Das architektonische Werk von Albert Kortüm und sein Lebensweg sind nur lückenhaft überliefert und bisher nicht wissenschaftlich erforscht; so konnte bisher auch nichts über seine Ausbildung als Architekt ermittelt werden. Die beiden ersten überlieferten Bauten waren sogleich repräsentative Projekte des preußischens Staates: 1874 wurde ihm die Projektleitung zum Neubau der Deutschen Gesandtschaft in Konstantinopel (heute Deutsches Generalkonsulat Istanbul) übertragen und ab 1878 die Projektleitung für zwei große Universitätsneubauten in Göttingen; alle diese Bauten waren noch von anderen Architekten entworfen worden. Im Ergebnis brachten die Erweiterung der berühmten Göttinger Universitätsbibliothek und der Neubau des Naturhistorischen Museums der Universität mit in Berlin entstandenen Entwürfen eine neuartige und monumentale Architektursprache nach Göttingen.[5]
Die erfolgreich absolvierten Arbeiten qualifizierten ihn fortan als Fachbuchautor für das renommierte Handbuch der Architektur, in dem er 1887 das Kapitel über „Gebäude für Ministerien, Botschaften und Gesandtschaften“ und 1893 das Kapitel über „Bibliotheken“ verfasste. Dabei nutzte er die Gelegenheit, die Gesandtschaft in Konstantinopel und die Universitätsbibliothek in Göttingen beispielhaft vorzustellen. Überhaupt wird bei Kortüms Göttinger Universitätsbauprojekten sein wissenschaftlicher und systematischer Arbeitsansatz deutlich, der sich auch durch ausgedehnte Studienreisen ausdrückte, die er vorbereitend zu vergleichbaren europäischen Bauten und deren Einrichtungen unternahm.[6]
Kortüm ist ab August 1878 in Göttingen nachweisbar, wohin er aus Berlin kommend übersiedelte[7] und zunächst die beiden großen Universitäts-Neubauprojekte der Bibliothekserweiterung und des Naturhistorischen Museums leitete. Ab Dezember 1883 trug er den leitenden Titel „Universitätsarchitekt“.[8] Schon seit 1880 erfüllte er in Doppelfunktion auch die Leitung der Göttinger Kreisbauinspektion,[9] verantwortete also das gesamte regionale Staatsbauwesen;[10] der entsprechende Titel war „Kreisbauinspektor“[11], ab 1885 „Königlicher Landbau-Inspektor“.[12][13]
Im Mai 1887 wurde Kortüm nach Wohlau in Schlesien versetzt, um die dortige Kreisbauinspektion zu übernehmen.[14] Sein Nachfolger als Universitätsarchitekt in Göttingen war Hans Breymann, der später ebenfalls Göttinger Kreisbauinspektor wurde. Nur wenig später bewarb sich Kortüm im Herbst 1887[15] um die Stelle als Stadtbaurat in Erfurt und füllte diese Funktion, die auch die Leitung des dortigen Hochbauamtes umfasste, bis 1899 aus.[16]
1904 wirkte Kortüm in Halle an der Saale, wo ihm der Titel „Baurat“ verliehen wurde.[17] Noch 1909 signierte er dort als „Vorsteher der Baubteilung der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen.“[18]
Privates
Albert Kortum war der Sohn von Pensionär Hellmuth Kortüm und Emma, geb. Ihlefeld.[2] 1875 heiratete er in Berlin die Apothekerstochter Hedwig Sannenberg.[2] 1881 kam in Göttingen seine Tochter Margarethe zur Welt.[19]
In seiner Erfurter Zeit war er u. a. Mitglied im Alpenverein Sektion Erfurt[20] und zeitweise Schriftführer im Verein für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt.[21] Mehrfach publizierte er in den Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt über Erfurter Architektur und Baugeschichte.[21]
Zuletzt lebte Kortüm in Schwerin; er starb 76-jährig und wurde 1921 in Lübeck beigesetzt.[3]
Die Universitäts-Bibliothek in Göttingen, nebst Bemerkungen über Bau und Einrichtung von Bibliotheken. In: Centralblatt der Bauverwaltung, Jg. 3, 1883, S. 247–249, 261–263, 272–273, 280–282. (Digitalisat auf digital.zlb.de, abgerufen am 20. April 2025)
Sammlungsschränke des naturhistorischen Museums in Göttingen. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 36, 1886, Sp. 481–488.
