Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus Mitteleuropa

MiG-29 bei der Landung

Das Lemma Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus Mitteleuropa behandelt die in Polen, Ungarn und der CSSR stationierten Luftstreitkräfte. Für die DDR siehe

Die Luftstreitkräfte der Sowjetunion (Военно-воздушные силы – ВВС) gliederten sich in vier Bereiche

  • Frontfliegerkräfte (фронтовая авиация)
  • Militärische Transportflieger (Военно-транспортная авиация)
  • Heeresflieger (армейская авиация)

Fernflieger war die Bezeichnung für die strategischen Bomber. Sie standen unter strategischem Vorbehalt des Oberkommandos (Авиация Резерва Главного Командования) und waren ausschließlich auf dem Gebiet der UdSSR, in der Russischen Föderativen Sowjetrepublik und den Sowjetrepubliken Ukraine, Weißrussland, Estland und Kasachstan stationiert.

Sowjetische Frontfliegerkräfte (Westen und Südwesten) 1989

Frontflieger waren sowohl auf dem Gebiet der UdSSR als auch in den vier nördlichen Warschauer-Pakt-Staaten stationiert. Sie unterstanden administrativ den jeweiligen Militärbezirken (MB) in der Sowjetunion und im Ausland den vier Armeegruppen.

Im operativen Einsatz wurden sie von Luftarmeen oder im Falle der CSSR von einer gemischten Fliegerdivision geführt, die im Westen, Südwesten und Süden – von Moskau aus gesehen – jeweils einem Oberkommando westlicher, südwestlicher oder südlicher Bestimmung (Главное командование войск Западного - Южнo-Западного, Южного - направления) unterstanden. Der Begriff направление wird mit ''Bestimmung'' übersetzt, enthält aber auch den Sinn einer Richtung und wird damit militärisch besser fassbar. Lediglich die Richtungen Westen, Südwesten und Süden bildeten derartige Oberkommandos, im Fernen Osten und den inneren Militärbezirken wurde darauf verzichtet. Damit zeigen schon allein Gliederung und Namensgebung der Frontflieger, welche Stoßrichtung die Sowjetarmee vorbereitete: diejenige nach Westen (Bundesrepublik Deutschland mit den dort stationierten Truppen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, der Niederlande und Kanadas), Südwesten (Österreich und Italien) sowie Süden (Griechenland und Türkei), also insgesamt die Staaten der NATO.

Das Oberkommando westlicher Bestimmung umfasste den gesamten Raum der Militärbezirke Weißrussland, Karpaten, und Kiew sowie die Paktstaaten DDR, Polen und CSSR. Auch die russische Exklave Kaliningrad und die Marineflieger der Baltischen Flotte gehörten dazu, nicht aber die baltischen Sowjetrepubliken, die zu den inneren Militärbezirken zählten. Schwerpunkt des Kräftedispositivs war eindeutig die DDR mit der aus fünf Divisionen und sechs selbständigen Fliegerregimentern bestehenden 16. Luftarmee.

Das Oberkommando südwestlicher Bestimmung erstreckte sich über den Süden der Ukraine, die Moldauische SSR und Ungarn. Nicht hierzu gehörten Rumänien und Bulgarien, in denen keine Truppen der Sowjetarmee stationiert waren.

Frontfliegerkräfte (фронтовая авиация) im Westen und Südwesten:

