C. F. Hutschenreuter

C. F. Hutschenreuter (CFH)
Rechtsform Kommanditgesellschaft
Gründung 1852
Auflösung 1992
Auflösungsgrund Abwicklung nach der deutschen Wiedervereinigung
Sitz Aue (Sachsen)
Branche Metallwaren
Website keine

C. F. Hutschenreuter & Co. KG (kurz CFH) in Aue war eine Mitte des 19. Jahrhunderts gegründete Metallwarenfabrik, aus der sich zwei Jahre später die von August Wellner eröffnete Fabrik abtrennte. Die Fabrik trug den Namen des Firmengründers Christian Friedrich Hutschenreuter und bestand bis 1972. Danach wurde ein Volkseigener Betrieb daraus, der nach 1990 abgewickelt wurde. Die Immobilie ging nach der deutschen Wiedervereinigung an die Hutschenreuter-Erben zurück, die sie an die Stadtverwaltung Aue verkaufte. Teile der baulichen Anlage stehen unter Denkmalschutz.

Lage

Das gesamte Firmengelände erstreckt sich südwestlich vom Stadtzentrum, zwischen der Wettinerstraße und nördlich der bogenförmig verlaufenden Zwickauer Mulde, westlich begrenzt von der Zinnstraße. Die Grundstücksfläche beträgt zirka 25.000 m². Westlich schließt sich das Fabrikgelände der Metallwerke Auerhammer an.

In den 1880er Jahren wohnte der damalige Fabrikbesitzer Karl Emil Hutschenreuter (zweite Generation) in der Auerhammerstraße 124[1], die Fabrik trug die gleiche Adresse, hatte also noch kein separates Firmengelände.[2]

Geschichte

Im Jahr 1852 wurde die Firma als C. F. Hutschenreuter & Co KG, Fabrik von Alpacca-, und Alpacca versilberten Bestecken, Hotel- und Tafelgeräten. Walzwerkserzeugnisse in Argentan-, Alpacca-, Neusilber- und Pacfongblechen gegründet.[3]

Sohn Emil Hutschenreuter übernahm in den 1880er Jahren die Firmenleitung in zweiter Generation, Ende der 1920er Jahre ging er in den Ruhestand. Im Adressbuch wurde er dann als Rentier im Haus Wettinerstraße 53 geführt.[2] Die Firmenweiterführung hatte er an seinen Sohn Johannes Hutschenreuter (dritte Generation) übergeben, der im Haus Wettinerstraße 55 wohnte.[4]

Ab den 1930er Jahren trug die Firma die geänderte Bezeichnung C. F. Hutschenreuter & Co KG, Spezialfabrik für Bestecke, Hotel- und Tafel-Geräte.[5][6]

Markenkennzeichnung der Produkte waren die Buchstaben CFH und als Fabrikmarke diente ein stilisierter Steinbock. Zusätzlich kam der Hinweis Neoxyd auf manche Produkte, womit die Edelstahlbasis („nicht oxidierend“) gekennzeichnet wurde.[7]

CFH lieferte in den 1930er Jahren bis Mitte der 1940er Jahre seine Erzeugnisse in zahlreiche europäische Länder wie in die Schweiz, nach Schweden[8], nach Ungarn oder in die Balkanländer (1938 bis 1944)[9].

Im Zweiten Weltkrieg musste auch CFH Hilfsmittel für den Kriegsdienst herstellen, so finden sich Dokumente über Stahlgurte (St.G. 151) für Maschinengewehre aus den Jahren 1942 bis 1944.[10] Dazu Transportkästen für die Stahlgurte, Stahlbehälter für Tellerminen (T.Mi 35 = Tellermine 35)[11] und für Riegelminen (R.Mi 43 =Riegelmine 43)[12].

Die für die Kriegsführung hergestellten Produkte wurden nicht mit dem Herstellerlogo oder -namen versehen, sondern mit drei kleinen Buchstaben gebrandet; CFH musste die Kombination „bsz“ benutzen. Das wurde so festgelegt, weil die Fabrik von strategischer Bedeutung war und weitestgehend geheim bleiben sollte.[13]

Nach dem Krieg, zwischen 1949 und 1971 führte Johann Hutschenreuter den Betrieb privat mit staatlicher Beteiligung.[14] Er konnte an die guten Vorkriegsumsätze anknüpfen und seine Erzeugnisse auch wieder ins Ausland verkaufen wie nach Ägypten, in den Libanon[15], nach Syrien, Libyen, Schweden, Rumänien und Jugoslawien[16] sowie nach Tunesien, Kuwait, Frankreich, Marokko.

Die Firma wurde 1972 verstaatlicht und produzierte danach weiter als VEB Besteck- und Metallwaren (Bemet) Aue.[17] Auch die Ex- und Importbeziehungen wurden erfolgreich weitergeführt.

Firmenbauten

Wettinerstraße 61 in Aue

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Firmenleitung ein großes Baugelände erworben und ließ darauf einen Fabrikkomplex als Dreiseitanlage errichten, gestaffelt von ein- bis viergeschossig. Neben den Produktionshallen verfügte CFH auch über eigene Heiz- und Kraftwerke (mit drei großen Schornsteinen).[5]

Im Jahr 1912 entstand direkt an der Wettinerstraße ein zusätzliches Verwaltungsgebäude im neoklassizistischen Stil (siehe Bild).

