Andrzej Steinbach

Andrzej Steinbach (* 1983 in Czarnkow, Polen) ist ein deutscher Fotografie- und Konzeptkünstler.

Leben

Steinbach wuchs in Sobolewo und Chemnitz auf.[1]

Er absolvierte von 2005 bis 2013 sein Fotografiestudium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und schloss 2017 sein Meisterschülerstudium bei Heidi Specker ab[2]. 2012 hatte Steinbach einen Studienaufenthalt in Ahmedabad in Indien[1]. Seit 2013 ist er ein Mitglied des Künstlerkollektivs Galerie BRD[3]. Von 2022 bis 2025 war er gemeinsam mit Steffen Zillig Leiter des Briefing Room, eines Projektraums in Brüssel.[4] Er lebt und arbeitet in Berlin.

Werk

Andrzej Steinbachs Werk zeichnet sich durch eine konsequente Erforschung der Rolle von Fotografie, Objekt und Installation in der Bedeutungsproduktion aus. Sein Fokus liegt auf Serien und Wiederholungen, auf der Dekonstruktion gewohnter Darstellungsformen und auf der Infragestellung von Identität, Repräsentation und Funktion.

Arbeitsweise und Themen

Steinbach nutzt Fotografie, Video, Skulptur und Installation, wobei die Fotografie den Schwerpunkt bildet.<refAndrzej Steinbach, Bettina Steinbrügge, Florian Ebner, Lucy Gallun, Pascal Storz, Fabian Bremer: Modelle und Verfahren / Andrzej Steinbach. Hrsg.: Kunstverein Hamburg. 1. Auflage. Spector Books, Leipzig 2023, ISBN 978-3-95905-570-3.</ref>[5][6] Sein künstlerisches Verfahren umfasst Modelle (Porträtreihen, Objektserien) und Verfahren (Reduktion, Wiederholung, Subtraktion, Konstruktion).[7] Wiederholungen dienen dabei nicht als dekoratives Mittel, sondern als Methode, Zuschreibungen zu destabilisieren. Beispielsweise in Serien wie Figur I, Figur II (2015) werden Personen in minimal variierenden Posen gezeigt, um Identitätszuschreibungen offen zu lassen.[8][9] In Gesellschaft beginnt mit drei (2017) untersucht er Beziehungen und Hierarchien, die zwischen Figuren entstehen – ohne sie narrativ festzulegen.[10][11]

In späteren Arbeiten wendet sich Steinbach zunehmend der Objektwelt zu. In der Ausstellung Unkenntliches Metall im Leopold-Hoesch-Museum ist zu sehen, wie normierte Industrieprodukte ihrer Funktion enthoben und als fotografische, skulpturale und videografische Objekte in Szene gesetzt werden. So zeigt er z. B. die Serie Disassembling a Typewriter (2022): Teile einer Schreibmaschine werden zerlegt, isoliert fotografiert und damit in ein neues Verhältnis zur Materialität und Bedeutung gesetzt. In der selben Ausstellung finden sich Arbeiten wie ohne Titel (dreihundert Nägel) oder Serien von durchbohrten Löffeln, die das Verhältnis von Gebrauch, Funktion und ästhetischer Wahrnehmung thematisieren.[5]


Formale Merkmale

Steinbach arbeitet häufig in neutralen, sachlichen Bildräumen, die oft Studio- oder nüchtern ausgestatteten Hintergründe aufweisen. Auf ablenkende Hinweise wird verzichtet, Spuren von Raum oder Zeit (z. B. Uhrzeiten, auffällige Requisiten) werden möglichst eliminiert, um die Aufmerksamkeit auf Körperhaltungen, Objekte und deren Anordnung zu lenken. Die Größe seiner Drucke variiert; seine Porträt- und Figurenserien etwa erscheinen in Formaten, die größer wirken, wenn man auf Distanz betrachtet, wodurch Details und Variationen erst allmählich sichtbar werden.[12]

