Andrew Holleran

Andrew Holleran beim Arkansas Literary Festival im Jahre 2007.

Andrew Holleran (* 1943[1][2] oder 1944[3] auf Aruba, gebürtig Eric Garber) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, der als bekannter Vertreter der schwulen post-stonewall-Literatur gilt.

Leben

Eric Garber alias Andrew Holleran wuchs auf den Karibikinseln Aruba und Curaçao auf, wo sein Vater in der Ölindustrie arbeitete.[3] 1965 schloss er an der Harvard University einen Bachelor in den Fächern Literatur und Amerikanische Geschichte ab,[4] Anschließend studierte er Kreatives Schreiben an der University of Iowa, unter anderem bei Peter Taylor und Kurt Vonnegut, und erwarb dort einen Master. Ein anschließendes Jurastudium an der University of Pennsylvania unterbrach er für seinen Militärdienst. Er war in der Nähe von Ludwigshafen stationiert.[5] In der Zeit des Militärdienstes in Westdeutschland hatte er nach eigenen Angaben seine erste sexuelle Erfahrung mit einem Mann. 1971 gelang es ihm, eine erste Kurzgeschichte unter dem Titel The Holy Family im The New Yorker zu publizieren.[3]

Nach dem endgültigen Abbruch seines Jurastudiums zog Garber in den frühen 1970er-Jahre nach New York, wo sich nach Stonewall eine starke schwule Subkultur entwickelt hatte.[3] Dort hegte er weitere literarische Ambitionen, musste sich aber einige Jahre auch mit Gelegenheitsjobs finanzieren. In New York gehörte er in den 1970ern und 1980ern zum sogenannten Violet Quill, einer siebenköpfigen homosexuellen Autorengruppe, die sich regelmäßig traf und gegenseitig ihre Werke diskutierte. Zum Violet Quill gehörten neben ihm die Schriftsteller Edmund White, Felice Picano, Christopher Cox, Robert Ferro, Michael Grumley und George Whitmore.[6][3][3]

Garber wählte für sein Schreiben das Pseudonym Andrew Holleran, da seine Eltern zum Zeitpunkt seiner ersten Veröffentlichungen in den 1970ern in einer konservativen Kleinstadt in den Südstaaten lebten und er diesen keine Unannehmlichkeiten bereiten wollte.[7][8] Sein 1978 veröffentlichtes Romandebüt Tänzer der Nacht (Originaltitel Dancer from the Dance) wurde ein Überraschungserfolg und gilt heute als Klassiker der schwulen Literatur.[9] Seither veröffentlichte er vier weitere Romane sowie eine Kurzgeschichtensammlung und einen Essayband. Zudem publizierte er einige Kurzgeschichten in Kollektionen wie M2M:New Literary Fiction sowie fortlaufend Artikel (darunter Essays und Rezensionen) in der Zeitschrift The Gay and Lesbian Review.

Als seine Mutter nach einem Sturz pflegebedürftig wurde, zog Holleran 1983 zu ihr nach Florida und betreute sie längere Zeit bis zu ihrem Tod. Ab 2001 war er für einige Jahre als Dozent für Kreatives Schreiben an der American University in Washington tätig.[10] Heute lebt Holleran in dem Haus seiner verstorbenen Eltern in einer Kleinstadt nahe Gainesville, Florida.[11][12]

Werk

In Hollerans Debütroman Tänzer in der Nacht zieht die Hauptfigur Malone nach New York und lernt die schwulen Diskotheken von New York City und Fire Island kennen, wobei sich die Charaktere des Romans in dem hedonistischen Nachtleben gleichermaßen entfalten wie verlieren können. Hollerans Roman wurde häufiger mit F. Scott Fitzgeralds Der große Gatsby verglichen.[13] Larry Kramer urteilte gar, Holleran sei so etwas wie „F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway zusammen“ für die schwule Literatur – „nur schreibt er besser“.[14]

