Überholen ohne einzuholen

Überholen ohne einzuholen – ist ein von Walter Ulbricht im Jahr 1970 in der DDR ausgerufenes Ziel der Wirtschafts- und Sozialpolitik.[1][2][3] Es sollte die vermeintliche Überlegenheit des Sozialismus durch wirtschaftliche Erfolge deutlich machen. Der Slogan geht auf die 1917 von Lenin in seinem Werk Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll[4] geprägte Parole Einholen und überholen zurück.[5]

Mit dem „Neuen Ökonomischen System (NÖS)“ wollte die DDR in den 1960er Jahren den Wettstreit mit der Bundesrepublik Deutschland für sich gewinnen. Rationalisierung und Automatisierung sollten die Planwirtschaft revolutionieren und die Mangelwirtschaft mit fehlendem Personal und Material beseitigen. Doch die Idee scheiterte.[6] Mit der Machtübernahme durch Erich Honecker 1971 wurde das innerparteilich umstrittene Projekt eingestellt und die Reformen rückgängig gemacht.

„Ulbrichts These, den Kapitalismus zu überholen, ohne ihn überhaupt einholen zu wollen, sei schon vor dreißig Jahren reiner Unfug gewesen.“

Christoph Hein: Das Narrenschiff[7]

Als geflügeltes Wort wird das Motto noch immer, fast ausschließlich jedoch ironisch verwendet.[8][9]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wie überholt man?. In: Berliner Zeitung, 4. August 1970, S. 3; online.
  2. Filmpräsentation: Ulbrichts Wirtschaftswunder – Wie die DDR den Westen überholen wollte, Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, 14. März 2017
  3. Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Sachsen (Hrsg.): 29. Bautzen-Forum „Überholen ohne einzuholen“. Wirtschaft, Arbeit und Soziales in der SBZ/DDR. Bautzen, ISBN 978-3-96250-206-5 (fes.de [PDF; 3,9 MB]).
  4. W. I. Lenin: Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll (September 1917). Abgerufen am 10. Dezember 2024.
  5. Joachim Ranke: Marxismus und Historismus bei Antonio Gramsci: philosophische und sozialwissenschaftliche Untersuchungen. Lang, 1989, ISBN 978-3-8204-1534-6, S. 431.
  6. Ulbricht muß kürzertreten, Die Zeit Nr. 17/1970, 24. April 1970 (Paywall)
  7. Christoph Hein: Das Narrenschiff. Suhrkamp Verlag, 2025, ISBN 978-3-518-43226-6.
  8. www.horizont.net
  9. www.tagesspiegel.de