Brasilzwergkauz
| Brasilzwergkauz | ||||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ridgway-Sperlingskauz, eine Unterart des Brasil-Sperlingskauzes | ||||||||||
| Systematik | ||||||||||
| ||||||||||
| Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
| Glaucidium brasilianum | ||||||||||
| (Gmelin, JF, 1788) |


Der Brasilzwergkauz (Glaucidium brasilianum), auch unter weiteren Namen bekannt, darunter Strichelkauz, Brasilianischer Sperlingskauz, Brasil-Sperlingskauz, Brasilien-Sperlingskauz oder Südamerikanischer Sperlingskauz, ist eine kleine Eulenart aus der Gattung der Sperlingskäuze. Er kommt vom Süden der Vereinigten Staaten über Zentralamerika bis Südamerika vor. Es werden mehrere Unterarten unterschieden. Zu den bekannteren Unterarten zählt der Ridgway-Sperlingskauz (Glaucidium brasilianum ridgwayi), der in den Vereinigten Staaten zu den sehr seltenen Vogelarten zählt und zeitweilig durch den Endangered Species Act unter besonderem Schutz stand.
Erscheinungsbild
Der Brasilzwergkauz erreicht eine Körpergröße von etwa 17 bis 20 Zentimetern und ist damit eine verhältnismäßig große Sperlingskauzart.[1] Federohren fehlen. Die Gefiederfärbung ist sehr variabel. Es kommen sowohl graue, braune als auch rötlichbraune Farbmorphen vor. Die Art ist deswegen nicht immer einfach von anderen Sperlingskauz-Arten zu unterscheiden, die im selben Verbreitungsgebiet vorkommen. Charakteristisch für den Brasilzwergkauz sind feine helle Längsstreifen auf der Stirn und dem Oberkopf. Die Körperoberseite kann sowohl einfarbig sein als auch unregelmäßige Flecken aufweisen. Die Körperunterseite ist weißlich bis gelblich braun mit auffallenden länglichen Streifen.
Verwechslungsmöglichkeiten bestehen unter anderem mit dem Kleinstzwergkauz, dem Amazonaszwergkauz und dem Parkerzwergkauz, die aber alle etwas kleiner sind. Der Chaco-Sperlingskauz ist ebenfalls kleiner und bewohnt trockenere Habitate als der Brasilzwergkauz. Bei dem Andenzwergkauz und dem Bolivienzwergkauz weist der Oberkopf eher Flecken als Längsstreifen auf. Der Australzwergkauz hat einen Schwanz mit dünnen Querstreifen, was bei dem Brasilzwergkauz fehlt.
Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet des Brasilzwergkauz ist ausgesprochen groß. Er kommt östlich der Anden in einem sehr großen Teil des südamerikanischen Kontinents vor. Im Einzelnen reicht das Verbreitungsgebiet vom Osten Kolumbiens, Venezuelas, Ostecuador, den beiden Guayanas und dem Norden Brasiliens bis in den Osten Boliviens, Paraguays, den Nordosten und der Mitte Argentiniens und Uruguay. In Nordamerika liegen die nördlichsten Vorkommen im Süden der USA.
Er ist ein Standvogel. Lediglich Jungeulen zeigen eine Dispersionsbewegung. Der Lebensraum sind tropische und subtropische Primär- und Sekundärwälder. Er besiedelt bevorzugt Waldlichtungen und -ränder, baumbestandenes Weideland, Wäldchen entlang von Flüssen. Er hat sich auch menschlichen Siedlungsraum als Lebensraum erschlossen und kommt unter anderem in Parks und großen Gärten vor.
Lebensweise
Der Brasilzwergkauz ist teils tagaktiv. Er kann gelegentlich auf exponierten Warten auch während des Tages beobachtet werden. Häufig hassen auf ihn Kleinvögel. Seinen Aktivitätshöhepunkt hat er in der Dämmerung. Sein Nahrungsspektrum besteht aus Insekten, Kleinvögeln und anderen kleinen Wirbeltieren wie beispielsweise Mäusen.