  • Oberkommando der Streitkräfte westlicher Bestimmung (Главное командование войск Западного направления) Legnica (Polen)
    • 4. Luftarmee (direkt dem Oberkommando unterstellt) in Swidnica (Polen)
    • 16. Luftarmee (der WGT unterstellt) in Wünsdorf (DDR)
    • 131. gem FlgDiv (der ZGT unterstellt) in Milovice (CSSR)
    • 26. LA (dem MB Weißrussland unterstellt) in Minsk (Belarus)
    • 14. LA (dem MB Karpaten unterstellt) in Lwiw (Ukraine)
    • WWS Baltische Flotte (ВВС Балтийского флота) in Kaliningrad
    • 2. selbständige Luftarmee (PWO)(2-я отдельная армия ПВО) (Heimatluftverteidigung) in Minsk (Belarus)
  • Oberkommando der Streitkräfte südwestlicher Bestimmung (Главное командование войск Южнo-Западного направления) in Chișinău (Moldau)
    • 24. LA (direkt dem Oberkommando unterstellt) in Winnyzja (Ukraine)
    • 36. Luftarmee (der SGT unterstellt) in Debrecen (Ungarn)
    • 17. Luftarmee (dem MB Kiew unterstellt) in Kiew (Ukraine)
    • 5. Luftarmee (dem MB Odessa unterstellt) in Odessa (Ukraine)
    • WWS Schwarzmeerflotte (ВВС Черноморского флота) in Sewastopol (Ukraine)

Weiterhin gehörten zu den Frontfliegerkräften noch die Oberkommandos der Streitkräfte südlicher Bestimmung (Stab in Baku, Aserbaidschan), des Fernen Ostens (Stab in Ulan-Ude, Russische Föderative SSR) und der Inneren Militärbezirke (Stab in Moskau).

Verteilung der sowjetischen Frontfliegerkräfte auf die Nachfolgestaaten 1992

Luftarmee Gesamtzahl der fliegenden Verbände an Russland an Belarus an die Ukraine an Usbekistan an Kasachstan Bemerkungen
16. LA 22 17 4 1
4. LA 9 8 1
36. LA 9 5 2 1 1 88. JaboFlgRgt aus Debrecen an die Nordmeerflotte
131. FlgDiv 2 1 1
gesamt 42 31 5 4 1 1

Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus Deutschland

Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus Polen

Die Stationierung sowjetischer Truppen in Polen resultierte direkt aus den Kampfhandlungen während des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung des deutschen Gebiets ostwärts von Oder und Neiße. Auch die Übertragung der Verwaltung an die polnische Regierung änderte nichts an der Stationierung. So verblieben die sowjetischen Frontfliegerkräfte bis zu ihrem Abzug 1992 in den ehemals deutschen Provinzen Pommern, Neumark und Schlesien; auch das Hauptquartier befand sich stets im niederschlesischen Liegnitz (Legnica). Nach dem Ende der sowjetischen Beteiligung am Koreakrieg wurden 1955 Teile der Luftstreitkräfte von China nach Polen verlegt.[1]

Standort Verband (deutsche Bezeichnung) Verband (russische Bezeichnung) Flugzeugtyp Jahr des Abzugs Verlegung nach Auflösung Bemerkungen
Swidnica 4. Luftarmee 4-я воздушная армия 1992 Rostow am Don noch bestehend 1949 – 1964 umbenannt in 37. LA, bis 1984 Sitz in Legnica
Szprotawa 149. JaboFlgDiv 149-я адиб 1992 Smurawewo (Oblast Pskow) 1998 1955 aus Sanshilipu Air Base (三十里堡机场) (ICAO: CN-JNZ) (China, Provinz Liaoning, Mandschurei) nach Polen verlegt
Krzywa (Woiwodschaft Niederschlesien) 3. JaboFlgRgt 3-й апиб Su-24M 1990 Lebjaschje (Oblast Kursk) 1992 1955 aus Sanshilipu (China) nach Polen verlegt
Szprotawa 18. JaboFlgRgt 18-й апиб Su-24M 1992 Siwerski (Oblast Leningrad) 1993 1955 aus Pulandian Air Base 普兰店区 (China, Provinz Liaoning, Mandschurei) nach Polen verlegt
Zagan 42. JaboFlgRgt 42-й апиб Su-24M 1992 1992
Kluczewo (Stargard) 239. JaboFlgDiv 239-я адиб 1992 Petrosawodsk 1998
Kluczewo 159. JaboFlgRgt 159-й апиб Su-27 1992 Besowez (Petrosawodsk) 1998
Chojna 582. JaboFlgRgt 582-й апиб Su-27 1992 Smolensk 1992 1945 – 1948 in Pjöngjang (Nordkorea), 1955 aus Dengshahe Air Base (登沙河街道) (China, Provinz Liaoning, Mandschurei) nach Polen verlegt
Kołobrzeg 871. JaboFlgRgt 730-й апиб MiG-23MLD 1991 Migalowo (Oblast Twer) 1991
Selbständige Verbände Соединения и части армейского подчинения 1992 der 4. LA direkt unterstellt
Brzeg 164. selbst. AufklFlgRgt 164-й орап MiG-25, Su-24 1992 Schatalowo (Oblast Smolensk) 1997
Legnica 245. gem FlgStff 245-й оаэ Mi-8, An-26 1992 1992
Brzeg 215. selbst. AufklFlgStff 215-й ораэ Jak- 28PP, MiG-25BM 1991 Schtschutschyn (Belarus) 1993 1992 an Belarus

Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus Ungarn

Sowjetische Truppen verblieben nach den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs in Ungarn. Sie hatten eine militärische und logistische Bedeutung als Verbindung zwischen der UdSSR und der Besatzungszone in Österreich. Ab 1953 bis zum endgültigen Abzug aus Österreich 1955 wurden die sowjetischen Truppen schrittweise verringert und nach Ungarn verlegt. Nach der epochalen Grenzöffnung von Ungarn nach Österreich 1989, wurde die Forderung auf den Abzug der sowjetischen Truppen stetig lauter und dringender. Ungarn war daher der erste der hier behandelten Staaten, den das sowjetische Militär verließ.

Standort Verband (deutsche Bezeichnung) Verband (russische Bezeichnung) Flugzeugtyp Jahr des Abzugs Verlegung nach Auflösung Bemerkungen
Debrecen 36. Luftarmee 36-я воздушная армия 1991 von WWS/SGT im April 1967 aktiviert, Stab der SGT in Budapest-Mátyásföld
Tököl 11. JFlgDiv 11-я иад 1991 1991
Sármellek 5. JFlgRgt 5-й иап MiG-29 1990 Bjarosa (Belarus) 1990
Kiskunlacháza (Komitat Pest) 14. JFlgRgt 14-й иап MiG-29 1991 Scherdewka (Oblast Tambow) noch bestehend 1999 Verlegung nach Chalino (Kursk)
Tököl 115. JFlgRgt 115- иап MiG-29 1989 1989
Selbständige Verbände Соединения и части армейского подчинения 1992 der 36. LA direkt unterstellt
Debrecen 727. BoFlgRgt 727-й апб Su-24M 1987 Kanatove bei Kropywnyzkyj (Oblast Kirowohrad) (Ukraine) 1992 1953 aus Zwölfaxing (Österreich) nach Ungarn verlegt, 1992 an die Ukraine
Kunmadaras 1. JaboFlgRgt 1-ый апиб Su-24 1991 Lebjaschje (Kursk) 2009 2009 Fusion mit 6970. Flieger-Basis
Debrecen 88. JaboFlgRgt 88-й апиб MiG-23, Mi-G27 1990 Olenja 1995 1984 – 1987 in Kanatove, 1990 zur Nordmeerflotte
Debrecen 97. selbst AufklFlgRgt 97-й осап Jak-28 1977 1977 1977 Fusion mit 328. selbst AufklFlgRgt
Kunmadaras 328. selbst AufklFlgRgt 328-й орап Su-17MAR, Su-24MR 1991 Oblast Odessa 1991
Kalocsa 396. selbst. HubschrRgt 396-й овп Mi 8 1990 Kogon (Usbekistan) 1992 1992 an Usbekistan
Debrecen 8. selbst FlgStff 8-й оаэ 1991 1991 Schleppsackflieger
Tököl 201. selbst gem FlgStff 201-ый осаэ Tu-14, Tu-134 1991 1992 1992 an Kasachstan

