Antoine François de Fourcroy
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Antoine François Comte de Fourcroy (* 15. Juni 1755 in Paris; † 16. Dezember 1809 ebenda) war ein französischer Arzt, Chemiker und Politiker.
Leben
Fourcroy war ein Sohn des Apothekers Jean Michel de Fourcroy (1710–1783) und dessen Frau Jeanne Laugier († 1762). Er hatte zwei Schwestern, Jeanne Adélaïde de Fourcroy (1747–1819) und Louise Denise de Fourcroy (1750–1824).[1]
Fourcroy verließ aus finanziellen Gründen im Alter von fünfzehn Jahren vorzeitig das Collège d’Harcourt in Paris, unterrichtete Kinder im Schreiben und wurde Angestellter (Bürodiener)[2] im Büro einer Kanzlei.
Der Anatom Félix Vicq d’Azyr überredete Fourcroys Vater, ihn zu einem Studium an der Pariser Medizinischen Fakultät Faculté de médecine zuzulassen. Er studierte Medizin in Paris, u. a. bei Vicq d’Azyr, und erlangte trotz großer Geldschwierigkeiten am 28. September 1780 den Doktorgrad. Ein Gesuch nach Freipromotion wurde abgelehnt. Thema der Dissertation war De usu et abusu chemiae in medendo.[3]
Als Student zeigte er große Fähigkeiten in der Chemie und hatte die Gelegenheit, im privaten Labor von Jean-Baptiste-Michel Bucquet, seinem Lehrer und Doktorvater, zu arbeiten und ausgebildet zu werden. In der Zeit von 1783 bis 1787 folgte das Chemiestudium an der École royale vétérinaire in Alfort. Georges-Louis Leclerc de Buffon berief ihn 1784 zum Professor der Chemie am Jardin du Roi. De Fourcroy gab schließlich selbstständig Kurse mit insgesamt siebzig veröffentlichten Vorträgen, Leçons élémentaires d’histoire naturelle et de Chimie (Paris, 1782), ferner gab er 1782 bis 1784 einen Sommerkurs in Materia medica. In all seinen Vorträgen betonte de Fourcroy die Beziehungen zwischen der Chemie und Naturgeschichte und ihre Anwendung und Bedeutung in der Medizin.
Im Jahr 1792 setzte er als Stellvertreter von Condorcet die Einführung der Gleichheit von Maßen und Gewichten durch und war auch im Komitee des öffentlichen Unterrichts und in der Section des armes tätig. Auf seine Anregung hin wurden 1794 die écoles de santé in Paris, Montpellier und Straßburg gegründet.[4] 1794 gehörte er als Mitglied dem Nationalkonvent an.
Nach dem 9. Thermidor, dem Ende der Terrorherrschaft, wurde er Mitglied des Wohlfahrtsausschusses Comité de salut public. 1795 wurde er in den Ältestenrat Le Conseil des Anciens gewählt, nahm aber 1798 seine Lehrtätigkeit in der Chemie wieder auf. Napoléon Bonaparte berief ihn in den Staatsrat und vertraute ihm 1801 die oberste Leitung des öffentlichen Unterrichts an. 1802 bis 1808 war er Erziehungsminister. 1808 wurde ihm der Grafentitel comte verliehen, im folgenden Jahr verstarb er an einem Schlaganfall. Er wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris, 11. Division beigesetzt.
Wissenschaftliche Leistungen
1785 veröffentlichte er Entomologia parisiensis, eine Bestandsaufnahme der Insekten in der Region Paris. Die darin enthaltenen Erstbeschreibungen neuer Arten gehen auf Étienne Louis Geoffroy zurück.[5] Aus dieser Zeit sind einige Forschungen über die Anatomie der Muskeln bekannt, dennoch hatte er sich in der weiteren Zukunft auf die Chemie konzentriert.