Er ist fast ganzjährig ein territorialer Vogel. Seine Reviergrenzen zeigt er vor allem im südamerikanischen Spätwinter (Mitte August und September) sowie im Herbst (April) durch laute Rufe an. Als Nistgelegenheit nutzt er überwiegend aufgegebene Spechthöhlen in Bäumen. Er brütet aber auch in den alten Nestern des Rosttöpfers, in Termitennestern, in Löchern der Kakteenart Carnegiea gigantea[2] und in aufgegebenen Bauen von Säugetieren in Lehmwänden. Das Gelege besteht aus drei bis fünf weißen Eiern. Der Legeabstand beträgt in der Regel zwei Tage. Es brütet allein das Weibchen. Brutbeginn ist die Ablage des letzten Eis. Die Brutzeit dauert zwischen 24 und 27 Tagen.[3]
Unterarten
Es sind folgende Unterarten bekannt:[4]
- Glaucidium brasilianum cactorum Van Rossem, 1937[5] kommt vom südlichen Arizona über Sonora bis ins nördliche Nayarit vor.
- Glaucidium brasilianum intermedium Phillips, AR, 1966[6] ist vom südlichen Nayarit bis Oaxaca verbreitet.
- Glaucidium brasilianum ridgwayi Sharpe, 1875[7] kommt vom südlichen Texas bis ins westliche Panama vor.
- Glaucidium brasilianum medianum Todd, 1916[8] ist im nördlichen Kolumbien verbreitet.
- Glaucidium brasilianum margaritae Phelps, WH & Phelps, WH Jr, 1951[9] ist auf der Isla Margarita verbreitet.
- Glaucidium brasilianum phaloenoides (Daudin, 1800)[10] kommt im nördlichen, ostlichen Venezuela, auf Trinidad und in den Guyanas vor.
- Glaucidium brasilianum duidae Chapman, 1929[11] kommt am kommt am Berg Duida vor.
- Glaucidium brasilianum olivaceum Chapman, 1939[12] ist am Auyan-Tepui verbreitet.
- Glaucidium brasilianum ucayalae Chapman, 1929[13] kommt im Amazonas-Gebiet vor.
- Glaucidium brasilianum brasilianum (Gmelin, JF, 1788)[14] ist vom östlichen Brasilien bis ins nordöstliche Argentinien verbreitet.
- Glaucidium brasilianum pallens Brodkorb, 1938[15] kommt im östlichen Bolivien, dem westlichen Paraguay und dem nördlichen Argentinien vor.
- Glaucidium brasilianum stranecki König, C & Wink, 1995[16] ist in Zentralargentinien bis ins südliche Uruguay verbreitet.
- Glaucidium brasilianum tucumanum Chapman, 1922[17] kommt im westlichen Argentinien vor.
Etymologie und Forschungsgeschichte
Die Erstbeschreibung des Brasilzwergkauzes erfolgte 1788 durch Johann Friedrich Gmelin unter dem wissenschaftlichen Namen Strix brasiliana. Als Verbreitungsgebiet gab er Brasilien an.[17] 1832 führte Friedrich Boie die für die Wissenschaft neue Gattung Glaucidium ein.[14][A 1] Dieser Name leitet sich von γλαυξ (glaux) für Eule ab. Der eigentliche Name ist die Diminutivform und bedeutet deshalb kleine Eule.[18] Der Artname brasilianum bezieht sich auf Brasilien.[14] Margaritae bezieht sich auf Isla Margarita[9], duidae auf den Cerro Duida[11], ucayalae auf den Río Ucayali[13] und tucumanum auf die Provinz Tucumán.[17] Ridgwayi sit Robert Ridgway (1850–1929) gewidmet[7], stranecki Roberto Juan Straneck (1946–2022).[16] Pallens hat seinen Ursprung in lateinisch pallens, pallentis, pallere ‚blass grünlich, gelblich, blass sein‘[19], cactorum in lateinisch cactorum, cactus ‚Vom Kaktus, stachelige Pflanze‘[20], intermedium in lateinisch inter ‚zwischen‘ und lateinisch medianus, medius ‚Mitte‘[21], medianum in lateinisch medianus, medius ‚Mitte‘[22], olivaceum in lateinisch olivaceus, oliva ‚Mitte‘[23] und phalaenoides in φαλαινα phalaina, deutsch ‚Motte‘ und -οιδης -oidēs, deutsch ‚ähnlich‘.[24] Alfred Laubmann hatte für sein Werk Die Vögel von Paraguay einen Balg, gesammelt von Michael Mathias Kiefer in Puerto Casado, zur Verfügung. Ein weiteres gesammeltes Exemplar hatte er von Georg Wieninger (1859–1925) aus Bernalcue bei Asunción, sowie zwei Weibchen von Adolf Neunteufel (1909–1979) aus Cambyretá, erhalten. In Aves nocturnas de rapiña del caburé[25] von Félix de Azara, ein Name die auch unter Strix ferox Vieillot, 1817[26] und Strix infuscata Temminck, 1820[27] in der Literatur zu finden ist, ordnete er Paraguay zu. Außerdem identifizierte er Tebicuari durch Tommaso Salvadori[28], im Synonym Glaucidium ferox rufus für die Nominatform aus dem Departamento Alto Paraná durch Arnaldo de Winkelried Bertoni[29], in Sapucai durch Charles Chubb[30] und in Monte Sociedad[31] durch Bertoni als weitere Gegenden in der die Eule vorkommt.[32] Als weiteres Synonym gilt Strix ferruginea Wied, 1820.[33]
Belege
Einzelbelege
- ↑ König et al., S. 415
- ↑ These Bird Nests Make Your Vacation House Look Like a Hole in the Ground. In: thoughtco.com. 20. November 2019, abgerufen am 30. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ König et al., S. 417
- ↑ IOC World bird list Owls
- ↑ Adriaan Joseph van Rossem (1937), S. 27.
