Chamsa von Amīr Chusrau Dihlavī (W. 624)

Die Chamsa aus dem Walters Art Museum in Baltimore mit der Inventarnummer W. 624 ist eine illustrierte persische Handschrift, die fünf poetische Werke (Chamsa) des indischen Dichters Amīr Chusrau Dihlavī (1253–1325) enthält. Sie wurde zwischen März 1597 und März 1598 am Mogulhof in Lahore vollendet. Das Manuskript ist das letzte der sogenannten „Luxushandschriften“, die während der 1590er Jahre in prachtvoller Ausstattung von den höfischen Ateliers in Lahore angefertigt wurden. Der am höchsten geschätzte Kalligraph seiner Zeit, Muhammad Husayn Kaschmīrī, war für die Niederschrift verantwortlich. Dreizehn Maler, zu denen Basāvan und Mansūr gehörten, waren für die Anfertigung der Illustrationen zuständig. Von den ursprünglich 31 Bildern sind nur noch 29 erhalten. Acht davon wurden aus dem Manuskript herausgelöst und befinden sich heute im Metropolitan Museum of Art. Neben den Illustrationen besitzt die Handschrift aufwendige Illuminationen in Form von Randmalereien, dekorativen Kopfstücken und seitenfüllenden Rosetten, die von weiteren sieben Künstlern ausgeführt wurden. Beide Künstlerteams, Illustratoren und Illuminatoren, waren zuvor schon bei der Chamsa von Nizāmī (British Library Or. 12208) und dem Bahāristān von Dschāmī (Bodleian Library, Elliot 254) aus dem Jahre 1595 zum Einsatz gekommen.
Äußeres Erscheinungsbild
Die Handschrift ist, wie nahezu alle Mogulhandschriften, auf Papier geschrieben. Die Foliogröße beträgt 28,5 × 19 cm, allerdings wurden die Folios zu unbekannter Zeit neu gerahmt. Dadurch sind oben und unten mindestens 1,5 cm, am äußeren Rand 0,5 cm entfernt worden. Infolgedessen wurden nicht nur einige der Randmalereien beschnitten, sondern auch mehrere Künstlernamen, die ehemals unter den Bildern vermerkt waren, entfernt. Immerhin sind zwei dieser abgetrennten Ateliervermerke ausgeschnitten und unter das zugehörige Bild geklebt worden.[1]
Das Manuskript besaß ursprünglich 233 Folios mit insgesamt 31 Illustrationen. Die Folios werden von drei Nummernfolgen auf den Verso-Seiten begleitet. Eine in Gold befindet sich unten links auf der Seite, eine weitere in schwarz unten rechts. Diese zweite Zählung wurde angebracht, als bereits ein Folio entnommen war. Die dritte Zählung ist, in unregelmäßiger Folge, nur in Schīrīn und Chusrau unten links notiert. Durch diese Nummernfolgen wird erkennbar, dass es Lücken in der Handschrift gibt: Insgesamt 22 Folios wurden entfernt, zehn davon waren illustriert.[1] Acht Bildseiten befinden sich heute im Metropolitan Museum of Art und tragen die Inventarnummern 13.228.26–33. In drei Fällen hat man versucht, die Kustode zu manipulieren, damit die Entfernung des Folios unerkannt bleibt.[2] Das goldgesprenkelte Textfeld misst 17,2 × 10 cm[3] und ist in vier Spalten zu je 21 Zeilen aufgeteilt. Goldene, grüne, rote und blaue Linien umrahmen den für den Text vorgesehenen Bereich. Muhammad Husayn hat den Text in elegantem Nastaʿlīq in schwarzer Tinte niedergeschrieben. Für die Überschriften hat er rote und blaue Tinte verwendet.[4] Alle Seiten sind mit Randmalereien versehen, außerdem gibt es vier sternförmige Rosetten (pers. šamsa) und vier verzierte Kopfstücke (pers. ʿunvān).[5]
Der Einband
Die Handschrift hat einen Lackeinband. Dabei besteht der Buchrücken aus Leder, während die Buchdeckel aus Karton mit Lackmalereien bedeckt sind.[6] Der Vorderdeckel zeigt einen Prinzen, der nach einer Jagd auf dem Weg zu einem frommen Einsiedler ist. Im unteren Teil des Bildes sind einige seiner Begleiter damit beschäftigt, einen erlegten Tiger auf einem Elefanten festzubinden. Andere tragen die kleinere Jagdbeute davon. Im Mittelgrund befindet sich der Prinz zu Pferd. Ihm weisen drei Diener den Weg zu einem Eremiten, der weiter oben links in seiner Höhle zu sehen ist. Goldene Umrisslinien von Felsen und Bäumen mit üppigem Blätterwerk und Blüten füllen den Raum. Rechts im Hintergrund sind einige Häuser und ein überkuppelter Pavillon erkennbar. Der Prinz, der einen Einsiedler besucht, ist ein sehr beliebtes Sujet, das auch im siebenten Diskurs des Matlaʿ al-anvār vorkommt, dem ersten Buch von Amīr Chusraus Chamsa, dort allerdings nicht illustriert wird.[7]
Auf dem Hinterdeckel sieht man eine Gruppe von geflügelten und mit Federn bedeckte Feen (pers. parī), die vier eingedrungene Dämonen verprügeln. Während sich in einem großen Wasserbecken im Vordergrund einige Feen vergnügen, schlägt links neben dem Becken eine Pari auf einen Dämon ein, der ihr Bein festhält. Der größere Kampf findet allerdings weiter oben statt. Dort auf der rechten Seite wird einer der Eindringlinge von zwei Feen verfolgt. In ihrer kreisförmigen Anordnung erinnern sie mit ihren Flügeln an ein Windrad und bringen auf diese Weise Dynamik in das Geschehen. Oben links ziehen sich die Kämpfe zwischen Feen und Dämonen bis hinab zur Bildmitte. Dort sitzt ein Mensch vornübergebeugt auf einem Buckelochsen und pustet aus einem Rohr Wasser zum Feenbecken hinab. Neben dem Ochsen führt eine Treppe von einem Felsen – oder vielleicht aus einer Höhle – hinab und mündet in einen Weg, der zwei Feen unter einem Sonnen- oder Windschutz umrundet. Der Schauplatz der Szene ist von Bäumen und kleineren Felsen übersät. Der einzige Mogulmaler, der solche mit Federn bedeckte Feen gemalt hat, war Manōhara. Auf ihn deuten, nach Ansicht Seyllers, auch die räumliche Konstruktion des Wasserbeckens, die Gesichtszüge und weitere Einzelheiten hin.[8] Bei genauer Betrachtung des Einbandes ist zu erkennen, dass die Bildtafeln in eine zentrale Vertiefung eines später entstandenen Deckels eingesetzt wurden. Der Übergang lässt sich nicht nur an der veränderten Farbe und schmalen Rissen erkennen, sondern auch am Dekor des Rahmens, der nicht dem eines mogulzeitlichen Musters im 16. Jahrhundert entspricht. Die Dublüren sind mit einem stilisierten Blumenmuster, am Rand mit Weinlaub und Trauben verziert. Auch für dieses Motiv gibt es, zumindest in der Entstehungszeit der Handschrift, kein Beispiel am Mogulhof. Vermutet wird daher eine Restaurierung des Einbands in Europa, wahrscheinlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Bildtafeln auf Vorder- und Hinterdeckel stammen dagegen aus der Zeit der Handschrift.[6]
-
Vorderdeckel W.624, Lackmalerei 1598, Rahmung Ende 19. Jh. -
Dublüre des Vorderdeckels, Europa Ende 19. Jh -
Hinterdeckel W.624, Lackmalerei 1598, Rahmung Ende 19. Jh. -
Dublüre Hinterdeckel, Europa Ende 19. Jh.
Kalligraph
Muhammad Husayn Kaschmīrī war der am höchsten geschätzte Kalligraph unter Akbar und genoss auch unter dessen Nachfolger hohes Ansehen. Er kopierte die Chamsa in zierlichem Nastaʿlīq, wobei für den vierspaltigen Text weniger als zehn Zentimeter Breite vorgesehen waren. Der elegante Schreibstil verlangte dem Kalligraphen höchste Präzision ab, so dass bei der Niederschrift von jeder Hast abzusehen war. Muhammad Husayn dürfte in einem ähnlichen Tempo geschrieben haben wie sein Kollege ʿAbd ar-Rahīm ʿAmbarin Qalam. Dieser hatte die Chamsa von Nizāmī (Or. 12208), nach Erkenntnis von John Seyller, in einem gleichmäßigen Tempo von sechzehneinhalb Zeilen pro Tag niedergeschrieben und dafür drei Jahre benötigt. Wenn man davon ausgeht, dass die um ein Drittel kürzere Chamsa von Amīr Chusrau in derselben Geschwindigkeit geschrieben wurde, hat Muhammad Husayn etwa zwei Jahre für die Niederschrift benötigt.[4] Er hat wahrscheinlich Anfang 1596 mit der Arbeit daran begonnen.[2]
Das Kolophon

Die Handschrift erwähnt an keiner Stelle den Auftraggeber. Angesichts der beteiligten Künstler, die alle am Mogulhof tätig waren, besteht allerdings kein Zweifel, dass sie für Akbar erstellt worden ist. Im Kolophon auf Folio 211recto nennt der Kalligraph seinen Namen und das Datum der Abfassung:
al-ʿabd al-mudnib al-faqīr al-ḥaqīr Muḥammad Ḥusayn Zarrīn Qalam fī tarīḫ sanat I[9] 42 ba-itmām rasīd
„der arme, geringfügige, sündige Knecht Muhammad Husayn Zarrīn Qalam im Jahr I (= Ilāhī) 42 es ist zum Abschluss gelangt“
Das 42. Ilāhī-Jahr reichte von März 1597 bis März 1598.[10] Zu dieser Zeit befand sich die Hauptstadt des Mogulreiches in Lahore. Dort dürfte die Handschrift angefertigt worden sein.
Es befinden sich fünf Siegel von insgesamt drei verschiedenen Besitzern auf der Kolophonseite. Sie geben jedoch nur wenig Auskunft über die Geschichte der Handschrift.
Geschichte der Handschrift
Die Handschrift gibt kaum Informationen über ihr weiteres Schicksal. Anders als die meisten Manuskripte dieser Zeit enthält diese Chamsa keine zusätzlichen Blätter mit Inschriften oder Siegeln, die über ihre Besitzer Auskunft geben könnten. Nach Einschätzung von Seyller gab es ein tropfenförmiges Siegel im Mittelpunkt der Schamsa auf Folio 1r, das aber entfernt worden ist. Ein Siegel dieser Art und an dieser Stelle weist recht eindeutig auf Schāh Dschahān hin. Auf Folio 174r befanden sich ein Siegel und eine Inschrift, die ebenfalls entfernt wurden. Nur die Worte īn kitābḫāna (pers. „diese Bibliothek“) sind noch lesbar. Eine lange Inspektionsnotiz auf Folio 90r hat man sorgfältig entfernt.[11]
Auf Folio 1r und auf der Kolophonseite (Fol. 211r) befinden sich die Siegel von drei Vorbesitzern. Jedes Siegel ist mehrfach vorhanden:
- Ein kleiner ovaler Siegelabdruck mit der Inschrift: Muḥammad Zakī, 1241 (1825–26 u. Z.) (fol. 1r zweifach; 211r links)
- Rechteckiger Siegelabdruck: ʿAbd ar-Radschī Muḥammad Schafīʿ, 1247 AH / 1831–32 n. Chr. (fol. 1r dreifach; 211r zweifach rechts)
- Großer ovaler Siegelabdruck: Muḥammad ʿAlī, ohne Datierung (fol. 211a, zweifach in der Mitte)
Über die drei auf den Siegeln genannten Personen ist ebenso wenig bekannt wie über die Frage, wann, von wem und auf welche Weise sie die Handschrift erworben haben. Daher bleibt das Schicksal des Manuskriptes nach Schāh Dschahān und bis zum Besitz durch Henry Walters weitgehend im Dunkeln. Ebenfalls unbekannt ist, auf welchem Weg das Buch zu Walters gelangt ist. Sicher ist allein, dass die Chamsa nach Waltersʾ Tod 1931 erst an die Stadt Boston, dann an die Walters Art Gallery übergegangen ist, wo sie sich noch heute befindet.[12]
Die Illuminationen
Neben ihren prachtvollen Illustrationen besitzen die Mogulhandschriften der 1590er Jahre auch ein sehr aufwendiges Dekorationsprogramm, das gleich auf der ersten Seite beginnt. Entsprechend der Leserichtung von rechts nach links öffnet man ein persisches Buch von der rechten Seite her. Wenn der Buchdeckel aufgeschlagen wird, ist die erste sichtbare Seite die Recto-Seite des ersten Blattes. Traditionell bleibt diese Seite häufig leer oder ist mit einem Titel oder einer Zierseite versehen. Ein beliebter Dekor an dieser Stelle ist die Schamsa (pers. šamsa), ein Begriff, der mit der arabischen Bezeichnung für „Sonne“ (arab. šams) verwandt ist. Es handelt sich dabei um ein meistens strahlenförmiges, symmetrisch aufgebautes Ornament in der Mitte eines Folios. Der eigentliche Text beginnt dann gewöhnlich auf der folgenden Verso-Seite und wird durch einen sogenannten ʿunvān, einem verzierten Kopfstückt, hervorgehoben.
Schamsa und ʿunvān in der Walters-Chamsa
Die Walters-Chamsa besitzt ein aufwendiges Dekorationsprogramm. Im Prinzip ist vorgesehen, dass die fünf Bücher jeweils durch eine Schamsa auf der Recto-Seite und einen ʿunvān auf dem rückseitigen Verso eingeleitet werden. Am Ende von Madschnūn va Laylī und am Anfang des nachfolgenden Āʾīna-yi Sikandarī fehlen einige Folios, aber die Anzahl der fehlenden Seiten deutet an, dass das Programm auch dort durchgeführt wurde. An zwei Stellen wird das Dekorschema durchbrochen: Vor Madschnūn va Laylī ist eine Schamsa durch eine Dekorseite mit Tieren ersetzt (Fol. 90r), die Schamsa vor dem Hasht Bihisht wurde eine Seite nach vorn gezogen und steht nun auf einem Verso (Folio 173v), dem eine illuminierte Seite folgt. Die Handschrift endet auf ungewöhnliche Weise mit einer Schamsa auf dem letzten Folio.[13]
-
Schamsa auf Fol. 1r der Walters-Chamsa, Mansūr zugeschrieben -
Schamsa von Husayn Naqqāsch auf Folio 42r -
Schamsa von unbekanntem Künstler auf Folio 173v -
Schamsa von unbekanntem Künstler auf Fol. 211v
-
ʿUnvān auf Fol. 1v, signiert von Mansūr Naqqāsch; Randdekor Mansūr zugeschrieben -
ʿUnvān auf Fol. 42v, signiert von Chwādscha Dschān; Randdekor Sulaymān Kalān zugeschrieben -
ʿUnvān auf Fol. 90v, signiert von Lutfullāh Muzahhib; Randdekor Husayn Naqqāsch zugeschrieben -
ʿUnvān auf Fol. 174v, signiert von Husayn Naqqāsch; Randdekor Husayn Naqqāsch zugeschrieben
Die Randdekoration
Die Mogul-Maler übernahmen die Idee der Randgestaltung von der safawidischen Buchkunst und orientierten sich in den ersten Jahrzehnten noch sehr an ihrem Vorbild. In einer Kopie von Amīr Chusraus ʿAšīqa von 1568 sind die Außenbereiche der Schrift- und Bildfelder mit ihrem floralen Rankenwerk kaum von den persischen Modellen zu unterscheiden. Auch im Gulistān von 1582/83 griffen die Mogul-Künstler sehr stark auf Grundelemente der persischen Randdekoration wie fliegende Kraniche und einander jagende Tiere zurück. Allerdings wurden bis 1590 nur wenige Manuskripte mit illuminierten Bordüren verziert. Erst danach hat sich die Gestaltung der Ränder als regelmäßiger Teil des Illuminationsprogramms durchgesetzt. Auch wenn die Maler am Mogulhof weiterhin viele Konzepte und Formen der persischen Randdekoration verwendeten, brachten sie doch zunehmend eigene Gestaltungsmerkmale ein. Die typisch safawidischen Geschöpfe wie Qilin und Simorgh kamen nun seltener zum Einsatz. Stattdessen wurden die Folioränder allmählich mehr von indischen Tieren wie Elefanten und Ochsen bevölkert. In der Walters-Chamsa sind es vor allem Rehe, Gazellen, Steinböcke, Geparden und Vögel in verschiedenen Größen, die sich in einem raumfüllenden goldenen Dekor aus Felsen, Bäumen und Laubwerk bewegen. Bei diesen Tieren gibt es nur selten Hinweise auf Vorzeichnungen. Die Mogul-Maler hatten folglich eine ausreichend sichere Hand, um diese Motive direkt in Gold ohne vorbereitende Zeichnungen auszuführen. Die Variationen an Tiermotiven waren allerdings nicht unerschöpflich. Dass etablierte Formen immer wieder in der Chamsa (W.624) und ihren Schwestermanuskripten verwendet wurden, zeigt, dass die Werkstätten ein Gleichgewicht zwischen motivischer Vielfalt und effizienter Arbeitsweise herzustellen suchten. Eine Verwendung von Schablonen, wie sie in persischen Handschriften häufig zum Einsatz kamen, ist durch die Größenabweichungen und die Unterschiede in den Motiven selbst, abgesehen von Medaillons, ausgeschlossen.
Menschliche Figuren
Eine Neuerung, die die Mogul-Maler brachten, war die Einführung menschliche Figuren, die auf persischen Manuskript-Rändern nur selten in zu finden sind.[14] Sie wurden im Bahāristān von 1595 auf zwei verschiedene Weisen in die Randdekoration eingefügt: Man hat sie in Medaillons integriert oder, die andere Möglichkeit, sie frei in die goldene Landschaft des Rahmenbereichs eingezeichnet. In der Walters-Chamsa verwenden die Maler nur die zweite Variante. Die dargestellten Personen stehen oder sitzen, treten sie mit anderen – Menschen oder Tieren – in Kontakt oder gehen alltäglichen Beschäftigungen nach, zu denen häufig beten, lesen oder jagen gehört. Die nahezu vollständige Abwesenheit von Überlappungen zwischen menschlichen Figuren und umliegenden Felsen oder Pflanzen deutet darauf hin, dass die Künstler die Randgestaltung begannen, indem sie die verstreuten Figuren zunächst mit schwacher Tinte oder in Gold vorskizzierten und danach die darumliegende Landschaft entwickelten. Dann erst erfolgte die abschließende Ausgestaltung der Personnage. Dieser Ablauf offenbart sich auf mehreren Seiten der Walters-Chamsa, bei denen der letzte Arbeitsschritt fehlt: die Gesichter sind noch nicht eingefügt und die Konturen unscharf, aber die umgebende Natur ist bereits vorhanden.[14] Die menschlichen Figuren erhielten eine zarte Kolorierung in hellen Farben. Dadurch hoben sie sich vom restlichen Dekor der Bordüre ab und nahmen eine größere Bedeutung innerhalb der Gesamtkomposition der Seite ein. Solche kolorierten Figuren wurden niemals auf den Rändern von Bildseiten eingesetzt, sondern nur auf Textseiten, um nicht in eine visuelle Konkurrenz zur Hauptillustration zu treten.[15] Ränder mit menschlichen Figuren kommen in der Walters-Chamsa allerdings eher selten vor. Seyller zählt insgessamt 21 Folios, wobei sich die meisten auf den Beginn von Matlaʿ al-Anwār und auf den ersten Teil von Schīrīn wa Chusraw konzentrieren, und zwar jeweils auf den Bereich vor der ersten Illustration. Möglicherweise war die aufwendige Anfertigung nicht dauerhaft mit dem drängenden Produktionszeitplan zu vereinbaren.[16]
-
Chamsa W.624, Fol. 12r, Mādhava zugeschrieben -
Chamsa W. 624, fol. 44r -
Chamsa W.624, Fol. 50v -
Chamsa W. 624, Fol. 112b
Medaillons
Die alles bedeckenden goldenen Landschaften machen nur etwa die Hälfte der Bordüren in der Walters-Chamsa aus. Die übrigen Ränder sind mit eleganten goldenen Medaillons verziert. Manche Gestaltungstypen tauchen in den drei Schwesterhandschriften, dem Bahāristān in der Bodleian Library, der Chamsa von Nizāmī (BL Or. 12208) und der von Amīr Chusrau (W.624), in identischer Größe auf. Das erklärt sich durch den Gebrauch von Schablonen, mit denen sich die Grundstruktur einzelner Medaillons relativ schnell einzeichnen lässt. Rote und schwarze Vorzeichnungen dienten als Leitlinien für die abschließende Ausführung in Gold. Tiere oder florale Ornamente, die die Medaillons gewöhnlich füllen, wurden dagegen freihändig gezeichnet. Die jeweils gegenüberliegenden Seiten der Walters-Chamsa weisen in der Regel dieselbe Art der Randdekoration auf, entweder Medaillons oder die alles ausfüllende Landschaftsdarstellung.[15]
-
Chamsa W.624, Fol. 41a, Medaillonbordüre -
Chamsa W.624, Fol. 67v, Medaillonbordüre -
Chamsa W.624, Fol. 79r, Medaillonbordüre -
Chamsa W.624, Fol. 50r, Medaillonbordüre
Die Meister der Illuminationen

