August Schulz (Botaniker)

August Albert Heinrich Schulz (* 8. Dezember 1862 in Stettin; † 7. Februar 1922 in Halle (Saale)) war ein deutscher Arzt und Botaniker. Schulz war Dozent, später Professor, der Botanik an der Universität Halle-Wittenberg. Seine Botanischen Autorenkürzel lauteten „A.A.H.Schulz“ und „Aug.Schulz“ sowie „A.Schulz“.[1]

Leben

Schulz war der Sohn und das einzige Kind des Obertelegraphensekretärs Heinrich Schulz.[2] Auf Grund der mehrmaligen Versetzungen seines Vaters besuchte er verschiedene Schulen und die Gymnasien in Sorau und Münster. Sein Abitur erhielt er im Frühjahr 1885 mit 22 Jahren am Stadtgymnasium in Halle. Er wollte eigentlich Philologie studieren, entschloss sich aber zu einem Studium der Medizin und der Naturwissenschaften an der Halleschen Universität. Im Frühjahr 1887 bestand er das Tentamen physicum sowie im Mai 1890 die Medizinische Staatsprüfung und erhielt noch im gleichen Jahr die Approbation.[3][4]

Da er schon mit fünf Jahren einen schweren Tubenkatarrh erlitten hatte, war er auf dem linken Ohr fast taub. Zwei Jahre später verlor er die Funktion seines rechten Lungenflügels als Folge einer Pleuritis. Nach einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen einer Polypenerkrankung war das Hörvermögen seines rechten Ohres nun ebenfalls stark eingeschränkt. Er konnte somit die Lungen- und Herzfunktionen seiner Patienten nicht mehr korrekt erfassen und beurteilen. Eine weitere Tätigkeit als niedergelassener Arzt im Riesengebirge war nicht mehr möglich, Schulz übernahm daraufhin kurzzeitig die Funktion eines Polizeiarztes in Halle.[3]

Er wandte sich nun der Botanik zu, die ihn schon während seines Studiums der Naturwissenschaften faszinierte. Seine Einkünfte konnte Schulz während dieser Zeit als Redakteur und Lektor für verschiedene Verlage von Belletristik und Jugendschriften sowie als Theater- und Musikkritiker für Tageszeitungen aufbessern.[2] Bereits im August 1893 promovierte er an der philosophischen Fakultät der Universität Halle mit der Inaugural-Dissertation Grundzüge der Entwickelungsgeschichte seit dem Ausgange der Tertiärperiode zum Dr. phil. Ein Jahr später habilitierte er sich dort als Privatdozent der Botanik bei Gregor Kraus mit der Habilitationsschrift Die Vegetationsverhältnisse des Saalebezirkes.[3] Da seine Ansichten oftmals der modernen Lehre widersprachen, Schulz kritisierte unter anderem heftig die physiologisch orientierte Botanik, lehnte Ordinarius Kraus eine Übernahme von Schulz als Assistenten ab, ebenso wurde ihm die Nutzung des institutseigenen Botanischen Gartens verwehrt.[4]

Mit dem Tod des Vaters 1896 musste Schulz seine 77-jährige mittellose Mutter unterstützen, die bald darauf schwer erkrankte. Die Einstellung einer Pflegekraft war finanziell nicht möglich, so dass er die Pflege selbst übernahm. Er konnte bis zu ihrem Tod 1907 seine Wohnung nur noch stundenweise verlassen. Im gleichen Jahr wurde Fritz Noll Ordinarius des Botanischen Instituts in Halle, er verlieh Schulz im Juni 1908 den Professorentitel mit einem monatlichen Gehalt von 100 Mark.[2]

Im Jahre 1917 erhielt er einen Ruf in die Türkei mit dem Auftrag, das gesamte Landwirtschaftswesen zu reformieren und ein türkisches Landesherbarium anzulegen. Er sollte möglichst schon im November 1917 nach Konstantinopel übersiedeln, es kam jedoch zu Verzögerungen und der Plan scheiterte schließlich wegen des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. So musste Schulz 1918 eine Stelle als Bibliothekar bei der Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle annehmen und wirkte zugleich als Hilfsbibliothekar an der Halleschen Universitätsbibliothek, um seinen weiteren Unterhalt zu finanzieren. 1921 erhielt Schulz von der Fakultät einen Lehrauftrag für Geschichte der Botanik, Geschichte der Kulturpflanzen und Pflanzenchorologie in Deutschland, allerdings ohne Besoldung.[3]

Im Oktober 1921 verlobte er sich mit Margarete Minder, der Schwester seines Freundes, doch bereits Anfang Januar 1922 erkrankte er schwer an Grippe. Einer folgenden Lungenentzündung erlag er am 7. Februar 1922, im Alter von 59 Jahren, in Halle.[3] Er wurde am 10. Februar auf dem halleschen Nordfriedhof bestattet.[5]

Forschungen und Schrifttum

August Schulz hinterließ ein umfangreiches Schrifttum. Schon in jüngeren Jahren hat er sich mit der Flora von Halle und dessen Umgebung auf zahlreichen Wanderungen vertraut gemacht. So erschienen 1887 Die Vegetationsverhältnisse der Umgebung von Halle und 1888 Die floristische Litteratur für Nordthüringen, den Harz u. den provinzial-sächsischen sowie anhaltischen Teil an der norddeutschen Tiefebene sowie 1894 seine Habilitationsschrift Die Vegetationsverhältnisse des Saalebezirkes. Er wurde in der Folge, nach Paul Ascherson, einer der besten Kenner der Flora für Mitteldeutschland. Seine frühesten Arbeiten betrafen auch die Blütenbiologie, 1888 und 1890 veröffentlichte er in zwei Teilen Beiträge zur Kenntnis der Bestäubungseinrichtungen u. Geschlechtsverteilung bei den Pflanzen.[3]

