Andreas Hamann (Architekt)

Grab der Architekten Gustav und Andreas Hamann auf dem Alten Friedhof in Schwerin

Andreas Hamann (* 19. Juli 1884 in Schwerin; † 15. März 1955 in Hannover) war ein deutscher Architekt und Baubeamter.

Leben

Hamann war der erstgeborene Sohn des Architekten Gustav Hamann, seine Mutter war Anna Henriette Marianne Evers. Er hatte acht Geschwister. Die Familie bewohnte seit 1902 das Haus Mozartstraße 14 in Schwerin, das von Gustav Hamann entworfen wurde.

Andreas Hamann besuchte das Schweriner Realgymnasium und studierte danach Architektur an der Technischen Hochschule (Berlin-)Charlottenburg und an der Königlich Bayrischen Polytechnischen Hochschule in München. Die Diplom-Hauptprüfung bestand er 1909, 1913 folgte das 2. Staatsexamen und die Ernennung zum Regierungsbaumeister (Assessor in der öffentlichen Bauverwaltung). Die anschließende Zeit als Beamter auf Probe verbrachte er bei verschiedenen Institutionen mit vielseitiger Tätigkeit.

Am 1. Oktober 1919 wurde Hamann zum Stadtbaumeister, 1922 zum Stadtbaurat der Stadt Schwerin berufen und übernahm zusätzlich die Leitung des Wohnungsamts beim Magistrat. Als Stadtbaurat hatte er die Dienstaufsicht über die städtischen Gebäude, übte baupolizeiliche Beratung aus, hatte über Baukostenzuschüsse zu befinden und überwachte die Bebauungspläne und deren Absicherung in hochbautechnischer Hinsicht.

Einige seiner Entwürfe und Bauten sind stilistisch dem Backsteinexpressionismus und dem Neuen Bauen zuzuordnen. Unter seiner Leitung war 1932 die Entscheidung zum Bau einer Siedlung in dem Schweriner Stadtteil Neumühle getroffen worden. Hier ging es in erster Linie um die Unterbringung obdachloser und durch Arbeitslosigkeit in Existenznot geratener kinderreicher Familien. Ähnliche Siedler- und Einfamilienhäuser mit etwa 1000 m² großen Grundstücken, die der Selbstversorgung durch Gartenbau und Kleinviehhaltung dienen sollten, wurden 1934/35 an der Wismarschen Straße – im Raum der heutigen Robert-Blum-Straße - gebaut.

Letztes Werk von Stadtbaurat Hamann war die 1934 eröffnete, monumentale Festhalle in der Wismarschen Straße (heute KGW-Maschinenbauhalle). Die mehrere tausend Besucher fassende Mehrzweckhalle war für Kundgebungen und Kulturveranstaltungen von den NS-Machthabern gedacht. Vom Gauleiter und anderen Beteiligten geforderte bauliche Änderungen setzte Hamann nicht um; in der Folge wurde der Stadtbaurat wegen mangelnder Unterstützung der nationalsozialistischen Politik am 19. September 1934 im Alter von 50 Jahren in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Im Oktober 1942 trat er als untergeordneter Mitarbeiter der Preisbehörde seinen Dienst wieder an.

Am 12. Mai 1945 wurde Richard Crull, seit 1942 Oberbürgermeister von Schwerin, von der US-amerikanischen Militärbehörde entlassen. Als Oberbürgermeister wurde nun der ehemalige Wismarer Stadtrat Heinz Maus eingesetzt, der Hamann wieder als Stadtbaurat verpflichtete, ihn aber schon bald zum Stadtrat für Wirtschaft ernannte. Doch im Juni 1950 fiel Hamann durch Ablehnung der Teilnahme an einer deutsch-sowjetischen Freundschaftskundgebung in Schwerin bei der Stadtverwaltung in Ungnade und trat als Stadtbaurat zurück. Einer drohenden Verhaftung konnte er sich nur durch eine schnelle Flucht nach Westdeutschland entziehen.

Andreas Hamann starb am 15. März 1955 in Hannover und wurde im Familiengrab auf dem Alten Friedhof in Schwerin beigesetzt.

Werke (Auswahl)

Die Schweriner Friedhofsverwaltung setzte sich ab 1925 für den Neubau eines Krematoriums mit Trauer- und Leichenhalle auf dem Alten Friedhof ein. Andreas Hamanns erste Bauvariante mit Kosten von 325.000 Reichsmark lehnten die Schweriner Stadtvertreter ab. Der spätere, deutlich kleinere Entwurf des expressionistischen Backsteinbaus (welcher etwa ein Drittel günstiger war), wurde im Juni 1929 angenommen und am 14. Dezember 1930 eingeweiht.

