Bernadette J. Madrid

Bernadette Jardiolin Madrid (geb. in Iloilo City) ist eine philippinische Pädiatrin, die seit 1997 als Leiterin der ersten Child Protection Unit des Landes am Philippine General Hospital in Manila tätig ist und dort ein multidisziplinäres System medizinischer, rechtlicher und psychosozialer Betreuung für missbrauchte Kinder entwickelte. Sie gründete 2002 die Child Protection Network Foundation und baute ein landesweites Netzwerk von 123 Women and Child Protection Units auf, das über 119.000 Kinder betreut hat (Stand 2022), wofür sie 2022 mit dem Ramon-Magsaysay-Preis ausgezeichnet wurde.

Akademische Laufbahn

Madrid studierte Medizin und Pädiatrie an der Universität der Philippinen Manila (UP Manila) von 1979 bis 1983. Ihre Facharztausbildung in Pädiatrie absolvierte sie am Philippine General Hospital (PGH) von 1985 bis 1987, nachdem sie ihr Praktikum dort von 1984 bis 1985 abgeschlossen hatte. Ein entscheidender Wendepunkt in ihrer Laufbahn war ihr postgraduales Stipendium in ambulanter Pädiatrie am Montefiore Medical Center in New York von 1989 bis 1990.[1]

Während ihres Aufenthalts in New York lernte Madrid das dortige „Child Abuse Program“ kennen, das ihr die Augen für ein Problem öffnete, das sie und ihre philippinischen Kollegen bis dahin nicht vollständig erkannt hatten. Dieses Programm zeigte ihr, dass viele der Patienten, die sie auf den Philippinen behandelt hatte, tatsächlich Opfer von Kindesmissbrauch waren, aber nicht als solche identifiziert worden waren.[2] Nach ihrer Rückkehr auf die Philippinen versuchte Madrid zunächst, ein ähnliches Programm zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch am Philippine General Hospital in Manila zu etablieren. Das Programm scheiterte jedoch aufgrund mangelnder Unterstützung. Daraufhin kehrte sie in ihre Heimatprovinz Iloilo zurück und eröffnete eine Privatpraxis.[3]

Neben ihrer klinischen Arbeit ist Madrid Clinical Associate Professor für Pädiatrie am UP College of Medicine. Sie war an der Integration von Kinderschutz in das grundständige und postgraduale medizinische Curriculum beteiligt. Madrid ist aktiv in die Integration der Prävention von Kindesmissbrauch in die medizinischen Lehrpläne für Grund- und Aufbaustudium eingebunden.[4] Sie ist zudem Professorial Lecturer II und Mitglied des Forschungsausschusses der Philippine Judicial Academy des Obersten Gerichtshofs der Philippinen. Zudem dient sie im Multi-Sectoral Governance Council der Philippine National Police und im Committee for the Special Protection of Children unter Vorsitz des Justizministeriums.[5]

Wirken

Child Protection Unit

Im Jahr 1996 wurde Madrid nach Manila zurückgerufen, um eine Notfalleinheit für missbrauchte Kinder am Philippine General Hospital (PGH) zu leiten. Diese Initiative ging auf das Drängen der Universität der Philippinen Manila (UP Manila) und des US-amerikanischen Kinderschutzaktivisten David G. Bradley (* 1953) sowie der Advisory Board Foundation (heute CityBridge Foundation) zurück. Im Jahr 1997 übernahm Madrid die Leitung der PGH Child Protection Unit (PGH-CPU), der ersten derartigen Einrichtung im Land.[3]

Die PGH-CPU etablierte sich als multidisziplinäre Einrichtung, die medizinische, rechtliche, soziale und psychische Gesundheitsdienste für missbrauchte Kinder und ihre Familien in einem koordinierten Programm anbietet. Diese „one-stop health facility“ wurde als „das beste medizinische System für missbrauchte Kinder in Südostasien“ gelobt. Bis 2021 hatte die Einrichtung 27.639 Kinder betreut.[6][3]