Bekannt ist er als einer der Autoren eines Buches über eine neue chemische Nomenklatur, Nomenclature chimique (1787), zusammen mit Louis Bernard Guyton de Morveau, Antoine Laurent de Lavoisier und Claude-Louis Berthollet. Dies war eine grundlegende Schrift der durch Lavoisier begründeten ersten chemischen Revolution.
1791 erschien seine metallurgische Abhandlung über das Glockenmetall Recherches sur le métal des cloches.
Louis-Nicolas Vauquelin war von 1783 bis 1791 sein Assistent. Beide publizierten gemeinsam zahlreiche Veröffentlichungen und entdeckten zur selben Zeit wie Smithson Tennant das Element Osmium, das sie als „ptène“ bezeichneten.[6]
Ihm ist schon zu Lebzeiten und in der Lavoisier-Biographie von Édouard Grimaux von 1895 vorgeworfen worden, sich nicht genügend für das Leben seines Protegés Lavoisier eingesetzt zu haben (die Witwe von Lavoisier brach deshalb mit ihm), als dieser wie die anderen Steuerpächter vor dem Revolutionstribunal stand, zumal er selbst zu den Jakobinern gehörte. Er setzte sich aber nach den Erinnerungen seines Cousins Laugier (überliefert durch Georges Cuvier) kurz vor dem Prozess für ihn ein und drang bis zu Robespierre in eine Sitzung des Komitees für öffentliche Sicherheit vor. Dieser überging seine Fürsprache aber mit bedrohlichem Schweigen.[7][8] Fourcroy setzte sich auch nachweislich für einen anderen Wissenschaftler ein, der denunziert worden war, Jean d’Arcet. Als Jakobiner war er zum Beispiel an der Zerschlagung der Akademie der Wissenschaften beteiligt, die die Revolutionäre mit dem König und dem Adel in Verbindung brachten.
Ehrungen
Fourcroy war Mitglied der Académie des sciences in Paris, der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften (1809), der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg sowie der Bayerischen[9] und der Göttinger Akademie der Wissenschaften.[10]
Nach ihm benannt ist die Pflanzengattung Furcraea aus der Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae) sowie der Asteroid (13180) Fourcroy.
Schriften (Auswahl)

- De usu et abusu chemiae in medendo. Quillau, Paris 1779.
- Leçons élémentaires d’histoire naturelle et de chimie. 2 Bände, Paris 1782, (Band 1, Band 2).
- Entomologia Parisiensis: sive catalogus insectorum quae in agro Parisiensi reperiuntur. 2 Teile, Paris 1785 (Teil 1, Teil 2).
- Méthode de nomenclature chimique , proposée par MM. de Morveau, Lavoisier, Bertholet & de Fourcroy. On y a joint un nouveau système de caractères chimiques, adaptés à cette nomenclature, par MM. Hassenfratz et Adet. Cuchet, Paris 1787 (Digitalisat).
- Methode der Chemischen Nomenklatur für das antiphlogistische System, von Hrn. De Morveau, Lavoisier, Berthollet Und De Fourcroy. Nebst einem neuen Systeme der dieser Nomenklatur angemessenen chemischen Zeichen, von Herrn Hassenfratz und Adet. Wien 1793 (Digitalisat).
- Nachdr. d. Ausg. ISBN 3-487-06450-2.
- Methode der Chemischen Nomenklatur für das antiphlogistische System, von Hrn. De Morveau, Lavoisier, Berthollet Und De Fourcroy. Nebst einem neuen Systeme der dieser Nomenklatur angemessenen chemischen Zeichen, von Herrn Hassenfratz und Adet. Wien 1793 (Digitalisat).
- La Médecine éclairée par les sciences physiques, ou Journal des découvertes relatives aux différentes parties de l’art de guéri (Paris 1791–1792, 4 Bde.)