Hollerans zweiter Roman Nights in Aruba von 1983 ist – wie große Teile seines Werkes – stark autobiografisch geprägt und erzählt von schwuler Selbstfindung, Erwachsenwerden und Familienbindungen. In der Essaysammlung Ground Zero setzte er sich 1988 mit den Auswirkungen der AIDS-Krise auseinander. Diese prägte auch Hollerans spätere Romane, die stark von Melancholie und der Thematik der eigenen Sterblichkeit geprägt sind. Der dritte Roman The Beauty of Men von 1996 erzählt von einem schwulen Mann mittleren Alters, der auf dem Höhepunkt der AIDS-Krise aus New York wegzieht, um seine Mutter im ländlichen Florida zu pflegen. In dem Folgeroman Grief: a Novel aus dem Jahr 2006 muss die Hauptfigur den Tod ihrer Eltern verarbeiten. In Hollerans fünftem Roman The Kingdom of Sand von 2022 ist die schwule Hauptfigur nach dem Tod ihrer Eltern im ländlichen Florida wohnen geblieben, hier muss er sich dem eigenen Älterwerden stellen, als sein einziger enger Freund todkrank wird.[15]

Auszeichnungen

1996 wurde The Beauty of Men mit dem Ferro-Grumley Award ausgezeichnet. 2007 erhielt Holleran den Stonewall Book Award für Grief: a Novel. Im selben Jahr erhielt er außerdem den Bill Whitehead Award der LGTB-Literaturorganisation Publishing Triangle für sein Lebenswerk als Autor.

Werke

Romane

  • Dancer from the Dance (1978), Roman. ISBN 978-1-5291-1076-0.
    • dt.: Tänzer der Nacht, Gmünder Verlag, Berlin 1985 (Neuauflagen 1997 bei Gmünder und 2011 bei Bruno Books). ISBN 3-86187-302-8. Übersetzt von Christian von Maltzahn.
  • Nights in Aruba (1983), Roman. ISBN 978-0-06-093734-8,
    • Nächte auf Aruba, Knaur, München 1986. ISBN 3-426-01363-0. Übersetzt von Christian von Maltzahn.
  • The Beauty of Men (1996), Roman. ISBN 978-0-688-04857-0.
  • Grief: a Novel (2006), Roman. ISBN 978-1-4013-0250-4.
  • The Kingdom of Sand (2022), Roman. Verlag Jonathan Cape, ISBN 978-1-78733-404-5.

Weitere Werke (Auswahl)

  • The Holy Family, Kurzgeschichte und erste Veröffentlichung (The New Yorker vom 2. Januar 1971).
  • Ground Zero (1988), Essaysammlung. ISBN 978-0-688-07557-6.
  • In September, The Light Changes (1999), Sammlung von Kurzgeschichten. ISBN 978-0-7868-6461-4.
  • Chronicle of a Plague, Revisited: AIDS and Its Aftermath (2008), Neuauflage von Ground Zero mit zehn zusätzlichen Essays und einer neuen Einleitung, 2008. ISBN 978-0-7867-2039-2.
Commons: Andrew Holleran – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bill Goldstein: Writer of Gay Classic Evokes Mrs. Lincoln. In: The New York Times. 3. Juni 2006, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  2. Holleran, Andrew 1943(?)– | Encyclopedia.com. Abgerufen am 3. September 2022.
  3. a b c d e f Mark Manivong: Andrew Holleran and the Violet Quill | Bibliomania. In: The Library of Congress. 4. Oktober 2024, abgerufen am 2. September 2025.
  4. The Men of Lamont. In: The Harvard Crimson. Abgerufen am 3. September 2022.
  5. Andrew Holleran interviewed by Don Shewey in 1983. Abgerufen am 3. September 2022.
  6. Joshua Barone: Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. In: The New York Times. 5. Juni 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  7. Andrew Holleran interviewed by Don Shewey in 1983. Abgerufen am 3. September 2022.
  8. Joshua Barone: Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. In: The New York Times. 5. Juni 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  9. Joshua Barone: Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. In: The New York Times. 5. Juni 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  10. Adam Mazmanian: Rites of Survivorship. In: Washington City Paper. 16. Juni 2006, abgerufen am 2. September 2025 (amerikanisches Englisch).
  11. Joshua Barone: Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. In: The New York Times. 5. Juni 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  12. Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. (Published 2022). 5. Juni 2022 (nytimes.com [abgerufen am 2. September 2025]).
  13. Andrew Schopp: The Gay Great Gatsby: Andrew Holleran’s Dancer from the Dance and the Dismantling of Normative Cultural Frames. In: Lit: Literature Interpretation Theory. Band 27, Nr. 2, 2. April 2016, ISSN 1043-6928, S. 153–171 (tandfonline.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  14. Joshua Barone: Andrew Holleran’s Work Has Traced the Arc of Life. Now, He Takes on Death. In: The New York Times. 5. Juni 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. September 2022]).
  15. The Kingdom of Sand. Abgerufen am 3. September 2022 (amerikanisches Englisch).