In der Akbarzeit haben Maler ihre Werke in Handschriften niemals signiert; es gab allenfalls Einzelbilder, auf der der Meister persönlich unterzeichnet hat. Unter vielen Manuskriptillustrationen wurden allerdings Ateliervermerke angebracht, in denen die zuständigen Oberaufseher der Werkstatt (pers. dārogha) die Namen der jeweiligen Maler notiert haben.[17] Auf Dekorseiten finden sich solche Zuschreibungen gewöhnlich nicht. Das bedeutet nicht, dass es sie nicht gegeben hat. In dem seltenen Beispiel eines unbeschnittenen Manuskriptes, dem Bahāristān von Dschāmī in der Bodleian Library (Ms. Elliott 254), sind für die Randmalereien 27 Zuschreibungen an zehn verschiedene Künstler erhalten geblieben. Diese Zuschreibungen sind an der Unterkante des Folios vermerkt, die normalerweise vor dem Einbinden abgeschnitten wurde. Ateliervermerke, die diese Prozedur überstanden haben, verschwanden spätestens bei einer Neurahmung im Zuge von Restaurierungsbemühungen. Es ist naheliegend, dass das Bahāristān nicht die einzige Handschrift war, die auf die Autorschaft der Dekorkünstler hingewiesen hat. Die Chamsa W.624 weist keine Ateliervermerke zu den Dekorseiten auf, dafür aber fünf signierte Illuminationen (Fol. 1v, 42r, 42v, 90v, 174v). Das ist bemerkenswert, weil sämtliche Mogulhandschriften des 16. Jahrhunderts insgesamt nur elf Signaturen besitzen – die fünf der Walters-Chamsa eingeschlossen. Die namentlichen Kennzeichnungen und Signaturen machen es möglich, die Künstler aus der Anonymität des Werkstattbetriebs herauszuheben und einzelne Persönlichkeiten mit ihrem Werk in Verbindung zu bringen. Durch die Identifikation ihrer stilistischen Eigenarten ist möglich, ihnen weitere Arbeiten zuzuordnen.[18]
In der Chamsa von Amīr Chusrau (W.624) haben vier Künstler ihre Werke signiert: Mansūr Naqqāsch, Chwādscha Dschān Schīrāzī, Lutfullāh Muzahhib und Husayn Naqqāsch.[13]
Mansūr Naqqāsch