Aufbau eines nationalen Netzwerks

Ein entscheidender Meilenstein war die Gründung der Child Protection Network Foundation (CPN) im Jahr 2002, einer Partnerschaft zwischen Zivilgesellschaft, Hochschulen und Regierung. Als Geschäftsführerin der CPN entwarf Madrid Programme und engagierte sich bei Familiengerichten, Schulen, Krankenhäusern, lokalen Regierungseinheiten, Gemeinschaftsorganisationen und politischen Entscheidungsträgern zur Förderung des Kinderschutzes. Sie überwacht und koordiniert die fünf Arbeitsbereiche des Netzwerks: medizinische und psychosoziale Betreuung, Kindersicherheit und Rechtsschutz, ein nationales Programm für die Ausbildung im Kinderschutz, ein nationales Netzwerk von WCPUs und Forschung für eine nationale Datenbank über Kindesmissbrauch.[3]

In Partnerschaft mit der UP Manila, PGH-CPU, CPN, dem Gesundheitsministerium, lokalen Regierungseinheiten und dem Privatsektor wurde das Network of Women and Child Protection Units (WCPUs) gebildet. Dieses Netzwerk besteht inzwischen aus 123 WCPUs in 61 Provinzen und 10 Städten, die 119.965 Kinder und Jugendliche sowie 30.912 Frauen betreut haben. Das Netzwerk verfügt über ein Gesamtpersonal von 237 Ärzten, 199 Sozialarbeitern und 85 Polizeibeamten (Stand 2022).[3]

Forschung und internationale Zusammenarbeit

Madrid ist nicht nur Praktikerin, sondern auch aktive Forscherin auf dem Gebiet des Kinderschutzes. Sie leitet die Child Abuse, Neglect and Exploitation Study Group (CANE) der National Institutes of Health der UP, eine Forschungsgruppe mit dem Ziel, eine Evidenzbasis für die Primärprävention und Intervention von Kindesmissbrauch und -vernachlässigung auf den Philippinen aufzubauen. Ihre Forschungsarbeit erstreckt sich auf internationale Kooperationen mit führenden Universitäten weltweit, darunter die University of Cambridge, University of Oxford, Universität Kapstadt und University of Edinburgh. Diese Partnerschaften haben zu besseren Dienstleistungen und der Erweiterung bestehender Angebote geführt. Die WCPUs dienen als Plattform für die Skalierung evidenzbasierter Praktiken.[5][7]

Madrid war Co-Vorsitzende des Ausschusses für klinische Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Gesundheitsreaktion auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie des WHO-Ausschusses zur Reaktion auf Kindesmisshandlung. Diese Richtlinien wurden im Oktober 2017 eingeführt und für den philippinischen Kontext zur Verwendung durch die WCPUs lokalisiert. Zudem ist sie Mitglied mehrerer internationaler Lenkungsausschüsse, darunter die Global Social Service Workforce Alliance und Learning in East Asia and the Pacific, ein regionales Netzwerk von Know Violence in Childhood. Darüber hinaus ist sie Mitglied des internationalen Ausbildungsteams für Kinderschutzpädiatrie der American Academy of Pediatrics und Mitglied des Parenting for Lifelong Health Board an der University of Oxford sowie des Lenkungsausschusses des Childlight Global Child Safety Institute an der University of Edinburgh.[7][5]