- Philosophie chimique. (Paris 1792; 3. Aufl., das. 1806)
- Chemische Philosophie oder Grundwahrheiten der neuern Chemie: auf eine neue Art geordnet von A. F. Fourcroy. Leipzig 1796 – Aus dem Französischen übersetzt von Johann Samuel Traugott Gehler.
- Heinrich Friedrich Link (Hrsg.): Die Grundwahrheiten der neuern Chemie nach Fourcroys Philosophie chimique. Stiller, Leipzig / Rostock 1806 (Digitalisat).
- Tableaux synoptiques de chimie, pour servir de résumé aux leçons données sur cette science dans les écoles de Paris. Baudouin, Paris 1799 (Digitalisat).
- Synoptische Tabellen über den ganzen Umfang der Chemie, als Leitfaden für die Vorlesungen über diese Wissenschaft in den Schulen von Paris. Koblenz 1802 – übersetzt von Johann Joseph Görres.
- Système des connaissances chimiques et de leurs applications aux phénomènes de la nature et de l’art. Paris 1801, 6 Bde.
- deutsch im Auszug von F. Wals, Königsberg 1801–1803, 4 Bde.; mit Antoine Laurent de Lavoisier, Guyton de Morveau und Claude-Louis Berthollet
Zeitschriftenbeiträge
- Recherches sur le métal des cloches et sur le moyens d'en séparer le cuivre. In: Annales de Chimie. Band 9, 1791, S. 305–352 (Digitalisat).
Literatur
- Georges Kersaint: Antoine François de Fourcroy, sa vie et son oeuvre. Muséum National d’Histoire Naturelle, Paris 1966.
- Alain Queruel: Antoine de Fourcroy. Savant, franc-maçon, homme politique. Hermann, Paris 2009.
- William Arthur Smeaton: Fourcroy: Chemist and Revolutionary 1755–1809. W. Heffer & Sons, Cambridge 1962.
- William Arthur Smeaton: Fourcroy, Antoine François De. In: Complete Dictionary of Scientific Biography. Band 5, Charles Scribner’s Sons, 2008, S. 89–93.
- Jaime Wisniak: Antoine Francois de Fourcroy. In: Revista CENIC:Ciencias Químicas. Band 36, Nr. 1, Jan. 2005, S. 54 ff.
Einzelnachweise
- ↑ J. Z. Fullmer: Davy’s sketches of his contemporaries. In: Chymia. Band 12, 1967, S. 149 (doi:10.2307/27757277).
- ↑ Barbara I. Tshisuaka: Fourcroy, Antoine François de. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 417.
- ↑ Pierre M. Conlon: Le Siècle des Lumières: bibliographie chronologique T. XIX, 1779–1781
- ↑ Wolfgang U. Eckart: Antoine François Fourcroy. In: Wolfgang U. Eckart, Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. 1. Auflage. C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1995, S. 140. 2. Auflage 2001 S. 118+119. 3. Auflage 2006 Springer Verlag Heidelberg / Berlin / New York, S. 124. Ärztelexikon 2006, doi:10.1007/978-3-540-29585-3.
- ↑ Ludwig Ganglbauer, Lucas von Heyden: Über die Entomologia parisiensis von Geoffroy und Fourcroy. In: Wiener entomologische Zeitung. Band 25, 1906, S. 301–302 (online, PDF).
- ↑ Rolf Haubrichs, Pierre-Léonard Zaffalon: Osmium vs. ‘Ptène’: The Naming of the Densest Metal. In: Johnson Matthey Technology Review. Nr. 61, 2017, doi:10.1595/205651317x695631.
- ↑ Madison Smartt Bell: Lavoisier in the Year One, Atlas Books, Norton, 2005, S. 182
- ↑ Gillispie: Science and Polity in France. Princeton UP, 2004, S. 324
- ↑ Mitgliedseintrag von Antoine François Fourcroy bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 20. September 2025.
- ↑ Mitglieder: Antoine François de Fourcroy. Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, abgerufen am 20. September 2025.