Gebäude für Ministerien, Botschaften und Gesandtschaften. In: Handbuch der Architektur, Bd. 4.7: Gebäude für Verwaltung, Rechtspflege und Gesetzgebung; Militärbauten. Arnold Bergsträsser, Darmstadt 1887, S. 84–110. (GoogleBooks)
(mit Eduard Schmitt) Bibliotheken. In: Handbuch der Architektur, Bd. 4.6.4: Gebäude für Erziehung, Wissenschaft und Kunst. Arnold Bergsträsser, Darmstadt 1893, S. 41–172. (GoogleBooks); 2. Auflage Stuttgart 1906.
Dietrich Lösche: Staatliche Bauverwaltung in Niedersachsen. Vom Ortsbaubeamten im Landbaudistrikt zum Staatlichen Baumanagement (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen, Band 45). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004, ISBN 3-89534-545-8, S. 175, 671.
Weblinks
Albert Kortüm, im Baugeschichtlichen Personenregister kmkbuecholdt.de
↑ abancestryinstitution-com. In: Kirchenbuch: Burgtorfriedhof, den Friedhöfen St. Lorenz, St. Jürgen, dem Vorwerker Friedhof und dem Ehrenfriedhof. Abgerufen am 20. April 2025.
↑Vgl. Dieter Nägelke: Hochschulbau im Kaiserreich. Historistische Architektur im Prozess bürgerlicher Konsensbildung. Ludwig, Kiel 2000, ISBN 978-3-933598-09-7, S. 330.
↑Dietrich Lösche: Staatliche Bauverwaltung in Niedersachsen. Vom Ortsbaubeamten im Landbaudistrikt zum Staatlichen Baumanagement (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen, Band 45). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004, ISBN 3-89534-545-8, S. 175.
↑ ab„Die Skizzen sind von dem königlichen Landbauinspektor Kortüm aufgestellt worden, die Oberleitung der Bauausführung ist dem Landbauinspector Breymann übertragen.“ Quelle: Die Chirurgische Klinik in Göttingen. In: Centralblatt der Bauverwaltung, Jg. 7, 1887, Nr. 39A vom 28. September 1887, S. 381–382, hier S. 382. (Digitalisat auf digital.zlb.de, abgerufen am 20. April 2025). - Es handelt sich um eine Vorabveröffentlichung.
↑Hans-Jörg Vockrodt: Erfurt – Brücken der Gründerzeit. In: Bautechnik. Zeitschrift für den gesamten Ingenieurbau, Jg. 92, 2015, Heft 2, S. 144–151, hier S. 145. (Digitalisat auf historische-bruecken-erfurt.de, abgerufen am 21. April 2025)
↑Sechszehnter Jahresbericht der Sektion Erfurt des Deutschen und Österreichischen Alpenevereins für das Jahr 1898, S. 23. (Digitalisat auf bibliothek.alpenverein.de, abgerufen am 20. April 2025)
↑ abGesamtregister MVGAE. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, auf erfurt-web.de, abgerufen am 20. April 2025.
↑Dieter Nägelke: Hochschulbau im Kaiserreich. Historistische Architektur im Prozess bürgerlicher Konsensbildung. Ludwig, Kiel 2000, ISBN 978-3-933598-09-7, S. 332.
↑Kortüm (als Architekt) Theater, Erfurt. In: architekturmuseum.ub.tu-berlin.de. Abgerufen am 20. April 2025 (Fragebogen für das Handbuch »Das Deutsche Theater«).
↑bis 1894. In: theater-erfurt.de. Abgerufen am 20. April 2025.
↑Bibliothek. In: leopoldina.org. Abgerufen am 20. April 2025.
↑Stadtparktreppe im neuen Glanz. In: Amtsblatt. Hrsg. Erfurt, Landeshauptstadt Thüringen, Stadtverwaltung. Nr. 22 vom 12. Dezember 2014, S. 1. (Digitalisat auf erfurt.de, abgerufen am 20. April 2025)