1926 fasste der Schweriner Magistrat im Zuge der Umgestaltung des Marienplatzes den Beschluss, eine neue Öffentliche Bedürfnisanstalt am Totendamm zu errichten. Der von Hamann entworfene expressionistische Bau wurde im Sommer des Jahres 1927 ausgeführt, die Baukosten betrugen 19.800 Reichsmark (RM).

Ein von Hamann angefertigter Vorentwurf für einen Rathausneubau vom Februar 1928 wurde, wie viele Schweriner Rathausprojekte, nicht verwirklicht. Erst zwischen 1996 und 1998 entstand das Stadthaus, Am Packhof 2–6, als zentrales Verwaltungsgebäude.

Zu den Schweriner Baudenkmalen gehört auch die ehemalige Mädchen-Mittelschule (heute Niklotschule), die im April 1930 eingeweiht wurde. Die Baukosten beliefen sich damals auf ca. 800.000 RM. Im Gebäude wurde später ein 13 × 3,80 Meter großes Schwimmbecken installiert. 1957/58 wurde der hofseitige Flügel durch die Architekten Otto Greese / Heinrich Handorf mit einem dreigeschossigen Anbau erweitert. Die Kosten betrugen 480.000 Mark. Etwa im Jahr 2000 erhielt die Nordwestecke eine zweite bauliche Erweiterung. Seit 2005 ist die Niklotschule gewerbliche Ausbildungsstätte für rund 1800 Auszubildende in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Verwaltung, außerdem Fachschule für Gesundheit und Soziales.

Ein weiteres Projekt Hamanns entstand um 1930 mit dem Erweiterungsbau des damaligen Stadtkrankenhauses an der Werderstraße. Das Hauptgebäude entstand bereits von 1839 bis 1841 nach Entwürfen des Hofbaumeisters Georg Adolf Demmler.

Andere bekannte Entwürfe von Hamann waren das Akkumulatorengebäude für das Elektrizitätswerk, Wartehäuser für die Straßenbahn und Wohnhäuser in Neumühle.

  • 1927: Straßenbahn-Wartehalle und Kiosk mit öffentlicher Toilette am Totendamm / Goethestraße in Schwerin
  • 1930: Krematorium und Trauerandachtshalle auf dem Alten Friedhof in Schwerin (Einweihung am 14. Dezember 1930)
  • 1930: Niklotschule in Schwerin (Einweihung am 29. April 1930)[1]
  • 1930: Erweiterungsbau der Werderklinik in Schwerin (2012–2014 saniertes Hauptverwaltungsgebäude, genutzt durch die VR-Bank Schwerin)[2]
  • 1932/1934: Wohnbebauung in Neumühle
  • 1934: Festhalle (heute KGW-Maschinenbauhalle) in Schwerin, Wismarsche Straße
  • Akkumulatorenstationen für das Elektrizitätswerk Schwerin
  • Straßenbahn-Wartehäuser

Literatur

  • Hamann, Andreas. In: Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg und Vorpommern? Edition Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-282-9. / Hinstorff, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01405-1.
  • Gerhard Steiniger: Andreas Hamann, Stadtbaurat von Format. In: Mecklenburg-Magazin, Regionalbeilage Schwerin, Jahrgang 1996, Nr. 19, Seite 10.
  • Bernd Kasten, Jens-Uwe Rost: Schwerin. Geschichte der Stadt. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2005, ISBN 3-935749-38-4, Seite 74 f. und Seite 231 f.
  • Udo Brincker: Chronik Stadt Schwerin. Schwerin 2011, Seite 237 und Seite 373.
  • Jörg Moll: Andreas Heinrich Karl Friedrich Hamann. In: Andreas Röpcke (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Band 8. Schmidt-Römhild, Schwerin 2016, Seiten 139–143.
  • Schwerin live, Monatsinfomagazin Dezember 2017 Ausgabe (111) Seite 28. Am 14. Dezember 1930 Einweihung der Trauerhalle mit Krematorium auf dem alten Friedhof. Autor: Stefan Krieg.

Einzelnachweise

  1. HJFA: Niklot-Schule. Die Schule im Bauhausstil. In: Schweriner Express vom 16. September 2017, Seite 2.
  2. Schweriner Express vom 4. November 2017, Seite 2.