Antillenstrom

Der Antillenstrom, Teil des Nordäquatorialstromes

Der Antillenstrom (engl. Antilles Current) ist eine beständige, nach Nordwesten gerichtete Meeresströmung im westlichen Nordatlantik. Er verläuft entlang der östlichen Seiten der Großen Antillen (Kuba, Hispaniola, Puerto Rico) und der Bahamas und bildet einen Teil der westlichen Randströmung des subtropischen Wirbels im Nordatlantik. Zusammen mit dem Floridastrom, der durch die Floridastraße fließt, ist der Antillenstrom einer der Hauptvorläufer des Golfstromsystems, das unter anderem maßgeblich das Klima Nordeuropas beeinflusst.

Verlauf und physikalische Eigenschaften

Der Vorläufer des Antillenstroms ist der nach Westen gerichtete Nordäquatorialstrom. Ein Teil seines Wassers tritt als Karibische Strömung (Caribbean Current) in das Karibische Meer ein, speist den Floridastrom und verlässt diesen durch die Floridastraße. Der andere, östliche Teil fließt nördlich der Kleinen Antillen und entlang der Großen Antillen weiter und bildet so den Antillenstrom. Während der Floridastrom eine stärkere, kanalisierte Strömung ist, ist der Antillenstrom breiter, flacher und schwächer. Seine mittlere Transportrate wird auf etwa 4–6 Sverdrup (Sv; 1 Sv = 1 Million m³/s) nördlich der Bahamas geschätzt, wobei sie erhebliche saisonale und interannuelle Schwankungen aufweist.[1] Die Strömung ist am stärksten in den oberen 800 Metern der Wassersäule ausgeprägt.

Variabilität und Wechselwirkungen

Die Struktur und Stärke des Antillenstroms unterliegt erheblicher Variabilität. Studien mit Oberflächendriftern haben gezeigt, dass die Strömung nicht einheitlich, sondern oft in eine Reihe von Wirbeln (Eddys) und Mäandern aufgelöst ist.[2] Diese Variabilität wird durch verschiedene Faktoren angetrieben:

  1. Windspannung: Veränderliche Windverhältnisse über dem Nordatlantik, insbesondere die Nordatlantische Oszillation (NAO), modulieren die Stärke des gesamten subtropischen Wirbels und damit auch des Antillenstroms.
  2. Einfluss der Amazonas- und Orinoco-Flusswasserfahnen: Die ausgedehnten Süßwassereinträge der südamerikanischen Flüsse Amazonas und Orinoco gelangen mit der Nordbrasilströmung in die Karibik und weiter in den Antillenstrom. Diese niedrigsalzigen Wassermassen beeinflussen die Dichteschichtung des Ozeans und können die Dynamik und Stabilität der Strömung modifizieren.[3]
  3. Wechselwirkung mit dem Floridastrom: Östlich der Bahamas kommt es zu einer komplexen Wechselwirkung zwischen dem Antillenstrom und dem Floridastrom, die letztlich zum Golfstrom verschmelzen. Messungen bei 26,5°N zeigen, dass der Antillenstrom einen signifikanten Beitrag zum Gesamttransport des Golfstroms leistet und dessen Variabilität mitbestimmt.[1][4]

Bedeutung für das Klima und die Ökologie

Als integraler Bestandteil des Atlantischen Meridionalen Umwälzsystems (AMOC) spielt der Antillenstrom eine wichtige Rolle im globalen Wärmetransport. Zudem ist er eine entscheidende Wanderroute für marine Lebewesen und transportiert nährstoffreiches sowie planktonreiches Wasser in die Region der Bahamas und darüber hinaus. Die von ihm transportierten Süßwasserfahnen der großen Flüsse können die Primärproduktion und die hydrografischen Bedingungen in weiten Teilen der Karibik und des westlichen Atlantiks beeinflussen.[3]

Forschungsgeschichte und Methoden

Das Verständnis des Antillenstroms wurde durch direkte Messungen vor Ort, Satellitenaltimetrie und numerische Modelle erheblich verbessert. Besonders wegweisend waren die Einsätze von Oberflächendriftern, die die komplexe Wegstrecke und Variabilität der Strömung kartierten.[2] Moderne Forschungsprogramme wie das RAPID-MOORING-Array bei 26,5°N[4] liefern kontinuierliche Daten über Transport und thermohaline Eigenschaften sowohl des Antillenstroms als auch des Floridastroms und tragen so zu einem verbesserten Verständnis ihrer gemeinsamen Rolle im Klimasystem bei.[1]

Siehe auch

Commons: Antillenstrom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Christopher S. Meinen, William E. Johns, Ben I. Moat, Ryan H. Smith, Elizabeth M. Johns, Darren Rayner, Eleanor Frajka-Williams, Rigoberto F. Garcia, Silvia L. Garzoli (2019): Structure and Variability of the Antilles Current at 26.5°N. In: JGR Oceans, Band 124, Ausgabe 6, S. 3700–3723. DOI:10.1029/2018JC014836.
  2. a b P. L. Richardson (2005): Caribbean Current and eddies as observed by surface drifters. In: Deep Sea Research Part II: Topical Studies in Oceanography, Band 52 (2005), Ausgabe 3–4, S. 429–463. DOI:10.1016/j.dsr2.2004.11.001.
  3. a b L. M. Chérubin, P. L. Richardson (2007): Caribbean current variability and the influence of the Amazon and Orinoco freshwater plumes. In: Deep Sea Research Part I: Oceanographic Research Papers, Band 54 (2007), Ausgabe 9, S. 1451–1473. DOI:10.1016/j.dsr.2007.04.021.
  4. a b RAPID 26°N array Website RAPID - Monitoring The AMOC to understand Climate Change, abgerufen am 07. September 2025.