Mansūr signiert in der vorliegenden Handschrift den ʿunvān auf Folio 1 verso. Sein Name ist in winziger Schrift rechts und links neben der Überschrift verborgen. Er bezeichnet sich hier ausdrücklich als „Mansūr Naqqāsch“ (pers. „Mansūr der Maler“) – ein Hinweis darauf, dass auch im Bereich der Illustration aktiv ist. Er wurde später unter Dschahāngīr als Tiermaler berühmt, ist aber schon seit etwa 1589 als Maler nachweisbar.[19] Aufgrund der kompositorischen Eigenarten seines Werkes geht Seyller davon aus, dass auch die Schamsa auf Fol. 1a von ihm stammt.[20] Zwei signierte Bordüren im Gulschan-Album belegen sicher, dass Mansūr auch für Randdekorationen eingesetzt wurde. Seyller sieht sich daher in seiner Annahme bestätigt, dass die Randillumination auf Folio 1v ebenfalls Mansūr zugeschrieben werden kann. Die Tiere auf seinen Randdekoren sind deutlich kleiner und erheblich detailreicher als die von anderen Malern.[21]
Chwādscha Dschān Schīrāzī
Der zweite Künstler, der seinen Namen in den Illuminationen der Walters-Chamsa versteckt hat, ist Chvādscha Dschān Schīrāzī. Er signierte den ʿunvān am Anfang von Schīrīn va Chusrau (Fol. 42v). Man findet seinen Namen rechts und links der Oberkante des weißen Rechtecks. Chvādscha Dschān hat offenbar keine weitere Arbeit zum vorliegenden Manuskript beigesteuert, ist aber bekannt aus der Chamsa von Nizāmī in der British Library (Or. 12208), in der zwei der dekorativen Kopfstücke mit seinem Namen unterzeichnet sind.[22] Von ihm stammt außerdem die Eröffnungsseite im Gulistān in der Royal Asiatic Society. Hier signiert er auf dem weißen Rand unmittelbar unter dem großen grünen Medaillon als banda-yi dargāh ḫvāǧa ǧān muzahhib (pers. „Sklave des Palastes, Chwādscha Dschān der Vergolder/Illuminator“).
Lutfullāh Muzahhib
Ein dritter Illuminator, Lutfullāh Muzahhib (pers. „Lutfullāh der Vergolder“), hat seinen Namen mittig im roten Rahmen unter dem ʿunvān vor Madschnūn und Laylī (Fol. 90v) verborgen. Lutfullāh ist vor allem für seine Randmalereien im Gulschān-Album bekannt. Dort gibt es auch ein Bild von ihm am Rand von Folio 247.[23]
Husayn Naqqāsch
Husayn Naqqāsch hat in der Walters-Chamsa gleich zwei Signaturen hinterlassen: Die erste, in der er sich „Husayn Naqqāsch“ nennt, sticht in auffälligem Rot unter einer Schamsa am Anfang von Schīrīn va Chusrau (Fol. 42r) hervor. Die zweite findet sich direkt unterhalb des letzten ʿunvān (Fol. 174v); dort nennt er sich nur „Husayn“. Es fällt auf, dass er sich, anders als Lutfullāh Muzahhib, ausdrücklich als naqqāš (pers. „Maler“) bezeichnet. Er verweist damit auf sein Einsatzgebiet nicht allein im Bereich der Illumination, sondern auch in dem der Illustration. Tatsächlich war Husayn an der Ausführung (pers. ʿamal) – allerdings nicht an der zeichnerischen Konzeption (pers. ṭarḥ) – von mindestens zehn Bildern beteiligt. Eines davon ist die Nummer 185 im Victoria-and-Albert-Akbar-nāma, auf der die ornamentale Ausgestaltung des kaiserlichen jharoka-Fensters bezeugt, dass der Künstler die abstrakten Dekormuster wirkungsvoll auch in der Bildkunst einzusetzen wusste.[24] Husayn „der Maler“ hat neben besonders prominenten Schmuckelementen wie Schamsa und ʿunvān auch Randdekore erstellt. Ein Ateliervermerk mit Husayns Namen auf einer Randmalerei im Bahāristān (Fol. 21v) war die Grundlage für diverse Zuschreibungen in den drei Schwestermanuskripten. Seyller geht davon aus, dass er der Künstler der Bordüre um den von ihm signierten ʿunvān (Fol. 174v) ist. Große Kraniche und Simurghe, letztere häufig in Kämpfen mit Drachen, gehören zu Husayns Lieblingsmotiven. Typisch für das Repertoire des Künstlers sind aber auch Pfauen, Elefanten, Tiere mit zurückgedrehten Köpfen und Löwen, die an Bächen trinken. Seine großen Felsfomationen säumt er oft mit langen Farnwedeln. Seyller hält Husayn Naqqāsch für den fähigsten und produktivsten Bordürenmaler der Walters-Chamsa.[25] Sein Werk umfasste das gesamte Spektrum der dekorativen Buchkunst.[26]
Weitere Maler lassen sich durch Vergleich mit signierten oder zugeschriebenen Werken in anderen Handschriften identifizieren:
Mādhava
Mādhava ist einer der produktivsten Bordürenmaler der gesamten Manuskriptgruppe. Seine detailreichen Randmalereien umfassen sowohl Medaillons als auch Landschaften. Seinen Tieren verleiht er durch Punktierung und parallele Schraffuren Volumen und Textur, seine Lanschaftsformen fallen durch kräftige Konturen auf. Er versteht es, die feinen Farbunterschiede der beiden Goldtöne wirkungsvoll einzusetzen, wie etwa bei Bäumen und Farnen zu beobachten ist. Seyller schreibt ihm die Randgestaltung auf den Folios 11 recto und 12 recto zu. Mādhava war auch ein wichtiger Illustrator. Er schuf eins der sechs Bilder im Bahāristān, drei in Nizāmīs Chamsa (Or. 12208) und eins in der Walters-Chamsa (Nr. 6).[27] Es gibt weitere Bilder von ihm im Victoria-and-Albert-Akbar-nāma (Nr. 113, 123, 145, 171 und 197) und im Chester-Beatty Akbar-nāma (Nr. 36, 41, 53).
Muchlis, Chizr und Sulaymān Kalān
Die Medaillon-Ränder lassen sich schwer einzelnen Malern zuordnen, weil die Verwendung von Schablonen einen persönlichen Stil nur mit Einschränkungen erkennen lässt. Zu den identifizierbaren Künstlern gehört Muchlis, der als Maler unter anderem am Dārāb-nāma beteiligt war. In der Walters-Chamsa hat er Ränder mit einfachen Medaillons verziert, die er mit Vögeln und anderen Tieren gefüllt hat.[28]
Ein weiterer Künstler, der hier ausschließlich an Medaillonbordüren gearbeitet hat, ist Chizr. Seine Werke umfassen markante Motive, wie etwa Folio 8v mit vegetabilem Flechtwerk, das in Tierköpfen endet. Er hat aber auch an der Illustration verschiedener Handschriften mitgewirkt.[29]
Sulaymān Kalān hat sowohl an Medaillon- als auch Tierbordüren gearbeitet. Folio 5v in der Walters-Chamsa wird ihm zugeschrieben. Er ist außerhalb der drei Schwestermanuskripte in der Mogulmalerei unbekannt. Seyller beschreibt ihn als wenig versierten Zeichner, der es dennoch verstanden hat, durch Goldlasuren zur Modellierung von Tieren und Landschaftselementen ansehnliche Randdekorationen zu entwerfen.[30]
Basāvan
Ein Künstler von besonderem Rang war Basāvan, der im Laufe seines Berufslebens an zahlreichen Handschriften beteiligt war.[31] In der vorliegenden Chamsa war er für die Bilder 1 und 22 verantwortlich. Seyller weist seine Hand aber auch auf einer Bordüre von Folio 11 recto nach. Dort ist ein Asket mit stoppeligem Kinn, markanter Stirnpartie und durchdringendem Blick dargestellt; der grobe Stoff seines Umhangs tritt in der Darstellung plastisch hervor. Diese visuellen Details sind nahezu einzigartig für Basāvans Werk und zeigen sich beispielsweise auch bei dem muslimischen Pilger auf Bild 1.[6]
Die Liste der mit der Randdekoration betrauten Künstler zeigt, dass die Mehrzahl von ihnen auch im Bereich der Illustration tätig war. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Anfertigung von Bildern allein den höchstgeschätzten Malern vorbehalten war, während man die weniger anspruchsvolle Bordürengestaltung bescheideneren Talenten überlassen hat. Auch wenn es bei einigen Meistern Spezialisierungen gab, konnte für die verschiedenen Aufgaben der Buchgestaltung, nämlich gemeinsame oder individuelle Illustrationen oder Illuminationen, grundsätzlich jeder Künstler eingesetzt werden.
Die Illustrationen
Der europäische Einfluss
Erste europäische Einflüsse auf die Mogulmalerei sind bereits seit der frühen Akbar-Zeit erkennbar, auch wenn nicht bekannt ist, auf welchem Weg und in welcher Form die Kunstwerke an den kaiserlichen Hof gelangt sind.[32] Von den 1580er Jahren an waren die jesuitischen Missionare eindeutig die wichtigste Quelle für die aus Europa stammenden Bilder. Sie brachten vor allem Holzschnitte und Kupferstiche in großer Zahl, die teils von Werken namhafter Künstler stammten.[33] Eine zusätzliche Bildquelle waren europäische Reisende, die sich mit solchen Geschenken um Akbars Wohlwollen bemühten.[34] Nach Aussage des Jesuitenpaters Rodolfo Acquaviva war Akbar begeistert von den Bildern und ließ sie von seinen Malern nachmachen.[35]
Wie zahlreiche Kopien und Adaptationen belegen, haben sich viele Künstler nicht nur europäische Themen, sondern auch die Maltechniken angeeignet. Dazu gehören die Mittel der perspektivischen Darstellung und Methoden, um Volumen zu erzeugen, wie die Licht- und Schattenmodellierung (Chiaroscuro). Deutlich erkennbar in der Mogulmalerei der 1590er Jahre ist überdies ein stärker werdender Naturalismus in Bezug auf Porträts, der ebenfalls den westlichen Vorbildern geschuldet ist. Eine Anregung für Landschaftsdarstellungen boten europäische Monatsbilder, wie sie beispielsweise von Simon Bening bekannt sind. Von größter Wichtigkeit war schließlich der Einfluss der niederländischen und flämischen Weltlandschaften. Bei dieser Darstellungsweise entwarf der Maler eine imaginäre Landschaft, die er aus der Vogelperspektive und unter Anwendung der Luftperspektive ausbreitete. Wichtige Merkmale der Weltlandschaft sind weite Panoramen mit Flüssen, Häfen, Meeren, Städten, Bergen und bizarren Felsformationen, belebt von teils winzigen menschlichen Figuren.[36] Robert Skelton hatte bereits 1979 darauf hingewiesen, dass Akbars Maler diese Ideen aufgenommen und in der Landschaftsdarstellung der Chamsa von Nizāmī (Or. 12208) – und damit auch in den anderen „Luxushandschriften“, wie der Chamsa von Amīr Chusrau (W.624) oder dem Bahāristān von Dschāmī – zum Einsatz gebracht haben.[37] Auf den Begriff Weltlandschaft hat erst Ebba Koch zwanzig Jahre später aufmerksam gemacht und nochmals den immensen Einfluss betont, den flämische Weltlandschaften auf die Mogulmalerei ausgeübt haben: „In einem revolutionären Schritt weg von den stark stilisierten Formeln der persianisierten und indischen Landschaftsmalerei adaptierten die Mogulkünstler die Weltlandschaft, die zum häufigste Hintergrund der Mogulmalerei des späteren 16. Jahrhunderts wurde.“[38] Dabei haben die Künstler sich zwar in System und Maltechnik an die flämischen und niederländischen Vorbilder gehalten, die einzelnen Bestandteile aber oft durch indische Elemente ersetzt.[39] Genau diese Hintergründe sehen wir auf einigen Folios der vorliegenden Chamsa. Viele Bilder zeigen eine Blaufärbung des Hintergrunds sowie eine Verkleinerung der Bauwerke und Landschaftselemente, um einen Eindruck von Ferne und Räumlichkeit zu schaffen. Auch wenn mit Bihzād bereits einige Alltagstätigkeiten in die persische Malerei Eingang fanden, stammt die Idee zur Darstellung von Feldarbeiten (Bild 1; 20; 26) oder einem Schweinehirten (Bild 23) mit großer Wahrscheinlichkeit aus europäischen Vorlagen; in dieser Form sind sie vor Ankunft der europäischen Bilder nicht in Indien belegt.
-
Jan van Stinemolen (1518–1589): Der Fall des Ikarus -
Simon Bening: Der Flämische Kalender (1520–25), Monat Juli
-
Detail von Bild 1: Muslimischer und hinduistischer Pilger
-
Detail von Bild 16: Laylī besucht Madschnūn in der Wildnis -
Detail von Bild 9: Schīrīn besucht Farhād -
Detail von Bild 23: Alexander in der Tauchglocke
Matlaʿ al-anvār
Das Matlaʿ al-anvār („Der Aufgang der Lichter“) ist das erste Buch der Chamsa von Amīr Chusrau. Es handelt sich um ein Masnawī didaktisch-erbaulichen Inhalts. Der größte Teil des Dichtwerkes besteht aus zwanzig Lehrreden (arab. Sing. maqāla), in denen es um eine Vielzahl von Themen religiöser und ethischer Art geht. Jede dieser Lehrreden endet mit einer kurzen Anekdote, die den Inhalt des zuvor dargelegten anschaulich und eingängig zusammenfasst. Diese Geschichten sind daher der naheliegende Ort für Illustrationen, und es gibt kein Manuskript der Chamsa, das eine Passage außerhalb der Anekdoten bebildert.[40]
Bild 1: Illustration zur vierten Maqāla
Das Blatt befand sich ehemals zwischen den Folios 15 und 16, wurde aber aus der Handschrift entfernt und gehörte heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art.[41] Die Bildgröße beträgt 21,6 × 13,5 cm. Unter dem Bild steht der Vermerk ʿamal-i Basāvan, „Werk von Basāvan“.
Ein frommer Muslim auf Pilgerreise nach Mekka trifft unterwegs einen Brahmanen, der langsam auf dem Boden zum Tempel von Somnath in Gudscharat kriecht. Als der erstaunte Muslim fragt, warum er nicht auf seinen Füßen dorthin laufe, antwortet ihm der Brahmane, dass er sein Herz vor Jahren dem „Götzen“ (pers. but) gewidmet und es in gewisser Weise zu seinem Fuß gemacht habe. Chusrau hält die vollkommene Hingabe des Brahmanen für beispielhaft, auch wenn sie auf das falsche Ziel gerichtet ist. Es sei wünschenswert, dass die Muslime ihrem – nach Ansicht des Dichters – wahren Glauben mit derselben Hingabe und Zielstrebigkeit folgen.[42]
Der Brahmane ist in einen traditionellen Dhoti gekleidet und trägt das Tilaka-Zeichen der Vishnu-Verehrer auf der Stirn. Er hat keinerlei Gepäck dabei. Der muslimische Pilger dagegen hält in der einen Hand einen Wanderstab, ein tragbares Gefäß und seine Schuhe. Mit der anderen Hand umfasst er eine Kette mit Gebetsperlen. In seinem Gürtel steckt ein Buch – vermutlich der Koran. Beide sind bestrebt, ihrem Ziel rasch näher zu kommen, und halten offenbar auch nicht während ihres Wortwechsels inne. Die anderen Personen im Bild und selbst die beiden flüchtenden Antilopen im Mittelgrund spiegeln diese Eile. Vorn links ist ein Vogelfänger mit schnellen Schritten unterwegs und hat seine Arbeitsausrüstung dabei: Netz und Tarnschirm sind an einem Stab befestigt, den er über der linken Schulter trägt. Im Hintergrund wandert ein Kanphata-Yogi auf eine Brücke zu; man erkennt ihn an seinem Ohrring, dem schweren Mantel, seinem Bettelsack und seiner Krücke, die er über die Schulter geworfen hat.[43] Weitere Personen links im Hintergrund sind mit Feldarbeit und anderen Dingen beschäftigt. Allein die beiden Schakale vorn rechts liegen ruhig an ihrem Platz und beobachten das Geschehen. Basāvan verbindet in diesem Bild die traditionelle persische Malerei mit europäischen Techniken: Die Figuren und Architekturelemente sind räumlich gestaffelt und schaffen eine Tiefe, die über das traditionelle Flächenkonzept der persischen Miniatur hinausgeht. Durch eine gezielte Abschwächung der Farben im Hintergrund erzeugt Basāvan eine Tiefenwirkung, die dem Prinzip der atmosphärischen Perspektive nahekommt. Schließlich zeigt sich der europäische Einfluss auch sehr deutlich in der Modellierung der Gewänder, deren Falten mit Licht- und Schattenverläufen plastisch hervorgehoben sind und so das Volumen der darunterliegenden Körper suggerieren.[44] Dieses Bild und die Illustration Nummer 22 sind die letzten beiden Meisterwerke von Basāvan. Der alte Meister ist nach der Arbeit an dieser Chamsa an keiner Handschrift mehr beteiligt gewesen.[45]
Bild 2. Illustration zur achten Maqāla
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DP120806.jpg)
Diese Illustration befand sich ursprünglich zwischen den Folios 21 und 22, ist aber aus der Handschrift herausgelöst worden und wird heute im Metropolitan Museum of Art[46] aufbewahrt. Bildgröße: 18,2 × 12 cm. Ein Ateliervermerk unter dem Bild lautet ʿamal-i Narsing.
In der achten Maqāla geht es um die Freuden und Leiden der Liebe. Die abschließende Parabel erzählt von dem Heizer eines Badehauses (pers. gulḫan-tāb), der nach einem flüchtigen Blick auf den König von tiefer Leidenschaft ergriffen wird. Der Herrscher schenkt ihm zunächst keine Beachtung, doch schon bald übermannt auch ihn das Gefühl inniger Zuneigung und er kehrt zum Badehaus zurück. Als der Heizer den Geliebten wiedersieht entbrennt er buchstäblich vor Liebe. Diesen Zustand hat der Maler Narsingh in seinem Bild wiedergegeben: Vor den Toren einer Stadt liegt das Badehaus, das man an den typischen Kuppeln erkennen kann. Davor sitzt der brennende Heizer. Der König, ihm gegenüber, steht im Mittelpunkt der Szene. Er legt voller Verwunderung angesichts der Flammen des Heizers den Finger an die Lippen. Der sogenannte „Finger des Erstaunens“ (pers. angušt-i taʿaǧǧub), also die Geste, sich bei Verwunderung einen Finger an den Mund zu legen, ist ein Motiv in der persischen Dichtung, das auch in die Malerei übernommen wurde. Einige Reiter der königlichen Entourage zeigen ihr Erstaunen auf dieselbe Weise. Ein Falkner, der den Berittenen vorangeht, deutet einen Jagdausflug an. Der Maler Narsingh[47] hat an verschiedenen anderen Handschriften mitgewirk. Als Spezialist für Gesichter war er im Chester-Beatty Akbar-nāma für die Porträts in insgesamt neun Illustrationen zuständig.[48] In der vorliegenden Chamsa hat er auch Bild Nummer 16 gemalt; bei diesem, wie auch bei Bild 2 fällt eine von Narsingh verwendete Methode der Schattierung auf, mit der er einen dunklen Rand um die Gesichter der wichtigsten Figuren erzeugt. Manchmal erweitert er diese dunkle Korona auch auf weitere Teile der Figur. Bei dem König führt dieses Technik zu einem stärkeren Kontrast zum Hintergrund. Zusammen mit dunklen Umrisslinien erhöht diese Darstellungsweise die Leuchtkraft der dargestellten Personen deutlich.[49]
Bild 3. Illustration zur zehnten Maqāla

Folio 24 verso der Handschrift W.624 im Walters Art Museum. Das Bild hat eine Größe von 23,3 × 15,4 cm.
Über einen Erbschaftsstreit ermordet ein Mann seinen Bruder. Er kommt deshalb vor den Provinzfürsten, wo auch zwei junge Männer auf ihre Hinrichtung warten. Der eine von ihnen bittet darum, zuerst exekutiert zu werden, damit sein Freund ein bisschen länger leben kann. Der andere erfleht gleichfalls, ihn als erstes hinzurichten, damit er den Tod des Freundes nicht sehen muss. Dem erstaunten Scharfrichter erklären die beiden, dass dieses Verhalten nichts anderes als Freundschaft ist. Als der Brudermörder diese Großmut zwischen Freunden beobachtet, bittet er den Henker, das Leben der beiden zu schonen und stattdessen ihn zu töten. Denn während er sich des Mordes an seinem Bruder schuldig gemacht hat, versuchen die beiden Freunde, die nicht durch familiäre Bande verbunden sind, das Leben des jeweils anderen zu schützen. Der Fürst lässt daraufhin die Brüder laufen und den Brudermörder hinrichten.[50]
Das Geschehen ist wie eine typische Thronszene dargestellt. Die drohende Hinrichtung der Freunde, wahrscheinlich die beiden vorn im weißen und im grünen Gewand, wird durch die Anwesenheit zweier Wächter mit gezogenen Schwertern angedeutet. Der Brudermörder ist vermutlich die blau gekleidete Figur mit weißem Turban, der vor den beiden Freunden steht. Das Bild trägt keinen Ateliervermerk, wird aber von Brend und Seyller Mukund zugeschrieben,[51] einem der führenden Maler am Mogulhof, der auch von Abū ʾl-Fazl im Āʾīn-i Akbarī erwähnt wird.[52] Typisch für Mukund sind die Gesichter mit breiten Wangen und einem schmal zulaufenden Kinn, häufig auch mit schwer herabhängenden Augenlidern, wie sehr deutlich bei dem Diener gegenüber dem König zu sehen ist. Auf einer weiteren Illustration des Künstlers in dieser Chamsa (Bild 28; Folio 203v) erkennt man dieselbe Gesichtsform. Bei der Darstellung architektonischer Formen lässt Mukund zuweilen eine auffällige Missachtung der räumlichen Logik erkennen. Der königliche Pavillon steht in einem unmöglichen Winkel auf seiner Plattform. Ähnlich unstimmig ist beispielsweise auch die Stadtansicht im Hintergrund von Bild 105 im Victoria-and-Albert-Akbar-nāma.
Bild 4. Illustration zur 13. Maqāla
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DT4791.jpg)
Dieses Bild befand sich ursprünglich zwischen den Folios 28 und 29. Es wurde dem Manuskript entnommen und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art in New York[53] Die Illustration hat eine Größe von 23,5 × 14,9 cm.[54] Das Bild trägt keinen Ateliervermerk, wurde aber schon 1961 von Stuart Cary Welch dem Maler Miskīn zugeschrieben; dem haben sich Seyller und Brend angeschlossen.[55]
In seiner dreizehnten Maqāla fordert Amīr Chusrau den Herrscher zu Gerechtigkeit und Weisheit auf. Er veranschaulicht seine Ausführungen mit folgender Geschichte: Ein König ist am frühen Morgen auf der Jagd und glaubt, einen großen Vogel in der Ferne zu sehen. Er trifft sein Ziel mit einem Pfeil, doch als er die Beute holen will, stellt er bestürzt fest, dass er einen Knaben erschossen hat. Dieser hatte eine kleine Ackerfläche bewachen sollen, um die Feldfrüchte vor tierischen Räubern zu beschützen, war dabei aber eingeschlafen. Als die klagende Mutter des Jungen erscheint, bietet ihr der König zwei Alternativen der Wiedergutmachung an: Eine goldene Schale mit seinem Schwert und eine weitere goldene Schale, die mit Schätzen gefüllt ist. Sie hat die Wahl, ob der König das Leben ihres Sohnes mit seinem eigenen Leben bezahlen soll, oder ob er seine Schuld mit Schätzen begleichen darf. Die Frau hält weiteres Blutvergießen für sinnlos, nimmt deshalb das Gold an und fordert den König auf, seinen gerechten Weg fortzusetzen.[56]
Die wichtigen Elemente der Geschichte stehen im Mittelpunkt der Szene: die trauernde Mutter, der König, die beiden goldenen Schalen und das Schwert. Der Junge liegt in den Sträuchern, die das Feld, das er bewachen sollte, umfrieden. Sein Gesicht und sein braunes, gewelltes Haar sowie die Gesichter seiner drei Gefährten auf der linken Seite lassen auf europäische Vorbilder schließen. Das Kreuz, das die Figur hinter dem Baum in der Hand hält, deutet auf ein Motiv aus der christlichen Bilderwelt. Dazu gab es seit den 1580er Jahren dank der Kupferstiche, die vor allem jesuitische Missionare an den Mogulhof brachten, viel Anschauungsmaterial. Auch der Faltenwurf der Gewänder, die die Mutter, der tote Knabe und seine drei Freunde tragen, orientiert sich ohne Zweifel an diesen europäischen Quellen. Die Obergewänder des Königs und seiner Begleiter sind dagegen straff und weitgehend faltenfrei, wie wir es aus der persischen Malerei kennen.[57]
Miskīn gehörte zu den prominentesten Malern in den kaiserlichen Ateliers. Auch er wird von Abū ʾl-Fazl erwähnt. Bild 24 der vorliegenden Handschrift stammt ebenfalls von ihm. Neben Mansūr ist er der wichtigste Tiermaler am Mogulhof. Typisch für Miskīn sind die sorgsam ausgearbeiteten Gesichter, die teilweise auf europäische Vorbilder zurückgehen. Besonders deutlich wird das bei der Mutter des toten Jungen. Von denselben Vorbildern übernimmt der Maler auch Techniken zur Erzeugung räumlicher Tiefe. So lässt er in diesem Bild die weiter entfernten Elemente allmählich kleiner werden und in bläulichen Dunst übergehen. Die Tiefenwirkung wird zusätzlich durch den hellen Bach verstärkt, der sich weit durch die Landschaft windet. Miskīn fügt außerdem regelmäßig Tiere in seine Werke ein. Die drei spielenden Pferde oben rechts wiederholt er so häufig, dass das ursprünglich vom persischen Meister Bihzād geprägte Motiv zu seinem eigenen geworden ist.[57] Eine Besonderheit des Malers ist schließlich seine Art, Felsen darzustellen: Es scheint sich dabei um eine Folge organischer Auswüchse zu handeln. Das Grundmodell für solche Felsdarstellungen stammt aus der persischen Tradition,[58] fügt sich aber ebenso in die Weltlandschaften mit ihren phantastischen Felsformationen.
Bild 5. Illustration zur 17. Maqāla

