Antisynthetase-Syndrom
| Klassifikation nach ICD-10 | |
|---|---|
| M35.8 | Sonstige näher bezeichnete Krankheiten mit Systembeteiligung des Bindegewebes |
| ICD-10 online (WHO-Version 2019) | |
Das Antisynthetase-Syndrom (AS-Syndrom, veraltet auch Anti-Jo-1-Syndrom) ist eine seltene Autoimmunerkrankung und gehört zu den idiopathischen entzündlichen Myopathien. Ursächlich für die Erkrankung ist das Auftreten von Autoantikörpern gegen verschiedene Aminoacyl-tRNA-Synthetasen. Je nach Unterform der Erkrankung können Symptome einer Myositis (schmerzhafte Lähmungen), einer Arthritis und/oder insbesondere einer Interstitiellen Lungenerkrankung auftreten. Fieber, Hautveränderungen („Mechanikerhände“ mit übermäßiger Verhornung) sowie das Erblassen von Fingern oder Zehen im Rahmen eines Raynaud-Syndroms sind ebenso mögliche Symptome der Erkrankungen.[1][2]
Verbreitung
Die Häufigkeit wird mit 1 bis 9/100.000 angegeben.[1] Das mittlere Alter bei Krankheitsbeginn liegt um das 5. Lebensjahrzehnt, Frauen sind 2 bis 3 mal häufiger betroffen. Etwa ein Viertel der Patienten mit Idiopathischer entzündlicher Myopathie weisen ein Antisynthetase-Syndrom auf.[1][3]
Ursache
Beim Antisynthetase-Syndrom handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die durch das Auftreten von Autoantikörpern gegen verschiedene Aminoacyl-tRNA-Synthetasen charakterisiert ist. Wie es zu dieser fehlgeleiteten Immunantwort insbesondere gegen Endothelzellen, Muskelzellen und Lungengewebe kommt, ist unklar.[2]
| Autoantikörper | Ziel-Antigen |
|---|---|
| Anti-Jo1 | Histidyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-PL-7 | Threonyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-OJ | Isoleucyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-KS | Asparaginyl-tRNA-Synthetase |
| ANti-PL-12 | Alanyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-Ha/YRS | Tyrosyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-Zo | Phenylalanyl-tRNA-Synthetase |
| Anti-EJ | Glycyl-tRNA-Synthetase |
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:[1][3]
- Krankheitsbeginn in jedem Alter möglich, meist jedoch im Erwachsenenalter und bei älteren Erwachsenen
- Leitsymptome sind Myositis, Arthralgie und Interstitielle Lungenerkrankung (ILD)
- in 40 bis 60 % Kurzatmigkeit, Husten als Anfangssymptome, Verschlechterung bis zur Ateminsuffizienz
- bei 20 bis 70 % anfänglich Muskelschwäche, Myalgie und Steifigkeit bis zu klinisch eindeutiger Myositis
- seltener anfänglich mildes Raynaud-Syndrom
Diagnose
Die Diagnose ergibt sich aus den klinischen Befunden und wird durch den Nachweis von Anti-ARS-Antikörpern bestätigt. Es sind derzeit acht Antisynthetase-Antikörper (s. o.) bekannt, der Anti-Jo1-Antikörper ist der bei Weitem häufigste (etwa 20 %).[3] Häufig ist auch die Creatin-Kinase im Blutserum deutlich erhöht. In der hochauflösenden Computertomografie (HRCT) können die Lungenveränderungen dokumentiert werden, in 70 % liegt eine unspezifische interstitielle Pneumonie, in 20 % eine solide Pneumonie vor.[1]
Differentialdiagnostik
Abzugrenzen sind:[1]
- Allergische oder interstitielle Pneumonie
- Idiopathische Interstitielle Lungenerkrankung
- Idiopathische Lungenfibrose
- Idiopathische Myositis
- Polymyositis
- Rheumatoide Arthritis
- Sklerodermie
Therapie
Die Behandlung besteht symptomatisch in der Gaben von Corticosteroiden und Immunsuppressiva.[1]
Aussichten
Für die Prognose ist die Interstitielle Lungenerkrankung entscheidend.[1]
Geschichte
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1980 durch Masahiko Nishikai und Morris Reichlin bei Patienten mit Myositis,[4] das Zusammentreffen mit Interstitieller Lungenerkrankung wurde im Jahre 1984 beschrieben.[5] Die Abgrenzung als eigenständiges Krankheitsbild „Antisynthetase-Syndrom“ erfolgte im Jahre 1990 durch C. Marguerie und Mitarbeiter.[6]
Literatur
- Ingrid E. Lundberg, Manabu Fujimoto, Jiří Vencovský, Rohit Aggarwal, Marie Holmqvist, Lisa Christopher‐Stine, Andrew L. Mammen, Frederick W. Miller: Idiopathic inflammatory myopathies. In: Nature Reviews Disease Primers. Band 7, Nr. 1, 2021, doi:10.1038/s41572-021-00321-x, PMID 34857798.
- Jutta Bauhammer, Christoph Fiehn: Antisynthetasesyndrome. In: Zeitschrift für Rheumatologie. Band 78, Nr. 7, 2019, S. 645–655, doi:10.1007/s00393-019-0665-0, PMID 31346706.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Eintrag zu Anti-Synthetase-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ a b c Ingrid E. Lundberg, Manabu Fujimoto, Jiří Vencovský, Rohit Aggarwal, Marie Holmqvist, Lisa Christopher‐Stine, Andrew L. Mammen, Frederick W. Miller: Idiopathic inflammatory myopathies. In: Nature Reviews Disease Primers. Band 7, Nr. 1, 2021, doi:10.1038/s41572-021-00321-x, PMID 34857798.
- ↑ a b c Jutta Bauhammer, Christoph Fiehn: Antisynthetasesyndrome. In: Zeitschrift für Rheumatologie. Band 78, Nr. 7, 2019, S. 645–655, doi:10.1007/s00393-019-0665-0, PMID 31346706.
- ↑ Masahiko Nishikai, Morris Reichlin: Heterogeneity of precipitating antibodies in polymyositis and dermatomyositis. In: Arthritis & Rheumatism. Band 23, Nr. 8, 1980, S. 881–888, doi:10.1002/art.1780230802, PMID 7406938.
- ↑ Robert M. Bernstein, Stephen H. Morgan, Jeffrey T. Chapman, Christopher Bunn, Michael B. Mathews, M Turner‐Warwick, Graham R.V. Hughes: Anti-Jo-1 antibody: a marker for myositis with interstitial lung disease. In: BMJ. Band 289, Nr. 6438, 1984, S. 151–152, doi:10.1136/bmj.289.6438.151, PMID 6430389, PMC 1442006 (freier Volltext).
- ↑ Christopher Marguerie, Christopher Bunn, H. L. C. Beynon, Robert M. Bernstein, Judith M. Hughes, A K So, Mark Walport: Polymyositis, Pulmonary Fibrosis and Autoantibodies to Aminoacyl-tRNA Synthetase Enzymes. In: The Quarterly journal of medicine. Band 77, Nr. 1, 1990, S. 1019–1038, doi:10.1093/qjmed/77.1.1019, PMID 2267280.