Später widmete er sich viele Jahre hindurch vor allem der Florengeschichte. Er erforschte die heutige und erdgeschichtliche Verbreitung der Flora und zog Rückschlüsse über Pflanzen, die bei uns eingewandert sind, und ihre wechselvolle Geschichte während der Klimaschwankungen. Als Ergebnis veröffentlichte Schulz 1893 als Dissertationsschrift Grundzüge der Entwickelungsgeschichte seit dem Ausgange der Tertiärperiode und 1904 Die Wandlungen des Klimas, der Flora, der Fauna u. der Bevölkerung der Alpen u. ihrer Umgebung vom Beginne der letzten Eiszeit bis zur jüngeren Steinzeit. Er erweiterte diese Untersuchungen auch auf die Oberrheinische Tiefebene, die Schweiz und Skandinavien, wobei seine Arbeiten von Oscar Drude und John Isaac Briquet stark kritisiert wurden. Aber auch Schulz selbst nahm oftmals kritisch Stellung bei Veröffentlichungen die nicht seiner eigenen Auffassung entsprachen. So unter anderem zu Werken von Carl Albert Weber, Robert Gradmann und Gustav Hegi.[3]

Ein weiteres Forschungsgebiet von Schulz war die Geschichte des kultivierten Getreides. Über das Thema veröffentlichte er ab 1911 Abstammung u. Heimat des Weizens sowie Geschichte des Roggens. Ein Jahr später folgte Die Geschichte der Saatgerste, Die Abstammung des Weizens und 1913 Abstammung u. Heimat des Saathafers. Oftmals wertete er neueste archäologische Getreidefunde selbst aus und veröffentlichte 1916 Über den Nacktweizen der alten Ägypter, Über die nackte u. die beschalte Saatgerste der alten Ägypter sowie Der Emmer des alten Ägyptens.[3]

1910 gründete Schulz in Halle die Vereinigung zur Erforschung der heimischen Pflanzenwelt, der er bis 1919 als Vorsitzender angehörte. Er war außerdem Mitglied im Botanischen Verein der Provinz Brandenburg und der Sektion Botanik des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst sowie des Thüringischen Botanischen Vereins, an dessen Versammlungen er wiederholt teilnahm. Die wertvolle Getreidesammlung von Schulz hatte nach dessen Tod sein Freund und Schüler B. Kalt, Direktor der Saatzuchtanstalt in Roßleben, erworben.[3]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Die Vegetationsverhältnisse der Umgebung von Halle. Halle 1887. (Digitalisat.)
  • Beiträge zur Kenntnis der Bestäubungseinrichtungen u. Geschlechtsverteilung bei den Pflanzen. Kassel 1888. (Digitalisat.)
  • Grundzüge der Entwickelungsgeschichte seit dem Ausgange der Tertiärperiode. (Dissertationsschrift), Halle 1893. (Digitalisat.)
  • Die Vegetationsverhältnisse des Saalebezirkes. (Habilitationsschrift), Halle 1894. (Digitalisat.)
  • Die Verbreitung der halophilen Phanerogamen in Mitteleuropa nördlich der Alpen. Stuttgart 1901. (Digitalisat.)
  • Entwickelungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke der Oberrheinischen Tiefebene und ihrer Umgebung. Stuttgart 1906. (Digitalisat.)
  • Abstammung und Heimat des Weizens. Münster 1911. (Digitalisat.)
  • Die Geschichte des Roggens. Münster 1911. (Digitalisat.)
  • Abstammung und Heimat der Saatgerste. Münster 1912. (Digitalisat.)
  • Die Geschichte des Saathafers. Münster 1912. (Digitalisat.)
  • Die Getreide der alten Agypter. Halle 1916. (Digitalisat.)

Literatur

  • Hermann August Theodor Harms: August Schulz. (Nachruf), In: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Band 39, Berlin 1921 (1922), Seite 115–127. (Digitalisat.)
  • Walther Leonhard Wangerin: August Schulz. In: Carl Christian Mez (Hrsg.): Botanisches Archiv. Zeitschrift für die gesamte Botanik. Nekrologe Deutscher Botaniker. Band 3, Heft 1, Berlin 1923, Seite 2–4. (Digitalisat.)
  • Julius Müller: August Schulz †. In: Otto Koenen (Hrsg.): 51. und 52. Jahresbericht der Botanischen Sektion des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst. Joseph Krick, Münster 1924, Seite 205–214. (Digitalisat.)
  • Werner Rothmaler: August Schulz, ein Gelehrtenschicksal. In: 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Band 2, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle 1952, Seite 457–463.

Einzelnachweise

  1. Autoreneintrag für August Schulz (Botaniker) beim IPNI
  2. a b c Werner Rothmaler: August Schulz, ein Gelehrtenschicksal. In: 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Band 2, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle 1952, Seite 457–463.
  3. a b c d e f g h i Hermann August Theodor Harms: August Schulz. (Nachruf), In: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Band 39, Berlin 1921 (1922), Seite 115–127.
  4. a b Eintrag über August Schulz im Professorenkatalog der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  5. Prof. Dr. August Schulz †. In: Hallische Nachrichten. General-Anzeiger für Halle und die Provinz Sachsen. 34. Jahrgang, Nr. 35, Ausgabe: Halle / Freitag 10. Februar 1922, Seite 2.