Albert Anton Willi


Albert Anton Willi (auch Natè genannt; * 11. Juli 1872 in Domat/Ems; † 17. Oktober 1954 ebenda) war ein Schweizer Masken-Schnitzer. Sein Lebenswerk besteht aus etwa 400 Masken, die auch von namhaften Museen bewahrt werden.
Leben
Albert Anton Willi war das vierte Kind aus dritter Ehe einer Bauernfamilie. Bis zu seiner Heirat 1902 half er den Eltern auf dem Bauernhof und erlernte keinen Beruf. Im Sommer arbeitete Willi als Wegmacher und in den Wintermonaten als Waldarbeiter für die Emser Maiensässe. Daneben betrieb er eine kleine Landwirtschaft.[1]
Künstlerisches Schaffen
Willi kam als Jugendlicher zum Schnitzen, das er sich als Autodidakt aneignete. Es heißt, er habe gerne Kinder erschreckt und beim Schnitzen seine eigenen Ängste verarbeitet.[2] Seine erste Holzmaske schuf er vermutlich 1905. Willis rege Tätigkeit als Schnitzer setzte erst in den 1920er Jahren ein und bis 1928 schnitzte er etwa 30 Masken. Er verwendete Holz, das er als Waldarbeiter bekommen konnte, wie Linde, Ahorn oder Weißtanne. Später verwendete Willi vor allem Erlenholz. Willi hielt mit den Knien den Holzklotz fest und schnitzte mit den einfachsten Werkzeugen auf dem Schoss. Meist bemalte er seine Masken selbst. Sein Lebenswerk umfasst etwa 400 Masken.[1]
Willi entwickelte einen eigenen charakteristischen und «sehr archaisch geprägten» Maskenstil und stützte sich nicht auf eine lokale Maskentradition. Ähnlichkeiten zu westafrikanischen Masken könnten von Berichten in Zeitschriften inspiriert sein. Er machte vor dem Spiegel Grimassen und entwickelte so Vorlagen für neue Masken. Neben vielen «Schreck- und Groteskmasken» schuf er auch einzelne Karikatur- sowie Tiermasken, beispielsweise von Katzen, Hunden, Schweinen, Ziegen und Affen.[1]
Typisch für Willis Masken sind übergrosse, weiss gefasste Augen. An seinem Werk ist die Entwicklung zu einem handwerklich versierten Schnitzer ablesbar. Seine Masken vor 1930 zeigen eine relativ kleine Nase und die Augen befinden sich noch auf gleicher Höhe. In dieser Periode erreichte er eine dünne Wandstärke durch Aushöhlen mit einem Handbohrer. Seine Werke ab 1930 zeigen eine sehr grosse Formenvielfalt mit stark verzerrten asymmetrischen Gesichtern.[1] In den 1930er Jahren haben Antiquitätenhändler viele Willi-Masken nachträglich auf alt fassen lassen, um sie als historische Stücke im Kunsthandel und an Museen teuer zu verkaufen.[1]
Seine Masken gelten zwar nicht als traditionelle „Fastnachtsmasken“ der Schweizer Fasnacht,[3] doch waren sie noch bis in die 1950er Jahre an der Domater Strassenfastnacht präsent: Willi selbst verlieh sie als Einzel- und Gruppenmasken für 30 Rappen am Tag an die Dorfjugend.[1]
Ausstellungen in Domat/Ems würdigten Willis Schaffen 1972, 1997 und 2022.[2][4] Die Ausstellung «Maskiert. Magie der Masken» im Forum Schweizer Geschichte Schwyz zeigte 2014 seine Masken mit mehr als hundert anderen Masken.[5]
Masken in öffentlichen Sammlungen
Eine erste Maske Willis kam 1922 ins Rätische Museum in Chur. Der Kunstsammler Eduard von der Heydt erwarb über 30 Willi-Masken für seine umfangreiche Maskensammlung, die schließlich an das Museum Rietberg in Zürich kam. Weitere Exemplare werden in Frankreich, Afrika und Amerika bewahrt.[1]
Liste von Museen mit Masken Willis (Auswahl):[1]
- Museum der Kulturen, Basel
- Museum Europäischer Kulturen, Berlin[6]
- Rätisches Museum, Chur[2][7]
- Internationales Maskenmuseum, Diedorf
- Kulturarchiv Domat/Ems;[8] «Residenza Ensemen» (ab 2026),[9] Gemeinde Domat/Ems
- Fasnachtsmuseums Schloss Langenstein im Hegau
- Museum Rietberg in Zürich[3]
Literatur
- Judith Rickenbach (Hrsg.): Alte Masken aus der Ostschweiz. Fastnachtsmasken aus der Sammlung des Rietbergmuseums. Mit einem Beitrag von Armon Fontana. Museum Rietberg, Zürich 2000.
- Armon Fontana: Albert Anton Willi (1872–1952). Maskenschnitzer. 1997.
- Kaspar Jörger-Rageth: Ein Bündner Maskenschnitzer. In: Bündner Jahrbuch. Zeitschrift für Kunst, Kultur und Geschichte Graubündens. Band 10 (1968). S. 50 ff.
- Kaspar Jörger: Albert Anton Willi 1872–1954. Davos 1965.
- Karl Meuli: Schweizer Masken. Mit einer Einleitung über schweizerische Maskenbräuche und Maskenschnitzer. Atlantis, Zürich 1943.
- Chronik für den Monat Januar 1928. In: Bündnerisches Monatsblatt. Zeitschrift für bündnerische Geschichte, Landes- und Volkskunde. (1928). S. 63.
Film
- Sabina Frei / Radiotelevisiun Svizra Rumantscha: Albert Anton Willi – original da Domat, Dokumentation (9:39 min.), Sprachen: Bündnerromanisch, Deutsch. Chur 2001.
Weblinks
- Willi, Albert Anton «Natè». bei www.larvenfreunde.de.
- Alte Masken aus der Ostschweiz. Fastnachtsmasken aus der Sammlung des Rietbergmuseums Zürich. unter www.rietberg.ch; abgebildet sind Masken aus dem Sarganserland und von Albert Anton Willi.
Belege
- ↑ a b c d e f g h Alemmanische Larvenfreunde: Willi, Albert Anton «Natè». In: larvenfreunde.de, abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ a b c raetischesmuseum.gr.ch: Fasnachtsmaske, um 1925. Abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ a b rietberg.ch: «Carnage»: Intervention in der Sammlung Schweizer Masken im Museum Rietberg. PDF, Medienmitteilung vom 31. August 2017; abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ Ausstellung: 150. Geburtstag von Albert Anton Willi in Domat/Ems. In: larvenfreunde.de, abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ Masken einmal ohne Kostüme. In: schwyzkultur.ch, abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ smb.museum-digital.de: Graubündner Maske. Abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ raetischesmuseum.gr.ch: Fasnachtsmaske von Albert Anton Willi (1872–1954), Domat/Ems, 1920er Jahre. Abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ portacultura.gr.ch: Kulturarchiv Domat/Ems. Abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ rtr.ch: Albert Anton Willi. In museum per las mascras da Natè (Video, Fotos). Räteromanisch, 27. Februar 2025; abgerufen am 31. März 2025.