andererseits

andererseits

Sprache Deutsch
Verlag Medienhaus andererseits GmbH (Österreich)
Hauptsitz Wien
Erscheinungsweise zweiwöchentlich
Verkaufte Auflage 2308 Exemplare
Chefredakteurin Lisa Kreutzer
Weblink www.andererseits.org

andererseits (auch: Redaktion andererseits) ist ein deutschsprachiges journalistisches Magazin zu den Themen Behinderung und Gesellschaft. In der Redaktion arbeiten Menschen mit und ohne Behinderungen.

Das Magazin wurde für seine journalistische Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Ein Fokus liegt auf investigativem Journalismus[1] – das Magazin soll unter anderem Missstände zum Thema Inklusion aufdecken. Das Magazin ist weitgehend barrierefrei gestaltet und erscheint weitgehend jeweils in Einfacher Sprache und Leichter Sprache.

Außerdem betreibt andererseits das politische Bildungsprojekt Wahl-Checker, das einen Fragebogen zu österreichischen und deutschen Wahlen in Leichter Sprache bereitstellt.

Entstehungsgeschichte

Anstoß für die Gründung des Projekts war ein Beitrag auf der Plattform X (vormals Twitter) der damals freien Journalistin Clara Porák.[2] Dort rief sie am 28. März 2020 dazu auf, ein inklusives Projekt im Journalismus starten zu wollen. Am 1. April 2020 fand das erste Vernetzungstreffen des Gründungsteams statt. Am 20. Mai 2020 war die Website des Magazins online.

Laut andererseits-Journalist Nikolai Prodöhl handelte es sich im Jahre 2021 noch um ein „Projekt von freien Journalist*innen und Menschen mit Behinderungen, die Lust auf Journalismus haben“[1]. Im Frühling 2022 startete das ehrenamtliche Team dann eine erste Crowdfunding-Kampagne mit dem Ziel, 40.000 Euro zu sammeln.[3][4] Nachdem sie das Ziel erreicht hatten und die Wirtschaftsagentur Wien im Rahmen der Wiener Medieninitiative andererseits förderte,[5] gründeten Lukas Burnar und Clara Porák am 1. September 2022 als Geschäftsführende die Medienhaus andererseits GmbH.[6]

Seit Beginn arbeitet Lisa Kreutzer als Chefredakteurin. Außerdem arbeiten bei andererseits rund 30 Menschen mit und ohne Behinderungen in projektbasierten Teams nach dem Prinzip der „unterstützten Autorenschaft“.

Themen

Als „Magazin für Behinderung und Gesellschaft“ veröffentlicht das Medium Beiträge, in denen die Perspektiven und Lebensrealitäten von Menschen mit Behinderungen im Zentrum stehen.

Mit der Dokumentation Das Spenden-Problem im Jahr 2022, die das Spenden-Format Licht ins Dunkel kritisierte, erlangte das Medium erstmals in Österreich große Bekanntheit. Zahlreiche Medien berichteten darüber.[7][8][9][10] Der Österreichische Rundfunk hat als Sender des Formats nach der Veröffentlichung einen Runden Tisch ausgerufen und über Änderungen am Format diskutiert.[11] Im Jahr darauf hatte die große Licht-ins-Dunkel-Gala ein neues Format.

Im Jahr darauf folgte eine Dokumentation über fehlende Inklusion im Katastrophenschutz. Ausgangspunkt war die Flut im Ahrtal in Deutschland 2021, bei der im Ort Sinzig 12 Personen mit Behinderungen in ihrem Wohnheim ertrunken waren. Der Film Rette sich, wer kann aus dem Jahr 2023 beschrieb, welche Strukturen den Tod verursachten.[12]

