Actio Fabiana
Die actio Fabiana war eine Arbitrarklage des römischen Rechts. Sie kam bei fraudatorischen Rechtsgeschäften, die in Hintergehungs- bzw. Betrugsabsicht getätigt wurden – zur Anwendung. Ziel war die Wiederherstellung des vormaligen Zustands im Wege der Naturalrestitution (Herausgabe der Bereicherung).
Bedeutung
Angefochten wurden actio Fabiana Geschäfte Freigelassener (liberti), die zum Nachteil des Patrons (in fraudem patroni) oder gar in schädigender Absicht (dolo malo) (Teile) ihres eigenen Vermögens testamentarisch an Dritte unter Lebenden oder von Todes wegen vermachten, und damit den Nachlass des pflichtteilsberechtigten Freilassers schmälerten. Freigelassenen verblieben bestimmte Verpflichtungen gegenüber ihrem früheren Patron. Dazu gehörte der sorgsame Umgang mit dem unabdingbaren Pflichtteilsrecht gegenüber Freilasser.[1] Für den Freigelassenen, der keine testamentarische Verfügung vorgenommen hatte (intestatus libertus) kam die actio Calvisiana zur Anwendung.[2]
Keine Berücksichtigung fand allerdings die Verletzung eines lediglich immateriellen Interesses des Patrons. Ulpian, der dieser Art der Interessensverletzung Irrelevanz bescheinigte, führt als Beispiele die Lage eines Grundstücks, Nachbarschaftsverhältnisse, Ausblick, Kindheitserinnerungen und Grabeinrichtungen an. Die vorausgesetzte Benachteiligungsabsicht (fraus) verlangte nach klassischer Rechtsauffassung einen erlittenen Vermögensschaden (damnum pecuniarium).[3]
Fragmenta de formula Fabiana
Aus verschiedenen anderen (fragmentarischen) Quellen sind die Fragmenta de formula Fabiana bekannt. Der französische Rechtshistoriker Nicolas Cornu Thénard untersuchte[4] sie und bestimmte recht zuverlässig, dass der ursprüngliche Kodex der formula Fabiana, der die Thematik ebenfalls behandelte, aufgrund seiner stilistischen und rhetorischen Eigenheiten am ehesten auf Iulius Paulus zurückgreift, zudem nach dem 2. Jahrhundert entstanden sein muss. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass der aus drei Fragmenten bestehende Papyrus-Kodex im griechischen Hermoupolis und um das 4. Jahrhundert geschaffen wurde.
Inhaltlich legen die Fragmente in der Zusammenschau dar, welche Rechtsfolgen Vermögensveräußerungen des Freigelassenen unter Lebenden und von Todes wegen zeitigten. Behandelt werden auch Variationen zur Erbfolge und der bonorum possessio im Rahmen von Gesetzesänderungen (leges, senatus consulta).[5]
Quellen
- Sextus Caecilius Africanus, 1 Quaestionum libri IX, in Digesten 38,5,10.
- Iulius Paulus, 42 Ad edictum libri LXXX, in Digesten 38,5,5,1.; und drs. in Ad Plautium libri XVIII, in Digesten 22,1,38,4.
- Ulpian, 10 Ad legem Iuliam et Papiam libri XX, in Digesten 37,14,16.; und drs. in Digesten 38,5.
Literatur
- Federica Bertoldi: Materialien zur fiducia im Lichte der Interpolationenkritik. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 142, Heft 1, 2025. S. 491–534.
- Max Kaser: Das römische Privatrecht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abteilung 10: Rechtsgeschichte des Altertums. Band 3.3.1: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht). C.H. Beck, München 1955, 2. Auflage 1971. S. 708 f.
- Carla Masi Doria: Bona libertorum. Regimi giuridici e reletà sociali. Neapel, Eugenio Jovene, 1996. ISBN 88-243-1170-9.
Anmerkungen
- ↑ Otto Lenel: Das Edictum perpetuum. Ein Versuch zu seiner Wiederherstellung, mit dem für die Savigny-Stiftung ausgeschriebenen Preise gekrönt, 3. Auflage Leipzig 1927; zuerst 1883 (Digitalisat; PDF; 54,6 MB). S. 352.
- ↑ Martin Pennitz: Zu Ursprung und Zweck der sog. laesio enormis. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 138, Heft 1, 2021. S. 379–445, hier S. 414.
- ↑ Jan Dirk Harke: Tryphonin, Papinian und die Rücksicht auf immaterielle Nachteile im Schuldrecht. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 138, Heft 1, 2021. S. 274–309, hier S. 293.
- ↑ „P.Vindob. L 90 + P.Berol. inv. 11753 + P.Berol. inv. 21294“.
- ↑ Vgl. Ulrike Babusiaux: Bericht zur Abschlusstagung des REDHIS-Projektes. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 137, Heft 1, 2020. S. 666–682, hier S. 672.