Ein weiteres typisches Stilmerkmal ist die Arbeit mit Wiederholung und Variation: Ändern sich nur Kleidung, Pose oder Blickrichtung, so bleibt dennoch eine Spannung zwischen Individuum und Typus erhalten. Diese Strategien lenken auf Prozesse des Zuschreibens, auf Erwartungshaltungen gegenüber Geschlecht, Alter, sozio-kulturellem Status etc.[9]

Rezeption und Positionierung

Steinbachs Arbeiten werden in bedeutenden Institutionen ausgestellt: Im MoMA in New York etwa sind Arbeiten aus Gesellschaft beginnt mit drei Teil der Online-Sammlung.[13] Ebenso wurde seine Einzelausstellung Modelle und Verfahren 2022 im Kunstverein Hamburg gezeigt, in der neue Serien und Installationen versammelt wurden, die sein Werk in Gänze repräsentieren.[14] Die Ausstellung Unkenntliches Metall im Leopold-Hoesch-Museum (Düren) zeigt Steinbachs neuere Hinwendung zur Objektwelt und seine Erweiterung fotografischer Serien hin zu skulpturalen und videografischen Formaten.

Entwicklung und Tendenzen

Steinbachs Frühwerk war stark auf das Porträt und Gruppenbild fokussiert, mit Betonung auf Identität, Rolle und sozialer Beziehung. (z. B. Figur I, Figur II, Gesellschaft beginnt mit drei). Mit der Zeit verlagerte sich sein Interesse hin zu Objektwelten, Materialien und Funktionszerlegungen, die nicht allein visuell, sondern auch klanglich oder räumlich erfahrbar sind. Die Ausstellung Unkenntliches Metall markiert einen Höhepunkt dieser Entwicklung. Ebenso zeigt Tanz die Maschine in Chemnitz, wie Maschinen und Körper, Technik und kulturelle Konstruktionen in Wechselwirkung gesetzt werden.[5][15]

2024 brachte Steinbach sein erstes Album "Portal" über sein Label Kinder[16] sowie über Strzelecki Books heraus.[17][18]

Seine Werke sind in folgenden Sammlungen und Museen weltweit vertreten:

Publikationen

(Quelle:[27])

  • Andrzej Steinbach, Extensions, Spector Books Leipzig, 2025
  • Andrzej Steinbach, Modelle und Verfahren, Kunstverein in Hamburg, Spector Books Leipzig, 2023[28]
  • Andrzej Steinbach, Mögliche Ordnung, Spector Books Leipzig, 2022[29]
  • Andrzej Steinbach, Der Apparat, Spector Books Leipzig, 2019[30]
  • Der graue Block, Felix Thiele, Andrzej Steinbach, Steffen Zillig, SuKuLTuR, 2018
  • Andrzej Steinbach, Gesellschaft beginnt mit drei, Spector Books Leipzig, 2017[31]
  • Andrzej Steinbach, Bundespreis für Kunststudierende, Bundeskunsthalle Bonn, 2017
  • Intercity, Issue #2, in collaboration with Institut für Moderne Kunst Nürnberg, 2018[32]
  • Intercity, Issue #1, in collaboration with Institut für Moderne Kunst Nürnberg, 2017
  • Andrzej Steinbach & Achim Szepanski, Ultrablack of Music: Feindliche Übernahme, Spector Books Leipzig, 2017[33]
  • Andrzej Steinbach, Ordinary Stones, Monograph, Études Books Paris, No. 16, November 2016[34]
  • Andrzej Steinbach, Figur I, Figur II, Monograph, Spector Books Leipzig, 2015[35]
  • Notes On A Local Standard, Journal Of Aesthetics & Protest Issue #9, 2014
  • Einfache Steine, Phase 2 #48, Berlin/Leipzig, 2014
  • Andrzej Steinbach, Hier, Marion-Ermer-Preis, Argo Books, Berlin, 2013
  • Darwin Magazin #4, Darwin, London, 2013
  • It Was the Streets that Raised Me, Streets that Paid Me ..., Arne Schmitt and Andrzej Steinbach, Monograph, Spector Books Leipzig, 2012[36]
  • Introduced by Peter Piller: Andrzej Steinbach, Camera Austria #113, 2011
  • Andrzej Steinbach, Even and then some, Institut für Buchkunst, 2010[37]
  • Future Together Now, Institut für Buchkunst Leipzig, 2009[38]