Im März 2024 veröffentlichte andererseits sein erstes gedrucktes Magazin. Das journalistische Magazin in Leichter Sprache mit einer Auflage von 40.000 Stück wurde an alle Unterstützer und an 35.000 Menschen in sozialen Einrichtungen versandt. Die Tageszeitung Der Standard berichtete: „Die ersten zwei Ausgaben werden auch mithilfe einer Medienförderung der Wirtschaftsagentur Wien realisiert. Die Projektförderung beträgt 95.000 Euro und trägt 60 Prozent der Kosten, sagt andererseits-Mitgründerin und Geschäftsführerin Clara Porák. Der Rest soll über Abonnements, Einzelverkauf und Werbung finanziert werden.“[13]

Anlässlich der Europa-Wahl 2024 entwickelte das Medium den Wahl-Checker, einen Online-Fragebogen in Leichter Sprache. Dieser soll Menschen mit Behinderungen dabei unterstützen, eine Wahlentscheidung treffen zu können.[14] Der Fragebogen wurde laut andererseits von 63.000 Personen genutzt. Für die Nationalratswahl in Österreich folgte im September 2024 ein zweiter Wahl-Checker.[15] Auch zur Bundestagswahl 2025 in Deutschland stellte der Wahl-Checker ein Angebot bereit.

Format und Stil

Die Online-Ausgabe des Magazins orientiert sich größtenteils an einfacher Sprache.[1]

Seit März 2024 wird ein Print-Magazin in leichter Sprache publiziert, das zuerst viermal im Jahr erschien und ab 2025 sechsmal jährlich erscheint.[16] Die Übersetzungen in leichte Sprache werden nach eigener Aussage von ausgebildeten Fachkräften übersetzt und gänzlich neu umgeschrieben.[1]

Finanzierung

In den jährlichen Transparenzberichten gibt andererseits an, sich großteils über Abonnements zu finanzieren. Weitere finanzielle Standbeine sind Förderungen, Preisgelder, Kooperationen und Aufträge. Den kleinsten Teil machten 2023 Spenden aus.[17] Am 6. Dezember 2024 wurde bekannt, dass andererseits als eines von insgesamt vier Medien im deutschsprachigen Raum eine Förderung vom Media Forward Fund bekommt.[18]

Organisation

Bei andererseits sind knapp unter 10 Personen mit und ohne Behinderungen angestellt. Gemeinsam mit einem Team freier Mitarbeitenden arbeiten rund 30 Menschen beim Magazin. Die ersten zwei geringfügigen Anstellungen für zwei Personen mit Lernschwierigkeiten gibt es seit Oktober 2024. Weitere Anstellungen folgten im Jänner 2025. Der Verein andererseits – für Inklusion im Journalismus[19] fördert die Inklusion im Journalismus im Allgemeinen, zum Beispiel durch strukturelle Unterstützung und Weiterbildungsmaßnahmen für (angehende) Redakteure mit Behinderungen.

Weiters gibt es bei andererseits das sogenannte Mitbestimmen-Team. Das Gremium von neun Personen, die bei andererseits in unterschiedlichen Funktionen mitarbeiten, berät die Geschäftsführung und trifft sich viermal im Jahr.

Beratung

andererseits hat Medienhäuser zu inklusiver journalistischer Arbeit fortgebildet. Dazu zählen unter anderem die Süddeutsche Zeitung, das ZDF Magazin Royale, Correctiv, der WDR und die Wiener Zeitung.