Folio 35 recto der Walters-Chamsa mit den Maßen 22,4 × 14,3 cm. Der Ateliervermerk unter dem Bild lautet ʿamal-i Laʿl. Jugend und Alter sind das Thema der siebzehnten Maqāla. In der abschließenden Geschichte beschreibt der Dichter die Begegnung eines betagten Sufi mit einem wohlgestalteten jungen Mann in einem Garten. Der gekrümmte Rücken und der lange Bart des Greises, stereotype Merkmale des Alters sowohl in der persischen Dichtung als auch in der Malerei, werden ausdrücklich erwähnt und stehen der zypressengleichen Statur und den flaumweichen Wangen des schönen Jünglings gegenüber.[59] Der Sufi, der trotz seines Alters noch voller Leidenschaft ist, wird durch den Anblick des schönen Jünglings überwältigt. In Erinnerung an die Sehnsüchte seiner Jugend wagt er eine lüsterne Annäherung. Sein jugendliches Gegenüber, ganz eingenommen von seiner eigenen Schönheit, wirft dem gebückten Alten einen verächtlichen Blick zu und fragt ihn spöttisch, was er denn da auf dem Boden suche. Darauf erwidert dieser: „Meine Jugend.“[60]
Der Garten, in dem sich das Treffen abspielt, ist von kleinen Kanälen durchzogen, die sich zu drei Wasserbecken weiten. Der Jüngling in leuchtend orangem Gewand nimmt den Mittelpunkt der Anlage ein. Seine aufrechte Statur findet ihren Widerklang in den Zypressen im Hintergrund, die in der persischen Dichtung mit der schlanken Figur des Geliebten verglichen werden.[61] Der junge Mann sieht hinab auf den alten Sufi, der sich ihm links im Bild in blassblauer Kleidung nähert. Der Greis steht vor einem Wasserbecken, das seine gebeugte Haltung nachbildet. In seinem Gürtel steckt eine Gebetskette, in der Hand hält er einen Stock. Gesten des Jungen und des Alten deuten an, dass die beiden miteinander sprechen. Der schöne Jüngling hat zwei junge Begleiter, die Zeuge der Szene sind. Ein Gärtner im Hintergrund ist bei der Arbeit, ein weiterer wäscht sich gerade in einem Wasserbecken auf der rechten Seite die Füße.
Der unter dem Bild vermerkte Name ist als Laʿl (pers. „Rubin“) umschrieben. Tatsächlich ist hiermit aber wohl nicht der persische Begriff für „Rubin“ gemeint, sondern wir haben es mit der Transkription des indischen Namens „Lāla“ oder „Lal“ zu tun. Ersteres ist ein indischer Ehrentitel, letzteres ein häufiger Vorname im Hindi. Seyller verwendet den Namen „Lāla“.[59] Lāla – oder Lal – war nach heutigem Wissensstand mit 140 Bildern der produktivste Maler in den kaiserlichen Werkstätten und hat damit die Buchillustration unter den Moguln entscheidend mitgeprägt. Er hat mit vielen Malern im Team gearbeitet, von denen Mukund, Mādhava und Sānvala eigenständige Illustrationen zur Walters-Chamsa beigesteuert haben. Lāla steht ebenfalls auf der Liste der Maler im Āʾīn-i Akbarī.[62] In seinen Werken zeigt er einen einheitlichen Stil, in dem er vor allem safavidische und timuridische Maltraditionen mit Elementen der europäischer Kunst kombiniert.[63] Die Kanäle des Gartens sind aus der Vogelperspektive dargestellt und folgen damit persischen Vorbildern, während das Gesicht und der Schal des alten Mannes eher europäischen Vorbildern entlehnt sind.
Bild 6. Illustration zur zwanzigsten Maqāla

Bei der Illustration handelt es sich um Folio 40 recto der Walters-Chamsa. Sie misst 20,6 × 14,3 cm.
In der zwanzigsten und letzten Maqāla legt der Dichter grundsätzliche Regeln der weiblichen Tugend dar. Er kleidet seine Ausführungen in die Form von Ratschlägen für seine siebenjährige Tochter Mastūra. Allem voran hat die Keuschheit einen hohen Stellenwert in diesem System: Sie solle sich allein für ihren Ehemann schön machen, ihm gehorsam und nicht streitsüchtig sein und grundsätzlich am besten gar nicht das Haus verlassen, sondern sich ihren häuslichen Pflichten widmen, insbesondere auch nähen und sticken. Selbstverständlich ist außerdem die Kenntnis der religiösen Gebote.[64] Welche Gefahren die öffentliche Sichtbarkeit von Frauen hat, soll die abschließende Anekdote verdeutlichen: Ein König erblickt hoch oben von seinem Palast eine schöne Frau und schickt ihr einen Boten, um sie zu holen. Die tugendhafte Frau wehrt sich gegen die lüsternen Avancen des Königs, der jedoch auf seinem Wunsch beharrt und behauptet, ihre schönen Augen raubten ihm den Schlaf. Daraufhin zieht sich die Frau zurück, reißt sich die Augen heraus und gibt sie dem Boten mit, weil sie ihre Tugend für wichtiger hält als ihr Augenlicht. Erschrocken über dieses Zeichen unbedingter Tugend gibt der König seine Nachstellungen auf. Das Bild zeigt den König oben in seinem Palast, während er über die Mauern hinweg zum Haus der Schönen blickt. Er bekommt gerade etwas von einem Diener gereicht – wahrscheinlich die Augen der begehrten Nachbarin. Diese ist offenbar vor Schmerz über ihre schwere Selbstverletzung in Ohnmacht gefallen. Zwei Frauen kümmern sich um sie. In dem ummauerten Palasthof stehen mehrere Diener, die alle den Blick nach oben gewendet haben. Damit betont der Maler die Höhe, von der der Herrscher hinabschaut, denn es heißt im Text, dass der König „von oben von einem hohen Schloss“ (az sar-i qaṣrī-yi buland) hinuntersieht. Die Frau hat sich also nicht etwa leichtfertig fremden Blicken exponiert, sondern der König hat durch seine hohe Position die üblichen (Blick-)Grenzen überschritten. Es gibt hier keinen begleitenden Ateliervermerk, der den Namen des Malers verrät. Durch die Ähnlichkeit zu einer Illustration (Folio 35v) von Mādhava im fast zeitgleichen Bahāristān handelt es sich bei Bild 6 vermutlich um ein Werk desselben Malers. Mādhava bevorzugt relativ kleine Figuren, einen charakteristischen Gesichtstypus mit rundem Kinn und ausladendem Schnurrbart, abgrenzende Ziegelmauern. Dass der Maler räumliche Tiefe durch zunehmend aufgehellte Bäume und Gebäude erzeugt, zeigt, dass er mit europäischen Maltechniken vertraut war.[65]
Chusrau und Schīrīn

Chusrau va Schīrīn ist eine Liebesgeschichte, die von dem persischen König Chusrau und der armenischen Prinzessin Schīrīn handelt. Durch eine Revolte des Generals Bahram Tschobin wird Chusrau vertrieben und flüchtet nach Rūm (Byzanz), um dort Hilfe zu erbitten. Auf dem Weg ins Exil zeigt ihm sein Gefährte Schāpur ein Bild der armenischen Prinzessin Schīrīn. Chosrau verliebt sich sogleich in die Prinzessin und lernt sie wenig später persönlich in Armenien kennen. Aufgrund äußerer Umstände und persönlicher Differenzen müssen die beiden aber noch einen langen Weg zurücklegen, bis die Hochzeit endlich stattfinden kann.
Bild 7. Chusrau und Schīrīn bei einem gemeinsamen Mahl
Das siebente Bild der Chamsa befindet sich in der Handschrift W.624 auf Folio 51 recto. Es hat eine Größe von 22,4 × 13,2 cm. Am unteren Rahmen ist der Vermerk ʿamal-i Manohar zu erkennen.
Chusrau trifft auf Schīrīn, während diese bei der Jagd ist. Sie ist dem Perserkönig sehr zugetan und lädt ihn in ihren Palast ein. Dort wird der Gast von Schīrīns Tante Mahīn Bānū, der Königin von Armenien, mit fürstlichen Ehren empfangen. Am nächsten Morgen nehmen Chusrau und Schīrīn eine gemeinsame Mahlzeit mit Musik und Wein ein. Genau dieses Treffen, dem noch viele folgen sollten, ist hier dargestellt.[66] Der Maler verwendet im vorliegenden Bild eine typischen Darstellung fürstlicher Unterhaltung in einem Gartenpavillon. Die architektonischen Elmente gestaltet er allerdings so, dass sie eine möglichst große RaumiIllusion erzeugen. Das lässt sich vor allem am Pavillon und der perspektivischen Ansicht der Decke erkennen. Durch das Textfeld wird der obere Teil des Daches verdeckt, der Maler hielt es aber offenbar für unverzichtbar, oberhalb des Textblocks eine abschließende Kuppel zu platzieren. Zur Ramwirkung trägt außerdem der Eingang auf der rechten Seite bei; dort ist hinter einem zurückgezogenen roten Vorhang eine Treppe sichtbar.
Manohar ist der Sohn des Malers Basāvana. Sein erstes bekanntes Werk, die Ausgestaltung eines Gulistān mit über 1800 kleinen Vögeln, entstand 1582, sein letztes etwa 1620 für Dschahāngīr.[67] Als Manohar diese Illustration zu Chusrau und Schīrīn anertigte, war er bereits ein arrivierter Künstler im Mogulatelier, der zahlreiche Bilder zu verschiedenen Handschriften angefertigt hatte. Ein Wasserrad, wie hier im Hintergrund zu sehen, gehört zu Manohars bevorzugten Motiven. Es erscheint auch in Bild 27 der vorliegenden Handschrift.[66]
Bild 8. Chusrau und Schīrīn bei einer Hochzeit von zehn Brautpaaren

Folio 58r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum mit den Maßen 23,5 × 15 cm. Unter dem Bild ist der Vermerk ʿamal-i Sānvala angebracht.
Der dargestellten Szene sind einige wichtige Ereignisse vorangegangen: Chusrau hatte in Byzanz tatsächlich Hilfe vom Kaiser erhalten und konnte ihm deshalb nicht den Wunsch abschlagen, seine Tochter Maryam zu heiraten. Nachdem er seinen Thron zurückerobert hat, kommt es zu Spannungen mit seinem Schwiegervater. Diese Situation belastet Maryam schwer und sie stirbt. Das bedeuet für Chusrau, dass er sich nun wieder Schīrīn zuwenden kann. Er eilt deshalb so bald er kann nach Armenien und verlebt dort freudige Tage. Bei einer nächtlichen Feier haben Chusrau und Schīrīn auf einem Thon Platz genommen. Auf der einen Seite des Paares sitzen zehn junge Männer, auf der anderen zehn junge Frauen. Chusrau ruft die jungen Leute auf, einander ihre Liebe zu gestehen; er werde sie dann verheiraten. Alle folgen dem Aufruf, einschließlich Chusrau, der sich zu Schīrīn bekennt – und umgekehrt. Am nächsten Morgen gibt es eine neue Zusammenkunft mit Musik und Wein, bei der ein Priester die Paare verheiratet. Chusrau lädt nun Schīrīn ein, sich dem gemeinschaftlichen Hochzeitsritual anzuschließen, doch diese zögert und erwidert, dass sie zwar nicht an der Leidenschaft der Liebe des Königs zweifle, gleichwohl von der Beständigkeit und Aufrichtigkeit seiner Liebe noch nicht überzeugt ist. Chusrau empfindet ihre Worte als Vorwurf und Zurückweisung. Enttäuscht verlässt er die Feier und kehrt an seinen Hof zurück.[68]
Die Illustration auf Folio 58 recto zeigt die morgendliche Hochzeitsfeier in Schīrīns Palast. Die Zuschreibung an Sānvala unter dem Bild wurde wahrscheinlich, wie auch auf dem folgenden Folio 59 recto, nach der Neueinbindung des Manuskripts als Ersatz für den ursprünglichen Ateliervermerk nachgetragen. Es besteht kein Zweifel an der Autorschaft dieses Malers, wie der Vergleich mit seinen anderen Werken bestätigt. Sanvāla war ein bedeutender Meister, der seit den frühen 1580er Jahren an fast allen Handschriften beteiligt war, die in den höfischen Werkstätten illustriert wurden.[69] Folio 58 recto illustriert eigentlich eine Textpassage, in der zehn Hochzeitspaare zugegen sind. Davon hat Sānvala aber nur eins dargestellt, das mittig links neben dem Pavillon kniet, in dem sich Chusrau und Schīrīn niedergelassen haben. Sie widmen den Brautleuten keinerlei Aufmerksamkeit. Musiker und Tänzerinnen stehen im Vordergrund des Bildes, während Diener mit Tüchern abgedeckte Tabletts heranbringen. Trotz des freudigen Anlasses zeigen einige Figuren eine eher besorgte Miene – eine Folge von Sānvalas Vorliebe für zur Naselwurzel hin zusammengezogene Augenbrauen und leicht gespitzte Münder. Aus der speziellen Hochzeitsszene mit zehn Brautpaaren hat der Maler eine typische Thronszene gemacht, wie er sie beispielsweise auch für das Chester-Beatty Akbar-nāma, Bild 1 (Fol. 20v), entworfen hat. Diese Reduzierung eines im Text genau beschriebenen Ereignisses auf eine standardisierte Szene ist nicht allein typisch für Sānvala, sondern für das Mogul-Atelier insgesamt. Dort griff man zuweilen, wahrscheinlich aus terminlichen Gründen, auf eingeübte Kompositionstypen zurück, die eine effiziente Bearbeitung ermöglichten.[70]
Bild 9. Schīrīn trifft den Baumeister Farhād

Folio 59r der Handschrift W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 22,6 × 14,7 cm. Auch diese Illustration stammt von Sānvala und ist mit einem entsprechenden Ateliervermerk versehen. Nachdem sich Chusrau enttäuscht von Schīrīn abgewendet hat, erfährt er durch Schāpūr von der schönen Schakar (pers. Zucker), die in Isfahan lebt. Er eilt dorthin, die beiden halten Hochzeit und leben danach glücklich zusammen. Bestürzt über die Nachricht von Chusraws Heirat versucht Schīrīn, sich mit der Jagd abzulenken. Bei einem ihrer Ausritte begegnet sie dem Steinmetz und Baumeister Farhād, der sogleich dem Liebreiz ihrer Stimme verfällt. Schīrīn hat einen Auftrag für ihn: Ihre Schafe und Ziegen weiden in den Bergen von Armenien. Um ihre Milch zu ihrem Palast zu bringen, wäre ein Kanal notwendig. Niemand außer Farhād könne eine solche Aufgabe meistern. Farhād willigt ein, fordert aber als Bezahlung, dass Schīrīn ihm ihr verschleiertes Gesicht zeigt. Als sie ihren Schleier hebt, ist Farhad von ihrem Anblick sprachlos vor Entzücken.
Mit der Art, wie er Schīrīn und Farhād präsentiert, betont Sānvala den Standesunterschied zwischen den beiden: Die armenische Prinzessin erscheint als gekrönte Gestalt in einem goldglänzenden Umhang, während der Baumeister, auch wenn er, wie die Geschichte später verrät, eigentlich der chinesischen Kaiserfamilie entstammt, in ein einfaches, braunes Gewand gekleidet ist, dessen hochgebundener Saum auf seinen niedrigen gesellschaftlichen Rang als Handwerker verweist.[70] Sein Werkzeug liegt gleich neben ihm. Im Mittelgrund des Bildes erheben sich vier Gruppen pastellfarbener Gesteinsformationen, in denen sich anthropo-zoomorphe Gestalten verbergen. Aus dieser Felslandschaft führt ein Kanal mit einer weißen Flüssigkeit heraus, der zunächst in ein Becken zwischen Schīrīn und Farhād mündet und von da aus nach links aus dem Bild weitergeleitet wird – in die Richtung, aus der die Prinzessin kommt. Dass außerdem Schaf und Ziege zwischen den Felsen dargestellt sind, deutet darauf hin, dass der Maler hier bereits den Milchkanal dargestellt hat, der eigentlich erst gebaut werden soll. Im Hintergrund links schlängelt sich ein Fluss, auf dem europäische Figuren in einem Boot fahren. Das Verblauen der Ferne hinter der Stadt lässt erkennen, dass auch Sānvala mit europäischen Maltechniken vertraut war.
Bild 10. Chusrau täuscht Farhad

