Angela Braun-Stratmann
Angela Braun-Stratmann, geborene Stratmann (auch Angelika; * 22. August 1892 in Neuss; † 19. Juni 1966 in Bois-Colombes) war eine deutsche Frauenrechtlerin, Journalistin und Politikerin der SPD. Zudem war sie Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt im Saargebiet.
Leben und Wirken
Angela Stratmann, Tochter des Amtsgerichtsekretärs Theodor Friedrich Eberhard Stratmann und dessen Frau Mathilde Buschhausen, wuchs in Neuss auf. Nach ihrer Reifeprüfung 1911 in Köln-Ehrenfeld arbeitete sie von 1913 bis 1923 in Neuss als Lehrerin.[1][2] Sie wurde politisch aktiv und begann, sich für sozialdemokratische Positionen zu interessieren. Ihr damaliger Freund Max Braun war Vorsitzender der SPD in Neuss. 1923 heirateten beide und zogen nach Saarbrücken.[3][4] Das Saargebiet stand unter Völkerbundsverwaltung, das Ehepaar wollte den Kampf für die „freie Saar“ unterstützen, damit diese nicht an Hitler-Deutschland fiel.[5]
1924 beteiligte Braun-Stratmann sich beim Aufbau der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Saargebiet, sie übernahm den Vorsitzende von 1925–1935. Für sie erfüllte die Arbeiterwohlfahrt eine wichtige Aufgabe, da die konfessionellen Verbände, obwohl durch öffentliche Gelder gefördert, nicht alle Menschen unterstützten und die Genossen und Genossinnen auf diese Weise Hilfe erfahren konnten. Bis 1929 entstanden Volksküchen und Nähstuben, Ferienmaßnahmen und Zeltlager für Kinder und Jugendliche.
Als Journalistin schrieb Braun-Stratmann ab Ende 1923 für die Volksstimme, dem Organ der Sozialdemokratischen Partei des Saarlands (SPS) und verstand diese Tätigkeit als Aufklärungsarbeit und thematisierte pädagogische Fragen, Kindesmisshandlung und Pädophilie. Ende der 1920er-Jahre behandelte sie in ihren Artikeln hauptsächlich Frauenrechte wie „Frau und Verfassung“, „Die Frau und die Rechte in der Ehe“. Zwischen 1933 und 1935 schrieb sie über kulturelle Themen.[4]
Zusammen mit ihrem Mann engagierte sie sich im Abstimmungskampf um das Saargebiet. Nach dem Scheitern ihres Anliegens, die Angliederung an das Deutsche Reich zu verhindern, emigrierte sie zusammen mit Braun nach Frankreich, wo beide die Einheitsfront der Emigranten gegen das NS-Regime unterstützten. 1936 in Paris arbeitete Braun-Stratmann im Office pour les Refugiés Sarrois. Dieses Beratungsbüro versorgte Saarflüchtlinge mit Arbeitsgenehmigungen für Frankreich.[6]
Im Zuge ihres international bekannt gewordenen Engagements gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde ihr 1936 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.[2][7]
1940, zu Beginn des Westfeldzuges, flohen Braun-Stratmann und ihr Mann nach London. Nach dem Tod ihres Mannes 1945 kehrte sie alleine in das Saarland zurück. Sie war zwischen Mai und September 1947 einziges weibliches Mitglied der Verfassungskommission des Saarlandes, welche die Verfassung des Saarlandes ausarbeitete. Von 1947 bis 1952 war sie Abgeordnete des ersten saarländischen Landtags.[2] Sie war danach als Journalistin für die Frauenzeitschrift „Charme“ tätig. Nach der Abstimmung am 23. Oktober 1955 und dem Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland verließ sie 1956 das Saarland und lebte bis zu ihrem Tod in Frankreich.[6][8]
Als 1957 die nach ihrem Gatten benannte Max-Braun-Straße im Saarbrücker Stadtteil St. Johann, nach zehn Jahren wieder in Großherzog-Friedrich-Straße rückbenannt wurde, ließ sie aus Protest seine Urne von Saarbrücken nach Neuss in die Braunsche Familiengruft umbetten.[9]
Ehrungen
1996 wurde eine Straße in Malstatt in Angela-Braun-Straße umbenannt.[10] Ebenso wurde eine Jugendbildungsstätte und ein Seniorenzentrum in Ludweiler nach ihr benannt.[2]
Literatur
- Gabriele Lagemann: Angela Braun-Stratmann 1892–1966. Leben und Werk einer engagierten Frauenpolitikern im Saarland. Diplomarbeit. Hannover 1996, OCLC 258447248.
- Bärbel Kuhn: „Eigenwillig und freiheitshungrig“. Angela Braun-Stratmann: Politikerin, Journalistin, Feministin. Naumann Beck, Verlag für kluge Texte. Homburg/Saar 2023, ISBN 978-3-96197-152-7.
- Braun, Angelika. In: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. Saur, München 1980, S. 87.
Weblinks
- Braun-Stratmann Angelika/ Angela in der Datenbank Saarland Biografien
- Nachlass Bundesarchiv N 2037
- Angela Braun-Stratmann im Gedenkbuch Saarbrücken
Einzelnachweise
- ↑ Gerhard Paul, Klaus-Michael Mallmann: Milieus und Widerstand: Eine Verhaltensgeschichte der Gesellschaft im Nationalsozialismus. Hrsg.: Hans-Walter Herrmann (= Widerstand und Verweigerung im Saarland 1935–1945. Band 3). Dietz, Bonn 1995, ISBN 3-8012-5012-1, S. 190.
- ↑ a b c d Braun-Stratmann Angelika/ Angela in der Datenbank Saarland Biografien.. Abgerufen am 19. April 2023
- ↑ Gerhard Paul: Max Braun – Eine politische Biografie. Röhrig Verlag, St. Ingbert 1987, ISBN 3-924555-15-X, S. 31.
- ↑ a b Die Saarbrückerinnen. Beiträge zur Stadtgeschichte. In: Annette Kleinhorst, Petra Messinger (Hrsg.): Schriftenreihe der Geschichte, Politik & Gesellschaft der Stiftung Demokratie Saarland. Band 2. Röhrig Universitätsverlag, St. Ingbert 1998, ISBN 3-86110-176-9.
- ↑ Annette Keinhorst: Angela Braun-Stratmann. In: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de. Digitales Deutsches Frauenarchiv, 13. April 2022, abgerufen am 7. September 2025.
- ↑ a b Gerhild Krebs: Ehemalige Beratungsstelle für Saarflüchtlinge. In: Rainer Hudemann u. a. (Hrsg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert / Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles. 3., technisch überarbeitete Auflage. Saarbrücken 2009 (uni-saarland.de [PDF; 29 kB]).
- ↑ Michael Hepp (Hrsg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. Band 1: Listen in chronologischer Reihenfolge. München: Saur, 1985, S. 9
- ↑ Simon Matzerath (Hrsg.): Prominente Menschen aus dem Saarland. Von Gräfin Elisabeth bis in das 21. Jahrhundert. Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz 2017, ISBN 978-3-96176-012-1, S. 119.
- ↑ Gerhard Paul: Max Braun – Eine politische Biografie. St. Ingbert 1987, S. 217.
- ↑ FrauenSichtenGeschichte: ein Projekt vom Frauenbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken und der frauenbibliothek saar (Hrsg.): …wegweisend. Mehr FrauenStraßenNamen für Saarbrücken! 2. Auflage. Saarbrücken September 2011, S. 9 (saarbruecken.de ( vom 31. August 2012 im Internet Archive) [PDF; 3,1 MB; abgerufen am 24. August 2012]).