Ann Dorzback
Ann Dorzback (geboren als Anneliese Wallersteiner 21. Juni 1921 in Ulm; gestorben 30. März 2025 in Louisville (Kentucky)) war die Tochter der jüdischen Fabrikantenfamilie Wallersteiner in Ulm, die vor den Nationalsozialisten in die Vereinigten Staaten floh. Als Zeitzeugin berichtete sie über das jüdische Leben der 1920er und 1930er Jahre in Ulm und setzte sich für eine Versöhnung ein.
Leben
Dorzback wuchs mit ihrer Schwester Charlotte in der Fabrikantenfamilie Wallersteiner in Ulm auf. Die Familie des Vaters Leopold Wallersteiner stammte aus Nördlingen und die Mutter Elsa Bergmann aus Bad Buchau bei Laupheim. Sie betrieben das Textilgeschäft L. G. Wallersteiner und eine Textilfabrikation mit etwa 200 Mitarbeitern. Die wohlhabende Familie beging sowohl die christlichen wie die jüdischen Feiertage.[1]
Ann Dorzback besuchte ab 1927 die Wagnerschule und wechselte dann in die Mädchen-Oberrealschule (heute Hans und Sophie Scholl-Gymnasium Ulm), wo sie Klassenkameradin von Sophie Scholl wurde. Sie litt nach der nationalsozialistischen Machtübernahme an der zunehmenden antisemitischen Ausgrenzung und absolvierte wie ihre zwei Jahre jüngere Schwester von 1936 bis 1939 eine kaufmännische Ausbildung in der elterlichen Fabrik, wobei die beiden wegen der NS-Rassentrennung die Berufsschule nicht mehr besuchen durften. Wallersteiner musste die Fabrik im Sommer 1938 im Rahmen der Arisierung weit unter Wert verkaufen, und nach dem Novemberpogrom 1938 entschied sich die Familie zur Auswanderung in die USA. Da eine geordnete Emigration nicht mehr möglich war, flohen sie im Mai 1939 unter Zurücklassung des verbliebenen Vermögens nach London und im Dezember 1939 weiter in die USA.[1]
Ihren Mann Richard Dorzbacher aus Göppingen lernte Dorzback auf einem „Württemberger Nachmittag“ in Manhattan kennen, und die beiden änderten bei der Heirat 1949 den Namen in Dorzback. Sie bekamen vier Kinder und zogen nach Louisville in Kentucky.[2]
1971 kehrte Dorzback erstmals nach Ulm zurück und war dort häufig zu Gast. Als Zeitzeugin engagierte sie sich an Schulen und Universitäten, wobei ihr auch der Aspekt der Aussöhnung wichtig war.[1] In unzähligen Reden und Vorträgen in den USA und Deutschland setzte sie sich gegen das Vergessen von Holocaust und Nazi-Terror ein.[3]
Auszeichnungen
- 2021 zum 100. Geburtstag: Bürgermedaille der Stadt Ulm und „Stadtschlüssel“ der Stadt Louisville.
Weblinks
- Roland Ray: Zum Tod von Ann Dorzback: Im Herzen immer Ulmerin geblieben. Schwäbische.de, 9. April 2025, abgerufen am 27. August 2025.
- "Kämpferin gegen das Vergessen": Ann Dorzback gestorben. Zeit.de, 7. April 2025, abgerufen am 27. August 2025.
- DZOK Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm KZ-Gedenkstätte (Hrsg.): „Man kann immer an einem Fluss sitzen“ – Ann Dorzback: Ein jüdisches Leben. (online [PDF]).
Film
- Sibylle Tiedeman: Ann Dorzback: Ein jüdisches Leben. In: youtube. Abgerufen am 27. August 2025.
Einzelnachweise
- ↑ a b c DZOK Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm KZ-Gedenkstätte (Hrsg.): „Man kann immer an einem Fluss sitzen“ Ann Dorzback: Ein jüdisches Leben. Ulm (online [PDF]).
- ↑ Roland Ray: Zum Tod von Ann Dorzback: Im Herzen immer Ulmerin geblieben. 9. April 2025 (online).
- ↑ "Kämpferin gegen das Vergessen": Ann Dorzback gestorben. In: Zeit.de. 7. April 2025, abgerufen am 7. August 2025.