Skythisches Lamm

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Das Skythische Lamm (Agnus scythicus),[1] Pflanzliche Lamm (Agnus vegetabilis) oder Baumlamm, auch Borametz[2][1] genannt, ist ein mythologisches Fabelwesen, das sowohl tierische als auch pflanzliche Eigenschaften besitzt. In der Renaissance war das Skythische Lamm das Objekt zahlreicher philosophischer und botanischer Texte, die es als Heuristik nutzen, um die Natur besser zu verstehen.[3]
Als Linnaeus im Jahr 1758 seine Systema Naturae herausgab, fügte er auch einen Abschnitt Animalia Paradoxa über legendäre Tiere ein. Darin beschreibt er das Skythische Lamm folgendermaßen: Borometz, alias Scythisches Lamm, ist eine Pflanze, die einem Lamm ähnelt, dessen Nabelschnur wie ein Stängel aus der Erde hervorsprießt. Angeblich ist der Stängel mit Blut getränkt und werde gerne von wilden Tieren gefressen. Borometz setzt sich jedoch kunstvoll aus den Wurzeln der amerikanischen Filicinen zusammen. (BOROMETZ seu AGNUS SCYTHICUS plantis accensetur, & agnoadsimilatur, cui caulis instar plantae è terra erumpens umbilibum intrat, idemque sanguine praeditus a feris devorari temerè dicitur. Est autem artificiosè ex radicibus Filicinis Americanis compositus.)[4]
Mythologie
Das Skythische Lamm wächst/lebt im Land der Skythen und Tataren.
Der Stamm der Pflanze, die das Lamm am Nabel angewachsen trägt, ist sehr biegsam, damit das Lamm hin und her pendeln kann, um an die umliegenden Gräser zu kommen. Ist die Umgebung kahl gefressen, muss das Pflanzliche Lamm verhungern. Neben dem Hungertod hat das Skythische Lamm wegen seines zarten Fleisches den Wolf zum natürlichen Feind. Auch hat es den Menschen zu fürchten, da dieser sein prachtvolles goldenes Fell sowie sein magisches Blut (Paleae Cibotii) begehrt.
Botanik
Es gibt eine Pflanze, die an das Baumlamm erinnert: Der Chinesische Schatullenfarn (Cibotium barometz) aus Farn-Unterfamilie Dicksoniaceae[5] in der Familie der Cyatheaceen wächst auf den Sundainseln, in Südchina und Indien besitzt einen niederliegenden Stamm, der mit goldbraunen Haaren dicht besetzt ist.[6] Der Beiname barometz bezieht sich auf das tatarische baranetz, was „Lämmchen“ bedeutet. Im Mittelalter wurden über Stammstücke dieses Farns, welche zufällig die Gestalt eines vierbeinigen Tiers hatten und Skythisches Lamm (Agnus scythicus) genannt wurden, allerlei Fabeln erzählt.
Cibotium barometz wird vor allem in China auch als Medizin verwendet. Angeblich soll es Leber und Nieren aufbauen, Knochen und Muskeln stärken. Haare des Rhizoms gelten zudem in China und Malaysia als blutstillendes Mittel. Aufgrund dieses Gebrauchs wird die Species immer seltener.[6]
Literatur
- Judith J. Ho: Legend of the Lamb-Plant. In: Probe. Band 2, Nr. 3, 1992, S. 19–22 (PDF).
- Henry Lee: The vegetable lamb of Tartary. A curious fable of the cotton plant, to which is added a sketch of the history of cotton and the cotton trade. Sampson Low, Marston, Searle & Rivington, London 1887 (Digitalisat).
Einzelnachweise
- ↑ a b Denis Diderot: Agnus Skythicus In: L’Encyclopédie. 1. Ausgabe, 1751, S. 179–180
- ↑ Johann Philipp Breyne: Dissertatiuncula de agno vegetabili scythico, borametz vulgo dicto. In: Philosophical Transactions. Band 33, Nr. 390, 31. Oktober 1725, S. 353–360 (doi:10.1098/rstl.1724.0068, JSTOR:103799).
- ↑ The Vegetable Lamb of Tartary: Renaissance Philosophy, Magic, and Botany. 22. Dezember 2021, abgerufen am 23. Dezember 2021 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Caroli Linnæi Medic. & Botan. in Acad. Upsaliensi Professoris, ... Opera Varia in quibus continentur fundamenta botanica, sponsalia plantarum, et systema naturae, in quo propunentur Naturæ regna tria secundum Classes, Ordines, Genera & Species, Typographia Juntiniana, Lucca 1758, S. 362f.
- ↑ Mark F. Large, John E. Braggins: Tree Ferns. Timber Press, Inc., Portland, Oregon 2004, ISBN 978-0-88192-630-9, S. 360 (archive.org).
- ↑ a b Cibotium barometz. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Mai 2011; abgerufen am 16. September 2025.