Carlo Steeb

Carlo Steeb (Ölbildnis von Aronne Del Vecchio, 1820)
Carlo Steeb (Altersbildnis)
Carlo Steeb (Bronzeminiatur in der Michaelskirche in Tübingen)

Carlo Steeb (geboren als Johannes Heinrich Karl Steeb; * 18. Dezember 1773 in Tübingen; † 15. Dezember 1856 in Verona) war ein deutscher katholischer Priester, der im oberitalienischen Verona tätig war. Er ist der Gründer der „Barmherzigen Schwestern von Verona“ und wird von der römisch-katholischen Kirche als Seliger verehrt.

Leben

Karl Steeb wuchs als Sohn des wohlhabenden Wollhändlers und Wirts des Gasthofs „Zum Lamm“, Johann Heinrich Steeb, im pietistisch geprägten Tübingen auf. Er wurde bereits am nächsten Tag nach der Geburt getauft und hatte sechs Patten, die die beiden streg gläubigen Eltern dabei unterstützen sollten, dass er zu einem vorbildlichen evangelischen Christen aufwächst: Carl Heinrich Steeb, Oberamtmann in Hirsau; Johann Heinrich Schnell, Hofgerichtsadvokat; Johannes Steeb, Verwalter in Nürtingen; Johanna Friederika Kegelin, Amtspflegerin in Tübingen; Elisabeta Immendörferin, Hirschwirtin in Herrenberg und Anna Maria Reisigin, Salzverwalterin in Tübingen. Die Taufe wurde von den beiden damals an der Stiftskirche tätigen Diakonen, Johann Friedrich Märklin und Ernst Bengel durchgeführt, was ein Beleg dafür ist, dass der Taufe eine besondere Bedeutung beigemessen wurde.[1]

Nach dem Besuch der Schola anatolica, der damaligen Tübinger Lateinschule, sandte ihn sein Vater zum Erlernen von Sprachen und internationaler Geschäftspraxis 1789 nach Paris, wo er vom Schrecken der Französischen Revolution überrascht wurde und deswegen Paris bald wieder verlassen musste. Im März 1792 wurde er dann nach Verona geschickt.[2] Italienisch lernte er bei dem als Sprachlehrer empfohlenen Don Santi Fontana, der aber auch katholischer Priester war. Dort lernte er auch den fast gleichaltrigen Pietro Leonardi, ebenfalls einen Priester, kennen[3] und über ihn mehrere weitere tiefgläubige Katholiken. Vom geistlichen Leben in Verona angezogen, konvertierte er dort noch am 14. September des gleichen Jahres zum Katholizismus.[4] Seither führte er die italianisierte Namensform „Carlo“. Seine streng evangelische Familie brach den Kontakt zu ihm ab; ihr Vermögen fiel nach dem Tod seiner Schwester Wilhelmine später dennoch an ihn. Bald fing er an, katholische Theologie zu studieren, was nach vier Jahren seiner Priesterweihe am 9. September 1796 in Verona beendet wurde.[5]

Die Priesterweihe fiel bereits in eine unruhige Zeit, nachdem französischen Truppen am 1. Juni 1796 unter dem Oberkommando von Napoleon Bonaparte in Verona eingefallen waren. Jahrelang war das habsburgische Oberitalien damals ein Schauplatz des Ersten Koalitionskrieges, an dem der Krieg zwischen Napoleon und Österreich ausgetragen wurde. In dieser Zeit lehrte Steeb am Priesterseminar, war Seelsorger in den Armenvierteln und wandte sich besonders Kranken und Gefangenen zu. Gleichzeitig war achtzehn Jahre lang in Lazaretten tätig und erwarb sich einen Ruf als besonders verständnisvoller Beichtvater, Seelsorger, Ratgeber und Übersetzer für Soldaten jeder Herkunft. Steeb kümmerte sich auch um Waisenhäuser und unterrichtete Kinder und Jugendliche in verschiedenen Schulen. Er war Leiter der 1796 von Pietro Leonardi gegründeten Bruderschaft „Evangelica fratellanza dei preti e laici spedalieri“.

An Typhus erkrankt, machte er bereits sein Testament, sein geistlicher Beistand soll ihm damals aber vorhergesagt haben, dass Gott noch mehr mit ihm vorhabe – was Steeb als Zeichen auffasste, seine wohltätigen Werke auszubauen und dauerhaft zu organisieren. 1840 gründete er gemeinsam mit Schwester Vincenza Poloni (bürgerlich Luigia Poloni), deren Beichtvater er war, das Ordensinstitut der „Schwestern der Barmherzigkeit“ („Istituto Sorelle della Misericordia di Verona“) zur Unterstützung seines karitativen Wirkens. Der im Volksmund auch als „Veroneser Schwestern“ bekannt gewordene Orden wuchs schon bald über Verona hinaus. Im Jahre 2015 war der Orden mit 764 Schwestern in Europa, Lateinamerika und Afrika tätig.[6]

1856 starb Steeb drei Tage vor seinem 83. Geburtstag – zu diesem Zeitpunkt stand er als „Samariter von Verona“ schon im Ruf, das Leben eines Heiligen geführt zu haben. Die Vollendung des Kirchenbaus des Ordens in Verona erlebte er noch – sie wurde am 8. Dezember eingeweiht; in dieser Kirche liegt er begraben.[7]

Verehrung

Nachdem deutsche Bischöfe sich am 5. März 1963 an den Papst mit der Bitte gewandt hatten, Carlo Steeb selig zu sprechen und der Seligsprechprozess erfolgreich beendet worden war, wurde er am 6. Juli 1975 von Papst Paul VI. seliggesprochen.[8] Sein Gedenktag ist der 15. Dezember. Nach ihm sind weltweit viele soziale Einrichtungen des von ihm gegründeten Ordensinstituts benannt. Unter anderem tragen Kirchen in Verona und Stuttgart seinen Namen.

Fußnoten

  1. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 11–12.
  2. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 14–15.
  3. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 17.
  4. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 23.
  5. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 26.
  6. Annuario Pontificio, Ausgabe 2017, S. 1564.
  7. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 53–55.
  8. Alfons Bopp: Carlo Steeb …, S. 56–57.

Literatur

  • Alfons Bopp: Carlo Steeb. Ein Seliger aus dem Schwabenland, seliggesprochen am 6. Juli 1975, Drittordensverlag, Altötting 1978.
  • Nicole Horvath: Beatus Carlo Steeb Natus Est Tubingae. Kindheit und Jugend von Carlo Steeb in Tübingen 1773–1792. Kairos, Tübingen 2013, ISBN 978-3-920523-15-6.
  • Alessandro Pronzato: Eine Null mit Herz. Das Leben des Karl Steeb, Pattloch, Aschaffenburg 1975, ISBN 3-557-91115-2.
  • Alessandro Pronzato: Carlo Steeb. Der Samariter von Verona, Schwabenverlag, Ostfildern 1990, ISBN 3-7966-0684-9.
  • Ekkart SauserSteeb, Johannes Heinrich Carlo. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 22, Bautz, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-133-2, Sp. 1295–1296.
  • Rudolf Seigel: Die Ahnen des Karl Steeb. In: Tübinger Blätter, 45. Jg. 1958, S. 24–29 (Digitalisat).
  • Hermann Tüchle: Carlo Steeb. Der Samariter von Verona, Schwabenverlag, Stuttgart 1968.
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