Frei kam aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Zu seinen Vorfahren gehörten Heinrich Heine und Karl Marx.[1] Er sammelte bereits 1917 erste journalistische Erfahrungen in der linksliberalen Wiener Zeitung Der Abend und wurde von deren Herausgeber Carl Colbert gefördert.[2] 1920 promovierte Frei in Philosophie an der Universität Wien.[3][4] Danach war er bis 1925 als Korrespondent und dann bis 1929 als Redakteur und Auslandskorrespondent des Wiener Blatts Abend in Berlin tätig, wo er im Romanischen CaféEgon Erwin Kisch und Anton Kuh näher kennenlernte. Ab 1923 war Frei Mitarbeiter der Weltbühne. Er hatte bereits damals "seinen eigenen, unverwechselbaren Stil: Sätze ohne buntschillerndes Wasser."[5] 1928 trat Frei der SPÖ bei und besuchte er die Sowjetunion.
Von 1929 bis 1933 war er Chefredakteur der zum Verlagsimperium von Willi Münzenberg gehörenden Tageszeitung Berlin am Morgen, die auf eine breite Leserschicht zielte. Zahlreiche Autoren des linken Spektrums fanden hier eine Publikationsmöglichkeit.
Als Carl von Ossietzky am 10. Mai 1932 in Berlin-Tegel seine Gefängnisstrafe antrat, gehörte Frei zu der großen Gruppe von Intellektuellen, die ihn verabschiedeten.[6] Nach dem Reichstagsbrand emigrierte Frei nach Prag, wo er als Chefredakteur der auf kommunistischer Linie liegenden Wochenzeitschrift Der Gegen-Angriff fungierte, die von Ende April 1933 bis zum 14. März 1936 erschien.[7] Der Name war eine Reaktion auf Goebbels Zeitung Angriff. 1934 wurde Frei Mitglied der KPD. Auch hat Frei führend an der Erstellung des Braunbuches mitgewirkt.
Frei emigrierte dann nach Frankreich. Dort gab er von 1936 bis 1939 mit Heinrich Mann, Rudolf Breitscheid und Max Braun das Nachrichtenbulletin der Deutschen Volksfront in Paris, die Nouvelles d' Allemagne, heraus. 1939 wurde er verhaftet. Er kam in ein Gefängnis und in das berüchtigte Pyrenäen-Lager Le Vernet. 1941 gelang ihm aufgrund der Bemühungen des mexikanischen Generalkonsuls in Marseille, Gilberto Bosques, die Ausreise nach Mexiko. Frei war mit Anna Seghers und deren Familie engstens befreundet. Seghers hat sich um die Kinder von Frei während seiner Emigrationszeit gekümmert.
Frei war Mitbegründer des im mexikanischen Exil herausgegebenen Exilblattes Freies Deutschland sowie nach dem Bruch mit den deutschen Exil-Kommunisten in Mexiko gemeinsam mit Leo Katz Mitbegründer der Zeitschrift Austria Libre und Mitglied bei der Acción Republicana Austriaca en México. Er kehrte im April 1947 nach Wien zurück. 1948 übernahm er die Chefredaktion der neu gegründeten Tageszeitung Der Abend, die im kommunistischen Globus-Verlag erschien und im September 1956 eingestellt wurde. Er entfaltete eine breite publizistische Tätigkeit. So gab er gemeinsam mit Ernst Fischer und Viktor Matejka die kommunistische Kultur- und Intellektuellenzeitschrift Tagebuch heraus, deren Chefredakteur er bis 1964 war. Ende der 1950er Jahre berichtete Frei als Auslandskorrespondent aus China für das KPÖ-Zentralorgan Volksstimme. 1972 erschien seine Autobiographie Der Papiersäbel im S. Fischer Verlag (u. a. rezensiert von Jean Améry in der Zeit). Bruno Frei starb am 21. Mai 1988 im Alter von 91 Jahren in Klosterneuburg bei Wien.
Frei hatte zwei Kinder, Hans (1925–2015) und Elisabeth „Lisa“ Lang (* 1927).[8][9]
Rezeption
„Liebe zur Wahrheit: das bedeutet bei Bruno Frei zunächst Genauigkeit und Akribie. … ein Autor, der der sich immer bemüht, auf den Grund der Dinge zu gehen, und dessen Urteile das Ergebnis der Verallgemeinerung von sorgfältig gesammelten und ausgewerteten Informationen sind.“ Fritz Klein[10]
Werke
Wiener Wohnungselend. Wien: Anzengruber-Verlag 1918.
Gespräch über das Glück. Essay. Leipzig, Wien: Suschitzky 1920.
Jüdisches Elend in Wien. Bilder und Daten. Wien u. a.: Löwit 1920.