Folio 66v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum. Größe: 24,1 × 15,5 cm.
Als Chusrau das Gerücht zu Ohren kommt, Schīrīn sei nun in Farhād verliebt, überkommt ihn die Eifersucht. Er schreibt ihr einen Brief, in dem er ihr Vorwürfe macht und sie zugleich seiner Liebe versichert. Schīrīns Antwortbrief gibt ihm Hoffnung auf eine Versöhnung. Er reitet sogleich nach Armenien und sucht dort in der Kleidung eines Hirten den Milchkanal und Farhād auf. Nach einem Gespräch mit dem erschöpften Baumeister, den nur die Liebe zu Schīrīn zu seiner übermenschlichen Leistung befähigt, sinnt Chusrau auf die Ermordung seines vermeintlichen Rivalen. Um sich nicht der Tötung eines Unschuldigen schuldig zu machen, setzt er einen perfiden Plan um: Er schickt seinen schwarzen Wächter, der den Baumeister zusammen mit einem Hirten antrifft. Den beiden berichtet er, der Milchkanal sei nun sinnlos, weil Schīrīn bereits vor einer Woche gestorben sei. Die falsche Todesnachricht bestürzt Farhād zutiefst und raubt ihm jeden Lebenswillen; er schlägt seinen Kopf so heftig auf den Felsen, dass sein Blut in den Milchkanal fließt und er stirbt mit ihrem Namen auf den Lippen.[71]
Die Illustration folgt auf den erzählerischen Moment von Farhāds Tod. Dennoch hat der Maler, laut Seyller vermutlich Dharmdās,[72] die Szene nicht so, wie hier beschrieben dargestellt. Stattdessen scheint er stark beeinflusst von der Darstellungsweise einer etwas früheren Passage, in der Chusrau selbst – in Verkleidung – mit dem Steinmetz spricht. In dem Gewand und Turban eines Mullah redet er auf den unglücklichen Farhād ein. Währenddessen scheint die Spitzhacke, die er nach seiner Arbeit im Fels hat liegen lassen, unheilvoll über dem Baumeister zu schweben. Der Hirte vorn rechts wird in diesem Textabschnitt noch nicht erwähnt. Statt eines Milchkanals ist hier ein Bach dargestellt, in dem eine der Ziegen trinkt.
Dharmdās war seit den 1580er Jahren an zahlreichen Handschriften beteiligt und gehörte zur Zeit der Anfertigung der Walters-Chamsa zu den erfahrenen Malern. Über fünfzig Werke von ihm sind bekannt.[73] Mindestens zwölf Illustrationen im Chester-Beatty Akbar-nāma stammen von ihm (Bilder 13, 16, 23–25, 37 u. a.). Dass er das für diese Illustration vorgesehene Thema nicht getroffen hat, könnte daran gelegen haben, dass er den persischen Text nicht lesen konnte und stattdessen nach Bildvorlagen oder mündlicher Anweisung gearbeitet hat. Wie viele der Maler im Mogulatelier stammte er wahrscheinlich aus einem indischen Umfeld, in dem nicht die persische, sondern die Devanagari-Schrift gebräuchlich war. Bild 15 dieser Chamsa, das ebenfalls von Dharmdās stammt, geht vermutlich aus einem ähnlichen Grund am Thema vorbei.
Zu den Merkmalen von Dharmdāsʾ Stil gehört es, die Figuren mit deutlich erkennbaren und der Situation angemessenen Gesichtsausdrücken zu versehen. Das wird insbesondere durch den Vergleich mit den Gesichtern von Sānvala in Bild 8, Manohar in Bild 7 oder Farruch Tschela in Bild 11 sichtbar. Der Maler neigte außerdem dazu, fast jeder Szene ein genrehaftes Detail hinzuzufügen, so wie hier bei den lebhaften Ziegen im Vordergrund.[74]
Bild 11. Chusrau schickt Schīrīn einen Ring als Eheversprechen

Folio 80r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 21,8 × 13,1 cm. Unter der Illustration findet sich die Aufschrift: ʿamal-i Farruḫ Čela
Auch wenn Farhād nicht durch die Hand Chusraus gestorben ist, erkennt Schīrīn doch dessen Schuld am Tod des Baumeisters und sinnt auf Rache. Sie schickt eine alte Dienerin namens Māh Sāmān, die sich das Vertrauen Schakars erschleicht. Nach etwa einem Jahr ergreift Māh Sāmān die Gelegenheit, Chusraus Gemahlin durch einen selbstgebrauten Trank zu vergiften. Der Perserkönig versteht, dass es sich um einen Vergeltungsakt für den Tod Farhāds handelt. Er trauert um Schakar und sehnt sich nach seiner großen Liebe Schīrīn. Er sucht sie in Armenien auf, doch die Prinzessin gewährt ihm zunächst keinen Einlass. Stattdessen spricht sie mit ihm vom Dach ihres Palastes herab, während er vor dem Tor steht. In dieser öffentlichen Aussprache beteuern beide ihre Liebe zueinander, bis Chusrau schließlich eintreten darf. Am Abend gibt es eine Feier, bei der Schīrīn verspricht, ihm am nächsten Tag ihr Jawort zu geben.[75]
Für die Hochzeitsfestlichkeiten am folgenden Tag werden zwei voneinander getrennte Pavillons errichtet, die man mit weißer Seide bespannt und durch einen überdeckten Weg miteinander verbindet. Die Brautleute feiern dem Brauch gemäß in ihrem je eigenen Bereich. Als Hochzeitsgeschenk schickt Chusrau der Geliebten seinen unermesslich wertvollen Siegelring. Es gibt Musik und Tanz und viele Geschenke.[76]

Die Illustration zeigt eben dieses Hochzeitsfest. Der Maler Farruch Tschela hat die Anweisungen des Textes recht genau umgesetzt: Die Pavillons sind, wenn auch offenbar nicht mit Seide bespannt, so doch weiß. Der überdeckte Gang, der beide Höfe verbindet, ist links im Hintergrund gut zu erkennen. Auf beiden Höfen laufen Bedienstete geschäftig hin und her und bringen Geschenke, die auf abgedeckten Tabletts liegen. Dabei übergeben die Dienerinnen aus dem Zenana die Gaben Schīrīns an die Diener Chusraus und umgekehrt. Schīrīn, die im hinteren Teil der Anlage in ihrem Pavillon thront, erhält soeben den Siegelring von Chusrau. Alle Damen in der rein weiblichen Runde hat der Maler mit Tschaghtai-Hüten ausgestattet – einer hohen Kopfbedeckung, die von den zentralasiatischen weiblichen Vorfahren der Moguln getragen wurde.[77]
Mit diesem komplexen architektonischen Ensemble, das für die Mogulmalerei ungewöhnlich ist, hat Farruch Tschela eine frühere Komposition weiterentwickelt, die er 1595 zur Chamsa von Nizāmī (British Library Or. 12208, Fol. 65r)[78] beigetragen hat. Beiden Bildern gemeinsam ist eine unübersichtliche Gesamtanlage mit einer Fülle von gestalterischen Details. Farrukh Tschela, nicht zu verwechseln mit Farrukh Beg, war in der Akbar-Zeit ein beliebter Maler, der an zahlreichen illustrierten Handschriften mitgewirkt hat. Dabei fällt allerdings auf, dass nicht selten ein zweiter Maler für die Gesichter eingesetzt wurde, z. B. im Chester-Beatty Akbar-nāma für die Bilder 26, 69 und 70. Vermutlich traf seine Malweise in diesem Punkt nicht den Geschmack des Herrschers.[79]
Madschnūn va Laylī
Dieses Masnawī erzählt die unglückliche Liebesgeschichte der beiden Beduinenkinder Qais und Laylī. Weil er seine geliebte Laylī nicht heiraten darf, verfällt Qais dem Wahnsinn und wird zu Madschnūn (arab. maǧnūn, besessen, verrückt).
Bild 12. Zwei Dämonen füllen im Auftrag Salomos Sand ins Meer und Wasser in die Wüste

Folio 94v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 22,4 × 14,6 cm. Unter der Illustration ist der Vermerk ʿamal-i ʿAlī Qulī angebracht.
Das Masnavī beginnt wie gewöhnlich mit einer Anrufung Gottes, einer Lobpreisung des Propheten, Nizām ad-Dīn Auliyāʾs sowie Sultan ʿAlā ad-dīn Chaldschīs. Danach erklärt der Dichter, dass er nach einer Schreibpause eine Stimme aus der Höhe vernommen hat, die ihn zur Wiederaufnahme seiner Arbeit aufgerufen habe. Er solle etwas Kurzes und Gehaltvolles schreiben, denn das sei besser als ein langes Werk, das viel Arbeit macht und doch nicht das Wesentliche vermittelt.[80] Zur Veranschaulichung des Konzepts fügt der Dichter eine kurze Anekdote ein: Salomo, der ideale Herrscher, gebietet über alle Lebewesen, einschließlich der Dämonen (pers. dev), denen er befiehlt, ihm einen Palast zu bauen. Sie leisten die Arbeit eines Monats in einem Tag, aber weil sie danach nichts mehr zu tun haben und sich langweilen, reißen sie das, was sie aufgebaut haben, wieder ein. Der König erkennt, dass sie dauerhaft beschäftigt werden müssen, um keinen Schaden anzurichten. Er weist sie deshalb an, die Steine der Wüste und des Meeres zu zertreten. Den daraus entstandenen Sand sollen sie ins Wasser schütten, während sie das Wasser zur Bewässerung auf das Land gießen sollen. Bei dieser mühseligen Arbeit sterben die Dämonen schließlich.[81]
ʿAlī Qulī stellt die Deven, um die es in dieser selten illustrierten Geschichte[82] geht, in den Vordergrund des Bildes. Die beiden sind mit Schütten und Schöpfen beschäftigt. Ihre besondere Größe und ihr Aussehen – Flecken auf der Haut, Hörner, Reißzähne, kurze Röcke, Kniebänder und Gürtel mit Schellen – entstammt der persischen Maltradition. Ihre naturalistischen Gesichtszüge und die plastische Körperdarstellung zeigen jedoch, dass der Maler auch mit europäischen Techniken vertraut war. Hinter den Dämonen wird die Landschaft zu beiden Seiten von sich organisch aufwölbenden Felsformationen eingegrenzt, die in der Mitte den Blick auf einen entfernten See freigeben. Sowohl in den Felsen als auch am See bewegen sich zahlreiche Gazellen, Gemsen und ähnliche Huftiere, die auffällig klein dargestellt sind. Eine Löwin, von der nur der Kopf zu sehen ist, trinkt an einem Gebirgsbach, der auf der linken Seite herabfließt. Anders als bei den Landschaftsdarstellungen, die wir bisher im Hintergrund gesehen haben, setzt der Maler hier keine Luftperspektive ein.

ʿAlī Qulī gehörte nicht zu den berühmten Persönlichkeiten des Mogulateliers; von ihm sind nur drei Illustrationen in Handschriften ab 1596 sowie einige Einzelblätter vor allem aus dem Gulschan-Album (ca. 1599–1609) bekannt.[83] Da ihm nur wenige Werke zugeschrieben werden, ist es kaum möglich, gültige Aussagen über seinen Stil zu machen.
Bild 13. Laylī und Madschnūn verlieben sich in der Schule
Folio 98r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 24,2 × 15,4 cm. Unter der Illustration ist der Vermerk ʿamal-i Dharmdās aufgeklebt.
Laylī und Qays, Kinder zweier rivalisierender arabischer Stämme, lernen sich in der Schule kennen und verlieben sich ineinander. Ihren Schulbesuch hat der Maler in dieser Szene dargestellt, die, auch in der Chamsa von Nizāmī, zu den am häufigsten illustrierten gehört. Dharmdās lässt den Betrachter über die Umfassungsmauer in den Hof einer Moschee blicken, deren drei Kuppeln über dem Textfeld zu sehen sind. Den größten Teil des Moscheehofes nimmt eine niedrige Estrade ein, die mit einem Teppich bedeckt ist. Zur Rechten des Lehrers sitzt Laylī, zu seiner Linken Madschnūn, der seinen Blick fest auf seine Mitschülerin geheftet hat. Weitere Schüler sitzen auf und um die Estrade herum, während einer von ihnen gerade mit einer Bastonade bestraft wird.
Der Ateliervermerk unter dem Bild ist offenbar vor der Neurahmung der Seiten ausgeschnitten und später wieder unter der Illustration aufgeklebt worden. Auf den Bildern 17 und 20 ist man ebenso vorgegangen.
Bild 14. Madschnūns Vater sucht seinen Sohn in der Wildnis auf

Folio 100v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 23,5 × 15,2 cm. Unter der Illustration steht der Vermerk ʿamal-i Laʿl.
Seine unerfüllte Liebe zu Laylī stürzt Qays in tiefsten Schmerz, der ihn aus dem Haus der Eltern in die Wildnis treibt. Er isst nur noch sehr wenig und magert bis auf die Knochen ab. Von seiner Kleidung sind nur noch wenige Fetzen übriggeblieben. Sein Verhalten ist das eines Verrückten, so dass er nur noch „Madschnūn“ (arab. „verrückt“, „von Dschinnen besessen“) genannt wird. Sein Vater macht sich schließlich auf den Weg zu Madschnūn, um ihn zu einer Rückkehr zu bewegen. Als er ihn findet, ist er erschüttert von dem entbehrungsreichen Dasein, das sein Sohn fristet. Qays dagegen ist erfreut, den Vater zu sehen, und wirft sich ihm zu Füßen.[84] Genau diese Szene hat der Maler festgehalten. Madschnūns sorgsam modelliertes hageres Gesicht und die einzeln sichtbaren Rippen bezeugen seine strenge Askese. Der Darstellung des Vaters hat Lāla weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Ihn hat er eher mit einem Standardgesicht versehen: ein großes, bärtiges Antlitz in Dreiviertelansicht.[85] Andere Einzelheiten des Textes, etwa diejenigen, mit denen der Dichter den Ort näher beschreibt, berücksichtigt der Maler nicht: weder befindet sich Madschnūns Lager am Fuß eines Berges noch vor einer Höhle. Qays sitzt auf einer natürlichen Empore neben einer Quelle, die sich in ein Wasserbecken ergießt. Hinter ihm steht ein kleiner Baum mit zwei ineinander verschlungenen Stämmen. Sie sind untrennbar verbunden und wahrscheinlich ein Hinweis des Malers auf die von Madschnūn gewünschte Beziehung zu Laylī. Eine Anzahl von Tieren – Rehe, Antilopen und andere Huftiere, Leoparden, Luchse, Tiger, Löwe und andere – hat sich paarweise um ihn herumgeschart. Sie alle haben, anders als Madschnūn, ihre Gefährten gefunden.
Bild 15. Madschnūn und der streunende Hund

Folio 113r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 24,5 × 15,2 cm. Von Seyller Dharmdās zugeschrieben.
Madschnūns Vater gelingt es, seinen Sohn aus der Wildnis zurückzuholen. Sein Wunsch, ihn durch eine Heirat mit Laylī wieder in die Gemeinschaft zu integrieren, scheitert jedoch: Laylīs Vater ist strikt dagegen, seine Tochter mit einem Verrückten zu verheiraten. Alle Versuche, auch gewaltsame, Laylīs Vater umzustimmen, sind vergebens. Als der Stammesführer aus Mitleid eine Hochzeit mit seiner eigenen Tochter anbietet, stimmt Madschnūn seinem Vater zuliebe zu, obwohl seine Gedanken allein bei Laylī sind. Es gelingt ihm nicht lange, sich selbst zu verleugnen. Nach den Hochzeitsfeierlichkeiten weist er seine schöne Braut zurück und flieht erneut in die Wüste. Ziellos wandert er umher, zerreißt seine Kleidung und beißt sich selbst Wunden in die Haut. Als er eines Tages am Wohnort des Stammes vorbeikommt, sieht er dort einen räudigen und schmutzigen Hund an der Straßenecke liegen. Er legt ihm seinen Arm um den Hals, hält seine Vorderpfoten in seinem Schoß, weint aus Mitleid und wäscht ihm mit seinen Tränen den Staub ab. Nach einer langen Lobrede an den Hund vertraut Madschnūn ihm eine Grußbotschaft an Laylī an, sollte er zufällig der Geliebten begegnen.[86]
Der Maler hat die Szene völlig anders gestaltet als vom Text und der gängigen Bildtradition vorgegeben. Zwar erscheint die Illustration einige Seiten später im Erzählverlauf als gewöhnlich,[87] aber es gibt keine unmittelbar vor dem Bild stehende Textpassage, die diese ikonographische Abweichung rechtfertigen würde.
Dharmdās, den Seyller als Maler dieses Folio identifiziert, zeigt offenbar eine Verurteilung Madschnūns durch die Ältesten der Gemeinschaft.[88] Diese sind in dem Pavillon hinten rechts versammelt, diskutieren den Fall und konsultieren ein Buch, das vor ihnen liegt. Der Beschuldigte sitzt währenddessen auf dem Hof. Seinen Lendenschurz, in dem er gewöhnlich dargetellt wird, hat der Maler durch prachtvolle Gewänder ersetzt. Ganz ähnliche hatte Dharmdās für den persischen König Chusrau in der Chamsa von Nizāmī entworfen.[89] Madschnūn hält einen schwarzen Hund umschlungen, der keine Anzeichen von Räude oder Schmutz zeigt, von dem im Text die Rede ist. Der Ort des Geschehens, ein Pavillon in einem Hof mit Umfassungsmauern und einem Türwächter, erinnert eher an ein Palastareal als an einen dörflichen Moscheehof.
Bild 16. Laylī besucht Madschnūn in der Wildnis

