Alisa Ehrmann-Shek

Alisa Ehrmann-Shek (hebräisch אהרמן ש"ק עליזה; geboren als Alice Renata Ehrmannová am 5. Mai 1927 in Prag, Tschechoslowakei; gestorben 2007 in Caesarea, Israel) war eine israelische Überlebende des Holocaust.

Jugend

Alice Ehrmann wuchs als Tochter des jüdischen Bauingenieurs Rudolf Ehrmann (1877–1950) und der aus Wien stammenden nicht-jüdischen Pavla Ehrmann (1899–1967) in Prag auf. Ihre Schwester Ruth war drei Jahre älter. Die Mutter verweigerte nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei und der Errichtung des deutschen Protektorats Böhmen und Mähren im März 1938 die in den Nürnberger Gesetzen vorgesehene Scheidung.[1]

Die Geschwister waren nach den Rassegesetzen jüdische Mischlinge ersten Grades. Alice besuchte eine Grundschule in Prag und zwei Jahre lang ein Gymnasium. Dann musste sie als Halbjüdin die Schule verlassen.[2]

Ghetto Theresienstadt

Am 13. Juli 1943 wurden Alice und Ruth Ehrmann in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Ihr Vater wurde im April 1944 verhaftet, mehrere Monate lang in der Kleinen Festung Theresienstadt inhaftiert, und schließlich nach Auschwitz deportiert. Er überlebte, wie seine Kinder, den Holocaust.[1]

Ihren sieben Jahre älteren Mitgefangenen Zeev Shek kannte sie bereits aus der gemeinsamen Arbeit in der zionistischen Jugendbewegung in Prag. Er war ein Aktivist verschiedener zionistischer Organisationen wie dem Makkabi Hazair und dem Theresienstädter Hechaluz. Er arbeitete in der Talmudhundertschaft an der Katalogisierung aus jüdischen Bibliotheken geraubter Bücher. Zeev dokumentierte die wahren Zustände in Theresienstadt und sammelte entsprechende Beweise. Als seine Deportation nach Auschwitz bevorstand übergab er Alice den Koffer mit dem gesammelten Material und bat sie um die Fortsetzung seiner Arbeit.[3]

Alice begann damit, selbst das Geschehen im Lager zu dokumentieren. Als Beweismittel nahm sie täglich den ausgehängten Tagesbefehl ab und sammelte Verbote, Verordnungen und weitere Unterlagen. Durch ihre Arbeit in der Landwirtschaft und im Geflügelhof hatte sie eine größere Bewegungsfreiheit als andere Gefangene, die sie für ihre Tätigkeit nutzte. Den Koffer hielt sie bis zur Befreiung versteckt.[1]

Vom 18. Oktober 1944, dem Tag der Deportation Zeev Sheks, bis zum 19. Mai 1945 führte Alice ein Tagebuch auf Deutsch, zur Verschleierung in hebräischen Schriftzeichen.[2] Sie notierte auf 33 Seiten selbst wahrgenommene Geschehnisse im Lager. Jiří Vogel, ein Verwandter ihres Vaters und Mitglied des Ältestenrats, versorgte sie mit weiteren Informationen. Daneben enthält das Tagebuch auch persönliche Gedanken. Zudem fertigte Alice zahlreiche Zeichnungen an. Sie überstanden die Gefangenschaft ebenso wie das Tagebuch.[1]

Nach der Befreiung

Ruth Ehrmann, die als Krankenschwester arbeitete, infizierte sich in Theresienstadt mit Fleckfieber. Sie überlebte die Erkrankung und arbeitete nach der Befreiung in einem Kinderheim in Prag, wo sie sich eine Kinderlähmung zuzog und im September 1945 starb.[2]

Alice Ehrmann traf in Prag wieder mit Zeev Shek zusammen. Dieser hatte das KZ Auschwitz und die anschließende Gefangenschaft im KZ Kaufering überlebt und nahm den Koffer mit den gesammelten Dokumenten wieder entgegen.[2]

1947 trafen Alice Ehrmann und Zeev Shek, der mittlerweile nach Palästina ausgewandert war und an der Hebräischen Universität Jerusalem studierte, erneut in Prag zusammen. Sie heirateten noch im selben Jahr und gingen 1948 gemeinsam nach Israel.[2] Seither trug Alice den Vornamen Alisa. Zeev Shek schlug eine Karriere im diplomatischen Dienst ein und wurde israelischer Botschafter in Wien und Rom. Er starb im Oktober 1978. Ihr Sohn ist der israelische Diplomat Daniel Shek, außerdem haben sie zwei Töchter.[1]

Alisa Ehrmann-Shek und Zeev Shek gehörten 1973 zu den Gründern der Gedenkstätte Beit Terezin. Alisa arbeitete etwa 25 Jahre lang ehrenamtlich für das Archiv von Beit Terezin.[3]

2018 wurden Alisa Ehrmann-Sheks Tagebuch und einige ihrer Zeichnungen aus Theresienstadt in deutscher und hebräischer Sprache als Buch veröffentlicht.

Veröffentlichung

  • Alisa Ehrmann-Shek: Ich denke an einen ewigen Sommer. Tagebuch und Zeichnungen aus Theresienstadt 1944/45. Schlebrügge.Editor, Wien 2018, ISBN 978-3-903172-11-1.
  • Alisa Ehrmann: Yoman Terezin. In: Schalom. Zeitschrift der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft. Sonderausgabe. August 2017, S. 3–11 (oeig.at [PDF; 4,3 MB] Auszug des Tagebuchs aus Theresienstadt mit zahlreichen Zeichnungen).

Einzelnachweise

  1. a b c d e Shek, Alisah und Zeev. In: ghetto-theresienstadt.info. Abgerufen am 1. September 2025.
  2. a b c d e Alexandra Zapruder: Alice Ehrmann. Terezín Ghetto. In: dieselbe (Hrsg.): Salvaged Pages. Young Writers’ Diaries of the Holocaust. Yale University Press, New Haven, London 2002, ISBN 0-300-09243-1, Kap. 14, S. 395–423, doi:10.12987/9780300127416-017.
  3. a b Ofer Aderet: The Teenage Girl Who Documented the Last Days of Theresienstadt. In: Martyrdom & Resistance. Band 43, Nr. 2. American & International Societies for Yad Vashem, 2016, ISSN 0892-1571, S. 14.