Preise und Auszeichnungen

  • Social Impact Award 2021[20]
  • Concordia Preis für Menschenrechte für die Dokumentation Das Spenden-Problem 2023[21]
  • Prälat-Ungar-Hauptpreis online für die Dokumentation Das Spenden-Problem 2023[22][23]
  • Alternativer Medienpreis in der Kategorie „Macht“ für die Dokumentation Das Spenden-Problem 2023[24]
  • Nominiert für den Grimme Online Award 2023[25]
  • Peter-Binderer Preis für transparenten Journalismus 2023[26]
  • World Summit Award für das Magazin in Leichter Sprache, 2023
  • SozialMarie 2023[27]
  • Deutscher Preis für Klima Journalismus (lobende Erwähnung) für die Dokumentation Rette sich, wer kann 2024[28]
  • Impact of Diversity Award als inklusiver Arbeitsplatz 2024[29]
  • Nominiert für Österreichischer Umweltjournalismus-Preis für die Dokumentation Rette sich, wer kann 2024[30]
  • Nominiert für den Deutschen Radiopreis[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Jutta Blume: Inklusion im Journalismus: »Die Zielgruppe ist sehr groß«. Abgerufen am 14. April 2025.
  2. Andererseits: Magazin für Inklusion im Journalismus. 21. August 2020, abgerufen am 13. Januar 2025.
  3. Raus aus der Nische: "Andererseits" startet Kampagne, um inklusiven Journalismus zu finanzieren. Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  4. andererseits: Für Inklusion: andererseits 2022. 3. Mai 2023, abgerufen am 13. Januar 2025.
  5. Wiener Medieninitiative – Medienprojekt (PDF; 0,2 MB), abgerufen am 5. Februar 2025
  6. ▷ Medienhaus andererseits GmbH (FN 587215b). Abgerufen am 13. Januar 2025.
  7. "Licht ins Dunkel": Menschen mit Behinderung fordern Abschaffung. 28. November 2022, abgerufen am 13. Januar 2025.
  8. Menschenrechte statt Almosen: Menschen mit Behinderung fordern Abschaffung von "Licht ins Dunkel". Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  9. ORF: Menschen mit Behinderung kritisieren "Licht ins Dunkel". Abgerufen am 13. Januar 2025.
  10. ORF at/Agenturen red: Menschen mit Behinderung für Aus von „Licht ins Dunkel“. 28. November 2022, abgerufen am 13. Januar 2025.
  11. ORF at/Agenturen red: Nach Kritik an „Licht ins Dunkel“: ORF lud zu rundem Tisch. 3. Februar 2023, abgerufen am 13. Januar 2025.
  12. Rette sich, wer kann, abgerufen am 5. Februar 2025
  13. Plattform "Andererseits" bringt Magazin in leichter Sprache auf den Markt. Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  14. "Andererseits" bietet Orientierungshilfe zur EU-Wahl in einfacher Sprache. Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  15. NR-Wahl – Wahl-Checker von andererseits. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  16. Plattform "Andererseits" bringt Magazin in leichter Sprache auf den Markt. Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  17. Transparenzbericht23. In: andererseits.org. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  18. Entscheidung: Diese Medien erhalten Förderungen vom Media Forward Fund. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  19. Registerauszug. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  20. Auszeichnungen für die besten Social Start-ups Österreichs 2021 - Social Impact Award Österreich. 13. Oktober 2021, abgerufen am 13. Januar 2025 (deutsch).
  21. Verleihung der Concordia Preise an DOSSIER, andererseits und Gerhard Haderer. In: Presseclub Concordia. 2. Mai 2023, abgerufen am 13. Januar 2025 (deutsch).
  22. Ausgezeichnet: Caritas und Raiffeisen NÖ-Wien vergeben Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis 2023. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  23. Prälat-Leopold-Ungar-Preis an Robert Treichler ("Profil"), Nora Zoglauer (ORF), "Andererseits", Noel Kriznik (Ö1). Abgerufen am 13. Januar 2025 (österreichisches Deutsch).
  24. Preisträger 2023 – Alternativer Medienpreis. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  25. andererseits. Abgerufen am 13. Januar 2025 (deutsch).
  26. Journalistenpreis „medienspiegel“ geht an inklusive Redaktion „andererseits“. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  27. andererseits. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  28. Netzwerk Klimajournalismus. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  29. Renommierter Diversitätspreis Impact of Diversity 2024 wird verliehen / Michel Friedman würdigt Eintracht Frankfurt, Bundesbeauftragte Ferda Ataman ruft zu mehr Vielfalt auf. 4. Juli 2024, abgerufen am 13. Januar 2025.
  30. Österreichischer Umweltjournalismuspreis - jetzt bewerben! Abgerufen am 13. Januar 2025.