berg / Pfalz: SAPV-Richtlinie - ein Meilenstein fuer die Palliativmedizin - S P D Ortsverein Berg in der Pfalz. Abgerufen am 22. August 2025.
  15. Palliativkompetenz stärken: Kleiminger fordert Lehrstuhl für Palliativ Care. 20. Juni 2008, abgerufen am 22. August 2025.
  16. Bundestagsdebatte über Palliativversorgung am 19.06.2008. In: Sterbehilfe-Debatte.de. Abgerufen am 22. August 2025.
  17. Die Antwort auf aktive Sterbehilfe ist der Ausbau von Palliativversorgung in Deutschland. 2. Juli 2008, abgerufen am 22. August 2025.
  18. NWZonline.de: Streit über Selbsttötungs-Apparat. 8. September 2007, abgerufen am 22. August 2025.
  19. Nach Kirchenprotest: Auch SPD spricht sich gegen "Sterbehilfe-Automaten" aus. 6. September 2007, abgerufen am 22. August 2025.
  20. Interfraktioneller Gesprächskreis im Deutschen Bundestag zusammengekommen - DHPV. Abgerufen am 22. August 2025.
  21. Deutschlandfunk – Interview vom 3. Dezember 2007
  22. SPD-Prominente unterstützt Linkskandidat
  23. Rostocker Grüne werben nicht für Kleiminger
  24. Vorstand für die kommenden 4 Jahre gewählt. In: Arbeiterwohlfahrt Rostock. 17. April 2023, abgerufen am 8. August 2025.
  25. Andreas Becker: Arbeiterwohlfahrt Rostock: Wo eine Hand die andere wäscht. In: www.nordkurier.de. 12. Dezember 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. August 2021; abgerufen am 14. August 2021.
  26. ENDSTATION RECHTS: Bundestagsabgeordneter Kleiminger (SPD) und zwei andere Rostocker von Rechtsextremisten bedroht. In: www.endstation-rechts.de. Abgerufen am 16. Dezember 2019.
  27. Drucksache 5/686. (PDF) In: www.landtag-mv.de. Landtag Mecklenburg-Vorpommern, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Mai 2024.@1@2Vorlage:Toter Link/www.landtag-mv.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  28. Farbbeutelanschlag auf Wahlkreisbüro. In: www.vorwaerts.de. Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, 25. Juni 2008, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Dezember 2019; abgerufen am 16. Dezember 2019.