Ausstellungen (Auswahl)

Preise (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. a b Camera Austria: Andrzej Steinbach ausgezeichnet mit Dokumentarfotografie Förderpreis der Wüstenrot Stiftung und Berenberg-Preis für junge Kunst. In: Camera Austria. 17. Dezember 2015, abgerufen am 23. Juni 2025 (deutsch).
  2. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 23. Juni 2025.
  3. CameraAustria: Andrzej Steinbach ausgezeichnet mit Dokumentarfotografie Förderpreis der Wüstenrot Stiftung und Berenberg-Preis für junge Kunst. In: Camera Austria. 17. Dezember 2015, abgerufen am 23. Juni 2025 (deutsch).
  4. Steffen Zillig und Andrzej Steinbach. In: www.kunstforum.de. Abgerufen am 10. September 2025 (deutsch).
  5. a b c Leopold-Hoesch-Museum — Andrzej Steinbach. Unkenntliches Metall. Abgerufen am 15. September 2025.
  6. Steinbach, Andrzej. In: www.kunstforum.de. Abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  7. Falk Schreiber: „Wie ein Übungsatlas für die Augen“. In: Die Tageszeitung: taz. 3. März 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. September 2025]).
  8. Andrzej Steinbach. In: www.kunstforum.de. Abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  9. a b heise online: Andrzej Steinbach: Ein junger, vielversprechender Fotokünstler im Sprengel Museum Hannover. 3. Juli 2015, abgerufen am 15. September 2025.
  10. Andrzej Steinbach | MoMA. Abgerufen am 15. September 2025.
  11. Leipziger Student stellt im MoMA aus. In: www.kunstforum.de. Abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  12. Andrzej Steinbach. In: www.kunstforum.de. Abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  13. Andrzej Steinbach. Untitled from the series Gesellschaft beginnt mit drei. 2017 | MoMA. Abgerufen am 15. September 2025.
  14. Marinus Reuter: Wand als Werkzeug. In: Die Tageszeitung: taz. 26. April 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. September 2025]).
  15. Andrzej Steinbach. In: Kunstsammlungen Chemnitz. Abgerufen am 15. September 2025 (amerikanisches Englisch).
  16. Kinder Diskographie. Abgerufen am 13. September 2025.
  17. [1]
  18. Andrzej Steinbach - Portal. 28. September 2024, abgerufen am 10. September 2025.
  19. Andrzej Steinbach | MoMA. Abgerufen am 13. September 2025.
  20. Andrzej Steinbach. Abgerufen am 13. September 2025 (englisch).
  21. Detailsuche. Abgerufen am 13. September 2025.
  22. Fotomuseum Winterthur | Museum für Fotografie und visuelle Kultur | Sammlung. Abgerufen am 13. September 2025.
  23. Super User: DAS BILD IST, WAS ES TUT. Abgerufen am 13. September 2025 (deutsch).
  24. Sammlung Online | MK&G. Abgerufen am 13. September 2025.
  25. SKD | Online Collection. Abgerufen am 13. September 2025.
  26. Museum der bildenden Künste Leipzig: Fokus Fotografie. Abgerufen am 13. September 2025.
  27. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 23. Juni 2025.
  28. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  29. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  30. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  31. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  32. InterCity – Ein Heft der Eurogruppe. Abgerufen am 15. September 2025.
  33. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  34. N°16 - Andrzej Steinbach. Abgerufen am 15. September 2025 (englisch).
  35. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  36. Spector Books. Abgerufen am 15. September 2025.
  37. Hochschule für Grafik und Buchkunst/ Academy of Fine Arts Leipzig (HGB). Abgerufen am 15. September 2025.
  38. Hochschule für Grafik und Buchkunst/ Academy of Fine Arts Leipzig (HGB). Abgerufen am 15. September 2025.