Veröffentlichungen

Madrid hat mehrere Artikel in lokalen und internationalen peer-reviewten Zeitschriften, Kapitel in Büchern und Handbüchern sowie Forschungsarbeiten zum Kinderschutz veröffentlicht, die zu Änderungen in Politik und Praxis auf den Philippinen beigetragen haben. Sie ist Peer-Reviewerin für Child Abuse and Neglect, the International Journal und das Journal of Interpersonal Violence.[4][5] Eine besondere Ausgabe über Kindesmissbrauch, -vernachlässigung und -ausbeutung in Acta Medica Philippina im Jahr 2022 feierte das 25-jährige Bestehen der PGH-CPU und des Child Protection Network (CPN). Diese Ausgabe verdeutlichte die zentrale Rolle der Forschung als eine der fünf Säulen im Care Continuum for Child Maltreatment – die anderen Säulen sind: integrierte klinische Betreuung für das missbrauchte Kind, Prävention von Kindesmissbrauch auf drei Ebenen, Ausbildung in allen Sektoren und Governance.[8][9][7]

Anerkennungen

Madrid hat zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen für ihre Arbeit im Kinderschutz erhalten. Die bedeutendste ist der Ramon-Magsaysay-Preis 2022, für den sie aufgrund ihres „unaufdringlichen und standhaften Engagements für eine noble und anspruchsvolle Interessenvertretung; ihrer Führungsrolle bei der Leitung einer multisektoralen, multidisziplinären Anstrengung im Kinderschutz, die in Asien bewundert wird; und ihrer Kompetenz und ihres Mitgefühls bei der Hingabe, dafür zu sorgen, dass jedes missbrauchte Kind in einer heilenden, sicheren und nährenden Gesellschaft lebt“ anerkannt wurde.[3]

Weitere bedeutende Auszeichnungen umfassen die folgenden:[5]

  • Outstanding Pediatrician of the Year 2021 (Auszeichnung durch die Philippine Pediatric Society)
  • Most Influential Filipina Woman in the World Award 2019 in der Kategorie „Pioneer and Founder“ (Auszeichnung durch Filipina Women’s Network in Paris)
  • Most Outstanding Alumni for Child Advocacy 2015 (Auszeichnung durch die UP Alumni Association)
  • Most Distinguished Alumna for Service 2013 (Auszeichnung durch die University of the Philippines Alumni Association)
  • Outstanding Service Award on Child Protective Services 2012 (Auszeichnung durch das National Children’s Advocacy Center in Alabama, USA)

Einzelnachweise

  1. Jose Torres Jr.: For fighting child abuse, Filipino pediatrician Bernadette Madrid earns ‘Asia’s Nobel Prize’. LiCAS.news, 5. September 2022, abgerufen am 12. September 2025.
  2. Breaking the Cycle of Child Abuse: Dr. Bernadette Madrid / Pediatrician. NHK, 18. Januar 2024, abgerufen am 12. September 2025.
  3. a b c d e f Ramon Magsaysay Awardee: Madrid, Bernadette J. Ramon Magsaysay Award Foundation, abgerufen am 12. September 2025.
  4. a b Child Protection Unit, University of the Philippines. WHO, abgerufen am 12. September 2025.
  5. a b c d e Bernadette J. Madrid: Executive Director’s Message. Child Protection Network, abgerufen am 12. September 2025.
  6. Children’s rights advocate Bernadette Madrid named Ramon Magsaysay awardees. Philstar Global, 31. August 2022, abgerufen am 12. September 2025.
  7. a b c Child Abuse, Neglect and Exploitation Study Group (CANE). UP National Institutes of Health, abgerufen am 12. September 2025.
  8. Victoria L. M. Herrera: Research in Child Protection Against Abuse and Neglect: at the crossroads of analysis, strategy, and policy. In: Acta Medica Philippina. Band 56, Nr. 15. Manila 2022, S. 7 f., doi:10.47895/amp.v56i15.6517.
  9. Victoria L. M. Herrera: Qualitative Analysis of Operational Deliverables of the PGH-Child Protection Unit and Child Protection Network in Advancing the Care Continuum for Child Maltreatment: A Roadmap for Setup and Evaluation. In: Acta Medica Philippina. Band 56, Nr. 15. Manila 2022, S. 9–18, doi:10.47895/amp.v56i15.1885.