Berthe Ostyn

Berthe Ostyn, um 1929

Berthe Ostyn (* 23. Februar 1900 als Josefine Bertha Offermann in Aachen; † 29. Mai 1992 in Perth, Australien) war eine deutsche Schauspielerin zur Zeit des frühen Tonfilms.

Leben und Wirken

Geboren als Tochter des Kommis Josef „Jupp“ Offermann und seiner Frau Theresia, geb. Thelen,[1] übersiedelte die Rheinländerin bereits als Kind mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder nach Graudenz und Breslau, wo ihr Vater als kaufmännischer Direktor und Mitinhaber einer Speditionsfirma tätig wurde. 1925 heiratete sie in Breslau den Juristen und späteren Verlagsinhaber Eugen Ottow und begann bald darauf, Schauspiel- und Gesangsunterricht zu nehmen. Ihre Künstlerlaufbahn startete sie zunächst als Tänzerin, ehe sie 1929 durch Vermittlung der Tochter des Regisseurs Carl Froelich in Die Nacht gehört uns an der Seite von Hans Albers ihre erste Filmrolle erhielt. Daraufhin zog sie von Breslau nach Berlin und wirkte unter ihrem Pseudonym Berthe Ostyn in mehreren Filmen des anbrechenden Tonfilmzeitalters mit.

Berthe Ostyn mimte bevorzugt kokette Frauen der Bühnenwelt wie Schauspielerinnen (Der Schuß im Tonfilmatelier), Tänzerinnen (Die Csikosbaroneß), Mannequins (Ich geh’ aus und Du bleibst da) und Revuesängerinnen (Er und seine Schwester). In Dienst ist Dienst (1931) betörte sie als Kabarettstar Carola ein österreichisches Husarenregiment, in Wenn dem Esel zu wohl ist (1932) spielte sie ein Barmädchen, das vorgibt, eine Gräfin zu sein. Ebenfalls 1932 war sie in Eine Stadt steht Kopf das „blonde Glück“ eines Revisionsrats (Heinrich Schroth). Obwohl ihre Rollen oft recht wichtig waren, stand sie doch regelmäßig im Schatten der namhaften Hauptdarstellerin, deren Kontrahentin sie zu verkörpern hatte. Parallel zu ihrer Filmtätigkeit trat sie auch an den Barnowsky-Bühnen und der Komischen Oper Berlin auf.

Seit 1931 geschieden, ging Berthe Ostyn eine Beziehung mit Eugen Schultz ein, dem Berliner Pressechef der Emelka und Rechtsberater der Hormo-Pharma GmbH. Da Schultz gemäß NS-Rassenlehre als „Halbjude“ galt und ein Arrangement mit den Nationalsozialisten ablehnte, verlor er nach der Machtergreifung seine Positionen und emigrierte nach England. Berthe Ostyn folgte ihm ins Londoner Exil, wo sie ihn 1935 heiratete.[2] Zugleich mit ihrem Mann erhielt sie 1939 kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die britische Staatsbürgerschaft[3] und nahm den Familiennamen Shaw an. Ende desselben Jahres kam die gemeinsame Tochter zur Welt.

Aus wirtschaftlichen Erwägungen wanderten Berthe Ostyn und ihre Familie um 1950 in die britische Kronkolonie Südrhodesien aus, in deren Hauptstadt Salisbury (das heutige Harare) ihr Mann als Vertreter und Kommissionär für deutsche Firmen tätig wurde.[4]

Nachdem sie sich von Eugen Shaw getrennt hatte, verließ Berthe Ostyn ihre südrhodesische Wahlheimat am Vorabend von deren Unabhängigkeit und übersiedelte in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre zu ihrer Tochter und deren Familie nach Sydney. Zuletzt im Vorort Scarborough der westaustralischen Metropole Perth ansässig, starb die ehemalige, in ihrer Heimat längst vergessene Schauspielerin 1992 im Alter von 92 Jahren[5] und wurde im Krematorium des Karrakatta Cemetery feuerbestattet.[6]

Filmografie

Tondokument

Literatur

  • Erster Internationaler Tonfilm-Almanach (ITA). Hermann Wendt, Berlin 1930, DNB 368775844, S. 165.
  • Frank Arnau (Hrsg.): Universal Filmlexikon 1932. Universal Filmlexikon G.m.b.H., Berlin 1932, DNB 015203018, S. 333 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Wilhelm Ritter (Hrsg.): FF-Tonfilm-Führer. Das Handbuch der Filmschaffenden. Theater und Film Verlagsgesellschaft, Berlin 1933, DNB 015218309, S. 218.
  • Helga und Karlheinz Wendtland: Geliebter Kintopp. Sämtliche deutsche Spielfilme von 1929 – 1945. Künstlerbiographien L–Z. Verlag Medium Film Karlheinz Wendtland, Berlin 1995, ISBN 3-926945-14-1, S. 73.

Einzelnachweise

  1. Stadtarchiv Aachen, Geburtsregister Standesamt Aachen I, Nr. 588/1900.
  2. General Register Office, Register of Marriages in the Registration District of Hendon, Nr. 189/1935 (vgl. Index bei Ancestry, kostenpflichtig).
  3. The National Archives, Naturalisation Certificate: Eugen Friedrich Wilhelm Schultz, HO 334/155/14724 (vgl. Eintrag im Online-Katalog).
  4. LABO, Abteilung I – Entschädigungsbehörde des Landes Berlin, Entschädigungsakte Nr. 73 531 (Eugen Shaw).
  5. Western Australian Government Gazette, 12. Juni 1992, S. 2457 (online; 1,57 MB).
  6. Western Australian Registry of Births, Deaths and Marriages, Registration Nr. 0102347C/1992.