Campill

Lungiarü

Campill (selten auch Kampill, ladinisch Lungiarü, italienisch Longiarù) ist eine Fraktion der Gemeinde St. Martin in Thurn im Campilltal in Südtirol bzw. Ladinien auf 1400 m Höhe unterhalb des Peitlerkofels am Rand des Naturparks Puez-Geisler.[1][2] Die Fraktion war ursprünglich eine selbstständige Gemeinde, die bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zum Gerichtsbezirk Enneberg gehörte. 1928 wurde Campill der Gemeinde St. Martin in Thurn zugeschlagen. In Campill wird überwiegend Ladinisch gesprochen, aber auch Deutsch und Italienisch, die Landessprachen Südtirols.

2018 wurde Campill nach Matsch zum zweiten Südtiroler Bergsteigerdorf der internationalen Alpenvereinsinitiative.[3]

In Campill gibt es eine Grundschule für die ladinische Sprachgruppe.

Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung als Campil (ausgesprochen Ciampeil) geht auf das Jahr 1312 zurück. Der Name Lung-a-ru - Lungiarü erscheint erst im Jahre 1831 in Urkunden, wurde möglicherweise aber schon vorher verwendet. Landwirtschaft und Viehzucht (Rinder, Schafe, Pferde) mit Weidemöglichkeiten auf Tal- und Bergwiesen und Almen und der Holzhandel waren bis vor einigen Jahrzehnten die Erwerbsquelle der Bevölkerung.

Kirche der hl. Lucia

1371 wird eine Jodokus-Kapelle erwähnt. 1488 wurde infolge einer Überschwemmung der Ort samt Kirche zerstört, die im spätgotischen Stil neu errichtet wurde. Die jetzige Kirche stammt aus den Jahren 1865/67 mit Gemälden von Francësch Rudiferia. Im Hochaltarbild von Franz Xaver Pernlochner erscheint die hl. Agnes der hl. Lucia, Schutzpatronin der Kirche, und der hl. Agata. Der linke Seitenaltar zeigt den hl. Jodokus als Jäger mit Hund, der rechte den Tod des hl. Josef. 1972 wurde die Kirche renoviert.

Mühlental

Mühlental 2023

Das „Mühlental“, ladinisch „Val di Morins“, zwischen den Weilern, ladinisch „Viles“, Seres und Miscì am Seresbach mit einem Ensemble aus ursprünglich acht historischen restaurierten hölzernen Wassermühlen mit Holzkanälen, ist eine Sehenswürdigkeit entlang des rund eineinhalb Kilometer langen Besichtigungsweg des Dorfes.[4] Mühlen sind bereits in einer Federzeichnung von 1580 im Bischöfliches Archiv Brixen nachgewiesen.[5] Die älteste der mit Schindeldächern errichteten Mühlen stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Schöpfräder mit einem Durchmesser zwischen 2,20 und 3 Metern wurden auf der Traufseite überdacht und durch Wasser aus einem eigens angelegten Holzkanal angetrieben. Mit den Mühlen wurde zur Unabhängigkeit der Bauern angebauter Roggen, Gerste und Hafer bis in die 1970er Jahre gemahlen. Die ersten vier Mühlen gehören den Höfen von Seres, die anderen zu den Höfen von Misci. Nur nach der Ernte im Herbst gingen die Mühlen in Betrieb bis das Korn gemahlen war. Solange wohnte der Eigentümer in der Mühle, während die Mühlsteine ohne Unterbrechung arbeiteten. Das Wasser fließt durch den Holzkanal auf das Rad, das über den Wellbaum das Kammrad mit seitlichen Zähnen antreibt, die in den Ritzeln mit Triebstöcken eingreifen. Die Ritzelwelle führt durch ein Loch des unteren feststehenden Mühlsteins hindurch zum oberen beweglichen mahlenden Mühlstein. Je nachdem der mahlende Stein abgesenkt wird, wird das Getreide gröber oder feiner gemahlen. Als die Mühlen nicht mehr eingesetzt wurden, verfielen sie zunächst. Durch einen Murabgang am 17. Juni 2024 nach anhaltenden Regenfällen wurden aus einem ca. 4 ha großen Gebiet in einem Seitental vom Val di Morins/Mühlental 300.000 m³ Schlammmaterial durch das Dorf geschoben und eine Mühle weggerissen.[6]

Seres und Miscì

Miscì 2017

Seres und Miscì gehören zu den charakteristischsten bäuerlichen Siedlungen des Gadertals. Von außen sind nur die Dächer der wie eine Wagenburg angelegten Weiler zu sehen. Brunnen und Backofen befanden sich in der Dorfmitte.Typisch für die Weiler sind die Favas, hölzerne baumhohe Trockengestelle, auf denen Getreide und Stangenbohnen zum Trocknen aufgehängt wurden. Unterhalb von Miscì am Eingang des Antersasc-Tales befindet sich in einem Lärchenwald ein freigelegter Kalkbrennofen (ladinisch Cialciara), von denen es in Campill vermutlich acht bis neun Stück gab, die in der Nähe des Brennholzes in den Wäldern bis zu 5 Meter hoch aufgemauert wurden.

Söhne und Töchter

Commons: Campill – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Val di morins – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Longiariü“, Franz Hieronymus Riedl: Durch Enneberg und Buchenstein. In: Ladinien – Land und Volk in den Dolomiten. Jahrbuch des Südtiroler Kulturinstitutes 1963/64. Bozen 1964.
  2. St. Martin in Thurn: Campill
  3. Bergsteigerdorf Lungariü. Bergsteigerdörfer, abgerufen am 3. September 2025.
  4. Mühlental in Campill. In: altabadia.it. Abgerufen am 29. September 2024.
  5. Campill Mühlental
  6. Unwetterschäden in Lungiarü alpenverein.it

Koordinaten: 46° 38′ N, 11° 52′ O