Ascensor da Glória

Ascensor da Glória
Wagen 2 im August 2025
Wagen 2 im August 2025
Streckenlänge:0,265 km
Spurweite:900 mm (Schmalspur)
Stromsystem:600 Volt =
Maximale Neigung: 180 

Der Ascensor da Glória, auch Elevador da Glória genannt, ist eine der drei historischen Standseilbahnen in Lissabon. Die seit 1885 bestehende Bahn wurde ursprünglich als Wasserballastbahn betrieben, seit 1915 ist sie elektrifiziert. Die unter Denkmalschutz stehende Anlage wird vom Verkehrsunternehmen Carris betrieben, ist als Linie 51E in das städtische Verkehrsnetz integriert[1] und gilt als Touristenattraktion. Am 3. September 2025 kamen bei einem schweren Unfall 16 Menschen ums Leben, nachdem sich das Zugseil gelöst hatte oder gerissen war und ein Wagen ungebremst talwärts fuhr. Ihr Betrieb ist seitdem eingestellt.

Geschichte

Nach dem großen Erfolg des Elevador do Bom Jesus in Braga im Norden Portugals, der ersten Standseilbahn auf der iberischen Halbinsel, wurde bald die Nova Companhia de Ascensores Mecânicos de Lisboa gegründet, die unter Führung von Raoul Mesnier de Ponsard zunächst eine Konzession für den Bau des Ascensor do Lavra, kurz darauf auch für den Ascensor da Glória erhielt. Er wurde von Mesnier geplant und von der Maschinenfabrik Esslingen geliefert.[2][3] Am 24. Oktober 1885 ging die Bahn in Betrieb.

Wagen 1 passiert um 1910 die Gleisverschlingung. Von oben gut zu erkennen sind die Sitzbänke auf dem Dach.

Die Bahn wurde zunächst als Wasserballastbahn betrieben, deren Geschwindigkeit mit einem Zahnrad im Wagen und einer Zahnstange neben einer Schiene reguliert wurde. Als das Wasser knapp und teuer wurde, wurde der Antrieb auf eine Dampfmaschine umgestellt, die ebenfalls von der Esslinger Maschinenfabrik geliefert und in einem Gebäude auf halber Höhe untergebracht wurde. Die beiden Wagen hatten offene Fahrstände und einen geschlossenen Innenraum, dessen Sitzbänke entlang den Fenstern mit dem Rücken zur Straße angeordnet waren. Über eine Wendeltreppe konnte das offene Oberdeck erreicht werden, auf dem es mittig zwei Sitzbänke Rücken an Rücken mit Blick auf die Umgebung gab. Nachts sorgte Kerzenlicht für Beleuchtung.[4]

Zwischen 1912 und 1915 wurde der Ascensor da Glória von der Lisbon Electric Tramways Limited elektrifiziert und vollständig erneuert. Die Betriebsweise, die technische Ausrüstung und die damals gelieferten beiden Wagen sind seitdem weitgehend unverändert.[5]

1926 ging der Elevador da Glória auf die Carris über, das seinerzeit noch private Straßenbahnunternehmen Lissabons. Dieses führte die noch heute verwendete gelb-weiße Farbgebung der Wagen ein. Sie baute auch ein Empfangsgebäude mit kleiner Halle an sein unteres Ende, das aber 1934 aufgrund zunehmender Kritik in der Öffentlichkeit wieder entfernt wurde.[4] Carris ging 1974 in den Besitz der Stadt Lissabon über, die damit seitdem auch im Besitz der drei historischen Standseilbahnen ist. Seit 2002 steht der Elevador da Glória unter Denkmalschutz.[4]

Am 7. Mai 2018 entgleiste einer der Wagen. Dabei wurde niemand verletzt.[6]

Der schwerste Unfall ereignete sich am 3. September 2025. Das Zugseil hatte sich entweder gelöst oder war gerissen. Der obere der beiden Wagen fuhr ungebremst talwärts, Bremsversuche des mitfahrenden Bremsers blieben erfolglos. Der Wagen entgleiste in der Kurve und prallte gegen ein Haus, wobei er völlig zerstört wurde. Der Unfall forderte mindestens 16 Todes­opfer und 21 Verletzte, darunter mehrere Schwerverletzte (Stand: 7. September 2025). Portugals Regierung ordnete Staatstrauer an.[7]

Streckenbeschreibung

Die Standseilbahn verbindet die Praça dos Restauradores in der Baixa mit der Rua de São Pedro de Alcântara und dem Aussichtspunkt Miradouro de São Pedro de Alcântara in der Oberstadt, dem Bairro Alto. Sie benutzt den öffentlichen Straßenraum der namensgebenden Calçada da Glória und überwindet dabei auf einer Länge von 265 Metern mit einer maximalen Steigung von 18 % einen Höhenunterschied von 44 Metern.[8] Sie fährt auf Rillenschienen mit Spurweite 900 mm. Die Gleise verlaufen in den oberen 3/5 der Strecke parallel, in den unteren 2/5 sind sie aus Platzgründen in der engen Gasse in einer Gleisverschlingung verlegt.