Folio 115r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 21,8 × 13,5 cm. Unter der Illustration steht der Vermerk ʿamal-i Narsing.
Laylī leidet ebenso wie Madschnūn unter der Trennung. Eines Morgens fasst sie sich ein Herz und reitet auf einem schnellen Kamel zu ihrem Geliebten in die Wildnis. Sie findet ihn schlafend, bewacht von wilden Tieren, die jedoch Laylīs aufrichtige Liebe erkennen und sie passieren lassen. Als Madschnūn erwacht und die Freundin erkennt, fallen beide, von Emotionen überwältigt, in Ohnmacht. Sie erwachen erst am Abend wieder und verbringen eine glückliche gemeinsame Zeit.
Dieses Thema ist, neben Laylī und Madschnūn in der Schule, das am häufigsten verwendete Sujet von Amīr Chusrau.[90] In Nizāmīs Werk kommt es nicht vor, insofern stammen die vielen Albumseiten mit diesem Motiv aus Amīr Chusraus Chamsa. Die Komposition wurde schon um 1480 in den höfischen Ateliers von Herat entwickelt.[91]
Typisch für diese Szene ist eine Schar von Tieren, die meist paarweise den nun nicht mehr einsamen, sondern ebenfalls zweisamen Madschnūn umgeben. In den beiden Textzeilen im oberen Teil der Illustration wird die Freude der Tiere über das glückliche Paar beschrieben.[92] Der Maler betont die Einsamkeit des Schauplatzes, indem er das Paar in den Mittelpunkt einer weiträumigen Komposition platziert. Diesen Effekt verstärkt er mit einer Fernsicht hinab ins Tal, in dem er die Bäume hinter einem Fluss blassblau eingefärbt hat – entsprechend der aus der europäischen Malerei bekannten Luftperspektive. Der schon in Bild 2 sichtbare dunkle Glorienschein, der für Narsinghs Stil kennzeichnend ist, umgibt auch hier sowohl Menschen als auch Tiere. Zwei Zypressen, Symbole für die Gestalt der Liebenden,[93] wachsen gleich neben dem Paar hervor und werden von blühenden Rosen umrankt.
Āʾīna-yi Sikandarī
Bei dieser Lebensbeschreibung Alexanders hat sich Amīr Chusrau, wie er selbst erklärt, vor allem auf solche Episoden konzentriert, die frühere Autoren wenig oder gar nicht in ihren Werken verwendet haben. Überdies dient das Leben des Eroberers als Leitfaden, mit dem 35 Lehrreden verknüpft sind. Das Āʾīna-yi Sikandarī ist also nicht nur die Vita Sikandars, sondern zugleich ein Fürstenspiegel.[94]
Bild 17. Sikandar fängt einen Gegner mit dem Seil

Folio 128r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 23,7 × 14,8 cm. Unten rechts auf dem Bild ist ein Stückchen Papier mit dem Namen „Dschagannāth“ aufgeklebt.
Amīr Chusrau leitet sein Āʾīna-yi Sikandarī mit einer knappen Zusammenfassung von Nizāmīs Bericht über Alexander ein. Er erwähnt dabei alle diejenigen Episoden, über die er selbst nicht schreiben will: Geburt, Thronbesteigung, die Begegnung mit Königin Nuschaba, sein Besuch in Mekka und sein Feldzug in Indien. An dieser Textstelle befindet sich eine Illustration. Sie zeigt Alexander im Kampf, wahrscheinlich mit dem König der gegnerischen Seite, dem er ein Lasso überwirft. Die Waffenträger beider Herrscher befinden sich in unmittelbarer Nähe: Ein Schwertträger im grünen Gewand reitet nur einen Schritt hinter Sikandar, etwas höher am linken Rand sieht man den Träger einer langen Feuerwaffe; diese ist, wie auch das Schwert, in rotes Tuch geschlagen. Die Waffenträger des feindlichen Königs, ebenfalls mit Schwert und Feuerwaffe, flüchten und lassen ihren mit dem Lasso gefangenen König zurück.
Das Bild ist aus mehreren Gründen außergewöhnlich. Zum einen, weil es keine andere bekannte Handschrift gibt, in der diese Passage illustriert wird. Das ist nicht erstaunlich, denn an dieser Stelle hat die eigentliche Geschichte noch gar nicht begonnen. Das Bild kann also kein Geschehen in Amīr Chusraus Werk darstellen, sondern schmückt offenbar die Verse zu Nizāmīs Iskandarnāma aus, das der Dichter hier zusammenfasst.[95] Dabei passt die Illustration allerdings nicht zu der soeben im Text erwähnten Übergabe der indischen Krone, und sie steht auch in keinem Zusammenhang zu dem nachfolgend erwähnten Feldzug nach China, bei dem es gemäß der Fassung Nizāmīs gar nicht zur Schlacht kommt. Tatsächlich gibt es keine Szene wie hier dargestellt – weder bei Nizāmī, noch bei Amīr Chusrau. Zwar fängt Sikandar im Āʾīna-yi Sikandarī die chinesische Heldin Kanīfū mit einem Seil ein, aber im vorliegenden Bild hat er es eindeutig mit einem männlichen Gegner zu tun. Zwei Passagen in Nizāmīs Alexanderbuch, in denen der Eroberer seinen Gegner mit einem Lasso bezwingt, passen ebenfalls nicht: einmal fängt er einen in Ketten kämpfenden Dämon, ein anderes Mal holt er einen Krieger von einem Kampfelefanten herab. Seyller nimmt deshalb an, dass die Szene möglicherweise allgemein für die vielen Gefechte steht, die Sikandar auf seinen Feldzügen ausgefochten hat.[96]
Der Maler Dschagannāth hat die beiden Kämpfer im Mittelpunkt seiner Darstellung positioniert. Alexander hat seinem Gegner die Schlinge um den Hals geworfen und zieht ihn zu sich heran. Währenddessen verfolgen im Vordergrund die Truppen Sikandars die Feinde, die nach rechts aus dem Bild flüchten. Gekämpft wird vorwiegend mit Pfeil und Bogen und mit Schwertern, aber ein Musketenschütze aus den Reihen Iskandars ist ebenfalls auszumachen. Im Hintergrund rechts flüchten offenbar die Standartenträger des gefangenen Heerführers, während die Feldmusiker der überlegenen Partei, die am linken Bildrand stehen, ihren Platz behaupten.
Dschagannāth ist seit 1585 im Mogulatelier nachweisbar. Er hat vor allem an verschiedenen Bābur-nāma Handschriften und an der Chamsa von Nizāmī (Or. 12208) von 1595 mitgewirkt.[97]
Bild 18. Der chinesische Kriegsheld entpuppt sich als Frau

Folio 135r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 24,8 × 15,2 cm. Von Seyller Sānvala zugeschrieben.
Amīr Chusrau beginnt sein Alexanderbuch mit einer Darstellung des Krieges gegen den Kaiser (Chāqān) von China. Dabei kommt es zu zahlreichen Schlachten und Einzelduellen. Einen besonders starken chinesischen Helden namens Kanīfū, der viele Männer getötet hat, nimmt Iskandar persönlich mit einem Lasso gefangen. Als man die Rüstung entfernt, stellt sich heraus, dass Kanīfū ein schönes Mädchen ist. Sie offenbart dem Eroberer, es sei ihr Schicksal, den Mann zu heiraten, der sie in der Schlacht überwunden hat.
Diese Szene hat der Maler, wahrscheinlich Sānvala, festgehalten. Dabei sieht der Betrachter über eine Mauer hinweg in einen Garten, der zum größten Teil von einem Pavillon auf der rechten Seite ausgefüllt wird. Dort sitzt Iskandar auf einem sechseckigen Thron und deutet mit seiner rechten Hand auf die schöne Kriegerin Kanīfū, deren Identität gerade entdeckt wurde. Auf der linken Seite des Bildes erstreckt sich eine typisch mogulzeitliche Gartenanlage mit Kanälen und Wasserbecken, in der hier und da kleine Palmen und Zypressen wachsen. Im Hintergrund der Anlage bildet eine Gruppe von höheren Bäumen eine natürliche Begrenzung. Dahinter erstreckt sich eine hügelige Landschaft bis zu einer Stadt, hinter der sich in blauer Ferne ein Gebirge auftürmt.
Bild 19. Der Chāqān von China huldigt Alexander
Folio 139r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 24,5 × 15 cm.

Der Krieg gegen China wird schließlich durch einen Zweikampf zwischen den beiden Herrschern entschieden: Nachdem sie mit Schwertern gegeneinander gekämpft haben, hebt Iskandar den Chāqān aus dem Sattel und hält ihn mit ausgestreckten Armen in die Höhe. Daraufhin bleibt dem chinesischen Kaiser nichts anderes übrig, als seine Niederlage einzugestehen. Iskandar behandelt ihn großmütig. Er überlässt ihm sein Königreich als Vasallenstaat und gibt ihm seinen Schatz zurück, den die Sieger erbeutet hatten.[98]
Auf einer Estrade in einem Garten steht ein sechseckiger Thron, auf dem Alexander gerade Audienz hält. Zu seiner Rechten steht ein Wesir, der dem chinesischen Kaiser und seinen Begleitern mit einer beidhändigen Geste zu verstehen gibt, dass sie dem Herrscher nun ihre Reverenz erweisen dürfen. Die Chinesen sind an ihren weiten Ärmeln und ihren Federhüten erkennbar, mit der in der Mogulmalerei die Mongolen dargestellt werden.[99] Die Form der schwarzen Hüte ist allerdings ungewöhnlich. So werden in der Regel europäische Kopfbedeckungen dargestellt.[100] Die mongolische Yuan-Dynastie herrschte im 13. und 14. Jahrhundert über China; daher wahrscheinlich die Gleichsetzung von Mongolen und Chinesen. Während sich der Chāqān bereits zur Proskynese (pers. siǧda) hinabneigt, hält sich einer seiner Begleiter seine rechte Hand über den Kopf. Das soll wahrscheinlich den taslīm andeuten, eine Art, wie der Mogulherrscher begrüßt wurde. Dabei legte der Grüßende seine Rechte mit dem Handrücken auf den Boden, hob sie langsam in die Höhe, während er sich gleichzeitig aufrichtete, und legte sie schließlich mit der Handfläche auf den Scheitel, sobald er aufrecht stand. Das bedeutete, dass er bereit war, sich selbst als eine Opfergabe für den Herrscher darzubringen.[101] Im Vordergrund tragen Diener einige der wertvolle Dinge herbei, die die Truppen Iskandars von den Chinesen erbeutet hatten. Dazu gehören eine Krone und ein goldener Thron, mit denen der Chāqān China künftig als Vasall Iskandars regieren darf.
Seyller sieht in der Art der streng regelmäßigen Faltendarstellung einen Hinweis auf den Malern Sānvala, während Brend aufgrund der Ähnlichkeit zu Folio 52r in Nizāmīs Chamsa (Or. 12208) eher Dharmdās als Maler vermutet.[102]
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DT4796.jpg)
Bild 20. Der Kampf gegen die Piraten von Zypern
Die Illustration befand sich ursprünglich zwischen den Folios 149 und 150, wurde aber entfernt und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art[103] Größe: 24,4 × 15,7 cm. Am unteren Rand der Illustration ist ein kleiner Papierstreifen mit angeklebt, auf dem ʿamal-i Dharmdās steht. Auf diesem Papierstückchen ist die alte Randmalerei aus der Zeit vor der Neurahmung noch sichtbar.
Syrische Händler hatten sich über europäische Piraten beschwert, die von ihrer Basis auf Zypern die Schifffahrt unsicher machen. Um dieses Problem zu lösen, ersinnen Alexander und seine Weisen einen Turm, auf dessen Spitze ein Spiegel und ein Astrolabium angebracht sind. Mithilfe dieser Konstruktion sind sie in der Lage, einen großen Teil des Meeres zu beobachten. Einhundert Schiffe mit Soldaten stehen bereit, um die Piraten, sobald sie gesichtet wurden, zu verfolgen und zu bekämpfen.[104]
Der Maler Dharmdās hat, wie im Text beschrieben, den Turm mit Spiegel dargestellt, in dem nun tatsächlich das Spiegelbild eines Piratenschiffes – nämlich das mit dem roten Segel – zu sehen ist. Der Ernstfall ist also eingetreten: Die Truppen Alexanders versuchen mit vier kleinen Booten, die schwer bewaffneten Piratenschiffe zu vertreiben, die sich mit Musketen und Pfeil und Bogen zur Wehr setzen. Den Vorstoß der kleinen Boote verstärkt der Maler durch die zickzackförmige Küstenlinie und bringt damit Dynamik in das Kampfgeschehen. Der pflügende Bauer rechts neben dem Turm ist ein für den Stil von Dharmdās typisches genrehaftes Element, wie es auch auf Bild 10 zu beobachten ist.[105]