Abzug sowjetischer Luftstreitkräfte aus der CSSR

Die Tschechoslowakei blieb nach dem Zweiten Weltkrieg ohne sowjetische Besatzung. Erst mit der Niederschlagung des Prager Frühlings und der Okkupation der CSSR am 21. August 1968 änderte sich dies. Wenn auch die Zahl der sowjetischen Soldaten stetig vermindert wurde, blieben einige Garnisonen auf tschechoslowakischem Boden bestehen. Im Zuge der Zeitenwende 1989 bis 1991 verließen die sowjetischen Soldaten auch das nunmehr Tschechoslowakische Föderative Republik genannte Land.[2]

Standort Verband (deutsche Bezeichnung) Verband (russische Bezeichnung) Flugzeugtyp Jahr des Abzugs Verlegung nach Auflösung Bemerkungen
Milovice 131. gem FlgDiv 131-я смешанная авиационная дивизия 1991 1991 1968 aus Iwano-Frankiwsk (Ukraine) in die CSSR verlegt; an der Okkupation der CSSR beteiligt.
Milovice 114. JFlgRgt 114--й иап MiG-23 1991 Iwano-Frankiwsk (Ukraine) 1991 1968 aus Tscherljany (Ukraine) in die CSSR verlegt; an der Okkupation der CSSR beteiligt. Stationierungen in der CSSR: Košice 21. August – Oktober 1968, Sliač Oktober 1968 – Dezember 1975, seitdem in Milovice.
Mimoň 192. JFlgRgt 192-й иап MiG-21 1984 Iwano-Frankiwsk (Ukraine) 1990 1968 aus Iwano-Frankiwsk in die CSSR verlegt; an der Okkupation der CSSR beteiligt.
Mimoň 236. JFlgRgt 236-й иап MiG-27K 1989 Lielvārde (Lettland) 1990 236. JFlgrgt ersetzte 192. JFlgRgt in Mimoň

Abkürzungen

Abkürzung deutsch Abkürzung russisch
AufklFlgRgt Aufklärungsfliegerregiment орап отдельный разведывательный авиационный полк
BoFlgRgt Bomberfliegerregiment апб авиационный полк бомбардировщиков
CSSR Tschechoslowakische Sozialistische Republik ЧССР Чехословацкая Социалистическая Республика
DDR Deutsche Demokratische Republik ГДР Германская Демократическая Республика
FlgStff Fliegerstaffel аэ авиационная эскдрилья
gem FlgRgt gemischtes Fliegerregiment осап отдельный смешанный авиационный полк
GSTD Gruppe sowjetischer Truppen in Deutschland ГСВГ Группа советских войск в Германии
gem FlgRgt gemischtes Fliegerregiment осап отдельный смешанный авиационный полк
JaboFlgDiv Jagdbomberfliegerdivision адиб авиационная дивизия истребителей-бомбардировщиков
JaboFlgRgt Jagdbomberfliegerregiment апиб авиационный полк истребителей-бомбардировщиков
JFlgDiv Jagdfliegerdivision иад истребительная авиационная дивизия
HubschrRgt Hubschrauberregiment вап Вертолетный авиационный полк
LA Luftarmee ва воздушная армия
MB Militärbezirk во Военный округ
NGT Nordgruppe der Truppen СГВ Северная группа войск
selbst selbständig о отдельный
SGT Südgruppe der Truppen ЮГВ Южная группа войск
UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken СССР Союз Советских Социалистических Республик
WGT Westgruppe der Truppen ЗГВ Западная группа войск
ZGT Zentralgruppe der Truppen ЦГВ Центральная группа войск

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 4th Red Banner Air Army VGK ON. www.ww2.dk/new/air force/army/4vavgk.htm
  2. 131 Novgorodskaya Red Banner Mixed Aviation Division. www.ww2.dk/new/air force/division/iad/131sad.htm