Chaim Walder

Chaim Walder

Chaim Eliezer Walder (hebräisch חיים אליעזר ולדר; * 15. November 1968 in Haifa; † 27. Dezember 2021 in Petah Tikva) war ein israelischer ultraorthodoxer (haredi) Autor, Pädagoge und Sozialberater, bekannt vor allem für seine Kinder- und Jugendliteratur sowie seine Arbeit mit traumatisierten Kindern und Familien in der ultraorthodoxen Gemeinschaft.

Leben und Werk

Walder wurde 1968 in Haifa geboren. 1993 veröffentlichte er sein erstes Buch Yeladim Mesaprim al Atzmam („Kinder erzählen von sich selbst“).[1] Seine Veröffentlichungen basierten oft auf echten Briefen und Geschichten von Kindern, die er als pädagogischer Berater betreute.[2] Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit war Walder Kolumnist für die ultraorthodoxe Zeitung Yated Ne'eman,[3] Radiomoderator[4] und Leiter des „Zentrums für Kind und Familie“ in Bnei Brak, das sich um Kinder mit Traumata und Missbrauchserfahrungen kümmerte.[5] Für sein Engagement erhielt er 2003 den israelischen „Magen LeYeled“-Preis für Kinderrechte.[6]

Missbrauchsvorwürfe und Tod

Im November 2021 veröffentlichte die israelische Zeitung Haaretz eine investigative Recherche, in der mehrere Frauen, darunter auch Minderjährige, Walder des sexuellen Missbrauchs beschuldigten. Insgesamt meldeten sich 22 Frauen mit Vorwürfen, die sich über einen Zeitraum von 25 Jahren erstreckten. Ein rabbinisches Gericht in Safed kam zu dem Schluss, dass Walder diese Übergriffe begangen hatte.[7][2]

Walder bestritt die Vorwürfe, zog sich jedoch aus der Öffentlichkeit zurück. Am 27. Dezember 2021 beging er Suizid auf einem Friedhof in Petah Tikva in der Nähe des Grabes seines ein paar Jahren zuvor verstorbenen Sohnes.[2][8]

Reaktionen und gesellschaftliche Bedeutung

Der Fall Walder löste eine tiefe Spaltung in der ultraorthodoxen Gemeinschaft aus[9][10] und wurde als deren „#MeToo-Moment“ bezeichnet.[11] Während viele ultraorthodoxe Medien die Vorwürfe und seinen Tod zunächst verschwiegen, führte der Fall zu einer breiten öffentlichen Debatte über den Umgang mit sexuellem Missbrauch in religiösen Gemeinschaften Israels.[2][8]

Commons: Chaim Walder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. BE GRATEFUL YOU CAN’T UNDERSTAND. In: jewishvues.com. Abgerufen am 7. Mai 2025 (englisch).
  2. a b c d Peter Münch: Israel: Chaim Walder ist tot. In: Süddeutsche Zeitung. 28. Dezember 2021, abgerufen am 7. Mai 2025.
  3. Joel Rebibo: The Road Back From Utopia. Jewish Agency for Israel, 2001, archiviert vom Original am 8. Mai 2012; abgerufen am 1. Januar 2012.
  4. Review: People Speak 4. In: Afikim Jewish Spirit. 2001, S. 22, abgerufen am 2. Januar 2011.
  5. An Evening for Haredim. ONE Family Fund, 2005, archiviert vom Original am 19. Dezember 2010; abgerufen am 1. Januar 2012.
  6. Eva Hakhimian: חיים ולדר: הלב אינו מחסן. Hidabroot, 2011, archiviert vom Original am 15. Juni 2012; abgerufen am 2. Januar 2011 (hebräisch).
  7. Emoi en Israël après le suicide d’un rabbin ultraorthodoxe, accusé de viols. 30. Dezember 2021 (lemonde.fr [abgerufen am 7. Mai 2025]).
  8. a b After author Walder’s death, Haredi media downplays sexual assault allegations. In: Times of Israel. 27. Dezember 2021, abgerufen am 7. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  9. אחרי ההתאבדות: הרחוב החרדי נקרע ביחס לולדר. In: Mako. 27. Dezember 2021, abgerufen am 28. Dezember 2021 (hebräisch).
  10. Eli Bitan: חרדים לעצמם: פרשת חיים ולדר מזעזעת את החברה החרדית. In: Makor Rishon. 31. Dezember 2021, abgerufen am 31. Dezember 2021 (hebräisch).
  11. Isabel Kershner: A #MeToo Moment Shakes Israel's Ultra-Orthodox In: New York Times, 27. Januar 2022