Bild 21. Die Yūnānī ertrinken in der Flut
Folio 153v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 24,6 × 15,2 cm.
Amīr Chusraus Alexander ist zwar kein Prophet, trägt aber Sorge dafür, dass alle Menschen die „wahre“ Religion annehmen oder die Dschizya bezahlen. Auch die Menschen des alten Griechenland (Yūnān) sollen die Religion annehmen. Ihr Anführer erklärt jedoch, dass sein Volk keinen Propheten und keine Religion braucht. Vor dem zu erwartenden Zorn Iskandars wähnen sie sich durch die von Bergen geschützte Lage ihres Landes sicher. Als der Eroberer seine Armee zur Bestrafung der Griechen entsendet, ist es tatsächlich so, dass die Männer im Gebirge nicht weiterkommen. Auf Anraten von Chidr lässt Sikandar einen Kanal bauen, mit dem er das Wasser des Mittelmeers in ihr Land leiten und auf diese Weise überschwemmen kann. Nach drei Monaten ist das Werk vollbracht. Einen letzten großen Felsen zerstören die Arbeiter durch Feuer. In dem Augenblick, in dem der Stein zerbirst, wird das Land von einer gewaltigen Flutwelle überschwemmt und reißt nahezu alle Griechen – vor allem die Philosophen – in den Tod.[106] Eine Gruppe von Männern rechts neben dem Textfeld ist durch ihre Keulen (pers. gurz) als Teil von Iskandars Armee erkennbar. Die Spitzhacke, die einer von ihnen trägt, verweist auf ihre Arbeit an dem Kanal, der die Flut ermöglicht hat. Im Vordergrund ist das überschwemmte Land zu sehen und wie alle – Männer, Frauen und Kinder – von der Flut ergriffen werden. Drei Männer rechts im Mittelgrund versuchen, einige der Ertrinkenden zu retten.
Seyller schreibt das Bild dem Maler Sūrdās Gudscharātī zu. Er war unter anderem am Chester-Beatty Akbar-nāma und an der Chamsa von Nizāmī (Or. 12208) beteiligt. Folio 262v dieser Chamsa zeigt im Hintergrund eine auffallend ähnliche Darstellungsweise einer Stadt wie das vorliegende Bild.[107]
Bild 22. Iskandar besucht den weisen Falātūn (Plato)
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DT4795.jpg)
Dieses Bild befand sich ursprünglich zwischen den Folios 156 und 157. Es wurde dem Manuskript entnommen und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art.[108] Die Illustration hat eine Größe von 24,7 × 15,2 cm.[109]
Einer der wenigen, die die große Überschwemmung Yūnāns überlebt haben, ist Falātūn (= Platon). Er zieht sich als Einsiedler auf einen Berggipfel zurück, gibt seinen alten Glauben auf und widmet sich nur noch der Anbetung Gottes.[110] Iskandar, der auf der Suche nach Wissen ist, begibt sich zu ihm.[111] Falātūn erteilt ihm Ratschläge für eine gute Herrschaft und warnt den Herrscher, dass sein Tod bevorsteht.[109]
Im Mittelpunkt des Bildes knien Iskandar und Falātūn am Eingang einer Höhle, deren dunkles Inneres den beiden Figuren besondere Betonung verleiht. Die Tiefe des Innenraumes wird durch bräunliche Schatten angedeutet. Falātūn auf der linken Seite, mit einem einfachen braunen Gewand bekleidet, hält seine Hand in einer Geste des Erklärens. Sikandar sitzt ihm mit gefalteten Händen gegenüber und hört den Ausführungen aufmerksam zu. Ein Falkner und Jagdhunde im Vordergrund weisen darauf hin, dass Iskandar sich auf einem Jagdausflug befindet. Links neben der Höhle hockt ein Koch vor einem Kessel über dem Feuer – eigentlich nur eine genrehafte Nebenfigur, die der Maler jedoch durch Mimik und Haltung zu einer „bemerkenswerten Charakterstudie“ gemacht hat.[109] Ein Hund und zwei Schakale finden sich auch auf Bild 1, das ebenfalls von Basāvan stammt. Die sich über Alexander und Falātūn auftürmenden Felsen in Braun-, Grau- und Grüntönen reichen bis zu den Mauern einer fernen Stadt, deren Türme und Kuppeln sich harmonisch in die Landschaft einfügen.
Die Zuschreibung des Bildes an Basāvan, die bereits 1961 durch Stuart Cary Welch erfolgte,[112] findet allgemeine Zustimmung in der Fachwelt.[113] Es handelt sich hier wahrscheinlich um das letzte datierte Bild des Meisters.[109]
Bild 23. Iskandar wird in einer Tauchglocke in das Meer hinabgelassen
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DT4792.jpg)
Dieses Bild befand sich ursprünglich zwischen den Folios 164 und 165. Es wurde dem Manuskript entnommen und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art[114] Die Illustration hat eine Größe von 23,8 × 15,5 cm.[115]
Zurück in Rūm fördert Alexander die Wissenschaft und ganz besonders technische Erfindungen. Der Höhepunkt der technischen Innovationen ist Iskandars Erkundung des Ozeans. Unter der Aufsicht von Aristoteles wird eine Flotte vorbereitet, um das Westliche Meer (daryā-yi maghrib, der Atlantik) zu bereisen.[116] Weil Sikandar auch die Tiefen des Meeres sehen möchte, hat er von Aristoteles ein gläsernes U-Boot bauen lassen. Der Dichter beschreibt den Bau ganz genau und unter Berücksichtigung der technischen Details. Nach zwölfjähriger Reise lässt Iskandar sich auf hoher See in seinem Tauchboot in die Tiefe hinab. Al-Chidr und sein Gefährte Ilyās beaufsichtigen den Tauchgang oben auf dem Schiff. Sie sollen 100 Tage auf ihn warten.[117]
Laut Text sind es Chidr und Ilyās, die die Tauchglocke in das Meer hinabsenken. Die beiden heiligen Gestalten werden gewöhnlich durch einen Flammennimbus gekennzeichnet, der hier nicht zu sehen ist. Weil aber schon in der Chamsa von Nizāmī (Or. 12208, Fol. 281r) al-Chidr wie ein gewöhnlicher Mensch ohne flammende Aureole dargestellt worden war, ist der Maler auf diesem Folio wahrscheinlich ebenso verfahren: Die beiden weiß- und graubärtigen Männer auf dem Schiff, die ihre Hände in Gebetshaltung erheben, sollen mit einiger Gewissheit Ilyās und Chidr sein. Ihre erhabene Stellung hielt der Maler offenbar für unvereinbar mit der anstrengenden Arbeit, Iskandar am Seil hinunterzulassen. Der Maler war nach Einschätzung Seyllers Mukund, von dem Bild 28 stammt und möglicherweise auch Bild 3.[118] Seine Figuren zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Gesichter kaum Emotionen zum Ausdruck bringen und ihre Augen nicht erkennbar fokussiert sind. Der Maler hat den Hinweis des Textes, dass sie zwölf Jahre in das offene Meer hinausgefahren sind, gänzlich ignoriert, und den Tauchgang in ein küstennahes Gewässer verlegt, in dem weitere Boote unterwegs sind. Ein Stück hinter dem zentralen Schiff, auf der linken Seite, schwimmt ein Boot mit einer europäischen Besatzung vorbei. Der Hintergrund ist auch hier wiederum der Weltlandschaft entlehnt.
Hascht Bihischt
Der sasanidische Herrscher Bahrām Gūr ist die Hauptperson der Rahmenerzählung, in die sieben Geschichten von sieben Prinzessinnen als Binnengeschichten eingefügt sind. Er soll durch seine sieben Gemahlinnen und ihre Erzählungen von ungünstigen Charaktereigenschaften geheilt werden.
Bild 24. Dilārām verzaubert die wilden Tiere mit ihrer Musik
_of_Amir_Khusrau_Dihlavi_MET_DT4793.jpg)
Dieses Bild befand sich ursprünglich zwischen den Folios 181 und 182. Es wurde dem Manuskript entnommen und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art.[119] Die Illustration hat eine Größe von 24,3 × 14,9 cm. Von Brend und Seyller Miskīn zugeschrieben.[120]
Bahrāms große Leidenschaft ist die Jagd. Bei seinen Jagdausflügen nimmt er besonders gern seine Dienerin Dilārām mit. Als die beiden eines Tages einige Gazellen sehen, erkühnt sich Dilārām zu der Aufforderung, er solle einen der Rehböcke in eine Ricke verwandeln und umgekehrt. Bahrām meistert die Aufgabe mit Bravour, doch Dilārāms Lob bleibt aus und der König ist tief gekränkt. Zornig wirft er die Gefährtin aus dem Sattel, nimmt ihr Pferd mit und lässt sie in der Wildnis zurück.[121] Dilārām wandert nun umher und gelangt schließlich zu einer abgelegenen Hütte. Dort wohnt ein alter Mann, der sie aufnimmt und ihr Unterricht in den zwölf Modi der Musik gibt. Mit einigen davon kann sie Tiere anlocken, sie in einen totenähnlichen Schlaf versetzen und wieder erwecken. Nach einiger Zeit verlässt Dilārām ihren Lehrer und kehrt in die Nähe von Bahrāms Palast zurück. Dort verbreitet sich die Kunde von ihren außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten, mit denen sie sogar die wilden Tiere und die Vögel bezaubert. Eines Tages kommt auch der König, um sich ihre Kunst vorführen zu lassen, erkennt seine frühere Gefährtin zunächst aber nicht.[122] Lücken im Text und die ursprüngliche Seitenzählung lassen erkennen, dass diesem jetzigen Bild 24 eine Illustration der Jagd von Bahrām Gūr und Dilārām vorausging.[123]
Dilārām kniet unter einem Baum links im Mittelgrund. Obgleich der Text von einem Barbat schreibt,[124] einer Art Laute, hält sie eine Winkelharfe in der Hand – möglicherweise, hatte der Maler Darstellungen von Nizāmīs Haft Paykar vor Augen, in dem Dilārāms Pendant Fitna eine Harfe bei sich führt. Sie ist umgeben von Tieren, die ihr lauschen oder dem Zauber ihrer Musik bereits erlegen sind. Die Szene bietet Miskīn, der vor dem Aufstieg Mansūrs der wichtigste Tiermaler in den Mogulateliers war,[125] eine Gelegenheit, sein Geschick zu demonstrieren: Es gibt eine Hirschziegenantilope, ein Paar Steinhühner, Füchse, Punjab Wildschafe, eine Schraubenziege, einen Axishirsch, Nilgauantilopen, einen Schakal, rechts im Hintergrund eine Kleine Indische Zibetkatze und noch einige weitere Tiere.[126] Vor Dilārām kniet Bahrām Gūr auf einer großen steinernen Fläche, seine rechte Hand ist zu einer einladenden Geste ausgestreckt.
Typisch für Miskīns Malstil sind die Felsformationen aus großen, abgerundeten und aufeinandergetürmten Steinen, die ganz ähnlich auch in anderen Handschriften zu sehen sind, zum Beispiel Folio 69v (Bild 22) im Chester-Beatty Akbar-nāma. Das Grundmodell dieser Felsen stammt zwar aus der persischen Maltradition, aber in diesem Fall ist auch eine Vertrautheit mit europäischen Landschaftsformen erkennbar.[127]
Bild 25. Die sieben Prinzessinnen verneigen sich ehrerbietig vor Bahrām Gūr

Folio 182v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 23 × 14,5 cm. Zuschreibung durch Ateliervermerk an Miskīnā und Farrukh.[128]
Bahrāms exzessive Leidenschaft für die Jagd, bei der er den Hof oft für längere Zeit verlässt, bereitet den Ältesten zunehmend Sorge. Nuʿmān, ein früherer Schulfreund von Bahrām und inzwischen ein großer Gelehrter ersinnt eine Lösung: Er lässt an einem besonders idyllischen Ort einen Palast erbauen, dessen sieben Kuppeln (gunbad)[129] alle eine andere Farbe haben. Nachdem der Palast vollendet ist, bittet er bei den Königen in den sieben Weltgegenden um die Hand ihrer Töchter und quartiert die sieben Prinzessinnen schließlich unter je einer der Kuppeln ein. Sie sollen den König unterhalten und mit sinnlichen Genüssen dafür sorgen, dass er von seiner übermäßigen Jagdleidenschaft geheilt wird.[130] Bahrām besucht nun der Reihe nach jeden Tag eine andere Schöne in ihrem „Paradies“ und lässt sich dort eine Geschichte erzählen.[131]
Die Maler haben die letzte Zeile im Textfeld aufgenommen, und das dort Beschriebene in die Sprache des Bildes übertragen:
بست کردند بر زمین رخ خوب
چون مه و آفتاب گاه غروب
جبهه را چون ز خاک بر کردند
جبهه شاه را نظر کردند
Sie neigten ihr schönes Gesicht zum Boden,
wie Mond und Sonne zur Zeit des Untergangs.
Als sie die Stirn aus dem Staub erhoben,
erblickten sie das Antlitz des Königs.
Bast kardand bar zamīn ruḫ-i ḫūb
Čūn mah va āftāb gāh-i ġurūb
Ǧabha-rā cūn ʾz ḫāk bar-kardand
Ǧabha-yi šāh-rā naẓar kardand[132]
Ein Vermerk auf dem unteren Rand weist Miskīn und Farrukh als Maler dieses Bildes aus. Das ist ungewöhnlich in dieser Art von Handschriften, in denen in der Regel nur ein Maler für die Anfertigung des Bildes zuständig ist. Wer von den beiden welche Aufgabe hatte, lässt sich nur anhand eines Vergleichs mit anderen Werken der Meister feststellen. Farrukhs Beitrag scheint vor allem auf die Architektur beschränkt zu sein. Der runde, dreigeschossige Pavillon mit seinen schlanken Säulen und die zum Parallelogramm verzogene Darstellung des Wasserbeckens haben ihre Vorbilder in Folio 65r der Chamsa von Nizāmī (Or. 12208), das er rund zwei Jahre zuvor angefertigt hat. Von Miskīn dürften die meisten Figuren, die Landschaft und der Himmel stammen.[133]
Bild 26. Der Goldschmied Hasan und seine Frau