Technik

Fahrschalter, Führerbremsventil und Handbremse am talseitigen Wagenende

Die beiden Wagen sind für jeweils 42 Fahrgäste zuzüglich Fahrer (traditionell guarda-freioBremser genannt) zugelassen und wiegen jeweils etwa 14 t.[9] Sie sind durch ein in einer Mittelschiene unter dem Straßenniveau verlaufendes Zugseil miteinander verbunden. Dieses neutralisiert allerdings nur ihr Gewicht, der Antrieb erfolgt durch die elektrischen Fahrmotoren über die Radsätze. Den Strom erhalten die Wagen aus dem Gleichstrom-Netz der Carris über doppelte Stromabnehmer auf ihrem Dach. Da die Strecke nicht im Ganzen überblickt werden kann und die enge Gasse auch von Fußgängern benutzt wird, werden die Wagen von den mitfahrenden Bremsern per Fahrschalter gesteuert. Der Elevador da Glória ist deshalb keine typische Standseilbahn, sondern eher eine Steilstreckenstraßenbahn mit Seilzug. Ein spezieller Unterbau sorgt dafür, dass der Fahrgastraum auf der steilen Strecke weitgehend waagrecht bleibt. Die Fahrgäste sitzen auf Bänken entlang der Fenster, jeder Wagen hat 22 Sitz- und 20 Stehplätze.

Geliefert wurden die beiden Wagen von United Electric Car Company mit einem Maley & Taunton 234 Chassis. Sie sind vollständig geschlossen mit Fahrständen an beiden Enden. Auf ihrem Dach sind die doppelten Stromabnehmer montiert. Der Antrieb erfolgt über einen General Electric GE59 Motor von 18 kW, der mit dem des anderen Wagens so in Reihe geschaltet ist, dass die Motoren nur gemeinsam gesteuert werden können. Aus diesem Grund verfügen die Standseilbahnen über zweipolige Oberleitungen, wobei die Minusleitung des ersten Wagens unmittelbar mit der Plusleitung des zweiten verbunden ist. Jeder Wagen hat zwei Bremssysteme: Die Hauptbremse wirkt mit acht pneumatisch aktivierbaren Backen auf eine Mittelschiene im Z-Profil, die im Zugseilkanal unterhalb der Straßenoberfläche verläuft; eine zusätzliche manuelle Bremse wirkt auf die Räder.

Trivia

Auf der Strecke des Ascensor da Glória findet seit 1913, mit Unterbrechungen, das kurze Rad-Bergrennen Subida à Glória statt, das in den 2010er Jahren wiederbelebt wurde.[10][11]

Commons: Elevador da Glória – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 51E Ascensor Glória auf carris.pt (portugiesisch)
  2. Maschinenfabrik Esslingen auf albert-gieseler.de
  3. Verunglückte Standseilbahn stammt aus der Esslinger Maschinenfabrik auf esslinger-zeitung.de
  4. a b c Ascensor da Glória auf imovel.patrimoniocultural.gov.pt (portugiesisch)
  5. Ascensor da Glória. In: Urban Electric Transit auf transphoto.org (englisch)
  6. Carlos Cipriano: O elevador da Glória descarrilou e ninguém disse nada. In: Público. 17. Mai 2018, abgerufen am 4. September 2025 (portugiesisch).
  7. Unglück in Portugal. Auch Deutsche unter Opfern von Lissabon – insgesamt 16 Tote und 21 Verletzte. In: Stern. 4. September 2025, abgerufen am 7. September 2025.
  8. Andere Angaben: 276 m, Höhenunterschied von 45 m (GPIAAF): Pressemitteilung des GPIAAF (portugiesisch). [1] (englisch) Vorläufige Information zur Einleitung der Unfalluntersuchung, 6. September 2025 (PDF; 1,0 MB); 251 m (Messung in Google Earth)
  9. Pressemitteilung des GPIAAF (portugiesisch). [2] (englisch) Vorläufige Information zur Einleitung der Unfalluntersuchung, 6. September 2025 (PDF; 1,0 MB)
  10. Bicicletas nas ruas inclinadas de Lisboa? Experimente na Calçada da Glória. In: Time Out Lisboa. 2. September 2018, abgerufen am 4. September 2025 (portugiesisch).
  11. Reportagem: Subida à Glória. In: SAPO Vídeos. Abgerufen am 4. September 2025 (portugiesisch).

Koordinaten: 38° 42′ 54″ N, 9° 8′ 36,7″ W