Aegir Ridge

Karte mit der Lage des Aegir-Rückens und anderer wichtiger geologischer Merkmale des nördlichsten Atlantiks

Der Aegir-Rücken (englisch Aegir Ridge) ist ein heute inaktiver (erloschener) Abschnitt des Mittelatlantischen Rückens im äußersten Norden des Atlantischen Ozeans. Es handelt sich also um einen ozeanischen Rücken, d. h. einen (ehemals) auseinanderstrebenden (divergenten) Rand tektonischer Platten am Grund des Nordatlantiks.

Der erloschene Aegir-Rücken ist nicht zu verwechseln mit dem aktiven Aegir-Hydrothermalfeld, das sich weiter nördlich im Mohn-Rücken befindet.

Entstehung

Der Aegir-Rücken markiert die ursprüngliche Bruchgrenze zwischen Grönland und Norwegen, entlang derer die Ausbreitung des Meeresbodens im frühen Eozän begann und den Nordatlantik bildete. Er verläuft von Island aus zunächst in östlicher Richtung und biegt dann nach Norden hin ab.

Erlöschen

Gegen Ende des Eozäns breitete sich jedoch der jüngere Kolbeinsey-Rücken von Island aus nach Norden aus und spaltete die Jan-Mayen-Mikroplatte von der grönländischen Platte ab. Als Ergebnis wird die Jan-Mayen-Mikroplatte vom Aegir-Rücken auf der südöstlichen und vom Kolbeinsey-Rücken auf der nordwestlichen Seite eingerahmt. In dem Maße, wie sich der Kolbeinsey-Rücken bildete, nahm die Aktivität auf dem Aegir-Rücken ab und hörte am Ende des Oligozäns, als der Kolbeinsey-Rücken die Jan-Mayen-Bruchzone erreichte, vollständig auf.[1][2][3]

Ursachen des Erlöschens

In den Hotspots des Erdmantels kommt es generell zu einem Auftrieb von Material aus dem untersten Teil des Mantels hoch bis an die Basis der Lithosphäre. In der Folge kommt es dort zu einem teilweisen Aufschmelzen der Lithosphäre, was zur Bildung einer großen Menge an Magma führt, die dann in die Lithosphäre selbst eindringt und an den mittelozeanischen Rücken durch Extrusion eines großen Volumens an Basalten zum Auseinanderdriften (Ozeanbodenspreizung) der Platten mit neuer Krustenbildung führt. Die relativ dünne Kruste und die kurze aktive Zeit (Lebensdauer) des Aegir-Rückens sind angesichts seiner Nähe zum isländischen Hotspot daher ausgesprochen ungewöhnlich. Wahrscheinlich haben die mit der Plattentektonik verbundenen Spannungen und die mechanische Struktur der Lithosphäre eine Situation geschaffen, in der die Spreizung am Kolbeinsey-Rücken energetisch günstiger war als das Auseinanderdriften am Aegir-Rücken. Als der Kolbeinsey-Rücken mit dem Rifting begann, wurde die Materialzufuhr vom Hotspot zum Aegir-Rücken zunehmend abgezogen und floss bevorzugt zum Kolbeinsey-Rücken, was schließlich zur Einstellung der Akkretion und dem Erlöschen des Aegir-Spreizungszentrums führte.[4]

Etymologie

Der Kamm wurde nach dem Riesen Ægir, dem König des Meeres in der nordischen Mythologie benannt. Ægir war eine Personifikation der Kraft des Meeres, galt zudem als Erfinder des Bieres.

Literatur

  • Gabriele Uenzelmann-Neben, Wilfried Jokat, Heinz Miller, Stefan Steinmetz (Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung): The Aegir Ridge: Structure of an Extinct Spreading Axis. In: Journal of Geophysical Research –Solid Earth (JGR), Band 97, Br. B6, 1992, S. 9203–9218; doi:10.1029/91JB03096, hdl:10013/epic.13742, PeerJ:13394 (englisch).
  • Saskia Brix, Stefanie Kaiser, Anne-Nina Lörz, Morgane Le Saout, Mia Schumacher, Frederic Bonk, Hronn Egilsdottir, Steinunn Hilma Olafsdottir, Anne Helene S. Tandberg, James Taylor, Simon Tewes, Joana R. Xavier, Katrin Linse: Habitat variability and faunal zonation at the Ægir Ridge, a canyon-like structure in the deep Norwegian Sea. In: PeerJ, Band 10, 2022, S. e13394; doi:10.7717/peerj.13394, GEOMAR:57743 (englisch).
  • A. K. Rai, A. J. Breivik, K. Mjelde: Seismic Structure of the Extinct Aegir Ridge in Norwegian Basin, N.E. Atlantic . American Geophysical Union, Fall Meeting 2011, Dezember 2011; Abstract id. T21A-2309, bibcode:2011AGUFM.T21A2309R (englisch)

Einzelnachweise

  1. Erica E. Greenhalgh, Nick J. Kusznir: Evidence for thin oceanic crust on the extinct Aegir Ridge, Norwegian Basin, NE Atlantic derived from satellite gravity inversion. In: Geophysical Research Letters. 34. Jahrgang, 24. März 2007, S. L06305, doi:10.1029/2007GL029440, bibcode:2007GeoRL..34.6305G (englisch).
  2. G. L. Johnson, J. R. Southall, P. W. Young, P. R. Vogt: Origin and structure of the Iceland Plateau and Kolbeinsey Ridge. In: Journal of Geophysical Research. 77. Jahrgang, Nr. 29, 1972, S. 5688–5696, doi:10.1029/JB077i029p05688 (englisch, Origin and structure of the Iceland Plateau and Kolbeinsey Ridge).
  3. Sebastian S. Rey, O. Eldholm, Sverre Planke Rey: Formation of the Jan Mayen Microcontinent, the Norwegian Sea. In: American Geophysical Union, Fall Meeting 2003. Dezember 2003, bibcode:2003AGUFM.T31D0872R (englisch).
  4. Samuel M. Howell, Garrett Ito, Asbjørn J. Breivik, Abhishek Rai, Rolf Mjelde, Barry Hanan, Kaan Sayit, Peter Vogt: The origin of the asymmetry in the Iceland hotspot along the Mid-Atlantic Ridge from continental breakup to present-day. In: Earth and Planetary Science Letters. 392. Jahrgang, 15. April 2014, hdl:10125/41133, S. 143–153, doi:10.1016/j.epsl.2014.02.020, bibcode:2014E&PSL.392..143H (englisch).

Koordinaten: 66° 10′ N, 3° 45′ O