  39. Andrzej Steinbach. Hier | Museum für Photographie. Abgerufen am 13. September 2025.
  40. Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Kunsthalle Erfurt Veranstaltungsort Kunsthalle Erfurt, Fischmarkt 7, 99084 Erfurt workTel +49 361 655-1651+49 361 655-1651 Internet Zum Stadtplan: Andrzej Steinbach. Hier. 14. Dezember 2025, abgerufen am 13. September 2025.
  41. Andrzej Steinbach – KIN. Abgerufen am 13. September 2025 (amerikanisches Englisch).
  42. Andrzej Steinbach. In: CFA. Abgerufen am 13. September 2025 (englisch).
  43. ANDRZEJ STEINBACH: FIGUR I | Galerie Conradi. In: Cremona Contemporanea | Art Week. Abgerufen am 13. September 2025 (italienisch).
  44. Leopold-Hoesch-Museum — Andrzej Steinbach. Unkenntliches Metall. Abgerufen am 13. September 2025.
  45. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 13. September 2025.
  46. Verschont mein Haus, zündet andere an osnabrueck.de
  47. Andrzej Steinbach - Tanz die Maschine kunstsammlungen-chemnitz.de
  48. Andrzej Steinbach. MODELLE UND VERFAHREN art-in.de
  49. Kunstverein in Hamburg. Abgerufen am 13. September 2025.
  50. Beat the System! ludwigforum.de
  51. No True Self ccp.org.au
  52. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 13. September 2025.
  53. Various Others Munich 2020 — fructa space | Various Others Munich 2020. Abgerufen am 13. September 2025.
  54. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 13. September 2025.
  55. Kunstverein in Hamburg. Abgerufen am 13. September 2025.
  56. Gesellschaft beginnt mit drei – Andrzej Steinbach | zpafgallery. Abgerufen am 13. September 2025 (polnisch).
  57. Andrzej Steinbach: Äussere Unordnung. In: Coalmine. Abgerufen am 13. September 2025.
  58. Being New Photography 2018 moma.org
  59. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 23. Juni 2025.
  60. Andrzej Steinbach: The Parallax View. In: ASPN. Abgerufen am 13. September 2025 (deutsch).
  61. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 13. September 2025.
  62. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 13. September 2025.
  63. spedition: Funke, Andrzej Steinbach, 2015 – spedition. Abgerufen am 13. September 2025.
  64. Fotomuseum Winterthur | Museum für Fotografie und visuelle Kultur | hier. Abgerufen am 13. September 2025.
  65. Exhibition Figur I, Figur II - artist, news & exhibitions - photography-now.com. Abgerufen am 13. September 2025.
  66. NEUSTARTplus Stipendien. Abgerufen am 15. September 2025.
  67. Peill Stiftung - Stipendiat*innen. Archiviert vom Original am 10. Dezember 2024; abgerufen am 15. September 2025.
  68. Recherchestipendien Bildende Kunst 2021 vergeben. In: https://www.berlin.de. 23. August 2021, abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  69. 581 NEUSTART KULTUR-Stipendien für bildende Künstler*innen. 26. Oktober 2020, abgerufen am 15. September 2025.
  70. Bundespreis für Kunststudierende: 23. Bundeswettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Abgerufen am 15. September 2025.
  71. DSW: 23. Bundeswettbewerb „Bundespreis für Kunststudierende“. Abgerufen am 15. September 2025.
  72. CameraAustria: Andrzej Steinbach ausgezeichnet mit Dokumentarfotografie Förderpreis der Wüstenrot Stiftung und Berenberg-Preis für junge. In: Camera Austria. 17. Dezember 2015, abgerufen am 15. September 2025 (deutsch).
  73. Nadine Schäfer: Dokumentar­­fotografie Förderpreise 11 (2015). In: Wüstenrot Stiftung. 28. Oktober 2015, abgerufen am 15. September 2025.
  74. Leute: Index 2015: Berenberg Preis für junge Kunst verliehen - WELT. Abgerufen am 15. September 2025.
  75. Conradi, contemporary art gallery. Abgerufen am 23. Juni 2025.