Black Medusa

Film
Titel Black Medusa
Produktionsland Tunesien
Originalsprache Französisch, Englisch, Arabisch
Erscheinungsjahr 2021
Länge 95 Minuten
Produktions­unternehmen Utopia Films
Stab
Regie Youssef Chebbi und ismaël
Drehbuch Youssef Chebbi und ismaël
Produktion ismaël
Musik Omar Aloulou
Kamera Imed Alissaoui
Schnitt ismaël
Besetzung
  • Nour Hajri -Nada
  • Rym Hayouni – Noura
  • Aymen Mejri – dünner junger Mann
  • Aymen Ben Hmida – großer junger Mann
  • Karim Remadi – Mann von 50 Jahren
  • Ala Eddine Slim – Taxifahrer
  • Callum Francis Hugh – ein junger Engländer
  • Mehdi Hajri – junger Mann in Schwarz
  • Sarah Alina Grosz – junge Italienerin

Black Medusa ist ein Spielfilm von ismaël und Youssef Chebbi aus dem Jahr 2021 über eine junge Frau, die in der Stadt Tunis ein Doppelleben führt.

Handlung

Nada lebt alleine in Tunis und arbeitet im Home-Office als Video-Editorin für ein Start-up-Unternehmen. Der Film folgt ihr über einen Zeitraum von neun Tagen. Nada hat kaum Kontakte, spricht nicht, sondern kommuniziert über eine Voice App ihres Smartphones. Nachts stürzt sie sich in das Nachtleben der Stadt. Sie reißt Männer auf, die sie mit zu sich nach Hause nimmt. Sie lässt sich ihre Geschichten erzählen, schenkt ihnen Drinks ein, die mit Drogen versetzt sind, fällt dann brutal über sie her und misshandelt sie. Was genau die Motive für ihr exzessives Verhalten sind – allenfalls in einem flüchtigen Flashback Nadas über eine Vergewaltigung angedeutet – lässt der Film im Dunkeln. Als die Firma eine junge Designerin, die 23-jährige Noura, einstellt, scheint sie ein wenig zugänglicher zu werden. Noura verliebt sich in Nada, über deren nächtliche Streifzüge weiß sie nichts. Eines Tages findet Nada in der Wohnung eines ihrer Opfer ein antikes Messer, von dem sie fasziniert ist, in dem sie mystische Qualitäten zu erkennen meint und das ihre Lust auf Gewalt zu beschleunigen scheint. Sie läuft Gefahr, die Kontrolle über sich zu verlieren. In einer Nacht misslingt ihr der Versuch, den Mann zu betäuben, und sie bringt ihn um.

Produktion

Black Medusa ist der erste gemeinsame Spielfilm von Youssef Chebbi und Ismaël. Ihre erste Zusammenarbeit fand 2012 statt, als sie zusammen mit Alaeddine Slim den Dokumentarfilm Babylon über den Aufstand 2012 in Libyen drehten. Während der Dreharbeiten entstand die Idee zu einem Remake von Abel Ferraras Film Die Frau mit der 45er Magnum. Der Film sollte in Tunesien spielen, „das Land in Nordafrika mit den weitesten Fortschritten was die Rechte der Frauen betrifft“. Ismaël zeigte aber zunächst wenig Interesse an dem Projekt, auf das die beiden Regisseure erst sieben Jahre später wieder zurückkamen.[1]

Mosaik der Medusa im Museum von Sousse

Der Titel spielt auf Medusa an, eine der Gorgonen der griechischen Mythologie, die nach einer Vergewaltigung durch Poseidon alle, die sie anblickten, in Stein verwandelte. Bei einem Museumsbesuch sieht Nada ein Mosaik mit dem Kopf der Medusa und identifiziert sich mit ihr.[2] Der Film wurde in Schwarzweiß gedreht und von ismaël produziert, der auch an der Regie und dem Drehbuch beteiligt war und den Film editiert hat. Die Produktionskosten betrugen (geschätzt) 203.000 €.[3] Die Dreharbeiten fanden an verschiedenen Orten in Tunis statt, u. a. im Archäologischen Museum in Sousse, auf dem Grabungsgelände in Feradi Maius und in der Cité d’El Menzah, einem Neubauviertel von Tunis.[4]

Die Musik des tunesischen Filmkomponisten Omar Aloulou wird unterstützt durch das „suggestive, hypnotisch wirkende“[5] Sound Design von Amal Attaia.

