Gurre

Gurre ist eine im heutigen Deutsch bis auf Reste verschwundene althochdeutsche Bezeichnung für ein einzelnes weibliches Pferd.[1]

Noch im Alt- und Mittelhochdeutschen bezeichnete „stuot“ (Stute) eine Herde weiblicher Pferde. Erst Anfang des 15. Jahrhunderts setzte sich die Bezeichnung Stute in ihrer heutigen Bedeutung durch.

Wortherkunft

Gurre bedeutet auf mittelhochdeutsch schlechte Stute oder schlechtes Pferd.[2][3] Der Eintrag Gurre der Oeconomische Encyclopädie von Johann Georg Krünitz (1773–1858) lautet:

„Gurre, (die) im g. L. eine Benennung einer Stute von geringer und schlechter Art, und eines jeden schlechten Pferdes überhaupt, welches man auch wohl eine Mähre zu nennen pflegt. In einigen Mundarten lautet dieses Wort Gorre, im Meklenburg. Zorre, in Irland Garron, alle in der Bedeutung eines schlechten Pferdes.“[4]

Im Elsässischen wurde Gurre für alte Gäule, ungeliebte alte weibliche Tiere, schlechte Weibspersonen und für ungezogene, liederliche Mädchen verwendet.[5]

Wappen

Wappen Haag
Wappen Haag

Seit etwa 1200 zierte das Wappen der Reichsritter Gurren von Haag eine weiße Gurre auf rotem Grund. Als 1245 der letzte Gurre von Haag ohne männlichen Nachkommen starb, übertrug Kaiser Friedrich II. die Reichsgrafschaft Haag dem mit Elisabeth Gurre von Haag verheirateten Ritter Sigfrid von Fraunberg. Die Gurre im Wappen der Haager Grafen bleibt unter den Fraunbergern erhalten und wurde in das heutige Wappen von Haag in Oberbayern übernommen.[6]

Wappen Erding
Wappen Erding

Im 1953 festgelegten Wappen des Landkreises Erding erscheint eine rote, goldbewehrte Haager Gurre auf weißem Grund mit (heraldischen Normen entsprechendem) aufsteigendem Schweif.[7]

Bissgurre

„Bissgurre“ ist ein Kompositum mit „beißen“. Es ist seit dem 16. Jahrhundert als abwertende, oft auch altersdiskriminierende auf Frauen bezogene Tiermetapher für das Konfliktverhalten von Stuten belegt.[8] In manchen süddeutschen und österreichischen Gegenden hat sich der Ausdruck „Bissgurre“ (auch „Bissgurn“) erhalten.[9][10] Im Bairischen ist das Wort im heutigen Alltag noch gebräuchlich.[11]

Weitere Bedeutungen

„Bissgurre“ ist eine veraltete Bezeichnung für die Fischgattung Schlammbeißer.[12]

Wiktionary: Stute – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gurre. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 9: Greander–Gymnastik – (IV, 1. Abteilung, Teil 6). S. Hirzel, Leipzig 1935 (woerterbuchnetz.de).
  2. Gurre, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch von Matthias Lexer, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer>, abgerufen am 16. Mai 2025.
  3. Gurre, Mittelhochdeutsches Wörterbuch von Benecke, Müller, Zarncke, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/BMZ>, abgerufen am 16. Mai 2025
  4. Oeconomische Encyclopädie von Johann Georg Krünitz
  5. Gurre, Wörterbuch der elsässischen Mundarten, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/ElsWB>, abgerufen am 16. Mai 2025.
  6. Markt Haag i.OB, Haus der Bayerische Geschichte
  7. Landkreis Erding, Haus der Bayerische Geschichte
  8. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, de Gruyter, 1995
  9. Bissgurn duden.de
  10. Bayern: "Bayerisches Wörterbuch" von Andreas Schmeller, München 1872, dort unter Gurre; Franken: Handwörterbuch von Bayerisch-Franken, 2. Auflage, Bamberg 2007.
  11. Bissgurre, Google-Ngram-Viewer
  12. Art. C. fossilis Lin. Bissgurre, Schlammpitzger, Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863