Folio 188r der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 23,4 × 14,3 cm.
Am Sonntag ist Bahrām safrangelben Pavillon der Prinzessin von Nimruz. Ihre Geschichte handelt von Hasan dem Goldschmied, der im Auftrag des Königs einen goldenen Elefanten anfertigen soll, dabei aber ein zehntel des Goldes unterschlägt. Er erklärt seiner Frau, wie man die fehlende Menge anhand des Archimedischen Prinzips ermitteln könnte, und diese plaudert ihr Wissen an die Frau eines rivalisierenden Handwerkers aus. Dieser kann dadurch Hasans Diebstahl auffliegen lassen und der Goldschmied wird zur Strafe in einem hohen Turm eingesperrt. Es gelingt ihm aber durch einen raffinierten Trick, sich auf der einen Seite des Turms abzuseilen, während er gleichzeitig seine Frau auf der anderen Seite nach oben zieht. Hasans Frau ist nun an seiner Stelle eingesperrt.[134]
Neben dem Turm, an dem sich das Hauptgeschehen abspielt, erstreckt sich eine offene Ebene mit vereinzelten Bäumen, in der ein Brunnen die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein Mann steht auf dem Rand dieses Brunnens, ein weiterer treibt zwei Buckelochsen an, die das Wasser im Brunnen heraufziehen. Eine Frau mit einem großen Runden Gefäß nähert sich der Wasserstelle. Die Fernwirkung wird vergrößert durch eine Stadt im Hintergrund, hinter der eine weitere Ansiedlung am Horizont erkennbar ist.
Seyller schreibt das Blatt Manohar zu. Dafür spricht die große Ähnlichkeit der Frau des Goldschmieds mit einigen der Dienerinnen von Chusrau und Schīrīn auf Bild 7 (Folio 51a), das als Werk Manohars gekennzeichnet ist.[135] Typisch für diesen Maler ist auch sein Interesse an der Dreidimensionalität und seine Art, Türme mit Kuppeln abzuschließen. Gute Beispiele dafür sind die Bilder 83 und 82 im Chester-Beatty Akbar-nāma und ebenfalls Bild 7 der vorliegenden Chamsa.
Bild 27. Der junge Mann aus Rūm und die Fee
Dieses Bild befand sich ursprünglich zwischen den Folios 198 und 199. Es wurde dem Manuskript entnommen und gehört heute zur Sammlung des Metropolitan Museum of Art[136] Bildgröße 23,1 × 13,8 cm. Unter dem Bild steht der Vermerk ʿamal-i Manohar.
Am Mittwoch findet sich Bahrām in der violetten Kuppel mit Veilchenduft ein, in der die Prinzessin von Rūm lebt.[137] Die Prinzessin unter der violetten Kuppel erzählt Bahrām die Geschichte von einem jungen Kaufmannssohn, auf einer Reise ein geheimnisvolles Gebäude betritt. Dort findet er den Eingang zu einem wunderbaren Garten, in dem er auf bezaubernde Feen trifft. Er feiert viele Tage lang mit ihnen und erhält von der Gebieterin des Gartens die Erlaubnis, sich für jede Nacht eine ihrer Begleiterinnen auszusuchen. Als er schließlich mit großer Beharrlichkeit die Gunst der Herrscherin selbst forderte, nimmt die Geschichte für ihn ein erschreckendes Ende.
-
Der junge Mann aus Rūm mit einer Fee im Garten -
Prinz Rām im ägyptischen Tempel -
Die Statue bricht in Lachen aus, als eine Frau eine Ohnmacht vortäuscht
Bild 28. Der jemenitische Prinz Rām in einem ägyptischen Tempel
Folio 203v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 22,7 × 14,3 cm. Unter der Illustration steht der Vermerk ʿamal-i Mukund.
Unter der sandelholzfarbenen Kuppel erzählt die arabische Prinzessin die Geschichte von dem jemenitischen Prinzen Rām, der aufgrund falscher Beschuldigungen aus dem Palast fliehen muss. Er wandert in die Welt und trifft unterwegs drei Männer, die ihm ihre Hilfe anbieten. Einer davon verrät ihm, wie er sich einen Dämon (dīv) dienstbar machen kann. Er muss dazu einen ägyptischen Tempel aufsuchen und ein Jahr lang die Statue eines Dämons ansehen. Dann beginnt die Figur, sich zu bewegen und ihm dienstbar zu sein. Das Bild zeigt den Prinzen, während er in dem ägyptischen Tempel die Statue des Dämons ansieht.[138]
Bild 29. Ein König testet mögliche Ehekandidatinnen mit Hilfe einer magischen Figur
Folio 208v der Chamsa W.624 im Walters Art Museum, Baltimore. Größe: 23,3 × 14,2 cm. Unter der Illustration steht der Vermerk ʿamal-i Sūrdās Guǧarātī.
Die Prinzessin aus Choresmien erzählt Bahrām die Geschichte von einem König in Khotan. Er besitzt eine aus verschiedenen Metallen bestehende Figur, die in Lachen ausbricht, sobald sie eine Lüge hört. Er nutzt diese Figur um zu testen, welche von vier Prinzessinnen geeignet ist, seine Gemahlin zu werden. Die Kandidatin auf dem vorliegenden Bild täuscht vor, durch die Berührung mit einer Rose in Ohnmacht gefallen zu sein. Das Lachen der Statue überführt sie jedoch der Lüge.[139]
Literatur
- The Ā-īn-i Akbarī Vol. I. By Abu L-Fazl Allami. Translated into English by H. Blochmann, M.A. Calcutta, Madras. Ed. by Lieut.-Colonel D.C. Phillott. Low Price Publications. Delhi 1994. (Repr. 1927) Digitalisat S. 114.
- Amīr Ḫusrau Dihlawī: Maṯnawī 5. Hašt bihišt. Edition von Dschafara Iftikhar. Izdatel'stvo Nauka (Verlag für Wissenschaft), Moskau 1972.
- Amīr Ḫusrau Dihlawī: Maṯnawī 1. Maṭlaʿ al-anwār. Edition und Vorwort von T.A. Moharramov. Izdatel'stvo Nauka (Verlag für Wissenschaft), Moskau 1975.
- Amir Khusrau's Matla-ul-anwar: Dawn of lights. Translated by Ishrat Husain Ansari and Hamid Afaq Qureshi al-Taimi al-Siddiqi. Idarah-i Adabiyat-i Delli, Delhi 2013, ISBN 978-81-85199-25-2.
- Mohsen Ashtiany (Hrsg.): Persian narrative Poetry in the Classical Era, 800–1500. Romantic and Didactic Genres (= A History of Persian Literature. Band 3). I. B. Tauris, London, New York 2023, ISBN 978-1-84511-904-1.
- Milo C. Beach: Mansur. In: Milo C. Beach, Eberhard Fischer, B.N. Goswamy (Hrsg.): Masters of Indian Painting. 1100–1650. Artibus Asiae Publishers, Zürich 2011 (Artibus Asiae Supplementum 48, Teil 1 von 2) S. 243–258.
- Michael Brand: Miskin. In: Milo C. Beach, Eberhard Fischer, B.N. Goswamy (Hrsg.): Masters of Indian Painting. 1100–1650. Artibus Asiae Publishers, Zürich 2011 (Artibus Asiae Supplementum 48, Teil 1 von 2) S. 167–186.
- Barbara Brend: Akbar's "Khamsah" of Amīr Khusrau Dihlavī: A Reconstruction of the Cycle of Illustration. In: Artibus Asiae, 1988 – 1989, Band 49, Nr. 3/4, S. 281–315. JSTOR
- Barbara Brend: The Emperor Akbar's Khamsa of Niẓāmī. The British Library, London 1995. ISBN 0-7123-0392-8.
- Barbara Brend: Perspectives on Persian Painting. Illustrations to Amīr Khusrau’s “Khamsah”. RoutledgeCurzon, Taylor & Francis Group, London, New York 2003, ISBN 0-7007-1467-7.
- Ebba Koch: Netherlandish Naturalism in Imperial Mughal Painting. In: Apollo. The international Magazine of the Arts. November 2000. S. 29–37.
- Jeremiah P. Losty: The Art of the Book in India. London, The British Library 1982. Nr. 59.
- John Seyller: Pearls of the Parrot of India. The Walters Art Museum Khamsa of Amīr Khusraw of Delhi. The Walters Art Museum, Baltimore 2001, ISBN 0-911886-51-6.
- John Seyller: Manohar. In: Milo C. Beach, Eberhard Fischer, B.N. Goswamy (Hrsg.): Masters of Indian Painting. 1100–1650. Artibus Asiae Publishers, Zürich 2011 (Artibus Asiae Supplementum 48, Teil 1 von 2) S. 135–152.
- John Seyller: Basawan. In: Milo C. Beach, Eberhard Fischer, B.N. Goswamy (Hrsg.): Masters of Indian Painting. 1100–1650. Artibus Asiae Publishers, Zürich 2011 (Artibus Asiae Supplementum 48, Teil 1 von 2) S. 119–134.
- Robert Skelton: Landscape in Indian Painting. In: William Watson (Hrsg.): Landscape Style in Asia. A Colloquy held 25–27 June 1979. School of Oriental and African Studies, University of London, 1980. (Coloquies on Art & Archaelology in Asia No. 9) ISBN 0-7286-0076-5. S. 150–171.
- Som Prakash Verma: Mughal Painters and their Works. A biographical Survey and comprehensive Catalogue. Oxford University Press, Delhi, Bombay u. a. 1994. ISBN 0-19-562316-9.
- Som Prakash Verma: Laʿl: The Forgotten Master. In: Asok Kumar Das (Hrsg.): Mughal Masters. Further Studies. Marg Publications, Mumbai 1998. ISBN 81-85026-40-8. S. 68–83.
- Stuart Cary Welch, The paintings of Basāwan, in: Lalit Kalā 10, 1961, S. 7–17.
Weblinks
Belege
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 41.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 40.
- ↑ Losty: The Art of the Book, S. 92 und Seyller: Pearls of the Parrot, S. 39.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 39.
- ↑ Losty: The Art of the Book in India, S. 92.
- ↑ a b c Seyller: Pearls of the Parrot, S. 136.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 137.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 138.
- ↑ Hier steht ein Alif zur Kennzeichnung der von Akbar eingeführten Zeitrechnung Tarīḫ-i Ilāhī, Information des Walters Art Museum zum Kolophon der Handschrift W.624 Brend: Perspectives, S. 226.
- ↑ Im Akbar-nāma sind die einzelnen Ilāhī-Jahre durch Überschriften kenntlich gemacht. Im nachfolgenden Text wird der Beginn des Jahres auch in Hidschrī-Jahreszählung angegeben. Henry Beveridge gibt in seiner Übersetzung auch die christliche Zeitrechnung an, z. B. Ilāhī 42.
- ↑ Seyller: Pears of the Parrot, S. 42 und Fußnote 18 auf S. 44.
- ↑ Hinweis auf der Webseite des Walters Art Museum zur Chamsa W.624.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 119.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 124.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 127.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 124 und Anmerkung 17 auf S. 139.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 31.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 129.
- ↑ Beach: Mansur, in: Beach u. a.: Masters of Indian Painting, S. 246, Nr. 10.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 120.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 131.
- ↑ Von Chvādscha Dschān stammt der ʿunvān vor Chusrau und Schīrīn (Fol. 32v) und vor Haft Paykar (Fo. 169b). Barbara Brend: The Emperor Akbar's Khamsa of Niẓāmī. The British Library, London 1995. ISBN 0-7123-0392-8. S. 66.
- ↑ Von Luftullāh stammen die Ränder der Folioseiten 47, 48, 115, 116, 245 und 246 im Gulschān-Album. Seyller: Pearls of the Parrot, S. 138, Anmerkung 7.
- ↑ Signaturen finden sich zum Beispiel im Tārīḫ-i Ḫāndān-i Tīmūriyya Fol. 72r, dem Rāmāyana in Jaipur, Nr. A.G. 1856–57, dem Bābur-nāma in der British Library Fol. 386v und dem Bābur-nāma im National Museum New Delhi Fol. 191v; Seyller: Pearls of the Parrot, S. 138, Anmerkung 9.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 132.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 123.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 56.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 129 und Anmerkung 32 auf S 139.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 130 und Anmerkung 32 auf S. 139. Verma: Mughal Painters, S. 219–220.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 130.
- ↑ Verma: Mughal Painters and their Work, S. 83–94.
- ↑ Milo Cleveland Beach: A European Source for early Mughal Painting. In: Oriental Art Band 22/4, 1976, S. 180–188. Barbara Brend: A European Influence in Early Mughal Painting. In: Barbara Finster, Christa Fragner und Herta Hafenrichter (Hrsg.): Rezeption in der Islamischen Kunst. Bamberger Symposium vom 26.6. – 28.6.1992. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999. (Beiruter Texte und Studien Band 61) S. 57–66
- ↑ Gauvin Alexander Bailey: The Indian Conquest of Catholic Art. In: Art Journal. Band 57/1, 1998, S. 24–30, hier S. 25.
- ↑ Gregory Minissale: The Synthesis of European and Mughal Art in the Emperor Akbar's Khamsa of Nizāmī. In: Asianart.com, 13. Oktober 2000, S. 1. Digitalisat
- ↑ John Correia-Afonso: Letters from the Mughal Court. The First Jesuit Mission to Akbar (1590–1583). Heras Institute of Indian History and Culture, Bombay 1980, S. 33.
- ↑ Walter S. Gibson: Mirror of the Earth. The World Landscape in Sixteenth-Century Flemish Painting. Princeton University Press; Princeton, New Jersey 1989, S. XX.
- ↑ Skelton: Landscape in Indian Painting, S. 158.
- ↑ Koch: Netherlandish Naturalism, S. 32.
- ↑ Koch: Netherlandisch Naturalism, S. 32–33.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 16.
- ↑ The Metropolitan Museum of Art 13.228.29. Digitalisat
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 1. Maṭlaʿ al-anwār, Edition Moharramov 1975, S. 137.
- ↑ Beispiele für Kanphata-Yogis bei Linda Leach: Mughal an other Indian Paintings. Scorpion Cavendish, London 1995. S. 345, Inventar-Nummer 60.4 und S. 304, Inventar-Nummer 44.3.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 46.
- ↑ Seyller: Basawan, in: Beach u. a.: Masters of Indian Painting, S. 131.
- ↑ Der Heizer eines Badehauses wird von Liebe zum König entflammt, Metropolitan Museum of Art, Inventarnummer 13.228.3. Digitalisat
- ↑ Der auch heute noch in Indien gebräuchliche Name Narsingh ist in der persischen Umschreibung unter dem Bild genau genommen als „Narsing“ umschrieben. Narsingh ist eine neuere Aussprache der Sanskrit-Form Narasimha.
- ↑ Chester-Beatty Akbar-nāma, Bilder 2, 16, 26, 28, 32, 36, 39, 162 und 169.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 48.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 2.
- ↑ Brend: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 284. Seyller: Pearls of the Parrott, S. 50.
- ↑ The Ā-īn-i Akbarī Vol. I. By Abu L-Fazl Allami. Translated into English by H. Blochmann, M.A. Calcutta, Madras. Ed. by Lieut.-Colonel D.C. Phillott. Low Price Publications. Delhi 1994. (Repr. 1927) S. 114
- ↑ Metropolitan Museum of Art, Inventarnummer 13.228.26. Digitalisat
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 52. Das Metropolitan Museum gibt als Bildgröße 24,8 × 15,9 cm.
- ↑ Welch: The Paintings of Basāwan, 1961, S. 16. Seyller: Pearls of the Parrott, S. 52. Brend: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 284.
- ↑ Amir Khusrau's Matla-ul-anwar, S. 299–302.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 52.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 92.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 54.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 54. Brend: Perspectives, S. 4.
- ↑ Annemarie Schimmel: Stern und Blume. Die Bilderwelt der persischen Poesie. Harrassowitz, Wiesbaden 1984. S. 130 und 133.
- ↑ Verma: Laʿl, in Das: Mughal Masters, S. 69 und S. 83.
- ↑ Verma in Das: Laʿl, S. 83.
- ↑ Maṭlaʿ al-anwār, Edition Moharramov, S. 330–341. Amir Khusrau's Matla-ul-anwar, translated by Ishrat Husain Ansari and Hamid Afaq Qureshi, S. 383–394.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 56. Brend sieht in diesem Bild Ähnlichkeiten zur Malweise von Mādhava und von Narsing: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 285.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 58.
- ↑ Seyller: Manohar, S. 135.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 6–7.
- ↑ Verma: Mughal Painters, S. 342–345. Er erscheint in der Auflistung der Künstler von Abū ʾl-Fazl im Āʾīn-i Akbarī unter dem Namen „Sawlā“, weil Beveridge die Nasalierung des ersten A in der Hindi-Lautung des Namens wiedergibt; S. 114.
- ↑ a b Seyller: Pearls of the Parrot, S. 60.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 9.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 60. Brend hält eher Mādhava für den Maler; Brend: Akbarʾs Khamsah of Amīr Khusrau, S. 287
- ↑ Verma: Mughal Painters, S. 137–141.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 64.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 10–11.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 11.
- ↑ Information aus dem Cleveland Museum of Art zum Tschaghatai-Hut
- ↑ Farbabbildung bei Barbara Brend: The Emperor Akbar's Khamsa of Niẓāmī. The British Library, London 1995, S. 15.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 66.
- ↑ Paola Orsatti in Ashtiany: Persian Narrative Poetry, S. 278.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 13.
- ↑ Brend: Akbar's Khamsah, S. 288.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 68.
- ↑ Brend: Perspectives, S. 14. Seyller: Pearls of the Parrot, S. 72.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 72.
- ↑ Paola Orsatti: Leyli and Majnun, in Mohsen Ashtiany: Persian Narrative Poetry, S. 283.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 164, „Majnūn befriends a dog“. Seyller listet zehn Manuskripte auf, in denen dieselbe Stelle illustriert wird.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 74.
- ↑ Chamsa von Nizāmī, British Library Or. 12208, Fol. 40v; Seyller: Pearls of the Parrot, S. 74.
- ↑ Brend: Akbarʾs Khamsah of Amīr Khusrau, S. 290.
- ↑ Eine Abbildung davon bei F.R. Martin: Les miniatures de Behzad dans un manuscript persan daté 1485. München 1912, Tafel 18.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 76.
- ↑ Hūšan Aʿlam: Cypress. In: Encyclopædia Iranica. online edition (erstmals veröffentlicht am 15. Dezember 1993, last update am 28. August 2013)
- ↑ Casari in Ashtiany: Persian Narrative Poetry, S. 492.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 78 und S. 164.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 78.
- ↑ Verma: Mughal Painters, S. 192–193.
- ↑ Casari in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 492–493. Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 19.
- ↑ Diese Art der Darstellung ist vor allem in der 1596 illustrierten Geschichte der Mongolen, einem Auszug aus dem Dschāmiʿ at-Tavārīch, zu finden.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 82.
- ↑ The Ā-īn-i Akbarī Vol. I. By Abu L-Fazl Allami. Translated into English by H. Blochmann, M.A. Calcutta, Madras. Ed. by Lieut.-Colonel D.C. Phillott. Low Price Publications. Delhi 1994. (Repr. 1927) S. 167
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 82; Brend: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 292.
- ↑ New York, Metropolitan Museum of Art, Objektnummer 13.228.32 Das MMA gibt als Größe 24,8 × 15,9 cm an.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 20.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 84.
- ↑ Casari in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 497.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 86.
- ↑ Metropolitan Museum of Art, Objektnummer 13.228.30
- ↑ a b c d Seyller: Pearls of the Parrot, S. 88.
- ↑ Casari in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 497.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 21–22.
- ↑ Welch: The paintings of Basāwan, 1961, S. 15.
- ↑ Zum Beispiel auch bei Barbara Brend: Akbarʾs Khamsah of Amīr Khusrau, S. 309.
- ↑ Metropolitan Museum of Art, Objektnummer 13.228.27
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 90.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 22.
- ↑ Casari in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 501.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 90.
- ↑ Metropolitan Museum of Art, Objektnummer 13.228.28
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 92. Brend: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 310.
- ↑ Paola Orsatti in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 362–363.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 24–25. Seyller: Pearls of the Parrot. S. 20.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot. S. 20.
- ↑ Hašt bihišt, Edition von Iftikhar, S. 62, Zeile 586.
- ↑ Brand: Miskin, S. 183.
- ↑ Identifikation der Tiere nach Divyabhanusinh: „Hunting in Mughal Painting“, in: Som Prakash Verma (Hrsg.): Flora and Fauna in Mughal Art. Marg Publications, Mumbai 1999. S. 94–108, besonders S. 103. Miskīn hatte zusammen mit dem jüngeren Maler Mansūr Bild 136 im Victoria-and-Albert-Akbar-nāma gestaltet, auf dem eine Treibjagd dargestellt ist.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrot, S. 92.
- ↑ Brend: Akbar's Khamsah of Amīr Khusrau, S. 311. Seyller: Pearls of the Parrott, S. 94.
- ↑ Hašt bihišt. Moskau 1972, S. 77, Zeile 736.
- ↑ Paola Orsatti in Ashtiany: Persian Narrative Poetry. 2023, S. 363–364.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 25.
- ↑ Hašt bihišt. Moskau 1972, S. 80–81.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 94.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 27.
- ↑ Seyller: Pearls of the Parrott, S. 96.
- ↑ Metropolitan Museum of Art, Objektnummer 13.228.33.
- ↑ Rūm bezeichnete vor allem den Raum von Kleinasien. Franz Babinger: Rūm. In: Martijn Theodoor Houtsma (Hrsg.): Encyclopaedie des Islam, 1. Auflage. Band 3, S. 1268. Brill, Leiden 1913. Rūm.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 31–32.
- ↑ Brend: Perspectives on Persian Painting, S. 32–34.