Chang An-lo

Chang An-lo (2017)

Chang An-lo (Chinesisch: 張安樂; Pinyin: Zhāng Ānlè; * 13. März 1948 in Nanjing, Republik China), auch bekannt als der Weiße Wolf (白狼; Bái Láng) ist ein taiwanesischer Krimineller und Politiker. Er war der Anführer der Triade Bamboo Union und der Gründer der prochinesischen Partei zur Förderung der Vereinigung Chinas, die als Frontorganisation für die organisierte Kriminalität bezeichnet wurde. Chang gilt als Anhänger einer Vereinigung der Republik China mit der Volksrepublik China.

Laufbahn

Chang wurde 1948 in Nanjing geboren. Seine Familie floh mit der Kuomintang-Regierung während des Rückzugs der Regierung der Republik China nach Taiwan. Im Jahr 1959 ließ sich die Familie Chang in Taipeh nieder. Als Jugendlicher schloss sich Chang im Alter von 16 Jahren der Bamboo Union an und stieg in der Hierarchie der Organisation auf. Chang ging 1968 in die USA[1], kurz nachdem er sein Geschichtsstudium an der Tamkang-Universität abgeschlossen hatte. Dort studierte Chang an der University of Nevada, Las Vegas, MIS (Management Information Systems) und Rechnungswesen. Außerdem erwarb er an der Stanford University einen Master-Abschluss in Operations Research.[2] In den Vereinigten Staaten beteiligte er sich am Aufbau der kriminellen Aktivitäten der Gruppe in Kalifornien und Las Vegas.[3]

1985 wurde Chang wegen Drogenschmuggels, Entführung und Erpressung verhaftet und zu einer langen Haftstrafe in den Vereinigten Staaten verurteilt. Während seiner Haft kooperierte er mit dem Federal Bureau of Investigation (FBI) und stellte Tonbänder zur Verfügung, die bewiesen, wie der taiwanesische Militärgeheimdienst die Bamboo Union anwies, ⁣mit Gewalt gegen Dissidenten der Kuomintang vorzugehen.[4] Er blieb zehn Jahre im Gefängnis. Während seiner Haftzeit erwarb er zwei weitere Bachelor-Abschlüsse, einen in Psychologie und einen in Soziologie.[2]

Nach seiner Entlassung kehrte er 1995 nach Taiwan zurück, floh jedoch im folgenden Jahr, nachdem er von den Behörden in Taipeh wegen Beteiligung am organisierten Verbrechen auf die Fahndungsliste gesetzt worden war. Er zog nach Shenzhen auf das chinesische Festland, wo er Kontakte zur Kommunistische Partei Chinas aufbaute und weiter an kriminellen Aktivitäten beteiligt gewesen sein soll, die von den Behörden der Volksrepublik China allerdings toleriert wurden. Im April 1998 wurde Changs Sohn bei einer Auseinandersetzung mit einem Mitglied einer rivalisierenden Gang in einer Karaokebar in Taipeh erstochen.[5]

Während seiner Zeit in China wurde 2004 die Partei zur Förderung der Vereinigung Chinas von ihm gegründet. 2005 rief er einen taiwanesischen Zweig der Partei ins Leben, welche sich für eine chinesische Wiedervereinigung unter dem Prinzip Ein Land, zwei Systeme einsetzt. Im Juni 2013 kehrte er nach Taiwan zurück und wurde bei seiner Ankunft am Flughafen Songshan von der taiwanesischen Polizei verhaftet und gegen Kaution freigelassen.[6] Präsident Ma Ying-jeou, dessen Kuomintang als langjähriger Verbündeter der Bamboo Union gilt, wurde für seinen laxen Umgang mit Chang kritisiert.[7] Chang bot sogar an, eine eigene Schutztruppe aus Gangmitgliedern für Ma aufzustellen. Kurz darauf wurde in einem seiner Parteibüros eine Schusswaffe gefunden.[8]

Seine Partei spielt nur eine marginale Rolle in der taiwanischen Politik und wurde als "ausländischer Agent" im Sinne der KP Chinas bezeichnet.[8] Durch seine Aussagen und Aktionen sorgte der chinesische Ultranationalist Chang immer wieder für Aufsehen. 2015 unternahm Chang eine Besichtigungsreise nach Okinawa und wurde von der Yakuza-Organisation Kyokuryū-kai empfangen. Er unterstützte die Unabhängigkeit der Ryūkyū-Inseln und verkündete "es ist meine Pflicht als Chinese, Ryukyu von Japan zu befreien".[9]

Bei einer Demonstration im Februar 2019 legte Chang sich in einen Sarg, den er mitgebracht hatte, um die taiwanesischen Todesopfer zu symbolisieren, die bei einem Widerstand gegen eine mögliche chinesische Invasion zu beklagen wären.[10] Im August 2019 wurde Chang von der taiwanesischen Polizei verhaftet, und die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn und fünf Parteimitarbeiter der Annahme illegaler politischer Spenden, der Veruntreuung und der Steuerhinterziehung. Bei der Befragung sagte Chang, das Geld stamme aus China, bestritt aber, dass es von der Kommunistischen Partei Chinas stamme.[11]

Commons: Chang An-lo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. The White Wolf and China – Profile of Taiwan Triad boss Chang An Lo. 26. April 2024, abgerufen am 9. April 2025 (amerikanisches Englisch).
  2. a b Gang background infuses philosophy. 11. Dezember 2014, abgerufen am 9. April 2025.
  3. John Garnaut: Hungry like the wolf. 11. Juli 2014, abgerufen am 9. April 2025 (englisch).
  4. The White Wolf. In: The Economist. ISSN 0013-0613 (economist.com [abgerufen am 9. April 2025]).
  5. The China Project: The White Wolf of Taiwan: Chang An-lo and his reunification party. In: The China Project. 16. August 2018, abgerufen am 9. April 2025 (amerikanisches Englisch).
  6. News.com.au. Abgerufen am 9. April 2024 (englisch).
  7. J. Michael Cole: The Return of Gangster Politics in Taiwan. Abgerufen am 9. April 2025 (amerikanisches Englisch).
  8. a b Maximilian Kalkhof: Taiwan: Ex-Gangster Chang An-le unterwandert Politik. In: Der Spiegel. 15. März 2014, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. April 2025]).
  9. 幫琉球獨立?白狼:身為中國人的責任. 7. Juli 2020, abgerufen am 9. April 2025 (chinesisch (Taiwan)).
  10. ‘White Wolf’ falls onto coffin; CUPP protesters detained - Taipei Times. 27. Februar 2019, abgerufen am 9. April 2025.
  11. Prosecutors charge ‘White Wolf,’ other CUPP members with illegal gains - Taipei Times. 14. August 2019, abgerufen am 9. April 2025.