- ↑ Allan Robert Phillips (1966), S. 93.
- ↑ a b Richard Bowdler Sharpe (1875), S. 55.
- ↑ Walter Edmond Clyde Todd (1916), S. 98.
- ↑ a b William Henry Phelps Snr. u. a. (1951), S. 65.
- ↑ François-Marie Daudin (1800), S. 206.
- ↑ a b Frank Michler Chapman (1929), S. 8.
- ↑ Frank Michler Chapman (1939), S. 6.
- ↑ a b Frank Michler Chapman (1929), S. 9.
- ↑ a b c Johann Friedrich Gmelin (1788), S. 289.
- ↑ Pierce Brodkorb (1938), S. 2.
- ↑ a b Claus König u. a. (1995), S. 461–465.
- ↑ a b c Frank Michler Chapman (1922), S. 5.
- ↑ Glaucidium The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ pallens The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ cactorum The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ intermedium The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ medianum The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ olivaceum The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ phalaenoides The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ Félix de Azara (1802), S. 225–229.
- ↑ Louis Pierre Vieillot (1817), S. 22.
- ↑ Coenraad Jacob Temminck (1829), S. 97.
- ↑ Tommaso Salvadori (1900), S. 18.
- ↑ Arnaldo de Winkelried Bertoni (1901), S. 179.
- ↑ Charles Chubb (1910), S. 78
- ↑ Arnaldo de Winkelried Bertoni (1930), S. 246.
- ↑ Alfred Laubmann (1939), S. 231.
- ↑ Maximilian zu Wied-Neuwied (1820), S. 104.
Literatur
- Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 1. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1802, S. 225–229 (google.de).
- Arnaldo de Winkelried Bertoni: Aves nuevas del Paraguay. Continuación á Azara. In: Anales cientificos paraguayos. Band 1, 1901, S. 1–216 (biodiversitylibrary.org).
- Arnaldo de Winkelried Bertoni: Sobre ornitología del Chaco Paraguayo. Aves colectadas por Félix Posner en la Colonia „Monte Sociedad“, hoy Benjamin Aceval (Villa Hayes). In: Revista de la Sociedad Científica del Paraguay. Band 2, Nr. 6, 1930, S. 241–258.
- Friedrich Boie: Generalübersicht der ornithologischen Ordnungen, Familien und Gattungen. In: Isis von Oken. Band 19, 1826, S. 969–981 (biodiversitylibrary.org).
- Pierce Brodkorb: Five new birds from the Paraguayan Chaco. In: Occasional papers of the Museum of Zoology, University of Michigan. Nr. 367, 1938, S. 1–5 (englisch, umich.edu [PDF; 117 kB]).
- Frank Michler Chapman: Descriptions of apparently new birds from Colombia, Ecuador, and Argentina. In: American Museum Novitates. Nr. 31, 1922, S. 1–8 (amnh.org [PDF; 6,2 MB]).
- Frank Michler Chapman: Descriptions of new birds from Mt. Duida, Venezuela. In: American Museum Novitates. Nr. 380, 1929, S. 1–27 (amnh.org [PDF; 562 kB]).
- Frank Michler Chapman: The upper zonal birds of Mt. Auyan-tepui, Venezuela. In: American Museum Novitates. Nr. 1051, 1939, S. 1–15 (amnh.org [PDF; 2,0 MB]).
- Charles Chubb: On the Birds of Paraguay. In: The Ibis (= 9. Band 4). Nr. 13, 1910, S. 53–78 (biodiversitylibrary.org).
