Bewertungsprotokoll (Archiv)

Ein Bewertungsprotokoll dokumentiert die Bewertungsentscheidungen von Archivaren im Rahmen der archivischen Bewertung – also der Auswahl von Registraturgut zur Übernahme oder Kassation. Der Zweck liegt in der Transparenz: Archivbenutzer können nachvollziehen, nach welchen Kriterien Akten übernommen oder aussortiert wurden und somit den Quellenwert besser einschätzen.

Inhalte eines Bewertungsprotokolls

  • Name der aktenaussondernden Stelle
  • Daten (Beginn/Ende) und Ort der Bewertung
  • Name des bearbeitenden Archivars
  • Quantität des geprüften Aktenumfangs
  • Begründete Entscheidungen zu Übernahmen wie Kassationen (häufig zusammengefasst nach Aktenplanpositionen)
  • Aussonderungsliste als Anlage mit Bewertungsvermerken

Rolle im archivischen Gesamtprozess

  • Bewertung: Auswahl archivwürdiger Akten vs. Kassation
  • Dokumentation: Bewertungsprotokoll stellt den Bewertungsakt transparent dar
  • Ordnung & Verzeichnung: Nach Übernahme erfolgt strukturelle Erschließung und Zugänglichmachung

Bewertungsansätze und -Modelle

Vertikale und horizontale Bewertung

Dabei analysiert das Archiv einzelne Verwaltungsstrukturen: vertikal über Hierarchieebenen, horizontal in gleichrangigen Verwaltungsbereichen. Ziel ist, inhaltlich relevante Unterlagen zu identifizieren und Mehrfachüberlieferungen zu vermeiden.[1]

Bewertungsmodelle

Bewertungsmodelle legen formale und inhaltliche Kriterien fest. Sie unterstützen die transparente, nachvollziehbare, effiziente und qualitativ gesteuerte Überlieferungsbildung – Teil eines „Dokumentationsprofils“.

Formale vs. inhaltliche Kriterien

Erste Prüfung erfolgt anhand formaler Kriterien (z. B. Fristen, Mehrfachüberlieferung). Erst danach folgen inhaltliche Bewertungen (zeitgenössische Relevanz, historische Bedeutung). Formale Negativentscheidungen ermöglichen häufig sofortige Kassationen.[2]

Arten der Bewertung

Prospektive Bewertung

Festlegung archivwürdiger Unterlagen bereits bei der Erstellung – häufig bei elektronischen Akten. Metadaten werden im Ordnungssystem hinterlegt.[3]

Retrospektive Bewertung

Bewertung bereits existierender oder unbehandelter Unterlagen, meist bevor sie an das Archiv abgegeben werden.

Bedeutung und Konsequenzen

  • Sicherung der Archivwürdigkeit historischer, rechtlicher oder gesellschaftlicher Informationen
  • Vermeidung redundanter Überlieferungen, Steuerung von Aufwand und Kosten
  • Rechtliche Absicherung durch nachvollziehbare Bewertungsentscheidungen

Einzelnachweise

  1. Bewertungsmodelle und -grundsätze. Abgerufen am 16. Juni 2025.
  2. Bewertung. Abgerufen am 16. Juni 2025.
  3. Schweizerisches Bundesarchiv BAR: Archivwürdigkeit. Abgerufen am 16. Juni 2025.