Das Elend Wiens. Soziale Studie. Wien, Leipzig: Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte 1921.
Die roten Matrosen von Cattaro. Reportage. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1927.
Im Lande der roten Macht. Ein sowjetrussischer Bilderbogen. Berlin: Neuer Deutscher Verlag 1929.
Hitler über Deutschland. Und wie es kam… Prag: Haken 1933.
Hanussen. Ein Bericht. Strasbourg: Sebastian-Brant-Verlag 1934.
Die Männer von Vernet. Ein Tatsachenbericht. Berlin: Dietz-Verlag 1950.
Mit eigenen Augen. Reportagen; Aufbau-Verlag Berlin 1955.
Der große Sprung. China heute. Aufbau-Verlag Berlin 1959.
Die Stafette. Historische Miniaturen. Aufbau-Verlag Berlin 1959.
Die Matrosen von Cattaro. Eine Episode aus dem Revolutionsjahr 1918. Globus-Verlag Wien 1963.
Israel zwischen den Fronten. Utopie und Wirklichkeit. Wien u. a.: Europa-Verlag 1965.
Carl von Ossietzky, Eine politische Biographie. Berlin: Das Arsenal. Verlag für Kultur und Politik 1966.
Carl von Ossietzky. Schriften in zwei Bänden, hg. von Bruno Frei und Hans Leonard. Berlin: Aufbau-Verlag 1966.
Der Türmer, unter Mitwirkung von Josef Popper-Lynkeus. Wien: Verl. Notring 1971.
Die anarchistische Utopie. Freiheit und Ordnung. Wien: Globus-Verlag 1971.
Der Papiersäbel. Eine Autobiographie. Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 1972.
Zur Kritik der Sozialutopie von Frei 1973Zur Kritik der Sozialutopie. Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 1973.
Der kleine Widerstand. Wien: Sensen-Verlag 1978.
Der Strohhut. Jugenderinnerungen. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft. Hg. und mit einem Nachwort von Evelyn Adunka. ISBN 978-3-903522-15-2
Veröffentlichungen in anderen Publikationen:
Der blinde Bettler von der Produktenbörse und Geistige Arbeitslosigkeit. In: Ruth Beckermann (Hg.): Die Mazzesinsel – Juden in der Wiener Leopoldstadt 1918-38. Wien: Löcker Verlag 1984.
Literatur
Frei, Bruno. In: Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Leipzig 1964, S. 165–168 (Bibliografie S. 167 f.).
Kurt Böttcher (Gesamtredaktion): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellervon den Anfängen bis zur Gegenwart. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1974; Band 1, S. 226/227
Ursula Madrasch-Groschopp: Die Weltbühne. Porträt einer Zeitschrift. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1983, S. 434 und passim
Die Sammlung Bruno Frei (1897–1988). Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien 1996, ISBN 3-901142-22-3.
Klaus G. Saur: Frei, Bruno. In: Karin Peter, Gabriele Bartelt-Kircher, Anita Schröder (Hrsg.): Zeitungen und andere Drucksachen. Die Bestände des Dortmunder Instituts für Zeitungsforschung als Quelle und Gegenstand der Forschung. Klartext-Verlag, Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1015-7, S. 458.
Martin Erian: »Pflichtbewußte Tagesschriftsteller« im Wien um 1918: Zu den Reportagen Else Feldmanns und Bruno Freis im Abend. In: M. E., Primus-Heinz Kucher (Hrsg.): Exploration urbaner Räume – Wien 1918–38 : (alltags)kulturelle, künstlerische und literarische Vermessungen der Stadt in der Zwischenkriegszeit. transcript, Göttingen 2019, S. 107–125.
Gerhard Oberkofler: Mit dem österreichischen jüdischen Marxisten Bruno Frei unterwegs im 20. Jahrhundert. trafo Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-86464-259-3.
↑Alexander Emanuely: Das Beispiel Colbert. Fin de siècle und Republik. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2020, ISBN 978-3-90160-285-6, S. 402ff
↑[1]@1@2Vorlage:Toter Link/gedenkbuch.univie.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Archiv der Universität Wien, Band 974 30. Juni 1920
↑Ursula Madrasch-Groschopp: Die Weltbühne. Porträt einer Zeit-schrift. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1983, S. 138
↑Michel Grunewald: Kritik und politischer Kampf: Der Fall ‹Der Gegenangriff›. In Hélène Roussel; Lutz Winckler (Hrsg.): Deutsche Exilpresse und Frankreich, 1933–1940. Lang, Bern 1992, ISBN 3-261-04491-8, S. 237–246.
↑Frei, Bruno. In: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933–1945. De Gruyter, Berlin/Boston 2016, S. 191 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).