Brownmillerit

Brownmillerit
Rotbraune Brownmilleritkristalle in Matrix aus dem Steinbruch Caspar, Ettringer Bellerberg, Mayen, Eifel, Rheinland-Pfalz
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1963-017[1]

IMA-Symbol

Bmlr[2]

Chemische Formel
  • Ca2Fe3+AlO5[1]
  • Ca2(Al,Fe)2O5[3]
  • 2CaO·(Al,Fe)2O3[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/A.08
IV/A.07-010[5]

4.AC.10[6]
07.11.02.1
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-pyramidal; mm2
Raumgruppe Ibm2 (Nr. 46, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/46.2[7]
Gitterparameter a = 5,584 Å; b = 14,60 Å; c = 5,374 Å[7]
Formeleinheiten Z = 4[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert[8]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,76; berechnet: 3,68 bis 3,73[8]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe rötlichbraun[8]
Strichfarbe blassbraun
Transparenz durchscheinend[8]
Glanz schwacher Glasglanz[9]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,960[9]
nβ = 2,010[9]
nγ = 2,040[9]
Doppelbrechung δ = 0,080[9]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 75° (gemessen), 72° (berechnet)[9]

Brownmillerit (IMA-Symbol Bmlr[2]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca2Fe3+AlO5[1] und damit chemisch gesehen ein Calcium-Eisen-Aluminium-Oxid.

Brownmillerit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt quadratische Täfelchen bis etwa 60 μm Größe. Das Mineral ist im Allgemeinen rötlichbraun durchscheinend und zeigt auf den Kristall-Oberflächen einen schwachen Glasglanz. Auf der Strichtafel hinterlässt Brownmillerit einen blassbraunen Strich.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Brownmillerit zusammen mit Mayenit (2010 umbenannt in Chlormayenit) in Mineralproben aus dem Steinbruch Caspar am Ettringer Bellerberg in der Eifel nahe Mayen in Rheinland-Pfalz. Die Erstanalyse und -beschreibung der natürlichen Mineralbildung erfolgte durch Gerhard Hentschel (* 1930[10]). Nach Anerkennung durch die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1963-017[1]) veröffentlichte er seine Erstbeschreibung 1964 im Fachmagazin Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte.

Als synthetische Verbindung war Brownmillerit schon seit Jahrzehnten als Bestandteil von Portlandzement-Klinkern bekannt und wurde 1932 von E. Spohn zu Ehren von Dr. Lorrin Thomas Brownmiller benannt. Dieser war Chefchemiker der Alpha Portland Cement Company in Easton (Pennsylvania) und gehörte zu den ersten, die diese künstliche Verbindung herstellten und beschrieben.[4] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Brownmillerit lautet „Bmlr“.[2]

Das Typmaterial des Minerals wird im GeoMuseum der Universität zu Köln (MMUKö[11]) unter der Inventarnummer M5026/86 (HT) und im National Museum of Natural History (NMNH) in Washington, D.C. unter der Inventarnummer 120045 (T) aufbewahrt.[12][13]

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Brownmillerit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „Verbindungen mit M2O und MO“, wo er gemeinsam mit Chlormayenit in der „Brownmillerit-Mayenit-Gruppe“ mit der Systemnummer IV/A.08 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/A.07-010. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 1 und 2 : 1 (M2O, MO)“, wo Brownmillerit zusammen mit Bitikleit, Chlorkyuygenit, Chlormayenit, Dzhuluit, Elbrusit, Fluorkyuygenit, Fluormayenit, Shulamitit, Srebrodolskit, Tululit und Usturit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer IV/A.07 bildet.[5]

Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Brownmillerit in die Abteilung „Metall : Sauerstoff = 2 : 1 und 1 : 1“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis und der relativen Größe der beteiligten Kationen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Kation : Anion (M : O) = 1 : 1 (und bis 1 : 1,25); mit großen Kationen (± kleineren)“ zu finden, wo es zusammen mit Srebrodolskit die „Brownmilleritgruppe“ mit der Systemnummer 4.AC.10 bildet.[6]

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Brownmillerit die System- und Mineralnummer 07.11.02.1. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Mehrfache Oxide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide als Titanoxide mit [4] und [6]-Ersetzungen“ in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 07.11.02, in der auch Srebrodolskit eingeordnet ist.