Die Gebäude sind im 21. Jahrhundert allesamt erhalten und saniert worden. Genutzt werden sie seit den 2010er Jahren überwiegend von kommunalen Einrichtungen. Das frühere Verwaltungsgebäude steht unter Denkmalschutz.

Erzeugnisse (Auswahl)

Walzwerksprodukte aus Alpacca und Pacfong-Blechen wie

Dekore der Besteckteile: Jugendstil, Kreuzband oder Bauhaus-Deco[19]

Viele Produkte wurden später auch aus Edelstahl gefertigt.

Einzelnachweise

  1. Adreßbuch der Fabrikstadt Aue i. Erzgeb. und der Gemeinden Zelle und Auerhammer nebst einem Geschäfts-Anzeiger für Handel u. Gewerbe, Ausgabe 1890. Abgerufen im August 2025.
  2. a b Adreßbuch der Fabrikstadt Aue i. Erzgeb. und der Gemeinden Zelle und Auerhammer nebst einem Geschäfts-Anzeiger für Handel u. Gewerbe, Ausgabe 1890. Abgerufen am 25. August 2025 (Abschnitt Fabriken).2021.
  3. Briefkopf einer Rechnung aus dem Jahr 1925. Abgerufen am 26. August 2025.
  4. Adressbuch Aue, 1930. Abgerufen am 20. August 2025.
  5. a b Historischer Briefkopf von CFH auf einer Rechnung aus dem Jahr 1934. Abgerufen am 20. August 2025 (mit Abbildung der Fabrik).
  6. Adressbuch für die Städte Aue, Eibenstock, Lößnitz, Schneeberg und 21 Landgemeinden in diesem Bezirk, Jahr 1930. Abgerufen am 20. August 2025.
  7. Gebrauchsmuster- und Warenzeichenschutz 1908–1955. Abgerufen am 21. August 2025 (Urkunden über Patenterteilungen, Patentschriften des Reichspatentamtes, Eintragung in die Gebrauchsmusterrolle (z. T. Schwedisch und Tschechisch), Zertifikate zur Registrierung der Markenzeichen Steinbock, CFH und Neoxyd, Beschreibungen und Zeichnungen der Erfindungsgegenstände, Schriftwechsel mit Patentanwälten zu Rechtsfragen beim Führen von Warenzeichen sowie Rechte an Gebrauchsmustern, Merkblatt der Warenzeichenstelle beim Amt für Erfindungs- und Patentwesen der DDR).
  8. Debitoren und Kreditoren aus dem In- und Ausland von CFH 1938 bis 1940. Abgerufen am 21. August 2025.
  9. Nachweisbuch über Exporte nach Ungarn und in die Balkanländer. Abgerufen am 22. August 2025.
  10. Fertigung für Stahlgurt St. G. 151: Mängel beim Beschuss. Abgerufen am 22. August 2025.
  11. Kalkulations- und Fertigungsunterlagen für Behälter für T.Mi. 35. Abgerufen am 22. August 2025 (u. a. Arbeitspläne, Listen der Arbeitsgänge und dazu benötigte Zeit, Arbeitskräfte und Maschinen; Beobachtungsbögen, Bekanntmachungen, Abschriften von Korrespondenzen zu Mängeln der Veränderungen in der Fertigung (1939–1943)).
  12. Unterlagen zur Fertigung der Riegelmine 43, 1944/1945. Abgerufen am 22. August 2025.
  13. КОДЫ ПРОИЗВОДИТЕЛЕЙ СНАРЯЖЕНИЯ, ОРУЖИЯ И БОЕПРИПАСОВ ГЕРМАНИИ (dt: Codes der deutschen Hersteller von Ausrüstung, Waffen und Munition). Abgerufen am 22. August 2025.
  14. Schriftwechsel mit dem Rat des Kreises Aue, 1954 bis 1961. Abgerufen am 23. August 2025.
  15. Exportlieferungen Ägypten und Libanon 1965, 1966. Abgerufen am 23. August 2025.
  16. Exportlieferungen Syrien, Libyen, Schweden, Rumänien und Jugoslawien, 1968–1970. Abgerufen am 23. August 2025.
  17. Umwandlung der Firma C. F. Hutschenreuter & Co. KG in den VEB Besteck- und Metallwaren Aue. www.deutsche-digitale-bibliothek.de, abgerufen am 23. August 2025.
  18. Angebot eines Zuckerlöffels von CFH im Jugendstil mit Perlrand. e-bay, November 2021, abgerufen im Jahr 2021.
  19. Besteckmusterkatalog aus dem Jahr 1952, im Sächsischen Staatsarchiv. Abgerufen am 23. August 2025.
  20. Ansicht eines Kelches und einer Zuckerschale von Hutschenreuter, auf dem Fuß mit Hutschenreuter 3 und Hutschenreuter 4 gekennzeichnet. Abgerufen am 23. August 2025.

Koordinaten: 50° 34′ 54,1″ N, 12° 41′ 44,1″ O