Für die Hauptdarstellerin Nour Hajri war es erst die zweite Rolle in einem Spielfilm.

Veröffentlichung

Premiere des Films war am 5. Februar 2021 auf dem Filmfestival in Rotterdam, anschließend lief er auf mehreren europäischen Festivals und u. a. am 2. November 2021 auf dem Carthago Film Festival in Tunesien. In Deutschland wurde der Film am 21. Januar 2022 im Fernsehen gezeigt und gleichzeitig im Internet veröffentlicht.

Rezeption

Preise und Auszeichnungen

Der Film wurde für 8 Filmpreise nominiert.

Kritik

Der Film wurde insgesamt von der Filmkritik positiv aufgenommen. Die meistens Kritiker assoziieren den Film inhaltlich mit den sozialen Umwälzungen in Tunesien im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling. Einschränkungen gibt es allerdings, was die Stimmigkeit der Geschichte, die Motivation der Protagonistin und die Intention der Autoren betrifft. „Morally confusing and confused“' bezeichnet John Bleasdale den Film.[5]

Rouven Linnarz vom Filmportal Film-Rezensionen.de bezeichnet Black Medusa als einen geheimnisvollen, düsteren Mix aus Drama und Thriller. Chebbi und Ismaël gelinge vor allem auf ästhetischer Ebene ein äußerst überzeugender Film, dessen Bilder noch lange nachwirkten. Die Bilderwelt, die mit wiederkehrenden Leitmotiven wie dem Messer oder dem Blick der Protagonistin arbeite, reflektiere eine Welt, in der es um das Gesehen-Werden gehe, um das Etablieren einer Fassade, die spätestens hinter verschlossenen Türen in sich zusammenfalle. Andererseits spiegele sich in Black Medusa im „Nachhall zum Arabischen Frühling“ eine Art Befreiungsphantasie wider.[6]

„Africultre“ geht auf das Bild der Stadt Tunis ein, das Regisseur und Kameramann in Black Medusa zeichnen: „Black Medusa ist nicht nur das Porträt einer zornigen jungen Frau im nachrevolutionären Tunesien. Der Regisseur skizziert auch ein Porträt von Tunis: Eine Stadt aus kalten, gesichtslosen Geschäftsgebäuden, dazu ein überbordendes Nachtleben. Darüber hinaus zeigt er uns einen einzigartigen, neuen Blick auf das Tunis der Gegenwart. Er nutzt Nadas monotones und gewalttätiges Doppelleben als eine Metapher, der Film erforscht die tiefliegenden Sorgen und Ängste einer Generation.“[7][4]

Einzelnachweise

  1. Black Medusa: Will its brutal heroine change North African cinema? Middle East Eye, 8. Dezember 2021
  2. Aimee Hinds Scott: Modern Medusas: Rethinking “Monsters”, Silence, and Cinema Los Angeles Review of Books, 19. April 2022, abgerufen am 10. Juni 2025
  3. Box Office, IMDb
  4. a b Black Medusa africultures, abgerufen am 11. Juni 2025
  5. a b John Bleasdale: IFFR 2021: Black Medusa review Cinevue, 21. Februar 2021, abgerufen am 11. Juni 2025
  6. Black Medusa film-rezensionen.de, abgerufen am 11. Juni 2025
  7. „Black Medusa n’est pas seulement le portrait d’une jeune femme en colère dans la Tunisie post-révolutionnaire. Les réalisateurs brossent également un portrait de Tunis : une ville qui combine des immeubles de bureaux froids et sans visage avec une vie nocturne exubérante. Ils nous offrent surtout un regard unique et novateur sur la Tunisie contemporaine. En utilisant la double vie de Nada, faite de monotonie et de violence, comme métaphore, le film explore les préoccupations et les chagrins les plus sous-jacents d’une génération.“