Chemismus

In der idealen, stoffreinen Zusammensetzung von Brownmillerit (Ca2FeAlO5) besteht das Mineral im Verhältnis aus je einem Teil Eisen (Fe) und Aluminium (Al) sowie zwei Teilen Calcium (Ca) und fünf Teilen Sauerstoff (O). Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 22,984 Gew.-% Fe, 11,104 Gew.-% Al, 32,989 Gew.-% Ca und 32,923 Gew.-% O.

Bei natürlichen Brownmilleriten können diese Werte je nach Bildungsbedingungen (Druck, Temperatur, Stofftransport) geringfügig abweichen. Zudem können auch formelfremde Beimengungen enthalten sein. So wurden bei den untersuchten Mineralproben aus der Hatrurim-Formation im Regionalverband Tamar in Israel unter anderem geringe Beimengungen von 1,5 Gew.-% Titandioxid (TiO2), 0,1 Gew.-% Chrom(III)-oxid (Cr2O3) gefunden.[8]

Kristallstruktur

Brownmillerit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Ibm2 (Raumgruppen-Nr. 46, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/46.2 mit den Gitterparametern a = 5,584 Å; b = 14,60 Å und c = 5,374 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[7]

Bildung und Fundorte

Brownmillerit bildet sich in thermisch metamorphisierten Kalksteinen innerhalb vulkanischer Gesteine. Als Begleitminerale können unter anderem Afwillit, Calcit, Chlormayenit (ehemals Mayenit), Diopsid, Ettringit, Gehlenit, Grossular, Jasmundit, Jennit, Kalsilit, Korund, Larnit, Minerale der Melilithgruppe, Portlandit, Pyrrhotin, Spinell, Spurrit und Wollastonit.[8]

Als seltene Mineralbildung konnte Brownmillerit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 30 Vorkommen dokumentiert sind (Stand 2025).[14] In Deutschland trat das Mineral außer an seiner Typlokalität im Steinbruch Caspar am Ettringer Bellerberg und in der Umgebung von Mayen (Mayener Feld, Seekante) noch am Emmelberg bei Üdersdorf in Rheinland-Pfalz und in der Zinkhütte Genna bei Letmathe in Nordrhein-Westfalen auf.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist ein Basalt-Steinbruch bei Klöch in der Südoststeiermark.

Weiter Fundorte liegen unter anderem in Yizhou (Xinjiang) in der Volksrepublik China, Beʾer Scheva und der Hatrurim-Formation in Israel, Amman und Irbid in Jordanien, im Westjordanland, im Kreis Brașov in Rumänien, in der russischen Oblast Murmansk (Halbinsel Kola), auf Teneriffa in Spanien, der ukrainischen Oblast Donezk und im Brno-venkov (Südmähren) in Tschechien.[15]

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Hentschel: Mayenit, 12CaO·7Al2O3, und Brownmillerit, 2CaO·(Al,Fe)2O3, zwei neue Minerale in den Kalksteinschlüssen der Lava des Ettringer Bellerberges. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Heft 1, 1964, S. 22–29.
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 50, 1965, S. 2096–2111 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 22. Juli 2025]).
  • A. A. Colville, S. Geller: The crystal structure of brownmillerite, Ca2FeAlO5. In: Acta Crystallographica. B27, 1971, S. 2311–2315, doi:10.1107/S056774087100579X (englisch).
Commons: Brownmillerite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2025, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  2. a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB]).
  3. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 185 (englisch).
  4. a b Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 50, 1965, S. 2096–2111 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 22. Juli 2025]).
  5. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  7. a b c A. A. Colville, S. Geller: The crystal structure of brownmillerite, Ca2FeAlO5. In: Acta Crystallographica. B27, 1971, S. 2311–2315, doi:10.1107/S056774087100579X (englisch).
  8. a b c d e f Brownmillerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; abgerufen am 22. Juli 2025]).
  9. a b c d e f Brownmillerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  10. Gerhard Hentschel. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 22. Juli 2025.
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch, hier auch als Mineralogisches Museum, Mineralogisch-Petrographisches Institut, Universität Köln bezeichnet).
  12. A. Matthies: Typmaterialkatalog Deutschland – Brownmillerit. Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, 5. August 2024, abgerufen am 22. Juli 2025.
  13. Catalogue of Type Mineral Specimens – B. (PDF 373 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 22. Juli 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  14. Localities for Brownmillerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 22. Juli 2025 (englisch).
  15. Fundortliste für Brownmillerit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 16. Juli 2025.