- François-Marie Daudin: Traité élémentaire et complet d'ornithologie, ou, Histoire naturelle des oiseaux. Band 2. Bertrandet, Paris 1800 (biodiversitylibrary.org).
- Johann Friedrich Gmelin: Systema Naturae per Regna Tria Naturae, Secundum Classes, Ordines, Genera, Species, Cum Characteribus, Differentiis, Synonymis, Locis. Band 1, Nr. 1. Georg Emanuel Beer, Leipzig 1788 (biodiversitylibrary.org).
- John Graham Kerr: On the Avifauna of the Lower Pilcomayo. In: The Ibis (= 6. Band 4). Nr. 13, 1892, S. 120–152 (biodiversitylibrary.org).
- Claus König, Michael Wink: Eine neue Unterart des Brasil-Sperlingskauzes aus Zentralargentinien: Glaucidium brasilianum stranecki n. ssp. In: Journal of Ornithology. Band 136, Nr. 4, 1995, S. 461–465, doi:10.1007/BF01651594 (englisch).
- Claus König, Friedhelm Weick: Owls of the World. Christopher Helm, London 2008, ISBN 978-0-7136-6548-2.
- Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 231 (google.de).
- William Henry Phelps Snr., William Henry Phelps, Jr.: Four new Venezuelan birds. In: Proceedings of The Biological Society of Washington. Band 64, 1951, S. 65–72 (biodiversitylibrary.org).
- Allan Robert Phillips: Further systematic notes on Mexican birds. In: Bulletin of the British Ornithologists’ Club. Band 86, Nr. 5, 1966, S. 86–94 (biodiversitylibrary.org).
- Adriaan Joseph van Rossem: The Ferruginous Pigmy Owl of northwestern Mexico and Arizona. In: Proceedings of the Biological Society of Washington. Band 50, 1937, S. 27–28 (biodiversitylibrary.org).
- Tommaso Salvadori: Viaggio del Dr. A. Borelli nel Matto Grosso e nel Paraguay. In: Bolletino della Società dei Musei di Zoologia ed Anatomia comparata della R. Università di Torino. Band 15, Nr. 378, 1900, S. 1–19 (italienisch, biodiversitylibrary.org).
- Richard Bowdler Sharpe: Contributions to a History of the Accipitres. The Genus Glaucidium. In: The Ibis (= 3. Band 5). Nr. 17, 1875, S. 35–59 (biodiversitylibrary.org).
- Coenraad Jacob Temminck: Manuel d'ornithologie, ou, Tableau systématique des oiseaux qui se trouvent en Europe: précédé d'une analyse du système général d'ornithologie, et suivi d'une table alphabétique des espèces. 2. Auflage. Band 1. H. Cousin, Paris 1820, S. 97 (biodiversitylibrary.org).
- Walter Edmond Clyde Todd: Preliminary diagnoses of fifteen apparently new neotropical birds. In: Proceedings of The Biological Society of Washington. Band 29, 1916, S. 95–98 (biodiversitylibrary.org).
- Louis Pierre Vieillot: Nouveau dictionnaire d'histoire naturelle, appliquée aux arts, à l'agriculture, à l'économie rurale et domestique, à la médecine, etc. Par une société de naturalistes et d'agriculteurs. Band 7. Deterville, Paris 1817, S. 22–23 (biodiversitylibrary.org).
- Maximilian zu Wied-Neuwied: Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834. Band 1. H.L. Brönner, Frankfurt a.M 1839 (biodiversitylibrary.org – 1820–1821).
Weblinks
- Glaucidium brasilianum in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2025.1. Eingestellt von: BirdLife International, 2022. Abgerufen am 27. August 2025.
- BirdLife International: Species Factsheet – Ferruginous Pygmy-owl (Glaucidium brasilianum)
- Brasilzwergkauz (Glaucidium brasilianum) bei Avibase
- Glaucidium brasilianum im Integrated Taxonomic Information System (ITIS)
- Brasilzwergkauz (Glaucidium brasilianum) auf eBird.org
- xeno-canto: Tonaufnahmen – Brasilzwergkauz (Glaucidium brasilianum)
- Ferruginous Pygmy Owl (Glaucidium brasilianum) in der Encyclopedia of Life. (englisch).
Anmerkungen
- ↑ Boie kategorisierte den Australzwergkauz (Glaucidium nana (King, PP, 1827)) und den Sperlingskauz (Glaucidium passerinum (Linnaeus, 1758)) in die neue Gattung.
